Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren
Gründe:
Die am 12. Juli 2011 eingelegte Beschwerde der Kläger gegen den Prozesskostenhilfe (PKH) ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts
Gotha (SG) vom 14. April 2011, ihnen zugestellt am 17. Juni 2011, hat jedenfalls in der Sache keinen Erfolg.
Dabei lässt es der Senat dahingestellt sein, ob die Beschwerde überhaupt statthaft ist. Fraglich könnte das sein, wenn in
der Hauptsache kein Rechtsmittel eröffnet wäre, weil weder Geld- oder Sachleistungen in Höhe von mehr als 750 Euro noch wiederkehrend
oder laufend für mehr als ein Jahr betroffen wären, weil der Senat in seiner ständiger Rechtsprechung für diesen Fall die
Beschwerde gemäß §
73a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
127 Abs.
2 S. 2 2. Hs.
ZPO als unstatthaft ansieht (Senat, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - L 4 AS 1878/11 B).
Hat grundsätzlich das Rechtsmittelgericht in jedem Fall über die Zulässigkeit eines Rechtsmittels zu entscheiden, auch wenn
es offensichtlich unbegründet ist, um den Umfang der materiellen Rechtskraft bestimmen zu können, ist das hier ausnahmsweise
entbehrlich, weil der gegenständlich erfasste ablehnende PKH-Beschluss ohnehin nicht in materielle Rechtskraft erwachsen kann
(vgl. LSG NRW, Beschluss vom 2. März 2011 - L 7 AS 194/11 B - unter Hinweis auf BGH, Beschluss vom 3. März 2004 - IV ZB 43/03, NJW 2004, S. 1805 m.w.N.).
Der PKH-Antrag ist bereits mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, weil der Beklagte ein Kostengrundanerkenntnis in der
Hauptsache abgegeben hat.
Soll Prozesskostenhilfe die grundrechtlich garantierte Rechtsschutzgleichheit aus dem Gleichheitsgrundsatz des Art.
3 Abs.
1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsgrundsatz aus Art.
20 Abs.
3 GG sicherstellen, um die Rechtsschutzmöglichkeiten eines Unbemittelten denen eines Bemittelten gleichzustellen, der seine Erfolgsaussichten
unter Berücksichtigung des Kostenrisikos vernünftig abwägt, entfällt das Schutzbedürfnis, wenn der Unbemittelte einem Kostenrisiko
im Hauptsacheverfahren nicht - mehr - ausgesetzt ist, weil ein Verfahrensbeteiligter zur Kostenerstattung verpflichtet ist,
dem gegenüber der Anspruch ohne Weiteres durchgesetzt werden kann. Anzunehmen ist das, wenn der Kostenerstattungsanspruch
zum selben Zeitpunkt fällig wird, wie der Anspruch auf Prozesskostenhilfe und der Schuldner leistungsbereit und -fähig ist.
Zweifel bestehen insoweit vorliegend nicht.
Soweit in der Rechtsprechung vertreten wird, dass ein solcher Kostenerstattungsanspruch nicht das Rechtsschutzbedürfnis entfallen
lassen kann, sondern allenfalls bei der Bedürftigkeitsprüfung als vorrangig einzusetzendes Vermögen gemäß §
115 Abs.
3 S. 1
ZPO zu berücksichtigen ist (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 14. Februar 1990 - 2 W 191/89, FamRZ 1990, S. 642), überzeugt den Senat die getroffene Abgrenzung nicht. Zu unterscheiden ist, ob der Antragsteller unmittelbar aufgrund seiner
verfahrensrechtlichen Position (Kostenerstattungsanspruch gegen Verfahrensbeteiligten) oder nur aufgrund des vorrangigen Einsatzes
eigenen Vermögens einer bemittelten Person gleichgestellt ist. Ist die anderslautende Rechtsauffassung vor allem darauf gestützt,
dass im Zeitpunkt der Entscheidungsreife über einen Kostenerstattungsanspruch noch nicht entschieden sei, während bei der
Bedürftigkeitsprüfung auch spätere Änderungen in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen bis zum Zeitpunkt der
Entscheidung über den Antrag bzw. die Beschwerde zu berücksichtigen seien, überzeugt das nicht. Dem Umstand, dass in der Regel
im Zeitpunkt der Entscheidungsreife noch keine Kostenerstattungspflicht für einen Verfahrensbeteiligten begründet ist, kommt
kein Gewicht für die Beantwortung der Frage zu, ob ein solcher Anspruch das Rechtsschutzbedürfnis entfallen lassen kann. Zu
beachten ist, dass sowohl bei den Zulässigkeitsvoraussetzungen für einen PKH-Antrag als auch der erforderlichen Bedürftigkeit
nicht auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife abzustellen ist, der allein für die Annahme hinreichender Erfolgsaussichten
gilt, sondern der Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag oder die Beschwerde maßgeblich ist. Sollte zu diesem Zeitpunkt
dem Antragsteller noch kein Kostenerstattungsanspruch gegen einen anderen Verfahrensbeteiligten zustehen, ist keine Prognose
über die spätere Kostenerstattungsentscheidung zu treffen, sondern insoweit das Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen.
Die Kläger können ein gleichwohl bestehendes Rechtsschutzbedürfnis nicht darauf stützen, dass das Kostenanerkenntnis des Beklagten
ihnen noch keinen Titel nach §
199 Abs.
2 Nr.
1 SGG verschafft, weil sie es bisher nicht angenommen haben. Es stellt eine unzulässige Rechtsausübung dar, welche auch im PKH-Bewilligungsverfahren
zu berücksichtigen ist, wenn das verbleibende Rechtsschutzbedürfnis allein darauf beruht, dass der Antragsteller die Möglichkeit
vereitelt, auf gegenüber der PKH vorrangige Weise seinen prozessualen Nachteil gegenüber einer bemittelten Person zu überwinden.
Nicht zu folgen ist den Klägern, soweit sie ein gleichwohl bestehendes Rechtsschutzbedürfnis weiter damit begründen, allein
die Kostenerstattung im Wege der Prozesskostenhilfe könne ihnen im Kostenfestsetzungsverfahren ein Rechtsmittel gegen die
Kostenfestsetzung durch das SG eröffnen. Was wohl möglich ist, wenn alleine für die Prozesskostenhilfe über §
73a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §§
114 ff.
ZPO und § 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG entgegen §§
172,
178 SGG eine Beschwerde gegen die richterliche Kostenfestsetzung des SG eröffnet sein sollte (vgl. zum Streitstand: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.6.2011 - L 3 R 234/10 B, juris m.w.N.).
Das Anerkenntnis des Beklagten ist alleine dem Grunde nach abgegeben. Die Höhe der anwaltlichen Vergütung bleibt daher wie
bei einer Kostenerstattung aufgrund einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe dem Kostenfestsetzungsverfahren vorbehalten,
welches auf die prozessuale Gleichstellung eines Unbemittelten mit einer bemittelten Person keinen Einfluss hat. Zumal die
Kläger aus dem Vertragsverhältnis mit ihrem Prozessbevollmächtigten nur einer Honorarforderung in rechtskräftig festgesetzter
Höhe ausgesetzt sein können. Eine richterliche Festsetzung steht in beiden Fällen den Klägern nach §
178 SGG zu. Es ist nicht Aufgabe der Prozesskostenhilfe, im nachrangigen Kostenfestsetzungsverfahren allein dem beigeordneten Rechtsanwalt
durch einen weitergehenden Rechtsbehelf zu einer höheren Vergütung zu verhelfen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.12.2008
- L 5 B 9/07 AS, juris). Ungeachtet dessen ist nicht zu erkennen, dass das Beschwerdegericht mit hinreichender Sicherheit eine höhere
Vergütung als das SG festsetzen würde.
Sind damit entweder die Beschwerde oder der PKH-Antrag selbst bereits unzulässig, kann weiter dahingestellt bleiben, ob die
minderjährigen Kinder wirksam gesetzlich vertreten sind. Zweifel können sich insoweit insbesondere hinsichtlich der Klägerin
zu 5 ergeben. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 54/08 R, juris) kann die Klägerin zu 1 die Klägerin zu 5 nur alleine vertreten, wenn ihr das alleinige Sorgerecht zusteht. Andernfalls
bedürfte es einer Vollmacht des geschiedenen Ehemannes als Kindsvater.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da das Bewilligungsverfahren wie das Hauptsacheverfahren kostenfrei ist (§
183 SGG) und eine Erstattung der dem Gegner entstandenen Kosten ausgeschlossen ist (§
73a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
118 Abs.
1 S. 4
ZPO, für Beschwerdeverfahren: §
127 Abs.
4 ZPO).
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).