Feststellung des zuständigen Unfallversicherungsträgers für einen Betrieb zur Pferdehaltung
Unmaßgeblichkeit der Geschäftsordnung der Schiedsstelle für Katasterfragen bei der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung
und bei dem Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung als interne Regelung
Keine rückwirkende Begründung eines Verwaltungsaktes durch Auslegung eines Schreibens im Widerspruchsbescheid
Tatbestand
Die Klägerin begehrt nunmehr nur noch die Aufhebung einer von ihr als "Ablehnungsbescheid" gewerteten Mitteilung der Beklagten
(seinerzeit: Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Schleswig-Holstein und Hamburg), in der diese eine Überweisung an die
Beigeladene abgelehnt hat, sowie die Überweisung in die Zuständigkeit der Beigeladenen.
Die Klägerin pachtete zum 1. September 2001 insgesamt 1,4962 ha Grünland. Die Fläche diente zunächst als Weidefläche für Gallowayrinder.
Die Beklagte stellte mit Aufnahmebescheid vom 23. August 2002 ihre Zuständigkeit für das von der Klägerin betriebene landwirtschaftliche
Unternehmen rückwirkend zum 1. September 2001 fest. Am 8. Oktober 2003 erfolgte die Mitteilung an die Beklagte über das Halten
eines Reitpferdes und eines Gnadenhofpferdes. Am 18. Oktober 2007 gab der Ehemann der Klägerin gegenüber der Beklagten für
den Betrieb drei Pferde sowie 1,49 ha Grünfläche an.
Am 25. Oktober 2007 erließ die Beklagte einen Änderungsbescheid, mit dem sie für das von der Klägerin betriebene Unternehmen
mit einem Grundwert von 1,0 Grünland im Umfang von 1,49 ha sowie drei Pferde veranlagte. Hierfür setzte die Beklagte 44,45
Arbeitseinheiten fest. Am 8. Februar 2008 erging ein Beitragsbescheid für das Umlagejahr 2007 über 171,57 EUR.
Am 8. Februar 2009 erließ die Beklagte einen Beitragsbescheid für die Umlage 2008 über 216,60 EUR.
Dagegen legte die Klägerin am 10. Februar 2009 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, Versicherungsschutz sei durch
die Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltung zu gewähren. Sie - die Klägerin - halte auf 1,5 ha Land drei Pferde. Für jedes
Pferd bestehe weniger als 0,99 ha Auslauffläche, sodass von einer untergeordneten Bodenbewirtschaftung auszugehen sei. Zudem
würden alle Pferde ausschließlich als Hobby gehalten und regelmäßig geritten.
Auf ein erläuterndes Schreiben der Beklagten vom 17. Februar 2009 wandte sich die Klägerin am 5. März 2009 erneut an die Beklagte.
Sie wiederholte ihre Auffassung aus dem Schreiben vom 10. Februar 2009 und führte ergänzend aus, es sei nicht nachvollziehbar,
der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft zugeordnet zu werden. Selbst wenn "der Bescheid vom 18.10.2007 schon bindend
geworden" sei, bestehe kein Interesse an einem rechtswidrigen Verwaltungsakt. Hilfsweise stelle sie im Hinblick auf den Bescheid
vom 18. Oktober 2007 einen Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Die Beklagte schrieb die Klägerin am 17. März 2009 bezugnehmend auf deren Schreiben vom 5. März 2009 an und teilte mit: "Wie
gewünscht geben wir ihnen gerne weitere Erläuterungen zur Frage des Zuständigkeitswechsels. Die dazu vom Gesetzgeber getroffenen
Regelungen stellen relativ hohe Anforderungen an die Einleitung eines Überweisungsverfahrens (Grundsatz der Katasterstetigkeit)."
Eine unrichtige Feststellung der Zuständigkeit von Anfang an sei nicht anzunehmen. Das Grünland sei von Galloways abgeweidet
worden. Pferdehaltung sei erstmals im Jahr 2003 angezeigt worden. Die Änderung der Verhältnisse sei von Dauer, allerdings
nicht grundlegend. Da unzählige Pferdehaltungen seit Jahrzehnten bei ihr - der Beklagten - Mitgliedsunternehmen seien, könne
keine Rede davon sein, dass nach Aufnahme einer Pferdehaltung der Betrieb der Klägerin nicht mehr in die Gefahrengemeinschaft
der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft passe. Ein Überweisungsverfahren sei danach nicht einzuleiten; es verbleibe
bei ihrer Zuständigkeit. Die Beklagte bat mitzuteilen, ob der Widerspruch als erledigt anzusehen sei, bzw. mit welcher Begründung
er aufrechterhalten würde. Ohne weitere Nachricht würde davon ausgegangen, dass die Klägerin auf eine Entscheidung des Widerspruchsausschusses
keinen Wert lege.
Mit Schreiben vom 24. März 2009 zeigte der Klägervertreter seine Bevollmächtigung an und teilte mit, die Klägerin würde ihren
Widerspruch aufrechterhalten. Das Grünland sei nicht regelmäßig durch Galloways abgeweidet worden. Die Klägerin habe nie Galloways
in ihrem Eigentum gehabt, sondern lediglich Bekannten erlaubt, Galloways für ca. eine Woche abzustellen. Im Bescheid vom 17.
März 2009 würde keine Stellung dazu genommen, dass lediglich eine Pferdehaltung mit untergeordneter Bodennutzung vorliege.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2009 wies die Beklagte den "Widerspruch" vom 24. März 2009 gegen "den Bescheid"
vom 17. März 2009 zurück. Der Klägerin sei es offensichtlich nicht um die Beanstandung des angefochtenen Beitragsbescheides
vom 6. Februar 2009 gegangen. Vielmehr werde ausschließlich zur Überweisung an die Beigeladene vorgetragen. An der Verfolgung
des gegen den Beitragsbescheid erhobenen Widerspruchs bestehe daher kein Interesse. Es werde davon ausgegangen, dass nur der
gegen den Bescheid vom 17. März 2009 erhobene Widerspruch verfolgt werden solle.
Sie - die Beklagte - sei weiterhin für das Unternehmen der Klägerin zuständig. Dies gelte selbst in dem Fall, in dem das Unternehmen
inzwischen alle Kriterien einer privaten Reittierhaltung erfülle. Zum Zeitpunkt der Erteilung des Aufnahmebescheides habe
eine private Reitpferdehaltung auf den Flächen nicht in Rede gestanden. Das Unternehmen habe Galloways auf der Weide gehalten.
Anschließend seien es Weidepferde gewesen.
Im Sinne der Katasterrichtigkeit und Katasterstetigkeit begründe der Wechsel der Beweidungstiere keine wesentliche Änderung
mit einer so grundlegenden und nachhaltigen Umgestaltung des Unternehmens, dass es nicht mehr in die bisherige Gefahrengemeinschaft
passe.
Dies gelte umso mehr, als sie - die Beklagte - von jeher Pferdehaltungsbetriebe versichert habe und die Beigeladene ohnehin
nur aus historischen, nicht aber aus Sachgründen für Unternehmen der privaten Reittierhaltung sachlich zuständig sei.
Die Klägerin hat am 15. Januar 2010 Klage vor dem Sozialgericht Itzehoe erhoben und im Wesentlichen vorgetragen, dass bereits
nach den Abgrenzungsrichtlinien zwischen der Beklagten und der Beigeladenen die Beigeladene der für ihren Betrieb zuständiger
Unfallversicherungsträger sei. Die Betriebsumstellung sei grundlegend. Die private Reittierhaltung sei ein Hobby. Eine bestimmte
Reitfrequenz sei nicht als Voraussetzung normiert. Es müsse zwischen landwirtschaftlichen Betrieben und solchen mit privater
Zwecksetzung unterschieden werden.
Die fehlerhafte Veranlagung ergreife auch den Beitragsbescheid. Mittlerweile gebe es nur noch zwei statt drei Pferde, nämlich
ein Gnadenbrot- und ein Reitpferd.
Die Beklagte hat am 14. November 2012 einen Überprüfungsbescheid zu dem Überprüfungsantrag der Klägerin vom 5. März 2009 erlassen.
Zur Begründung hat die Beklagte im Einzelnen ausgeführt, eine Änderung der Zuständigkeit sei nicht eingetreten, da keine wesentliche
Änderung der Bewirtschaftung vorliege. Es handele sich weiterhin um ein landwirtschaftliches Unternehmen i.S.d. §
123 Abs.
1 Nr.
1 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch (
SGB VII), so dass eine Rücknahme des seinerzeit erteilten Aufnahmebescheides nach § 48 SGB X vom Zeitpunkt der Umstellung des Unternehmens von Rinder- auf Pferdehaltung nicht in Betracht komme.
Die Beklagte hat dazu im Klageverfahren angegeben, sie gehe davon aus, dass der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene
Bescheid vom 14. November 2012 nach §
96 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ebenfalls Gegenstand des Klageverfahrens sei.
Gegen den vorgenannten Bescheid hat die Klägerin mit Schreiben vom 10. Dezember 2012 Widerspruch eingelegt.
Die Klägerin hatte im Klageverfahren zunächst angekündigt, beantragen zu wollen, den Bescheid vom 17. März 2009 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2009 aufzuheben. Die Klägerin hatte sodann auf eine Hinweisverfügung des Sozialgerichts
ausgeführt, beantragen zu wollen, auch den Bescheid vom 6. Februar 2009 sowie den Bescheid vom 17. März 2009 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2009 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihr einen Bescheid unter Berücksichtigung
der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen. Dazu hat sie im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und weiter
ausgeführt, es dürfte sachgerecht sein, nachdem auch gegen den Überprüfungsbescheid vom 14. November 2012 Widerspruch eingelegt
worden sei, diesen in das Verfahren einzubeziehen.
Die Klägerin hat sodann in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 17. März 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2009 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Aussetzung des Verfahrens für den Fall, dass das Gericht aus der Nichtbeteiligung der Schiedsstelle einen nachteiligen
Schluss ziehen möchte.
Eine Überweisung an die Beigeladene komme wegen der Grundsätze der Katasterrichtigkeit und Katasterstetigkeit nicht in Betracht.
Da die Flächen den Pferden als Auslauf- und Weideflächen dienten, liege eine klassische Weidetierhaltung vor. Reitpferde seien
nur solche Tiere, die mindestens drei- bis viermal wöchentlich geritten würden. Eine solche Frequenz liege nicht vor. Eine
Zuständigkeit der Beigeladenen bestünde nur, wenn die landwirtschaftlichen Nutzflächen ausschließlich als Bestandteil privater
Reittierhaltung anzusehen seien. Eine Nutzung der Flächen auch für andere Tiere als Reitpferde, etwa Gnadenbrotpferde oder
andere Weidetieren als Auslauf und Futtergrundlage, mache das Unternehmen insgesamt zu einem mit landwirtschaftlicher Prägung.
Die durch Beschluss vom 20. Dezember 2010 Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Sie hat vorgetragen, dass sie für private Reittierhaltungen zuständig sei. Die von der Beklagten genannte Reitfrequenz für
Tiere sei ein stillschweigend anerkannter Richtwert zwischen ihr - der Beigeladenen - und der Beklagten. Die Haltung von Gnadenbrotpferden
falle eindeutig in die Zuständigkeit der Beklagten. Die Grenzen der Zuständigkeit für die Unterscheidung zwischen einem landwirtschaftlichem
Betrieb und rein privater Reithaltung lägen oft, wie auch hier, eng beieinander. Bei einer erhöhten Anzahl der Ritte der Pferde
oder aber bei einer Abschaffung des Gnadenbrotpferdes wäre ihre Zuständigkeit - die der Beigeladenen - eindeutig gegeben.
Nach Art. 1 § 1 des Gesetzes zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-Neuordnungsgesetz
- LSV-NOG) ist zum 1. Januar 2013 die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) als neuer Träger
für die gesamte landwirtschaftliche Sozialversicherung errichtet worden. Das Vermögen sowie die Rechte und Pflichten aller
bisherigen Träger der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (Berufsgenossenschaften, Alterskassen, Krankenkassen und Pflegekassen)
sowie des Spitzenverbandes der landwirtschaftlichen Sozialversicherung sind nach Art. 1 § 3 LSV-NOG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge
auf die SVLFG übergegangen, die als jetzige Beklagte das Verfahren aufgenommen hat.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 27. Mai 2013 der Klage teilweise stattgegeben, indem es zu Ziff. 1. des Tenors den Bescheid
vom 17. März 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2009 abgeändert und zu Ziff. 2. die Beklagte verpflichtet
hat, den Antrag der Klägerin auf Überweisung vom 10. Februar 2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu
bescheiden. Gemäß Ziff. 3. ist die Klage im Übrigen abgewiesen worden.
Es hat zur Begründung ausgeführt, dass die Beklagte dem nicht als Verwaltungsakt konzipierten Schreiben vom 17. März 2007
nachträglich durch den Widerspruchsbescheid habe Verwaltungsaktqualität zumessen können. Die Beitragsbescheide seien nicht
Gegenstand des Verfahrens vor dem Sozialgericht geworden. Der Anfechtungsantrag sei hinsichtlich der Verpflichtung der Beklagten
zur Neubescheidung erfolgreich. Das Neubescheidungsbegehren sei schriftsätzlich vorgebracht worden. Der Bescheid, mit dem
die Beklagte die Überweisung abgelehnt habe, sei rechtwidrig, da die Schiedsstelle für Katasterfragen entgegen der Regelung
des § 7 Abs. 2 Geschäftsordnung der Schiedsstelle für Katasterfragen bei der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV)
und bei dem Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung nicht beteiligt worden sei.
Im Übrigen - hinsichtlich des Überprüfungsantrages - sei die Klage abzuweisen, da die Aufnahme in die landwirtschaftliche
Berufsgenossenschaft rechtmäßig gewesen sei.
Das Urteil ist der Beklagten am 22. Juli 2013 zugestellt worden. Sie hat am 29. Juli 2013 Berufung eingelegt.
Zur Begründung trägt sie - die Beklagte - vor, ein Überweisungsverfahren hätte nicht eingeleitet und die Schiedsstelle nicht
eingeschaltet werden müssen. Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung (GO) der Schiedsstelle für Katasterfragen müsse die Schiedsstelle für Katasterfragen lediglich angerufen werden, wenn Uneinigkeit
über die Zuständigkeit zwischen zwei Berufsgenossenschaften bestehe. Im Fall der Klägerin bestehe keine Uneinigkeit.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 27. Mai 2013 hinsichtlich der Ziffern zu 1) und 2) des Tenors aufzuheben.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin bezieht sich auf die Entscheidung des Sozialgerichts und trägt im Wesentlichen vor, eine Anrufung der Schiedsstelle
hätte erfolgen müssen.
Die Beigeladene stellt keinen eigenen Antrag.
Sie trägt vor, dass nach § 7 Abs. 2 und 3 der Geschäftsordnung der Schiedsstelle eine Anrufung vor Zurückweisung des Widerspruches
hätte erfolgen müsse. Um eine Entscheidung der Schiedsstelle innerhalb der Fristen des §
88 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) für eine Untätigkeitsklage zu ermöglichen, normiere § 7 Abs. 3 GO eine Anrufungsfrist von einem Monat nach Eingang des Antrags.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten
und der Gerichtsakten Bezug genommen; diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
Das Sozialgericht hat die Berufung im Urteil vom 27. Mai 2013 zugelassen. Hieran ist der Senat gem. §
144 Abs.
3 SGG gebunden. Die Berufung ist auch begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, da eine Verurteilung der Beklagten zur
Neubescheidung zu Unrecht ergangen ist.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung des
Antrags auf Überweisung des klägerischen Unternehmens an die Beigeladene nach Anrufung der Schiedsstelle gem. § 7 der Geschäftsordnung
der Schiedsstelle für Katasterfragen der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung. Nur die Beklagte hat gegen das Urteil
des Sozialgerichts Berufung eingelegt. Soweit das Sozialgericht die Klage abgewiesen hat, ist die Entscheidung rechtskräftig
geworden. Die Klägerin hat keine Berufung bzw. Anschlussberufung eingelegt. Verfahrensgegenstände sind insofern das Schreiben
der Beklagten vom 17. März 2009 und der Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2009, die durch das Urteil des Sozialgerichts
abgeändert worden sind.
Die Berufung ist erfolgreich, da das Sozialgericht die Klage als unzulässig hätte abweisen müssen. Sie war unstatthaft. Die
Klage war, wie sich aus den Anträgen in der mündlichen Verhandlung ergibt, als reine Anfechtungsklage gem. §
54 Abs.
1 S. 1 1. Alt.
SGG erhoben und verfolgt worden. Trotz zwischenzeitlicher Ankündigung der Klägerin, eine Aufhebung der Bescheide und eine Verurteilung
der Beklagten zur Bescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes zu begehren, ist in der mündlichen Verhandlung
ein reiner Anfechtungsantrag gestellt worden. Dieser Antrag entspricht nicht dem Vorbringen der Klägerin bzw. ihrem Klageziel,
nämlich der Überweisung ihres Betriebes in die Zuständigkeit der Beigeladenen. Insofern wäre die kombinierte Anfechtungs-
und Verpflichtungsklage gem. §
54 Abs.
1 S. 1 1. und 2. Alt.
SGG zutreffend, mithin statthaft, gewesen. Damit ist das Gericht über den Antrag der Klägerin hinausgegangen. Zwar entscheidet
das Gericht über die Ansprüche der Kläger gem. §
123 SGG, ohne an die Anträge gebunden zu sein. Das Gericht kann aber nach der Dispositionsmaxime der Kläger, denn diese entscheiden
über die Gegenstände, die sie zur Überprüfung gestellt haben möchten, nicht über das Antragsbegehren hinaus entscheiden (vgl.
Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl. 2014, §
123, Rn. 1). Auf das übrige Vorbringen der Klägerin kommt es nicht an. Soweit - wie hier - eine Vertretung durch Rechtsanwälte
erfolgt, geben die gestellten Anträge das Gewollte zutreffend wieder (vgl. Keller a.a.O. § 123, Rn. 3). Insofern hat das Sozialgericht
mit der Verpflichtung zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes der Klägerin mehr zugesprochen,
als von dieser gewollt war (Keller a.a.O. § 123, Rn. 4).
Zudem fehlte es an einem zur Überprüfung gestellten Verwaltungsakt der Beklagten. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts
stellt das Schreiben der Beklagten vom 17. März 2009 keinen Verwaltungsakt dar. Nach § 31 SGB X ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines
Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
Dem Sozialgericht ist zuzugeben, dass eine Formulierung in dem Schreiben vom 17. März 2009 für einen Verwaltungsakt spricht:
"Demnach fehlt es an einer grundlegenden Änderung der Verhältnisse, so dass ein Überweisungsverfahren nicht einzuleiten ist
und es bei der Zuständigkeit der LBG verbleibt."
Diese Formulierung könnte als Ablehnung einer Überweisung des klägerischen Betriebs an die Beigeladene interpretiert werden.
Indes fehlt dem Schreiben ein eindeutiger Regelungswille der Beklagten. Das Schreiben ist eine Erläuterung der Rechtsposition
der Beklagte bezüglich der Zuständigkeit der gesetzlichen Unfallversicherung. Ein Regelungswille im Sinne einer Entscheidung
über das Überweisungsbegehren kann dem nicht entnommen werden. Dafür spricht - wie bereits das Sozialgericht zutreffend ausgeführt
hat - zudem Folgendes:
Das Schreiben der Beklagten vom 17. März 2009 ist nicht mit der Formulierung "Bescheid" überschrieben oder sonst im Text gekennzeichnet.
Das Schreiben ist nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen, was auf das Fehlen einer intendierten Regelungswirkung
hindeutet. Die Einleitung nennt als Intention des Schreibens, der Klägerin "gewünscht"[e] weitere Erläuterungen zur Frage
des Zuständigkeitswechsels zu geben. Bei Erläuterungen handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt. Es fehlt an einer verbindlichen
Regelungswirkung. Wer lediglich unverbindlich erläutert, will gerade keine verbindliche Verfügung mit Regelungs- und unmittelbarer
Rechtswirkung nach Außen treffen.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts konnte auch nicht der Widerspruchsbescheid "das erläuternde Schreiben vom 17.03.2009
zum Verwaltungsakt erheben". Zum Einen wurde der Widerspruchsbescheid vom Widerspruchsausschuss der Beklagten erlassen, mithin
einem speziell dafür eingerichteten Entscheidungsgremium, das gerade nicht identisch ist mit den für den Erlass von Ausgangsbescheiden
zuständigen Sachbearbeitern. Zum Anderen muss ein Verwaltungsakt zum Zeitpunkt seines Erlasses die Kriterien eines Verwaltungsaktes
erfüllen. Die Eigenschaft als Verwaltungsakt kann nicht nachträglich und damit rückwirkend begründet werden. Eine rückwirkende
Interpretation und Definition eines Regelungsinhalts durch die Widerspruchsbehörde widerspricht § 31 SGB X.
Der Senat weist zudem darauf hin, dass es, unterstellt, es wäre aufgrund einer entsprechenden wirksamen Antragstellung seitens
der Klägerin und bei einem zugrundeliegenden rechtlich wirksamen Verwaltungsakt über einen Verpflichtungsantrag zu entscheiden,
keiner Neubescheidung durch die Beklagte unter Einschaltung der Schiedsstelle bedürfte. In einem solchen Fall wäre auf die
Rechtslage zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung (also der Verhandlung vor dem Senat am 8. Juli 2015) abzustellen. Insofern
wäre die Geschäftsordnung der Schiedsstelle für Katasterfragen bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. (DGUV)
und der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) nach dem Stand vom 5. Juni 2013 anzuwenden. Nach
dem dortigen § 7 Abs. 2 Satz 2 GO gilt die aus Satz 1 dieser Bestimmung erwachsende Verpflichtung, bei bestimmten Konstellationen die Schiedsstelle anzurufen
nur, wenn Uneinigkeit zwischen den beteiligten Unfallversicherungsträgern in Hinblick auf die Zuständigkeit besteht. Das ist
hier nicht der Fall. Beklagte und Beigeladene sind übereinstimmend der Auffassung, dass die Beklagte die zuständige gesetzliche
Unfallversicherung ist. Ein Dissens, der für eine verpflichtende Einschaltung der Schiedsstelle erforderlich wäre, liegt gerade
nicht vor.
Dem Sozialgericht ist zuzugeben, dass in früheren Fassungen der Geschäftsordnung der Schiedsstelle das Erfordernis des Dissenses
in § 7 Abs. 2 GO der Schiedsstelle fehlte (vgl. die Fassungen der GO zum Stand 7. April 2008 und 12. Mai 2009). Allerdings ergibt sich bereits generell aus dem Sinn und Zweck der Schiedsstelle,
die ja gerade Meinungsstreitigkeiten zwischen den Unfallversicherungsträgern klären soll, die Notwendigkeit eines Dissenses
in entsprechenden Fallkonstellationen. Dieser Gedanke dürfte insofern auch bezogen auf ältere Fassungen der GO als maßgeblich heranzuziehen sein. Dem braucht aber letztlich im Hinblick auf die eindeutige Regelung in § 7 Abs. 2 Satz 2 GO in der jetzigen Fassung nicht mehr nachgegangen zu werden. Im Übrigen gilt für sämtliche Fassungen der Geschäftsordnung,
dass es sich dabei "nur" um ein internes Regelwerk zwischen den gesetzlichen Unfallversicherungen handelt. Eigene Rechte kann
die Klägerin aus der Geschäftsordnung als einem reinen Verwaltungsinternum für sich nicht herleiten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i. V. m. §
154 Abs.
1 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). In sozialgerichtlichen Verfahren, in denen weder der Kläger noch der Beklagte des anhängigen Verfahrens zu den in §
183 SGG genannten Privilegierten gehört, werden nach §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben; die §§
154 bis
162 VwGO sind entsprechend anzuwenden. Gemäß §
154 Abs.
1 VwGO trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens, mithin hier die Klägerin. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen
hat die Klägerin allerdings nicht zu tragen, da diese - die Beigeladene - sich nicht durch Stellung von Anträgen am Prozessrisiko
beteiligt hat.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs.
1, Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG durch den Senat zuzulassen, sind nicht ersichtlich.