Versicherungspflicht als landwirtschaftlicher Unternehmer
Mindestgröße eines landwirtschaftlichen Betriebes
Begriff der Bodenbewirtschaftung
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht des Klägers als landwirtschaftlicher Unternehmer.
Der im Jahr 1954 geborene Kläger bezieht sei dem 1. Januar 2008 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Ehefrau des
Klägers ist Eigentümerin von Grundstücken in der Gemarkung U, Flur 2, Flurstück 165 und Flurstück 27/1 mit einer Größe von
7,7270 ha bzw. 2,2792 ha. Mit Anträgen vom 6. Oktober 2011 bzw. 29. April 2013 beantragte die Ehefrau des Klägers das Anlegen
eines Ökokontos für die vorstehend genannten Grundstücke. Den Anträgen wurde entsprochen. Die Flächen wurden durch die Eigentümerin
ökologischen Zwecken gewidmet. Sie wurden gemäß § 2 Abs. 5 der Verordnung über die Anerkennung vorzeitig durchgeführter Maßnahmen
zur Kompensation von Eingriffsfolgen (Ökokonto-Verordnung) in ein sog. Ökokonto eingetragen. Entsprechend der Maßnahmebeschreibung
sollten die Flächen, auf denen zuvor intensive Landwirtschaft betrieben worden ist, in zwei Teilschritten in mesophiles Grünland
(= mehr oder weniger artenreiche, vergleichsweise extensiv genutzte Wiesen und Weiden sowie noch grünlandartige Brachestadien
auf mäßig trockenen bis mäßig feuchten, mäßig bis gut nährstoffversorgten Standorten in planaren bis submontanen Bereichen)
umgewandelt werden. Hierzu sollten dem Boden in einem ersten Schritt durch die Aussaat von Luzerne über einen Zeitraum von
mehreren Jahren Nährstoffe entzogen werden (sog. Aushagerung). Nach Abschluss dieses Prozesses sollte die Umwandlung in mesophiles
Grünland erfolgen.
Der Kläger führte im Zeitraum 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2015 auf einer Fläche von 10,69 ha sowie ab dem 1. Januar 2016
auf einer Fläche von 7,73 ha entsprechende ökologische Maßnahmen durch (Anbau von Luzerne). Die Flächen wurden von anderen
Landwirten gemäht und die Mahd von diesen abgefahren. Ein Entgelt erhielt der Kläger hierfür nicht. Im Jahr 2015 wurden die
Maßnahmen durch Gewährung einer Basisprämie in Höhe von 1.746,96 € (Bescheid des Landwirtschaftsamtes R vom 10. Dezember 2015,
Blatt 149ff. der Gerichtsakte) und durch Gewährung einer Umverteilungsprämie in Höhe von 466,57 € (Bescheid des Landwirtschaftsamtes
R vom 10. Dezember 2015, Blatt 152ff. der Gerichtsakte) gefördert.
Mit Bescheid vom 13. Mai 2016 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht des Klägers als landwirtschaftlicher Unternehmer
in der Landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegekasse ab dem 1. Januar 2015 fest.
Mit Schreiben vom 3. Juni 2016 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 13. Mai 2016 Widerspruch ein. Er erfülle die Voraussetzungen
der Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Krankenkasse nicht, da er weder landwirtschaftlicher Unternehmer noch
landwirtschaftlicher Kleinunternehmer sei.
Mit Bescheid vom 24. August 2016 stellt die Beklagte fest, dass die Mitgliedschaft des Klägers als landwirtschaftlicher Unternehmer
mit dem 31. Dezember 2015 beendet sei. Ab dem 1. Januar 2016 unterliege der Kläger der Versicherungspflicht bei der Beklagten
noch als landwirtschaftlicher Kleinunternehmer.
Gegen den Bescheid vom 24. August 2016 legte der Kläger mit Schreiben vom 26. September 2016, unter Wiederholung seines wesentlichen
Vorbringens aus dem Schreiben vom 3. Juni 2016, Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. November 2016 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers zurück. Der Kläger habe in der
Zeit vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2015 ein landwirtschaftliches Unternehmen bewirtschaftet, das die Mindestgröße
nach § 1 Abs. 5 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) überschritten habe. Der Kläger habe daher in dem vorgenannten Zeitraum der Versicherungspflicht als landwirtschaftlicher
Unternehmer gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989) unterlegen. Seit dem 1. Januar 2016 erreiche das Unternehmen mit 7,73 ha Grünland nicht mehr die Mindestgröße, es übersteige
allerdings die Hälfte der Mindestgröße. Der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen für den Bezug einer Rente nach dem ALG. Von der Durchführung der Mitgliedschaft als landwirtschaftlicher Unternehmer nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG 1989 seien nur solche Personen nicht betroffen, die eine der im KVLG 1989 genannten Vorschriften zur Versicherungsfreiheit erfüllen würden oder für die eine der im Gesetz benannten Vorrangversicherungen
bei einer anderen gesetzlichen Krankenversicherung bestehen würden. Der Kläger beziehe eine Altersrente von der Deutschen
Rentenversicherung Mitteldeutschland und unterliege somit in der allgemeinen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung
gemäß §
5 Abs.
1 Nr.
11 des
Fünften Buches Sozialgesetzbuch (
SGB V) der Versicherungspflicht als Rentenbezieher. Gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 KVLG 1989 bestehe jedoch ein Vorrang der Versicherungspflicht als landwirtschaftlicher Unternehmer für Personen, die zugleich versicherungspflichtig
aufgrund eines Rentenbezuges seien. Die Beklagte sei daher seit dem 1. Januar 2015 für die Durchführung der Kranken- und Pflegeversicherung
des Klägers zuständig.
Am 23. Dezember 2016 hat der Kläger gegen die Bescheide vom 13. Mai 2016 und 24. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 24. November 2016 Klage erhoben. Die Beklagte sei als Sozialversicherungsträger für ihn nicht zuständig. Er sei weder
landwirtschaftlicher Unternehmer noch landwirtschaftlicher Kleinunternehmer. Voraussetzung für ein landwirtschaftliches Unternehmen
sei, dass eine Gewinnerzielungsabsicht vorliege. Er habe keine Tätigkeiten mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt. Die von ihm
ausgeübten Tätigkeiten hätten allein ökologischen Zielen gedient. Im Übrigen hätte bereits sein Gesundheitszustand der organisierten
Durchführung unternehmerischer Tätigkeiten entgegengestanden, da er nur im Rahmen seiner gesundheitlichen Möglichkeiten höchst
eingeschränkt tätig sein könne.
Mit Bescheid vom 28. April 2017 hat die Beklagte festgestellt, dass der Versicherungsschutz des Klägers als landwirtschaftlicher
Kleinunternehmer mit Ablauf des 30. September 2016 beendet ist.
Mit weiterem Bescheid vom 27. Oktober 2017 hat die Beklagte sodann festgestellt, dass die Versicherungspflicht des Klägers
als landwirtschaftlicher Unternehmer bereits mit Ablauf des 31. Dezember 2015 ende, da dieser mitgeteilt habe, dass die Bewirtschaftungsflächen
zum 1. Januar 2016 an die Flächeneigentümerin zurückgegeben worden seien. Daraus folge, dass der Kläger im Jahr 2016 keine
Flächenbewirtschaftung auf seine Rechnung mehr vorgenommen habe.
Mit Urteil vom 13. November 2017 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 13. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 24. November 2016 aufgehoben. Der Kläger habe keine Bodenbewirtschaftung im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
ausgeübt. Eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung setze eine irgendwie geartete Nutzung der Bodenerzeugnisse voraus, andernfalls
könne nicht von einem Wirtschaften gesprochen werden. Der Kläger habe für die Kammer nachvollziehbar ausgeführt, dass die
Umstellung der vormals intensiven Landwirtschaft auf den vorübergehenden Luzerneanbau allein deshalb erfolgt sei, um die Flächen
auszuhagern, also den Nährstoffgehalt der Böden zu reduzieren, um so eine landwirtschaftlich-ökologische Ausgleichsfläche
entstehen zu lassen. Die Erträge seien aufgrund der Aushagerung deutlich zurückgegangen, so dass im Jahr 2015 der erwartete
Ertrag bereits so gering veranschlagt worden sei, dass die Fläche nicht mehr verpachtet und die angepflanzte Luzerne nicht
mehr vermarktet werden konnte. Die Fläche sei von anderen Landwirten aus Gefälligkeit abgemäht worden. Entgelt habe er hierfür
nicht erhalten. Unbeachtlich sei, dass die Fläche die Mindestgröße von 8 ha überschritten habe. Nicht allein die Größe der
Fläche, die der Kläger bei intensiver weiterer Nutzung hätte bewirtschaften können, sei für das Bestehen eines Unternehmens
der Landwirtschaft maßgeblich, sondern die tatsächliche wirtschaftliche Nutzung. Dabei komme es allerdings nicht entscheidend
auf die Gewinnerzielungsabsicht an. Aus der Beantragung von Fördermitteln ergebe sich keine Gewinnerzielungsabsicht. Die Kammer
sei davon überzeugt, dass er mit diesem Betrag keinen Gewinn aus dem tatsächlich ertraglosen Luzerneanbau erzielt habe. Die
Fördermittel hätten kaum ausgereicht, die mit dem Luzerneanbau und der Beseitigung der aufgewachsenen Pflanzen verbundenen
Unkosten des Klägers zu beseitigen. Die Bewirtschaftung der Fläche sei weder nachhaltig noch längerfristig geplant gewesen
und auch tatsächlich weder dauerhaft noch längerfristig erfolgt. Auch ohne Beitragsforderung der Beklagten wäre die „Bewirtschaftung“
eine zeitlich kurze Episode geblieben.
Gegen das Urteil des Sozialgerichts hat die Beklagte am 21. Dezember 2017 Berufung eingelegt. Sie ist im Wesentlichen der
Auffassung, dass der Kläger im Jahr 2015 auf einer Fläche von 10,69 ha landwirtschaftliche Maßnahmen durchgeführt habe. Der
Auffassung des Sozialgerichts, dass der Kläger nicht als landwirtschaftlicher Unternehmer zu qualifizieren sei, stehe bereits
die Tatsache entgegen, dass dessen Unternehmen die Mindestgröße von 8 ha überschreite. Die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher
Flächen über der Mindestgröße habe kraft Gesetzes zur Folge, dass der Kläger als landwirtschaftlicher Unternehmer im Sinne
von § 2 Abs. 1 KVLG 1989 anzusehen sei. Eine § 1 Abs. 7 ALG vergleichbare Regelung für Liebhaberbetriebe, die die Mindestgröße überschreiten, habe der Gesetzgeber in das KVLG 1989 nicht aufgenommen. Sie sei auch nicht entsprechend anzuwenden. Der Kläger habe seine berufliche Tätigkeit als Unternehmer
nach § 2 Abs. 3 Satz 1 KVLG 1989 selbständig ausgeübt. Er sei auch beruflich tätig gewesen. Der Kläger habe die Flächen über einen auf Dauer angelegten Zeitraum
seit dem 1. Januar 2015 auf eigene Rechnung bewirtschaftet. Die Tätigkeiten seien von hinreichender Dauer und Intensität gewesen,
um als berufliche Tätigkeit eingeordnet zu werden. Die Bewirtschaftung der Flächen habe weit über einen Zeitraum von drei
Jahren hinaus andauern sollen. Die vorzeitige Rückgabe zum 1. Januar 2016 sei zunächst nicht vorgesehen gewesen. Eine Gewinnerzielungsabsicht
bzw. die Erstellung einer Ergebnisrechnung seien keine Voraussetzung für die Annahme einer beruflichen Tätigkeit. Der Bewertung
einer Tätigkeit als beruflich stehe nicht entgegen, dass lediglich Kostendeckung angestrebt werde. Die Absicht der Gewinnerzielung
sei nicht erforderlich. Bereits der Umstand, dass der Kläger Fördermittel beantragt und im Jahr 2015 auch erhalten habe, spreche
dagegen, dass die Landwirtschaft nur aus Liebhaberei oder als Hobby betrieben worden sei. Die subjektive Einschätzung des
Klägers einer Hobbymäßigkeit greife nicht durch. Der Bezug von Renteneinkünften als Haupteinnahmequelle stehe der Versicherungspflicht
der landwirtschaftlichen Tätigkeit nicht entgegen. Auch eine nicht im Haupterwerb ausgeübte landwirtschaftliche Tätigkeit
unterliege der Versicherungspflicht. Die vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten seien als Bodenbewirtschaftung zu qualifizieren.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 13. November 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist im Wesentlichen der Auffassung, dass er nicht als landwirtschaftlicher Unternehmer tätig gewesen sei. Die von ihm ausgeübten
Tätigkeiten seien nicht als berufliche Tätigkeit zu qualifizieren. Sie stellten auch keine auf Erwerb gerichtete Unternehmung
dar. Der Zweck der Tätigkeiten habe sich in der Einhaltung ökologischer Vorgaben erschöpft. Es sei nicht beabsichtigt gewesen,
dass Pflanzen, insbesondere Luzerne, auf den Flächen planmäßig zu einer weitergehenden Nutzung der Pflanze selbst oder dieser
als Tiernahrung herangezogen werden sollten. Seine ausschließliche Lebensgrundlage würden die Renteneinkünfte darstellen.
Allein das Überschreiten der Mindestgröße löse nicht die Versicherungspflicht aus. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG müsse ein auf Bodenbewirtschaftung beruhendes landwirtschaftliches Unternehmen vorliegen und zusätzlich die Mindestgröße
erreicht werden.
Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt, dass der Kläger die in Rede stehenden Flächen
seit dem Jahr 2017 wieder übernommen habe, wobei die Art der Nutzung seit dem Jahr 2019 zwischen den Beteiligten streitig
geblieben ist. Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze
und die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung
des Senats waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §
151 Abs.
1 des
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgerecht eingelegte, gemäß §
143 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Den Streitgegenstand des Berufungsverfahrens bilden neben dem Urteil des Sozialgerichts der Bescheid vom 13. Mai 2016 in der
Fassung des Bescheides vom 24. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 2016, soweit eine Versicherungspflicht
des Klägers in der Landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegekasse im Jahr 2015 festgestellt worden ist. Die von der Beklagten
im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens erlassenen weiteren Bescheide vom 28. April 2017 und vom 27. Oktober 2017 sind nicht
streitgegenständlich. Beide Bescheide haben lediglich eine Regelung zur Versicherungspflicht als landwirtschaftlicher Kleinunternehmer
bzw. zum Nichtbestehen einer solchen Versicherungspflicht im Jahr 2016 getroffen. Eine Regelung für das Jahr 2015 ist nicht
erfolgt. Lediglich für das Jahr 2015 ist hier zwischen den Beteiligten noch streitig, ob eine entsprechende Versicherungspflicht
bestand.
Soweit die Beklagte mit den streitgegenständlichen Bescheiden eine Versicherungspflicht des Klägers als landwirtschaftlicher
Unternehmer im Jahr 2015 angenommen hat, erweisen sich diese als rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
Vom Nichtbestehen einer Versicherungspflicht ist auch das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgegangen.
Der Senat hat den Tenor des Urteils lediglich klarstellend um die Feststellung ergänzt, dass der Kläger im Jahr 2015 nicht
der Versicherungspflicht als landwirtschaftlicher Unternehmer in der Landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegekasse unterlag.
Die Beklagte hat zu Unrecht eine Versicherungs- und Beitragspflicht des Klägers nach dem KVLG 1989 in der Krankenversicherung der Landwirte (KVdL) angenommen. Die Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht nach § 2 KVLG 1989 sind nicht erfüllt. Der Kläger ist aufgrund der von ihm im Jahr 2015 ausgeübten Tätigkeiten nicht bei der Beklagten als Unternehmer
der Landwirtschaft pflichtversichert, denn insoweit hat es sich nicht um ein landwirtschaftliches Unternehmen der Bodenbewirtschaftung
im Sinne des KVLG 1989 gehandelt.
Nach §
5 Abs.
1 Nr.
3 SGB V ergibt sich die Versicherungspflicht der Landwirte nach näherer Bestimmung des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG 1989 sind unter anderem Unternehmer der Landwirtschaft in der KVdL versicherungspflichtig, deren Unternehmen, unabhängig vom jeweiligen
Unternehmer, auf Bodenbewirtschaftung beruht und die Mindestgröße im Sinne des § 1 Abs. 5 ALG erreicht. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, tritt mit deren Vorliegen die Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen
Krankenversicherung kraft Gesetzes ein, ohne dass es hierzu eines feststellenden Verwaltungsakts oder der Kenntniserlangung
des Versicherten hiervon bedarf (vgl. z.B. Bundessozialgericht, Urteil vom 9. November 2011, B 12 KR 21/09 R, Rn. 17 - zitiert nach juris; Düsing/Martinez/Scheer, Agrarrecht, 1. Auflage 2016, KVLG § 2, Rn. 30).
Zwischen den Beteiligten steht außer Streit, dass das Unternehmen des Klägers im Jahr 2015 die Mindestgröße nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG 1989 i.V.m. § 1 Abs. 5 Satz 1 ALG erreicht hat. Streitig ist zwischen den Beteiligten allein, ob der Kläger im Jahr 2015 ein landwirtschaftliches Unternehmen
betrieben hat. Dies ist zu verneinen. Der Kläger war im Jahr 2015 nicht als landwirtschaftlicher Unternehmer im Sinne von
§ 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG 1989 tätig.
Der Begriff des landwirtschaftlichen Unternehmens im Sinne des KVLG setzt eine entsprechende Betätigung in der Landwirtschaft voraus; bloße Besitz- oder Nutzungsrechte an land- oder forstwirtschaftlichen
Flächen reichen für die Eigenschaft als landwirtschaftlicher Unternehmer grundsätzlich nicht aus (vgl. z.B. Bundessozialgericht,
Urteil vom 3. Mai 1984, 11 RK 1/83). Landwirtschaftlicher Unternehmer kann daher nur sein, wer sich landwirtschaftlich betätigt (Bundessozialgericht, a.a.O.,
Rn. 9 - zitiert nach juris). Es ergibt sich unmittelbar aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG 1989, dass sich die unternehmerische Tätigkeit als Landwirtschaft im Sinne einer Bodenbewirtschaftung darstellen muss (vgl. Bundessozialgericht,
a.a.O.).
Das Bundessozialgericht weist in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. Urteil vom 27. Juni 2012, B 12 KR 18/10 R, Rn. 10 - zitiert nach juris; Bundessozialgericht, Urteil vom 10. Mai 1979, 11 RLw 7/78, Rn. 16 - zitiert nach juris) darauf hin, dass die Tätigkeiten in der Landwirtschaft eine solche Vielfältigkeit und Vielgestaltigkeit
aufweisen, dass eine verallgemeinerungsfähige Aussage dazu, was Landwirtschaft im Sinne des KVLG 1989 ist, schwierig ist und daher jeweils anhand der konkreten Umstände beurteilt werden muss, ob ein landwirtschaftliches Unternehmen
im Sinne des KVLG 1989 gegeben ist. „Bodenbewirtschaftung“ und „Landwirtschaft“ hat das Bundessozialgericht als einen Inbegriff zahlreicher auf
einen wirtschaftlichen Zweck gerichteter Tätigkeiten verstanden. Es hat dazu als eine Haupttätigkeit die Bearbeitung des Bodens
und die Aufzucht von Bodenerzeugnissen und als eine weitere herausragende Tätigkeit die Verwertung dieser Bodenerzeugnisse,
meist in Form der Aberntung, gerechnet (Bundessozialgericht, Urteil vom 3. Mai 1984, 11 RK 1/83, Rn. 9 - zitiert nach juris unter Bezugnahme auf SozR 5850 § 1 Nr. 3 und SozR 5850 § 1 Nr. 4; vgl. auch die Definition der
Bodenbewirtschaftung im Recht der Alterssicherung der Landwirte in § 1 Abs. 4 Satz 2 ALG). Zugleich hat das Bundessozialgericht darauf hingewiesen, dass der Begriff der Landwirtschaft für das KVLG anders als in der Unfallversicherung auf einen Kernbereich beschränkt ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 3. Mai 1984, 11 RK 1/83, Rn. 9 - zitiert nach juris). Bei einem nicht nur vorübergehenden Brachliegenlassen und beim Anbau von Wildfutterpflanzen
zur unmittelbaren Wildäsung wurde eine Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer verneint, bei einer Bodenbewirtschaftung
zur Haltung von Reitpferden (auch durch ausschließliches Abweiden) bejaht (Bundessozialgericht, a.a.O.
Beruht ein landwirtschaftliches Unternehmen (auch) auf Bodenbewirtschaftung und erreicht es die Mindestgröße, so tritt Versicherungspflicht
des Unternehmers in der KVdL ein, unabhängig davon, wie die Einnahmen aus dem Unternehmen steuerrechtlich bewertet werden
oder ob etwa der Bodenbewirtschaftung innerhalb des Gesamtunternehmens nur eine untergeordnete Hilfsfunktion zukommt (vgl.
zu § 3 ALG Bayerisches LSG Urteil vom 27. Januar 2009, L 6 LW 5/06). Es kommt nicht darauf an, dass mit dem Unternehmen als solchem "final" ein "landwirtschaftlicher Zweck", etwa die Erzeugung
pflanzlicher oder tierischer Erzeugnisse für die menschliche Ernährung, verfolgt wird (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom
27. Juni 2012, B 12 KR 18/10 R, Rn. 12 m.w.N. – zitiert nach juris; Bundessozialgericht, Beschluss vom 29. September 1997, 10 BK 1/97).
Unter Anlegung der vom Bundessozialgericht entwickelten Maßstäbe handelt es sich bei den vom Kläger im Jahr 2015 entfalteten
Verrichtungen nicht um eine Bodenbewirtschaftung im Sinne des KVLG 1989. Zwar hat der Kläger auf den streitgegenständlichen Grundstücken Tätigkeiten selbst bzw. durch Dritte für ihn entfaltet –
Aussaat von Luzerne, deren Mahd und die Beräumung der Mahd –, die als Bodenbearbeitung, Aufzucht von Bodenerzeugnissen und
deren Aberntung eine Bodenbewirtschaftung darstellen können, jedoch scheidet aufgrund des tatsächlichen und rechtlichen Rahmens,
in dem diese Tätigkeiten entfaltet worden sind, eine Qualifizierung als Landwirtschaft im Sinne des KVLG 1989 aus. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. z.B. Beschluss vom 29. September 1997, 10 BK 1/97, Rn. 7ff. - zitiert nach juris) ist notwendige Bedingung für Landwirtschaft im Sinne des KVLG 1989 nicht eine Zweckbestimmung bzw. Finalität dahingehend, dass die Erzeugung dem Verkauf oder Eigenverbrauch und damit der menschlichen
Ernährung dient. Ausreichend ist, dass die vom landwirtschaftlichen Unternehmer ausgeübte Bodenbewirtschaftung im Zusammenhang
mit einer anderen landwirtschaftlichen Tätigkeit, z.B. der Gewinnung von Futtermitteln für die Haltung von Haustieren, steht
(Bundessozialgericht, a.a.O., Rn. 9 - zitiert nach juris). Hiervon ausgehend hat das Bundessozialgericht (Urteil vom 10. Mai
1979, 11 RLw 7/78, Rn. 17 - zitiert nach juris) „Bodenbewirtschaftung“ und „Landwirtschaft“ für einen Sachverhalt verneint, in dem ein Grundstückspächter
für eigene Rechnung den Boden bearbeiten und Pflanzen aufziehen ließ, die ausschließlich und unmittelbar der Wildäsung dienten,
weil eine solche Art der Verwertung von Bodenerzeugnissen für landwirtschaftliche Unternehmen nicht charakteristisch sei.
Eine vergleichbare Interessenlage ist auch vorliegend gegeben. Zwar hat der Kläger im Jahr 2015 auf seine Rechnung den Boden
bewirtschaftet, in dem er Luzerne anbauen und abernten ließ. Die vom Kläger entfalteten Verrichtungen haben aber weder einen
landwirtschaftlichen Hauptzweck dargestellt, noch haben sie als Nebenzweck der Verwirklichung weiterer landwirtschaftlicher
Absichten, etwa der Gewinnung von Futtermitteln, gedient. Alleiniges Ziel der Tätigkeit des Klägers war die Verwirklichung
ökologischer Zwecke, in dem die vormaligen Ackerflächen in einen naturnahen Zustand zurückversetzt werden sollten. Die Aktivitäten
des Klägers waren darauf ausgerichtet, auf den Flächen gerade keine Landwirtschaft mehr zu betreiben, sondern diese nach Maßgabe
der einschlägigen europarechtlichen und nationalen Rechtsvorschriften sowie der dazu ergangenen Förderprogramme dem Natur-
und Umweltschutz zu widmen und diese in einen natürlichen Zustand (mesophiles Grünland) zu überführen. Die im Jahr 2015 entfalteten
Tätigkeiten (Anbau von Luzerne, Mahd der Flächen und Abfuhr des Mähgutes) haben als Zwischenschritt allein der Verwirklichung
der Maßnahme (Anlage von mesophilem Grünland auf bisher intensiv genutztem Acker) gedient. Eine auch nur mittelbare Verfolgung
oder Förderung landwirtschaftlicher Zwecke war mit den vom Kläger im Jahr 2015 vorgenommenen Verrichtungen nicht beabsichtigt.
Der Anbau der Luzerne erfolgte allein mit dem Ziel einer Reduzierung bzw. einer Bindung des durch die vorherige intensive
Ackernutzung bedingten Eintrags von mineralischem Dünger und Pflanzenschutzmitteln. Hiervon ausgehend haben auch die Mahd
der Flächen und die Abfuhr des Mähgutes keine Bodenbewirtschaftung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG 1989 dargestellt. Es hat sich insoweit um Pflegemaßnahmen zur Realisierung des Zielzustandes der Flächen (Anlage von mesophilem
Grünland) gehandelt. Jedenfalls im Jahr 2015 erfolgte eine ausschließliche „Nutzung“ der Flächen im Umweltinteresse.
Soweit die Terminvertreterin der Beklagten erstmals in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass der Kläger
die streitigen Flächen im Jahr 2017 wieder übernommen habe und diese in den Verwaltungsunterlagen der Beklagten bis Mai 2019
als Grünland und danach als Futterbauflächen geführt worden seien, gibt dies keinen Anlass für eine andere rechtliche Bewertung
der Aktivitäten des Klägers im Jahr 2015 im Kontext von § 2 KVLG 1989. Unabhängig davon, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung eine Änderung des Nutzungszwecks ab Mai 2019 bestritten
hat, ist maßgeblich für die rechtliche Einordnung der Tätigkeiten des Jahres 2015 die Situation in diesem Jahr. Nachträgliche
Änderungen durch Umwidmung des Nutzungszwecks haben keine Auswirkung auf die Art der „Nutzung“ im streitgegenständlichen Jahr
2015, zumal vorliegend eine Zäsur von mindestens einem Jahr besteht, da die Flächen im Jahr 2016 an die Flächeneigentümerin
zurückgegeben worden waren. Für das Jahr 2015 ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Kläger in diesem Jahr lediglich
Luzerne angebaut hat und eine Mahd der Flächen sowie die Beräumung des Mähgut erfolgt ist. Aufgrund der Einlassungen der Beteiligten
und der dem Senat vorliegenden Unterlagen haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dies anders gewesen seien könnte.
Weitere Ermittlungen waren daher nicht veranlasst.
Die vom Kläger im Jahr 2015 entfalteten Aktivitäten stellen sich in der Sache als den Zielen des Natur- und Umweltschutzes
dienende Pflegemaßnahmen dar. Die Wahrnehmung solcher Pflegemaßnahmen führt jedoch nicht per se zu einer Pflichtversicherung
in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung, weil es sich um Landwirtschaft handeln würde. Es wurde vielmehr verschiedentlich
die Notwendigkeit einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung gesehen, um zu gewährleisten, dass auch bei solchen Pflegemaßnahmen
ein Pflichtversicherungstatbestand erfüllt und eine Pflichtmitgliedschaft begründet wird.
So hat der Gesetzgeber im Jahr 1988 eine Ergänzung von § 776 Abs. 1 Nr. 1 der
Reichsversicherungsordnung -
RVO - (vgl. nunmehr §
123 Abs.
1 Nr.
1 des
Siebten Buches Sozialgesetzbuch -
SGB VII) um die „den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienende Landschaftspflege“ als erforderlich angesehen, um sicherzustellen,
„dass bei den aus Gründen des Natur- und Umweltschutzes zulässigen Pflegemaßnahmen auf stillgelegten Flächen der Versicherungsschutz
in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung erhalten bleibt“ (vgl. Bundestagsdrucksache 11/2158, S. 10). Durch die Erweiterung
der Vorschrift sollte den agrarstrukturellen Änderungen Rechnung getragen werden, indem neben oder statt der traditionellen
landwirtschaftlichen Betätigungsform weitere Arbeitsgebiete in die landwirtschaftliche Unfallversicherung einbezogen wurden
(Bundessozialgericht, Urteil vom 5. Mai 1998, B 2 U 30/97 R, Rn. 23 - zitiert nach juris).
Die Notwendigkeit einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung (vgl. Bundestagsdrucksache 12/5700, Seite 70) wurde auch im Anwendungsbereich
des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte gesehen. Hier bestimmt § 1 Abs. 4 Satz 3 ALG, dass der Bodenbewirtschaftung auch eine den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienende Pflege stillgelegter Flächen zugerechnet
wird, wenn eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung hierzu besteht (Nr. 1), die Tätigkeit nicht im Rahmen eines Unternehmens
des Garten- und Landschaftsbaus ausgeübt wird (Nr. 2) und das Unternehmen ohne die stillgelegten Flächen mindestens die Hälfte
der Mindestgröße (Absatz 5) erreicht (Nr. 3). Gerade diese Regelung belegt, dass die Pflege stillgelegter Flächen nicht Bodenbewirtschaftung
im Sinne des ALG ist („wird … zugerechnet“), sondern hiervon nur aufgrund gesetzlicher Gleichstellung auszugehen ist. Ferner ist Voraussetzung
für die Zurechnung insbesondere auch, dass neben der Pflege der stillgelegten Flächen, noch Bodenbewirtschaftung betrieben
wird (vgl. § 1 Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 ALG). Sind im Unternehmen ausschließlich stillgelegte Flächen vorhanden, auf denen Pflegemaßnahmen erfolgen, wird eine Versicherungspflicht
nach dem ALG nicht begründet.
Werden, wie vorliegend durch den Kläger, ausschließlich den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienende Pflegemaßnahmen
durchgeführt, handelt es sich nicht um eine Bodenbewirtschaftung im Sinne des KVLG 1989. Eine gesetzliche Gleichstellung bzw. Zurechnung dieser Tätigkeiten zur Bodenbewirtschaftung ist für den Bereich des KVdL
nicht erfolgt, sodass eine Versicherungspflicht nicht begründet wird.
In der Folge besteht aufgrund der vom Kläger im Jahr 2015 ausgeübten Tätigkeiten auch keine Versicherungspflicht zur Landwirtschaftlichen
Pflegekasse.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.