Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Juli
2009 bis 30. September 2013 streitig.
Der 1950 geborene Kläger absolvierte vom 1. September 1965 bis 31. Juli 1967 eine Ausbildung zum Maurerhelfer und war danach
laut Sozialversicherungsausweis zunächst als Maurerhelfer, ab 17. Dezember 1968 als Maurer, Bohrarbeiter und Tiefbaufacharbeiter
tätig. Ab Januar 1977 arbeitete er wieder als Maurer in verschiedenen Betrieben, ab 1991 unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit.
Vom 1. Mai 1999 bis 31. Januar 2001 war er laut Arbeitsbescheinigung nach §
312 des
Dritten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB III) als Elektrohelfer bei der Firma E.-T. beschäftigt. Vom 1. April 2002 bis 30. November 2007 arbeitete er als Maurer bei dem
A.-A. J. B. Zuletzt war er vom 18. Februar 2008 bis 13. September 2009 bei der C. B. GbR beschäftigt. Nach der Arbeitsbescheinigung
nach §
312 SGB III handelte es sich um eine Tätigkeit als Hof- und Lagerarbeiter. In einem Schreiben des Arbeitgebers vom 9. Februar 2009 wird
die ausgeübte Tätigkeit als Bauhelfertätigkeit bezeichnet. Laut Arbeitgeberauskunft vom 23. Juni 2009 sollte der Kläger im
Betrieb als Betriebsmaurer eingesetzt und mit Abriss- und Reparaturarbeiten, Hof- und Lagerarbeiten sowie Aufräumarbeiten
auf dem Firmengelände betraut werden. Am 17. März 2008 erlitt er einen Arbeitsunfall. Seit dem 29. April 2008 bezog er Krankengeld,
vom 14. September 2009 bis 26. August 2011 Arbeitslosengeld. Seit 1. Oktober 2013 bezieht er Altersrente für langjährig Versicherte.
Im Juni 2009 beantragte er die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog verschiedene Befundberichte
mit entsprechenden Anlagen bei und holte ein orthopädisches Gutachten des Dr. Sch. vom 26. August 2009 ein (Diagnosen auf
orthopädischem Fachgebiet: Zustand nach ostheosynthetisch versorgter Acetabulumfraktur links im Zusammenhang mit einem Polytrauma
vom 17. März 2008 mit einer verbliebenen Funktionslimitierung im linken Hüftgelenk sowie einer diesbezüglich fortbestehenden
Belastbarkeitseinbuße, Zustand nach ostheosynthetisch versorgter Schrägfraktur links mit Materialentfernung im März 2009 und
endgradigen Einschränkung der Bewegungsamplituden des linken Schultergelenkkomplexes und einer in diesem Zusammenhang reduzierten
Belastbarkeit, Residualzustand nach mittels Zuggurtungsostheosynthese ostheosynthetisch versorgter offener Trümmerfraktur
des linken Oleokranon mit einem resultierenden Streckdefizit von 10°, einer endgradigen Beugebehinderung sowie einer im Seitenvergleich
leicht eingeschränkten Unterarmwendebewegung und einer dadurch etwas verminderten Belastbarkeit, Chondropathie patellae rechts
als isolierte Degeneration des Gelenkknorpels der Kniescheibe meist als Arthrosevorstufe bei noch kaum eingeschränkter Kniegelenkfunktion;
Leistungsbild: leichte, zeitweise mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mit Möglichkeiten zu einem gelegentlichen
Wechsel der Körperposition unter Berücksichtigung zusätzlicher Funktionseinschränkungen für mehr als sechs Stunden arbeitstäglich
unter Beachtung zusätzlicher Einschränkungen). Mit Bescheid vom 30. September 2009 lehnte die Beklagte die Gewährung einer
Rente wegen Erwerbsminderung ab. Im Widerspruchsverfahren zog sie die medizinischen Unterlagen der BG Bau zum Arbeitsunfall
im Jahr 2008 bei und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2010 zurück. Eine Rente wegen teilweiser
Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme nicht in Betracht, weil vom Hauptberuf des Betriebshandwerkers auszugehen sei
und der Kläger in die Gruppe der Angelernten im unteren Bereich einzuordnen und auf Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes
verweisbar sei.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) u.a. ein orthopädisches Gutachten des Dipl.-Med. A. vom 2. Dezember 2010 eingeholt. Danach bestehen auf orthopädischem Fachgebiet
eine leichte Funktions- und Belastungseinschränkung der linken Hüfte nach erlittener Acetabulumfraktur und operativer Stabilisierung,
eine leichte Funktions- und Belastungseinschränkung des linken Ellenbogengelenkes nach erlittener Olecranotrümmerfraktur und
ostheosynthetischer Versorgung, eine leichte Funktions- und Belastungseinschränkung der linken Schulter nach erlittener Humerusschaftfraktur
und ostheosynthetischer Versorgung sowie postoperativ entstandenem Impingementsyndrom sowie ein Zustand nach Arthroskopie
im April 2010. Weitere schwerwiegende Erkrankungen auf anderen Fachgebieten ergäben sich aus den vorhandenen Unterlagen nicht.
Der Kläger könne dauerhaft nur noch leichte Arbeiten unter Beachtung zusätzlicher Einschränkungen acht Stunden täglich ausführen.
Einschränkungen der Wegefähigkeit bestünden nicht. Der Kläger könne eine Tätigkeit als Mitarbeiter einer Poststelle oder als
Warenauf- und Versandfertigmacher entsprechend dem Gutachten der berufskundlichen Sachverständigen J. vom 25. Dezember 2000
ausüben. Das SG hat eine weitere Arbeitgeberauskunft der C. B. GbR vom 30. März 2011 eingeholt, wonach der Kläger zu 75 v.H. Maurer-, Reparatur-
und Instandhaltungsarbeiten an Gebäuden auf dem Firmengelände und zu 25 v.H. Lager- und Hofarbeiten/Aufräumarbeiten ausübte.
Ein Ungelernter hätte aufgrund der "Produktvielfalt" mindestens ein Jahr angelernt werden müssen. In der mündlichen Verhandlung
vor dem SG hat der Kläger erklärt, er habe bei der C. B. GbR hauptsächlich Maurer-, Putz- und Isolierarbeiten gemacht. Er habe aber
auch Pflasterarbeiten, Baustellenräumung mit dem Radlader und Lagerarbeiten durchgeführt oder sei LKW gefahren. Das SG hat den Mitarbeiter der C. B. GbR E. W. als Zeugen vernommen. Bezüglich seiner Aussage wird auf die Niederschrift des SG vom 18. Oktober 2011 Bezug genommen. Mit Urteil vom 18. Oktober 2011 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 30. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar
2010 verurteilt, dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Juli 2009 zu gewähren
und im Übrigen die Klage abgewiesen. Der Kläger sei aufgrund seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Maurer bei der C. B.
GbR als Facharbeiter einzustufen.
Im Berufungsverfahren macht die Beklagte geltend, mit dem Abschluss der achten Klasse sei in der ehemaligen DDR bei der hier
zurückgelegten Lehrzeit lediglich der Abschluss in Teilgebieten eines Berufsbildes (Teilfacharbeiter) vorgesehen gewesen.
Mit dem behaupteten Abschluss könne der Kläger auch nur über eine Teilausbildung im Berufsbild als Maurer verfügen. Die maßgebliche
Tätigkeit als Betriebshandwerker sei nicht mit dem Beruf eines Maurers gleichzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 18. Oktober 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er sei seit Abschluss seiner Ausbildung fast ununterbrochen als Maurer qualifiziert tätig gewesen. Er habe Lehrgänge im Bereich
Hoch-, Trocken- und Tiefbau absolviert und in diesen Bereichen jahrzehntelang qualifiziert gearbeitet. Er verfüge über sämtliche
praktischen und theoretischen Kenntnisse eines qualifizierten Maurers und sei als Betriebshandwerker bei der C. B. GbR eingestellt
worden.
Der Senat hat den Beteiligten die Auskünfte des Bundesverbandes der Wach- und Sicherheitsunternehmen vom 20. Dezember 2007,
31. März 2008 und 1. Juni 2011 zur Kenntnisnahme übersandt sowie einen Befundbericht des Dr. B. vom 8. Oktober 2014 mit Anlagen
und eine ergänzende Stellungnahme des Dipl.-Med. A. vom 6. November 2014 eingeholt. Danach ist der Kläger weiterhin in der
Lage, leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich auch als Pförtner an der Nebenpforte auszuüben.
Die Berichterstatterin des Senats hat im Erörterungstermin am 13. Dezember 2013 den Inhaber der C. B. GbR, M. C., als Zeugen
vernommen. Bezüglich seiner Aussage wird auf die Niederschrift Bezug genommen. Der Senat hat zusätzlich die Verwaltungsakte
der Bundesagentur für Arbeit beigezogen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen,
der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist begründet; der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
bei Berufsunfähigkeit. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist allein diese Rentengewährung.
Nach §
240 Abs.
1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte bis
zum Erreichen der Regelaltersgrenze, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind Versicherte,
deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch
gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden
gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten nach denen ihre Erwerbsfähigkeit zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die
ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie
ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig
ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage
nicht zu berücksichtigen.
Die Definition der Berufsunfähigkeit in §
240 Abs.
2 SGB VI entspricht der in §
43 Abs.
2 SGB VI in der Fassung vor dem 1. Januar 2001 mit dem Unterschied, dass nunmehr auf ein Herabsinken auf weniger als sechs Stunden
abgestellt wird. Die bisherige Auslegung und Rechtsprechung zur Berufsunfähigkeit gilt bei der Neuregelung weiter (vgl. u.a.
Senatsurteil vom 26. Juli 2004 - Az.: L 6 RJ 301/03). Danach liegt Berufsunfähigkeit nicht schon vor, wenn der Versicherte seinen "bisherigen Beruf" nicht mehr ausüben kann,
sondern erst dann wenn eine Verweisung auf eine zumutbare andere Tätigkeit nicht mehr möglich ist. Die Zumutbarkeit einer
Verweisungstätigkeit wird grundsätzlich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes festgestellt, wozu die Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts (BSG) das sogenannte Mehrstufenschema entwickelt hat. Die verschiedenen Stufen sind nach dem qualitativen Wert des bisherigen
Berufes - dieser wird nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung, nicht anhand von Prestige oder Entlohnung
bestimmt - hierarchisch geordnet (vgl. BSG, Urteile vom 14. Mai 1996 - Az.: 4 RA 60/94 in BSGE 78, 207, 218 und vom 24. März 1998 - Az.: B 4 RA 44/96 R, nach juris). Die Arbeiterberufe werden durch das Mehrstufenschema in Gruppen untergliedert, die durch den Leitberuf des
Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter
Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf
mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert werden (vgl.
BSG, Urteil vom 3. November 1994 - Az.: 13 RJ 77/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 49). Im Rahmen der sozialen Zumutbarkeit kann auf eine Tätigkeit der jeweils nächst niedrigeren
Gruppe verwiesen werden.
Die Einordnung des Berufes in eine bestimmte Stufe des Berufsschemas erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der förmlichen
Berufsausbildung, sondern auch nach der Qualität der verrichteten Arbeit, das heißt dem aus der Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnden
Wert der Arbeit für den Betrieb (vgl. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - Az.: 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Es kommt somit auf das Gesamtbild an, wie es durch die in §
43 Abs.
2 Satz 2
SGB VI genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufes, besondere Anforderungen der bisherigen
Berufstätigkeit) umschrieben wird. Auch wenn in einem Beruf der herkömmliche Ausbildungsweg nicht durchlaufen wurde, besteht
ein entsprechender Berufsschutz, wenn er nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübt wurde, der Versicherte über die für die
Wettbewerbsfähigkeit erforderlichen theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten verfügt und sich dies auch in einer
entsprechenden Bezahlung bzw. tariflichen oder tarifvertraglichen Einstufung widerspiegelt (vgl. BSG, Urteil vom 20. Juli 2005 - Az.: B 13 RJ 29/04 R, nach juris). Die bloße Ausübung von Facharbeitertätigkeiten in einem Teilbereich reicht grundsätzlich nur für eine Einstufung
als angelernter Arbeiter aus, auch wenn die Entlohnung im Einzelfall derjenigen eines Facharbeiters entsprochen haben sollte
(vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2000 - Az.: B 5 RJ 28/99 R m.w.N., nach juris).
Der Kläger ist aufgrund der zuletzt auf Dauer ausgeübten Tätigkeit bei der C. B. GbR allenfalls als Angelernter oberen Ranges
einzustufen. Er absolvierte in der DDR nach Abschluss der 8. Klasse eine 23 Monate dauernde Berufsausbildung zum Maurerhelfer.
Soweit er vorgetragen hat, er habe sich dann zum Maurer fortgebildet, hat er hierfür keinen Nachweis vorgelegt. Allerdings
können auch ohne die vorgeschriebene Ausbildung durch langjährige Berufstätigkeit die für die Wettbewerbsfähigkeit erforderlichen
theoretischen Kenntnisse und praktischen Fähigkeiten erworben werden. Der Kläger hat seit 1968 unterbrochen durch Zeiten der
Arbeitslosigkeit und der jedenfalls so bescheinigten Tätigkeit als Elektrohelfer vom 1. Mai 1999 bis 31. Januar 2001 als Maurer,
auch bei Bauunternehmen gearbeitet. Letztendlich bedarf es hier aber keiner Entscheidung darüber, ob der Kläger die Tätigkeit
als Maurer wettbewerbsfähig ausüben konnte. Aufgrund der zuletzt bei der C. B. GbR ausgeübten Tätigkeit wäre er nur dann in
die Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters einzustufen, wenn es sich dabei ihrer Art nach um eine Facharbeitertätigkeit
handelte (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 1993 - Az.: 13 RJ 37/92, nach juris). Hiervon konnte sich der Senat nicht überzeugen.
Der Kläger wurde nicht für den Kernbereich der Geschäftstätigkeit der C. B. GbR - (Brunnen-) Bohrungen sowie die Installation
und der Betrieb von Grundwasserabsenkung (vgl. ...) - eingestellt. Nach den Angaben des Arbeitgebers in den Auskünften vom
23. Juni 2009 und 30. März 2011 führte er Maurer-, Abriss- und Reparaturarbeiten auf dem Betriebsgelände sowie Hof- und Lagerarbeiten
aus, wobei die Maurer-, Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten an Gebäuden laut der Auskunft vom 30. März 2011 75 v.H. betrugen.
Anlass für seine Einstellung war der Umbau des Betriebsgeländes. Nach der unbestrittenen Aussage der Zeugen C. im Erörterungstermin
am 13. Dezember 2013 wurden ehemalige Tierställe in Lagerhallen, Bürogebäude und Werkstätten umgebaut oder abgerissen. Die
Gebäude wurden komplett entkernt und neu verputzt; es wurden Mauern eingezogen und Fenster neu eingesetzt. Neben dem Kläger
war ein weiterer Maurer für den Umbau der Gebäude eingestellt worden. Der Kläger sei hauptsächlich als Maurer, Putzer, Fliesenleger,
also als Betriebshandwerker im Betrieb tätig gewesen. Der Arbeitgeber habe jemanden gebraucht, der alle Bereiche abdecken
konnte. Diese Tätigkeitsbeschreibung entspricht im Wesentlichen den Angaben des Klägers, wonach er Pflasterarbeiten, Putz-
und Maurerarbeiten, Grundierungstätigkeiten und Isolierungsarbeiten, Baustellenräumungsarbeiten, Fahrtätigkeiten und auch
Lagertätigkeiten ausgeführt hat. Nach Aussage des Zeugen W. war er als Hofhandwerker eingestellt. Die sogenannte Hoftruppe
habe Auflade- und Entladetätigkeiten und handwerkliche Sachen ausgeführt ebenso wie Putz- und Malerarbeiten, eben alles, was
beim Umbau der Hallen angefallen sei.
Aus den Arbeitgeberauskünften und der Aussage der Zeugen ergibt sich kein eindeutiges Bild für eine Facharbeitertätigkeit.
Deshalb ist auch die tarifliche Einstufung des Klägers ergänzend zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des BSG ist die individuelle Eingruppierung des Versicherten in eine für Facharbeiter vorgesehene Stufe ein Indiz für einen entsprechenden
Qualitätsgrad der geleisteten Arbeit (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 1993, aaO.). Da es sich nur um ein widerlegbares Indiz handelt, bleiben jedenfalls eindeutig unterwertige
Eingruppierungen durch die letzten Arbeitgeber im Rahmen der rentenversicherungsrechtlichen Bewertung des bisherigen Berufes
unberücksichtigt. Es wird davon ausgegangen, dass die abstrakte - "tarifvertragliche" - Einstufung der einzelnen, in der Tarifgruppe
genannten Tätigkeiten in der Regel auf deren Qualität beruht. Demgemäß lässt die abstrakte (tarifvertragliche) Einordnung
einer bestimmten Berufstätigkeit in eine Tarifgruppe, in der auch Facharbeiter eingeordnet sind, in der Regel den Schluss
zu, dass diese Berufstätigkeit im Geltungsbereich des Tarifvertrags als Facharbeitertätigkeit zu qualifizieren ist. Ausnahmen
von diesem Grundsatz gelten dann, wenn die Einstufung durch qualitätsfremde Merkmale bestimmt ist (vgl. BSG, Urteil vom 20. Juli 2005 - Az.: B 13 RJ 29/04 R, nach juris).
Der Kläger wurde bei der C. B. GbR nicht wie ein Facharbeiter entlohnt. Er erhielt in der Probezeit einen Stundenlohn von
8,50 EUR. Anwendbar ist der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV, vgl. § 1 Abschnitt V) in der Fassung vom 20.
August 2007. Die Entlohnung lag unterhalb des seit dem 1. September 2007 geltenden Mindestlohnes für die Lohngruppen 1 und
2 - bei denen es sich nicht um Facharbeiterlohngruppen handelt - in Höhe von 9,00 EUR bzw. 9,80 EUR. Er wurde damit nicht
nach der Lohngruppe entlohnt, in der Facharbeiter mit einer dreijährigen Ausbildung (Stufenausbildung in der zweiten Stufe)
genannt werden. Eine eindeutig unterwertige Eingruppierung mit der Konsequenz, dass der Kläger tatsächlich nach den Facharbeiterlohngruppen
(Lohngruppe 3 bzw. Lohngruppe 4 BRTV) zu entlohnen gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Nach § 5 BRTV ist jeder Arbeitnehmer unter Beachtung des § 99 des Betriebsverfassungsgesetzes in eine der Lohngruppe 1 bis 6 einzugruppieren. Für die Eingruppierung sind seine Ausbildung, seine Fertigkeiten und Kenntnisse
sowie die von ihm auszuübende Tätigkeit maßgebend. Führt ein Arbeitnehmer mehrere Tätigkeiten gleichzeitig aus, die in verschiedenen
Gruppen genannt sind, wird er in diejenige Gruppe eingruppiert, die seiner überwiegenden Tätigkeit entspricht. Der Kläger
selbst hat seiner Eingruppierung nicht widersprochen. Unabhängig von seiner Ausbildung und seinen Fertigkeiten und Kenntnissen
sprechen seine Angaben und die Angaben der Zeugen bezüglich der ausgeführten Tätigkeiten nicht eindeutig dafür, dass er in
einer Facharbeiterlohngruppe einzugruppieren gewesen wäre, denn zu seinen Aufgaben gehörten jedenfalls auch Arbeiten, die
in den Lohngruppen 1 und 2 erfasst werden. Die Lohngruppe 1 (Werker/Maschinenwerker) umfasst einfache Bau- und Montagearbeiten
nach Anweisung, einfache Wartungs- und Pflegearbeiten an Baumaschinen und Geräten nach Anweisung. Als Tätigkeitsbeispiele
werden u.a. Reinigungs- und Aufräumarbeiten, Helfen beim Einrichten, Sichten und Räumen von Baustellen genannt. Die hier durchgeführten
Aufräumarbeiten dürften der Lohngruppe 1 entsprechen. Die Lohngruppe 2 umfasst fachlich begrenzte Arbeiten (Teilleistungen
eines Berufsbildes oder angelernte Spezialtätigkeiten) nach Anweisung; als Regelqualifikation kommt u.a. die baugewerbliche
Stufenausbildung in der ersten Stufe in Betracht. Als Tätigkeitsbeispiele werden u.a. genannt Fertigteilbauer (Herstellen,
Abbau und Wartung von Form- und Rahmenkonstruktionen für Fertigteile, Einlegen oder Einbauen von Bewehrungen oder Einbauteilen,
Herstellen von Verbundbauteilen, Fertigstellen und Nachbehandeln von Fertigteilen), Mineur (Ausführen einfacher Beton- und
Maurerarbeiten), Putzer (Vorbereiten des Untergrundes, Herstellen und Aufbereiten der gebräuchlichsten Mörtel, Zurichten und
Befestigen von Putzträgern, Herstellen und Aufbringen von Putzen, Oberflächenbearbeitung von Putzen; Auf- und Abbauen der
erforderlichen Arbeits- und Schutzgerüste), Kraftfahrer (Führen von Kraftfahrzeugen). Die vom Kläger durchgeführten Putzarbeiten
und Kraftfahrertätigkeiten entsprechen daher Tätigkeiten nach der Lohngruppe 2, einfache Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten
dürften ebenfalls dieser Lohngruppe entsprechen. Das Ausführen einfacher Maurerarbeiten wird bei den Tätigkeiten in der Lohngruppe
2 eindeutig genannt. In der Lohngruppe 3 werden dagegen nur Facharbeiten des jeweiligen Berufsbildes erfasst.
Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Betriebshandwerker kann der Kläger aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen nicht
mehr ausüben. Als Angelernter oberen Ranges kann er auf alle angelernten Tätigkeiten und Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes
verwiesen werden, die nicht nur ganz geringwertig sind. Die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist allerdings erforderlich.
Der Senat verweist den Kläger auf die zumutbare und angesichts seiner gesundheitlichen Einschränkungen mögliche ungelernte
Tätigkeit als Pförtner an der Nebenpforte entsprechend den Stellungnahmen des Bundesverbandes der Wach- und Sicherheitsunternehmen
vom 20. Dezember 2007, 31. März 2008 und 1. Juni 2011. Danach besteht diese Tätigkeit darin, in der Pförtnerloge des Auftraggebers
auf ein Klingelzeichen hin bzw. auf individuelle Anforderung vor Ort eine Tür, Schranke, Pforte zu öffnen oder Zugang zu einem
Gebäudeteil zu gewährleisten. Sie erlaubt ein Arbeiten überwiegend im Sitzen bei hohem Anteil an Arbeitsbereitschaft. Ein
beliebiger Haltungswechsel sowie ein Hin- und Hergehen in der Pförtnerloge bzw. je nach Örtlichkeit auch davor, ist möglich.
Der Pförtner/die Pförtnerin, muss durchschnittlichen Anforderungen an Aufmerksamkeit, Zuverlässigkeit, Verantwortungsbewusstsein
und Übersicht gewachsen sein. Sie müssen über ein normales Hör- und Sehvermögen verfügen. Die Tätigkeiten werden je nach Anforderungsprofil
des Auftraggebers im Regelfall in zwei Tagesschichten, im Ausnahmefall und vor dem Hintergrund des zu schützenden Objektes
auch im Nachtschichtdienst, ausgeübt. Besondere Anforderungen an Kommunikationsfähigkeit, Ausdrucksvermögen und Umgang mit
Besuchern bzw. Publikum werden nicht gestellt. Es stehen ca. 800 bis 850 Arbeitsplätze zur Verfügung.
Nach dem Gutachten des Dipl.-Med. A. vom 8. Dezember 2010 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 6. November 2014 kann der
Kläger noch mindestens sechs Stunden leichte Tätigkeiten ausführen. Die von ihm angenommenen besonderen Einschränkungen werden
bei der Pförtnertätigkeit an der Nebenpforte berücksichtigt. Es handelt sich um Arbeiten, die eine sitzende Körperhaltung
aber auch einen Wechsel der Körperhaltung ermöglichen. Sie beinhalten keine Arbeiten mit ständigem Anheben der Arme über Kopf,
unter Absturzgefahr auf Leitern und Gerüsten und keine Arbeiten im Hocken oder Knien sowie mit gehäuftem Treppensteigen. Die
Möglichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Pförtner an der Nebenpforte hat Dipl.-Med. A. in seiner ergänzenden Stellungnahme
vom 8. Dezember 2010 ausdrücklich bejaht. Seine Einschätzung deckt sich inhaltlich mit der von Dr. Sch. im Gutachten vom 26.
August 2009.
Unwesentlich ist, ob dem Kläger mit dem festgestellten Leistungsvermögen eine entsprechende Tätigkeit als Pförtner an der
Nebenpforte vermittelt werden kann. Das Risiko, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden, trägt nicht die Beklagte, sondern
die Arbeitslosenversicherung.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.