Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in der ehemaligen
DDR; Keine Erfüllung der betrieblichen Voraussetzungen durch den VEB Autobahndirektion Halle; Merkmale industrieller Produktionsbetriebe
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) darüber, ob zugunsten des Klägers Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz mit den
dabei erzielten Entgelten festzustellen sind.
Der 1947 geborene Kläger erwarb am 27. April 1979 einen Abschluss als Ingenieur für Tiefbau und war ab 1978 als Beauftragter
der Technischen Kontrollkommission beim Staatlichen ..., aus dem durch Zusammenlegung mit dem mit Wirkung vom 1. April 1982
der wurde, beschäftigt. Ab dem 1. Juli 1990 arbeitete er als Laboringenieur bei dem Rechtsnachfolger, der & Co. KG, ...
Am 12. September 2007 beantragte er die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem im Sinne
des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets
- Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG). Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 8. November 2007 ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7.
Februar 2008 zurück. Der Kläger legte kein Rechtsmittel ein.
Am 18. Juni 2010 beantragte er die Überprüfung des Ablehnungsbescheides vom 8. November 2007. Die Beklagte lehnte den Antrag
mit Bescheid vom 2. September 2010 ab und führte zur Begründung aus, dass es sich bei dem nicht um einen Produktionsbetrieb
der Industrie oder des Bauwesens gehandelt habe. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 2011 als unbegründet
zurück.
Mit seiner am 1. April 2011 erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, er sei vor dem 30. Juni 1990 in einem volkseigenen
Produktionsbetrieb des Bauwesens tätig gewesen. Es habe auch im Bereich des eine Massenproduktion von Betonsegmenten gegeben.
Das Sozialgericht (SG) hat den ehemaligen Produktionsleiter des W. Sch. schriftlich als Zeugen vernommen und die Klage mit Urteil vom 30. August
2013 abgewiesen. Bei dem habe es sich offensichtlich nicht um einen Produktionsbetrieb gehandelt. Damit sei der Anwendungsbereich
des AAÜG nicht eröffnet. Dessen erweiternde Auslegung würde gegen das Verbot der nachträglichen Einbeziehung in Versorgungssysteme
nach deren Schließung zum 30. Juni 1990 verstoßen.
Mit der am 6. November 2013 erhobenen Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er ist weiterhin der Auffassung,
bei dem habe es sich um einen volkseigenen Produktionsbetrieb gehandelt. Entsprechend den Ausführungen des vom SG gehörten Zeugen habe der Betrieb einem wirtschaftlichen Wandel unterlegen, in dessen Zuge ein weiteres Geschäftsfeld der
Massenfertigung entstanden sei. Es habe einen Teilbetrieb gegeben, der im Sinne einer Massenproduktion recycelte Betonplatten
hergestellt und spezielle Bauleistungen erbracht habe. Diesem Betrieb habe er angehört. Auch habe der vom Sozialgericht gehörte
Zeuge Sch. ausgeführt, dass es mit der Erweiterung der durch den Betriebsteil R.-Beton - BL Nord Süd einen Betriebsteil Produktion
gegeben habe. Diese Produktion habe keine untergeordnete Rolle eingenommen. Im Übrigen stelle die Wiederherstellung der Transitautobahn
eine Bauwerksleistung dar und falle damit unter den Anwendungsbereich des AAÜG. Die Auslegung des Begriffs industrielle Produktion erfordere, sich auf den engsten Begriff zu stützen, der Gegenstand der
gesetzlichen Regelung gewesen sein könne. Die restriktive Anwendung des AAÜG verstoße gegen Art.
3 des
Grundgesetzes (
GG). Insofern sei er analog zur Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) im Wege verfassungskonformer Auslegung fiktiv in den Anwendungsbereich des AAÜG einzubeziehen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 30. August 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 2. September 2010 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2011 aufzuheben, die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid der Beklagten vom 8. November
2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2008 aufzuheben und sie zu verurteilen, die Zeit vom 27. April
1979 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die
in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist dem Berufungsvorbringen entgegengetreten. Es habe sich bei dem nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der
Industrie oder des Bauwesens gehandelt. Es mangele bei den vom Kläger angegebenen Tätigkeitsbereichen am Merkmal der Massenfertigung.
Soweit vorhanden seien sie von untergeordneter Bedeutung gewesen.
Mit Beschluss vom 22. Oktober 2014 hat der Senat den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender
Erfolgsaussichten in der Hauptsache abgelehnt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die vorbereitenden Schriftsätze der
Beteiligten sowie den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Mit dem angefochtenen Urteil vom 30. August 2013 hat das SG zu Recht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 2. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 16. März 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Rücknahme des
ablehnenden Bescheides vom 8. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2008 aus § 44 SGB X.
Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit
sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt
ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder
Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Der Ablehnungsbescheid vom 8. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 7. September 2008 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem festgestellt werden. Er unterfällt nicht dem Geltungsbereich des
§ 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, weil er weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen
Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (GBl. I Nr. 93 S. 844; im Folgenden: AVItech) angehörte.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen
im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung
oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EV (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 11). Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Die Zugehörigkeit des Klägers zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG kann auch nicht im Wege der Unterstellung erfolgen, da die dafür vom BSG aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen. Nach der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG (vgl. Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 12) hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung
über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben
vom 17. August 1950 (GBl. I S. 844, VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech
(GBl. I S. 487, 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen müssen. Generell war dieses Versorgungssystem
eingerichtet für (1.) Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung)
und (2.) die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar (3.) in einem volkseigenen
Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Diese drei Voraussetzungen müssen, damit das AAÜG überhaupt anwendbar ist, am 30. Juni 1990 vorgelegen haben. Der Kläger hatte am 1. August 1991 (dem Tag des Inkrafttretens
des AAÜG) keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der ..., weil die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt
ist.
Für den Zeitraum 27. April 1979 bis zum 1. April 1982 folgt dies schon daraus, dass er beim Staatlichen und damit nicht in
einem volkseigenen Betrieb (VEB) beschäftigt war. Denn ein solcher entstand erst mit dem nach der Zusammenlegung mit dem Autobahn-Aufsichtsamt.
Für die bundesrechtliche Bedeutung des Ausdrucks "volkseigener Betrieb" im Sinne des Versorgungsrechts kommt es auf den staatlichen
Sprachgebrauch der DDR am 30. Juni 1990 an, an den der Bundesgesetzgeber angeknüpft hat. Er erschließt sich in erster Linie
aus den einschlägigen Verordnungen der DDR. Mit Blick auf den hier maßgeblichen Stichtag für die bundesrechtliche Anknüpfung
(30. Juni 1990) ist auf den staatlichen Sprachgebrauch der DDR abzustellen, wie er sich aus der Verordnung über volkseigene
Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigene Betriebe vom 8. November 1979 (KombinatsVO, GBl. I 355) ergibt. Danach wurde ein VEB durch Entscheidung des zuständigen staatlichen oder wirtschaftsleitenden Organs
gegründet (§ 35 Abs. 1 Satz 1 KombinatsVO). Er war einem Staatsorgan oder wirtschaftsleitenden Organ unterstellt (§ 31 Abs. 1 Satz 1 KombinatsVO) und führte nach § 31 Abs. 3 KombinatsVO einen Namen, der die Bezeichnung "VEB" enthalten musste und trat unter diesem Namen im Rechtsverkehr auf (vgl. zum Ganzen
BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 3/02 R, juris). Folglich handelte es sich bei dem Staatlichen nicht um einen VEB.
Auch nach dem 1. April 1982 ist die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt. Denn bei dem handelte es sich nicht um einen
volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder einen gleichgestellten Betrieb. Nach der Rechtsprechung
des BSG (vgl. Urteil vom 9. Mai 2012 - Az.: B 5 RS 8/11 R, nach juris), der sich der Senat angeschlossen hat (vgl. Urteil vom 27. November 2012 - L 6 R 585/12), fallen unter industrielle Produktionsbetriebe nur Betriebe, denen unmittelbar die industrielle Massenproduktion von Sachgütern
oder Errichtung von Bauwerken das Gepräge gegeben hat. Hierfür gibt es entgegen der allgemeinen Behauptung des Klägers keinen
Anhalt.
Das LSG Sachsen-Anhalt hat zum ausgeführt (vgl. Urteil vom 24. Juni 2010 - L 1 R 192/08, nach juris): "Bei dem VEB Autobahndirektion handelte es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der
Industrie oder des Bauwesens im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB. Maßgeblich ist hier der - im Ergebnis enge - Sinn, mit dem
dieser Begriff der bundesrechtlichen Ausfüllung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu Grunde zu legen ist. Der Senat muss seiner Prüfung die Begrifflichkeit des BSG zugrunde legen und nicht den Sprachgebrauch der DDR, wie er u. a. den von dem Kläger eingereichten Unterlagen zu entnehmen
ist. Ob zeitweise daneben, möglicherweise auch überwiegend, im Wirtschaftsleben der DDR davon abweichende Begriffe wirtschaftlicher
Produktion verwendet worden sind, ist nach der Rechtsprechung des BSG nicht maßgeblich. Rechtliche Bedeutung käme der Verwendung abweichender Produktionsbegriffe für das rückschauende bundesrechtliche
Verständnis des Begriffes der industriellen Produktion im Sinne der Versorgungsvorschriften nicht zu. Denn die bundesrechtliche
Auslegung des Begriffs der industriellen Produktion erfordert nach der Rechtsprechung des BSG, sich auf den engsten Begriff zu stützen, der Gegenstand der gesetzlichen Regelung gewesen sein kann, weil - nach Auffassung
des BSG - nur so die Abgrenzung rechtsstaatswidrig willkürlicher Fehlentscheidungen durch unterlassene Versorgungszusagen erreicht
wird.
Außerdem finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass im VEB Autobahndirektion die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung
bzw. Produktion von Sachgütern stattgefunden hat. Die Produktion von Sachgütern hat allenfalls eine untergeordnete Rolle in
der Tätigkeit des VEB Autobahndirektion eingenommen. Ausweislich der Planaufschlüsselung des Betriebskollektivvertrages von
1989 und der dort genannten einzelnen Positionen lässt sich eine Produktion von Sachgütern allenfalls den Positionen "sonstiges"
(0,3 Mio. M) und "industrielle Warenproduktion" (0,7 Mio. M) entnehmen. Diese Positionen nehmen jedoch nur einen geringen
Anteil an den Eigenleistungen des Betriebs (real finanzgeplante Warenproduktion in Höhe von 115,7 Mio. M) und an dem Gesamtumsatz
(Reparaturfonds mT 321,3 Mio. M) ein.
Der VEB Autobahndirektion war auch kein Produktionsbetrieb des Bauwesens im oben genannten Sinne (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 - B 4 RA 57/03 R - aaO.).
Auch die gesetzlichen Bestimmungen der DDR sprechen dagegen, dass dem VEB Autobahndirektion der Bau von Straßen das Gepräge
gegeben haben kann. Nach § 6 Abs. 3 der Straßenverordnung vom 22. August 1974 (GBl. I S. 515, StraßenVO) oblag dem Ministerium
für Verkehrswesen u. a. die Kontrolle der Gewährleistung der öffentlichen Nutzung sowie der Durchführung des Straßenwinterdienstes
auf den Autobahnen. Nach Abs. 4 waren ihm Einrichtungen und volkseigene Betrieb unterstellt, die insbesondere wirtschaftlich-organisatorische
und operative Aufgaben gemäß § 10 StraßenVO erfüllten. Zu den in § 10 Abs. 2 StraßenVO umschriebenen Aufgaben gehörte die
Instandhaltung, Erhaltung und Erweiterung der öffentlichen Straßen, die Errichtung, Instandhaltung und Erhaltung von Lichtsignalanlagen
und sonstigem Zubehör, die Durchführung des Straßenwinterdienstes, die Pflege der Straßengehölze sowie die Durchführung von
Maßnahmen an den Straßenverkehrsanlagen zur Verminderung des Verkehrslärms und der Beeinträchtigung der Anlieger durch Erschütterungen.
Danach lag der Aufgabenschwerpunkt solcher Betriebe des Straßenwesens nicht im Bau neuer Straßen, sondern in der Erhaltung
und Unterhaltung bereits vorhandener Straßen sowie der dazugehörigen Anlagen (vgl. auch BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 - B 4 RA 57/03 R -, SozR 4-8570 § 1 Nr. 3)."
Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung vollinhaltlich an. Die Ausführungen des LSG Sachsen-Anhalt werden durch die
Angaben des vom SG vernommenen Zeugen Sch. bestätigt. Er war im als Stellvertreter des Direktors Autobahninstandhaltung und Hauptabteilungsleiter
Produktionsdurchführung tätig und hat in seiner schriftlichen Aussage vom 13. März 2013 ausgeführt, dass die Arbeitsaufgaben
ursprünglich vorwiegend in der Instandhaltung sowie der Wartung und Pflege (einschließlich des Winterdienstes) des gesamten
Autobahnnetzes der DDR bestanden. Hierbei handelt es sich offensichtlich nicht um Massenproduktion. Soweit der Zeuge angibt,
dass sich der Schwerpunkt der Arbeitsaufgaben in jährlich steigendem Ausmaß auf die Bauproduktion verschob, folgt hieraus
nichts Anderes. Auch dabei handelte es sich nicht um Produktion im Sinne der Rechtsprechung des BSG. Dies gilt insbesondere für spezielle Bauleistungen (z.B. grundhafte Erneuerung einzelner Streckenabschnitte, Brückeninstandsetzungen,
Montage der Großbeschilderung), die Spezialgewerke (z.B. Brückendichtung, Fahrbahnmarkierung) und die Neubauleistungen (z.B.
Neubau von Park-, Abstell- und Verkehrsflächen). Nach Angaben des Zeugen beliefen sich diese Tätigkeiten auf ca. 50 bis 55
v.H. der Gesamtleistung. Soweit der Zeuge überhaupt einzelne Tätigkeitsbereiche - wie die Konsumgüterproduktion von Hohlblocksteinen
für die Bevölkerung - angeführt hat die als Produktion in Betracht kommen, waren sie offensichtlich nicht prägend sondern
von deutlich untergeordneter Bedeutung. Dies wird durch den im Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 24. Juni 2010 - L 1 R 192/08 angeführten geringen Umsatz im Vergleich zum Gesamtumsatz bestätigt. Insgesamt ist festzuhalten, dass der nicht durch die
massenhafte Produktion von Bauwerken geprägt war, sondern ganz überwiegend Reparaturen und Instandhaltungsarbeiten an den
Autobahnen durchführte.
Schließlich geben die Einwände des Klägers keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Insbesondere begründen die von
ihm angeführten speziellen und komplexen Bauleistungen für den Erhalt der Transitstrecken keine Einordnung des Betriebes als
Produktionsbetrieb des Bauwesens. Er differenziert schon nicht zwischen Neubauten und Ausbesserungsleistungen. Im Übrigen
wäre ein Straßenneubau, sofern er überhaupt dem Betrieb das Gepräge gegeben hätte, wofür hier nichts spricht, nicht die Massenproduktion
von Bauwerken als massenhafter Ausstoß standardisierter Produkte und komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken.
Die Fertigung von Verkehrswegen und Brücken muss immer an die örtlichen Verhältnisse angepasst sein. Keine Straße oder Brücke
gleicht einer zuvor errichteten. Die darüber hinaus vom Kläger angestrebte Betrachtung bzw. Aufspaltung des in Teilbetriebe
widerspricht der tatsächlichen Organisation und Rechtsform des Betriebes und kommt nicht in Betracht.
Auch mit einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG lässt sich ein Anspruch des Klägers auf eine fiktive Einbeziehung nicht begründen. Insoweit liegen die vom BSG (vgl. Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R, juris) aufgestellten Voraussetzungen nach dem bereits Ausgeführten nicht vor. Eine darüber hinausgehende erweiternde Auslegung
ist nicht durch das
Grundgesetz geboten. Art.
3 Abs.
1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist jedoch nicht jede Differenzierung ausgeschlossen. Das
Grundrecht wird indes verletzt, wenn eine Gruppe von Rechtsanwendungsbetroffenen anders als eine andere behandelt wird, obwohl
zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung
rechtfertigen könnten (z.B. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - 1 BvR 1921/04 u. a., juris, Rn. 36). Das Bundesverfassungsgericht hat dort im Hinblick auf das AAÜG ausgeführt:
"Der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfasste Personenkreis hat seine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem als Folge eines Ausscheidens vor dem Leistungsfall
verloren. Es bestanden also zunächst nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik rechtlich gesicherte Anwartschaften.
Diese wollte der gesamtdeutsche Gesetzgeber erhalten (vgl. BTDrs. 12/826, S. 21). Der hier in Frage stehende Personenkreis
(gemeint ist der Personenkreis, der irgendwann vor dem 30. Juni 1990, aber nicht am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für
die Einbeziehung erfüllt hatte) hatte dagegen solche Rechtspositionen im Recht der Deutschen Demokratischen Republik zu keinem
Zeitpunkt inne. Für eine rechtlich gesicherte Verbesserung der Altersversorgung über die Leistungen der Sozialpflichtversicherung
hinaus stand dem betroffenen Personenkreis im Rentenrecht der Deutschen Demokratischen Republik der Beitritt zur Freiwilligen
Zusatzrentenversicherung offen, war dort allerdings - anders als in vielen Systemen der Zusatzversorgung - mit eigenen Beitragsleistungen
verbunden. Es bestand daher keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der gesamtdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung,
diesen Personenkreis den durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen und insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers abzuschwächen, eine Einbeziehung
von Sozialpflichtversicherten in die Zusatzversorgungssysteme über den 30. Juni 1990 hinaus im Interesse einer schnellen Herbeiführung
der rentenrechtlichen Renteneinheit zu untersagen."
Vor diesem Hintergrund ist eine Einbeziehung des Klägers im Wege der verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG nicht geboten. Es mangelt an einer Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG. Tatsächlich hat er eine solche nicht im Ansatz aufgezeigt. Im Übrigen stünde der von ihm begehrten Auslegung das Verbot
der Neueinbeziehung in die Versorgungssysteme entgegen (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 2 des Rentenangleichungsgesetzes vom 28. Juni
1990, GBl I S. 495).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.