Anerkennung einer weiteren Folge eines Arbeitsunfalls
Verschiedene Beweisanforderungen im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Syringomyelie (länglicher, mit Flüssigkeit gefüllter Hohlraum im Rückenmark)
weitere Folge eines Arbeitsunfalles vom 5. Juli 2001 ist und die Klägerin eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung
beanspruchen kann.
Die 1946 geborene Klägerin erlitt am 5. Juli 2001 in der Spätschicht einen Arbeitsunfall, als ein Arbeitsschutzgitter auf
ihre Halswirbelsäule fiel. Der noch am Unfalltag aufgesuchte Durchgangsarzt diagnostizierte Verbrennungen 1. Grades am rechten
Oberarm und der Thoraxvorderseite sowie eine HWS Kontusion. Anschließend war die Klägerin längere Zeit arbeitsunfähig geschrieben.
Am 7. Februar 2002 suchte sie erneut den Durchgangsarzt auf und klagte über Schmerzen im Schulternackenbereich. Der Durchgangsarzt
diagnostizierte erneut einen Zustand nach HWS Kontusion. Eine weitere Bearbeitung des Arbeitsunfalles durch die Beklagte erfolgte
zunächst nicht.
Auf Veranlassung der Hausärztin der Klägerin wurde am 28. Februar 2013 ein MRT der HWS erstellt. Dort wurde eine Aufweitung
des Canalis centralis im Sinne einer langstreckigen Syringomyelie beschrieben. Daraufhin wandte sich die Klägerin mit Schreiben
vom 17. März 2013 an die Beklagte und legte dar, dass aus ihrer Sicht ihre Schmerzen und Schwellungen im Bereich der Halswirbelsäule
auf den Arbeitsunfall vom 5. Juli 2001 zurückzuführen seien. Die Beklagte nahm anschließend Ermittlungen zum Unfallereignis
auf. Ein Arbeitskollege der Klägerin teilte am 30. April 2013 der Beklagten mit, dass die Klägerin am Unfalltag von einem
herunterfallenden Schutzgitter getroffen worden sei. Eine genauere Erinnerung an das lange zurückliegende Ereignis habe er
nicht. Beigezogen wurde von der Beklagten ein Bericht der Klinik für Neurochirurgie der Uni-Klinik G vom 3. Juli 2013. Dort
wurde die Diagnose einer vermutlich traumatischen Syringomyelie bestätigt. Deshalb befand sich die Klägerin vom 17. bis 20.
Juli 2013 in stationärer Behandlung der Klinik für Neurochirurgie des Uniklinikums G. Nach Anhörung der Klägerin erstattete
der Neurochirurg R im Auftrag der Beklagten am 15. April 2014 ein Zusammenhangsgutachten. Darin diagnostizierte er bei der
Klägerin ein aktuell vorliegendes komplexes regionales Schmerzsyndrom mit Dysästhesie in Cape-Distribution linksbetont bei
posttraumatischer Syringomyelie. Ein Ursachenzusammenhang wurde seinerseits bejaht. Es sei bekannt, dass nach einer Kontusion
des Rückenmarks ein gewisses Risiko einer Syringomyelie bestehe. Das Auftreten bzw. das Fortschreiten einer Syringomyelie
liege zwischen zwei Monaten bis 30 Jahren nach einem Trauma. Diesen Ausführungen widersprach der Beratungsarzt der Beklagten
M in einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 5. September und 9. Oktober 2014. Es sei ungeklärt, ob bei dem Unfallereignis
überhaupt das Halsmark betroffen gewesen sei. Das Halsmark liege gut geschützt im Wirbelkanal der HWS. Die radiologische Untersuchung
des Wirbelkanals der Halswirbel im Jahre 2013 habe im Bereich der Spinwport, welche das Halsmark umkleide, keine Schädigung
ergeben. Dies sei ein bedeutsamer Beleg für eine fehlende unfallbedingte Schädigung von Strukturen innerhalb des Wirbelkanals.
Daraufhin beauftragte die Beklagte den Neurologen und Psychiater Sch mit einem neurologisch-psychiatrischen Gutachten nach
Aktenlage. Dieser führt in seinem Gutachten vom 29. Oktober 2014 aus, dass es in der Zusammenschau aller Befunde viel eher
wahrscheinlich sei, dass es bei der Versicherten zu einer schicksalhaften Syringomyelie gekommen sei. Als Erstschaden bei
dem Unfall sei nur eine oberflächliche Schürfwunde im Bereich des Nackens gesichert. Neurologische Defizite seien nicht angegeben
worden. Auch 6 Monate nach dem Unfallereignis hätten sich keine neurologischen Ausfallerscheinungen gefunden. Die von der
Versicherten angegebenen Beschwerden seien nicht mit einer posttraumatischen Syringomyelie vereinbar. Daraufhin erkannte die
Beklagte mit Bescheid vom 21. November 2014 sinngemäß das Ereignis vom 5. Juli 2001 als Arbeitsunfall mit der Folge einer
verheilten Prellung der Halswirbelsäule an. Die Aufweitung des Zentralkanals von Hals- bis zur oberen Lendenwirbelsäule im
Sinne einer Syringomyelie sei keine Unfallfolge. Daher bestehe kein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente. Ein durch
die Klägerin hiergegen eingelegter Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 13. August 2015 zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Nordhausen Klage erhoben. Auf Antrag der Klägerin hat das Sozialgericht den
Oberarzt der Klinik für Neurochirurgie der Uniklinik G Sch1 mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens nach §
109 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) beauftragt. Dieser führt in seinem Gutachten vom 17. August 2016 aus, dass die Syringomyelie sowie die dadurch verursachten
thorakalen Schmerzen wahrscheinlich als Unfallfolge anzusehen seien. Da die gesamten angegebenen Beschwerden erst nach Unfalleintritt
entstanden seien und bei praktisch durchgehender medizinischer Betreuung wegen Nackenschmerzen im Jahre 2012/2013 erstmals
eine Syringomyelie nachgewiesen worden sei, sei ein direkter und kausaler Zusammenhang zwischen Unfallereignis und vorgegebenen
Beschwerden wahrscheinlich. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei mit 20 von 100 einzuschätzen. In einer ergänzenden
Stellungnahme vom 6. Juni 2017 führte der Sachverständige Sch1 aus, dass es durchaus nachvollziehbar sei, dass ein stumpfer
Traumamechanismus Auswirkungen auf Bandapparat und Rückenmark gehabt habe. In den Röntgenbildern der HWS vom 6. Juli 2001
lasse sich zwar kein Anhalt für eine knöcherne Läsion finden. In Ermangelung eines MRT und einer ausführlichen neurologischen
Dokumentation sei aber nicht auszuschließen, dass Anzeichen für eine Rückenmarksbeteiligung in der Frühphase nicht diagnostiziert
worden seien. Dieser Einschätzung widersprach der Beratungsarzt M-O in einer Stellungnahme vom 28. Juni 2018. Im Zusammenhang
mit dem Unfallereignis im Jahre 2001 sei eine Rückenmarkskontusion nicht festgestellt worden. Zudem spreche vieles für eine
Chiari I Malformation als Ursache der Syringomyelie. Dem entgegnete der Sachverständige Sch1 in einer weiteren ergänzenden
Stellungnahme vom 26. September 2018, dass seiner Einschätzung nach eine medizinisch bedingte Dokumentationslücke vorliege.
Der Einwand einer Chiari I Malformation sei relevant. Er empfehle daher die Durchführung einer entsprechenden Untersuchung.
Daraufhin reichte die Klägerin einen Befund eines MRT der HWS vom 28. September 2018 ein. Danach bestehe bei ihr eine nachgewiesene
Syringomyelie. Hinweise auf das Vorliegen einer Chiari-Missbildung bestünden nicht. Der Beratungsarzt der Beklagten M-O führte
in einer ergänzenden Stellungnahme vom 3. September 2019 demgegenüber aus, dass die MRT Aufnahme vom 28. September 2018 eine
Chiari Malformation zeige. Ein ausgeprägtes Trauma im Bereich der HWS sei im Zusammenhang mit dem Unfallereignis nicht nachgewiesen.
Sicher sei davon auszugehen, dass nach dem Unfall aufgrund der fehlenden entsprechenden Auffälligkeiten keine akuten Verletzungen
innerhalb des Rückenmarks entstanden seien.
Das Sozialgericht Nordhausen hat durch Urteil vom 19. Dezember 2019 die Klage abgewiesen. Unstreitig habe die Klägerin am
5. Juli 2001 einen Arbeitsunfall erlitten. Weitere Unfallfolgen als im Bescheid der Beklagten vom 21. November 2014 anerkannt,
ließen sich nicht hinreichend wahrscheinlich machen. Dies gelte insbesondere für die festgestellte Syringomyelie. Das Gericht
folge insoweit den Ausführungen des Beratungsarztes M1 und dem Verwaltungsgutachten von Sch vom 29. Oktober 2014. Den abweichenden
Auffassungen des Sachverständigen Sch1 könne sich das Gericht nicht anschließen. Ein Erstkörperschaden, der geeignet wäre,
zwischen dem Unfallereignis und der sehr viel später diagnostizierten Syringomyelie einen Zusammenhang herzustellen, sei nicht
erwiesen. Im Rahmen der Erstversorgung sei bei der Klägerin nur eine oberflächliche Schürfwunde im Nacken festgestellt worden.
Auch die durchgeführte Röntgenuntersuchung habe keinen weiteren Befund ergeben. Eine Beteiligung des Rückenmarks sei nicht
nachzuweisen. Eine Verletzung mit Einblutung in das Rückenmark verlange regelmäßig ein massives Trauma der Halswirbelsäule,
welches gravierende neurologische Beschwerden verursache. Daher bestehe auch kein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Das Sozialgericht gehe nicht darauf ein, dass die Klägerin nach
März 2002 wegen weiterhin bestehender Beschwerden im Nackenbereich in ärztlicher Behandlung gewesen sei. Ein MRT sei erstmals
am 28. Februar 2013 veranlasst worden. Alle befassten Sachverständigen würden ein Trauma des Rückenmarks aufgrund des Unfallereignisses
für möglich halten. Lediglich über den Nachweis dieses Traumas werde gestritten. M-O habe die Klägerin nicht untersucht. Die
erforderliche Darlegung des Unfallzusammenhangs sei durch den Sachverständigen Sch1 vorgenommen worden. Zu berücksichtigen
sei auch, dass im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Unfallereignis ein MRT nicht veranlasst worden sei. Ein weiteres Gutachten
zum Ausschluss einer Chiari Malformation sei einzuholen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nordhausen vom 19. Dezember 2019 und unter Abänderung des Bescheides der Beklagten
vom 21. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2015 festzustellen, dass eine Syringomyelie
Folge des Arbeitsunfalls vom 5. Juli 2001 ist, und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine Verletztenrente nach einer
MdE von mindestens 20 von 100 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat im Berufungsverfahren einen radiologischen Befund vom 28. August 2020 und einen elektromyographischen Befund
des Ö H Klinikums vom 14. Juni 2007 beigezogen. Auf diesem Befund befindet sich von der behandelnden Neurologin L-Sp der handschriftliche
Hinweis auf die Notwendigkeit der Erstellung eines MRT der Halswirbelsäule. Auf Veranlassung der Klägerin ist der Senat ihrem
Vortrag nachgegangen, dass deshalb im Jahre 2007 ein MRT der Halswirbelsäule bereits erstellt worden ist. Das E Klinikum hat
hieraufhin mitgeteilt, dass die Klägerin sich 2007 dort nicht vorgestellt habe. Auch aus weiterem Schriftverkehr mit radiologischen
Praxen ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass vor dem 28. Februar 2013 ein MRT der HWS erstellt worden ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Veraltungsvorgang
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die nach §§
143,
144 SGG zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 21. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 13. August 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§
54 SGG).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung der Syringomyelie als Folge des Arbeitsunfalls vom 5. Juli 2001. Zur Klarstellung
weist der Senat daraufhin, dass Gegenstand dieses Verfahrens nicht nur die Höhe der Verletztenrente ist, sondern auch die
Frage, ob eine Syringomyelie Folge des Arbeitsunfalls vom 5. Juli 2001 ist. Dies hat die Beklagte in dem angegriffenen Bescheid
vom 21. November 2014 ausdrücklich verneint.
Richtige Klageart für die Feststellung weiterer Unfallfolgen ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach
§
54 Abs.
1 SGG und §
55 Abs.
1,
3 SGG.
Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung gibt es unterschiedliche Beweisanforderungen. Für die äußerlich fassbaren und
feststellbaren Voraussetzungen „versicherte Tätigkeit“, „Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses“, „Unfallereignis“ und
„Gesundheitsschaden“ wird eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit gefordert, die vorliegt, wenn kein vernünftiger,
die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch zweifelt (Vollbeweis). Vermutungen, Annahmen, Hypothesen und sonstige
Unterstellungen reichen daher ebenso wenig aus wie eine (möglicherweise hohe) Wahrscheinlichkeit. Dafür ist zwar keine absolute
Gewissheit erforderlich; verbliebene Restzweifel sind bei einem Vollbeweis jedoch nur solange unschädlich, wie sie sich nicht
zu gewichtigen Zweifeln verdichten. Der Nachweis im Sinne eines Vollbeweises ist regelmäßig erst dann geführt, wenn für das
Vorliegen der behaupteten rechtserheblichen Tatsachen ein derart hoher, an Gewissheit grenzender Grad von Wahrscheinlichkeit
spricht, dass sämtliche begründeten Zweifel demgegenüber aus der Sicht eines vernünftigen, die Lebensverhältnisse klar überschauenden
Menschen vollständig zu schweigen haben. Es darf also kein vernünftiger, in den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel
mehr bestehen. Hinreichende Wahrscheinlichkeit wird von der ständigen Rechtsprechung für die Beurteilung des ursächlichen
Zusammenhangs zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden (haftungsbegründende Kausalität) sowie dem Gesundheitserstschaden
und der Unfallfolge im Sinne eines länger andauernden Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) für ausreichend
erachtet (vgl. BSG, Urteil vom 20. März 2007 - B 2 U 27/06 R -). Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände diejenigen so stark überwiegen,
die für den Ursachenzusammenhang sprechen, dass darauf eine richterliche Überzeugung gegründet werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R -; BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -).
Ausgehend hiervon steht zur Überzeugung des Senats fest, dass über die durch den Bescheid vom 21. November 2014 anerkannte
Unfallfolge einer Prellung der HWS keine weiteren Unfallfolgen aus dem Ereignis vom 5. Juli 2013 festzustellen sind. Dies
gilt insbesondere für die im Fall der Klägerin vollbeweislich gesichert vorliegende Syringomyelie. Diese kann nicht mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit auf das Ereignis vom 5. Juli 2001 zurückgeführt werden. Es gibt erhebliche gegen einen Ursachenzusammenhang
sprechende Gesichtspunkte, so dass es dem Senat nicht möglich ist, die erforderliche richterliche Überzeugung eines Zusammenhangs
zu gewinnen. Soweit der Sachverständige Sch1 in seinem Gerichtsgutachten vom 17. August 2016 und seinen ergänzenden Stellungnahmen
vom 6. Juni 2017 und 26. September 2018 die Syringomyelie auf das Unfallereignis zurückführt, reichen seine Ausführungen nicht
aus, um von einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit auszugehen. Seinen Ausführungen lässt sich vielmehr nur entnehmen, dass
eine Möglichkeit besteht. In seinem Gutachten vom 17. August 2016 weist er zur Begründung für seine Auffassung darauf hin,
dass die gesamten angegebenen Beschwerden erst nach dem Unfallereignis eingetreten seien und bei durchgehender ärztlicher
Behandlung erstmals im Jahre 2013 eine Syringomyelie nachgewiesen worden sei. Daher sieht er einen direkten und kausalen Zusammenhang
zwischen Unfallereignis und vorgegebenen Beschwerden als wahrscheinlich an. Dies genügt aber nicht den Beweisgrundsätzen der
gesetzlichen Unfallversicherung. So räumt er in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 6. Juni 2017 selbst ein, dass die vorliegenden
Röntgenbilder der HWS vom 6. Juli 2001 nach dem Trauma - abgesehen von leichtgradigen degenerativen Veränderungen - keinen
Anhalt für eine knöcherne Läsion im Bereich der Halswirbelsäule erkennen lassen. Ein CT bzw. ein MRT der Wirbelsäule wurde
im näheren zeitlichen Abstand zum Unfallzeitpunkt nicht durchgeführt. Soweit er anschließend ausführt, dass die Klägerin bis
zum Jahre 2012 keiner suffizienten Diagnostik zugeführt worden und es aus seiner Sicht unbegründet sei, dass eine Syringomyelie
über lange Zeit nicht als solche erkannt werde, ändert dies nichts daran, dass die entsprechenden zeitnahen Befunde zum Unfallereignis
fehlen. Allein die Möglichkeit, dass auch bei unauffälligem neurologischem Status Jahre nach dem Unfallereignis eine Syringomyelie
auftreten kann, reicht für die Annahme einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung
nicht aus. Nur dass in Ermangelung eines MRT oder sonstigen neurologischen Dokumentationen subtile Anzeichen für eine Rückenmarksbeteiligung
in der Frühphase nicht diagnostiziert worden sind, belegt das Vorliegen solcher Befunde nicht. Die von der Klägerin geltend
gemachten Beweisschwierigkeiten rechtfertigen weder eine Beweislastumkehr noch die Annahme eines Beweisnotstandes und eine
daraus abzuleitende Notwendigkeit zu Beweiserleichterungen. Typische Beweisschwierigkeiten, die sich aus den Besonderheiten
des Einzelfalles ergeben, sind im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung zu berücksichtigen. Eine allgemeingültige
Beweiserleichterung für den Fall des Beweisnotstandes würde dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§
128 Abs.
1 Satz 1
SGG) widersprechen (BSG Urteil vom 7.9.2004 - B 2 U 25/03 R - Juris Rn.17). Da die die Klägerin behandelnden Ärzte bis 2013 keine Veranlassung für ein MRT der HWS gesehen haben, besteht
für den Senat keine Veranlassung Beweiserleichterungen zu gewähren. Zudem fehlt es an einem tauglichen Anknüpfungspunkt für
eine Absenkung der Beweisanforderungen. Konsequenz der Berücksichtigung besonderer Fallumstände im Rahmen der Beweiswürdigung
ist es, an den Beweis verminderte Anforderungen zu stellen (BSG Urteil vom 7.9.2004 - B 2 U 25/03 R - Juris Rn.17). Das bedeutet, dass der Unfallversicherungsträger oder das Gericht schon aufgrund weniger tatsächlicher Anhaltspunkte
von einer bestimmten Tatsache überzeugt sein können. Da für eine Betroffenheit des Rückenmarkes durch das Unfallereignis vom
5. Juli 2001 jegliche medizinische Feststellungen fehlen, ist bereits deshalb kein Raum für Beweiserleichterungen.
Der Sachverständige Sch1 beschreibt in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 6. Juni 2017 im Ergebnis nur die Möglichkeit eines
Unfallzusammenhanges, wenn er darauf verweist, dass eine Syringomyelie in vielen Fällen erst spät erkannt wird oder wenn er
das bei der Klägerin diagnostizierte HWS Leiden als vereinbar ansieht mit einer schleichenden Entwicklung der Syringomyelie.
Sch1 selbst führt auf Seite 3 seiner ergänzenden Stellungnahme vom 6. Juni 2017 aus, dass die seiner Argumentation zugrundegelegten
Anknüpfungstatsachen so wörtlich „lückenlos gegeben zu sein scheinen“. Soweit er erneut darauf hinweist, dass sowohl der Unfallmechanismus
als auch die zeitliche Abfolge der Symptome eine posttraumatische Syringomyelie als sehr wahrscheinlich erscheinen lassen,
wird damit im Ergebnis nur eine Möglichkeit beschrieben. Die fehlenden Befunde kann dies nicht ersetzen. Insoweit sind die
Ausführungen des Beratungsarztes der Beklagten des Neurochirurgen M-O in seiner Stellungnahme vom 28. Juni 2018 für den Senat
wesentlich nachvollziehbarer. Dieser führt darin aus, dass keine Befunde existierten, aus denen sich eine Rückenmarkskontusion
im Jahre 2001 ergibt. Nach seinen nachvollziehbaren Ausführungen ist bei einer Rückenmarkskontusion von neurologischen Defiziten
auszugehen. Daher gibt der festgestellte Gesundheitsschaden keine Veranlassung, von einer traumatischen Läsion des Rückenmarks
auszugehen. Zudem sind die degenerativen Veränderungen im Bereich der HWS zu berücksichtigen. Ob den Ausführungen des Beratungsarztes
M-O dahingehend zu folgen ist, dass durch die MRT Befunde vom März 2015 und vom 28. September 2018 eine Chiari Malformation
(diese Veränderung führt zu einem Kompromittieren des Raumes in cardiozervikalen Übergang in welchem sich nur die sogenannte
Medulla bzw. nur das Rückenmark befinden) nachgewiesen ist und inwieweit dies zu einer Störung der normalen Mikrozirkulation
und zur Ausbildung einer Syringomyelie führen kann, kann dahinstehen. Im vorliegenden Verfahren ist nur zu klären, ob die
Syringomyelie auf das Unfallereignis vom 5. Juli 2001 mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zurückgeführt werden kann oder
nicht. Die Ursache der Syringomyelie ist nicht abschließend zu klären. Daher ist auch nicht Beweis über das Nichtvorliegen
einer Syringomyelie zu erheben. Die Auffassung der Klägerin, dass die Beklagte eine Vorerkrankung nachweisen müsse, widerspricht
den Beweisgrundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung. Denn der Ursachenzusammenhang zwischen Unfallereignis und Unfallfolgen
muss positiv festgestellt werden (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Insbesondere gibt es keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte,
naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen
zu einer Beweislastumkehr führen würde. Soweit auf die durchgehenden Nackenbeschwerden der Klägerin seit dem Unfallereignis
verwiesen wird, hat der Beratungsarzt zurecht darauf hingewiesen, dass diese unschwer aus den vorhandenen degenerativen HWS-Veränderungen,
die bereits bei dem Unfallereignis 2001 vorhanden waren, erklärt werden können. Es verbleibt daher im Ergebnis dabei, dass
ein hinreichender Ursachenzusammenhang zwischen Unfallereignis vom 5. Juli 2001 und der Syringomyelie bei der Klägerin nicht
begründet werden kann.
Bei dieser Sachlage besteht ersichtlich kein Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Verletztenrente, da nichts dafür ersichtlich
ist, dass durch die festgestellte Unfallfolge hinsichtlich des Ereignisses vom 5. Juli 2001 im Sinne einer Prellung der HWS
noch eine Beeinträchtigung im rentenberechtigten Ausmaß im Sinne von §
56 SGB VII besteht.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§
183,193
SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.