Unterhaltsanspruch einer Mutter gegen den Vater eines Kindes bei Unbestimmbarkeit der Haftungsanteile verschiedener Väter
- Obliegenheit zur Einleitung eines Insolvenzverfahrens mit Restschuldbefreiung und Obliegenheit der Berufung auf Pfändungsschutz
Entscheidungsgründe:
I.
Die Klägerin zu 1) (im Folgenden nur noch: die Klägerin) und der Beklagte lebten in nichtehelicher Lebensgemeinschaft. Aus
dieser Beziehung ist die am 29.09.2003 geborene Klägerin zu 2) hervorgegangen. Der Beklagte hat seine Vaterschaft anerkannt.
Er montiert als Subunternehmer Küchen sowie sonstige Möbel für die Firma M......... GmbH. Seine Entgeltansprüche sind wegen
rückständiger Steuerschulden vom Finanzamt D... gepfändet, im Wege einer Vollstreckungsvereinbarung allerdings beschränkt
auf monatliche Teilbeträge von 3.000,00 EUR. Diese führt die Firma M......... - jedenfalls seit Februar 2004 - regelmäßig
an das Finanzamt ab, mit Ausnahme der Monate Januar bis März 2005 und einer Ermäßigung auf 1.200,00 EUR im Monat Mai 2005.
Die Klägerin, die während des Zusammenlebens mit dem Beklagten für diesen unentgeltlich Büroarbeiten erledigte, ist Mutter
eines weiteren, am 27.10.2001 ebenfalls nichtehelich geborenen Kindes. Für dieses Kind bezieht sie Unterhaltsvorschuss, die
Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Vaters sind ihr nicht bekannt. Zur Zeit lebt sie von Erziehungsgeld und Sozialhilfe;
der Sozialhilfeträger hat die auf ihn übergegangenen Unterhaltsansprüche auf die Klägerin zurückübertragen.
Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin den Beklagten auf Zahlung von Kindesunterhalt ab Januar 2004 und von Mutterunterhalt
für den Zeitraum Dezember 2003 bis September 2006 in Anspruch. Das Familiengericht hat den Beklagten durch Versäumnisurteil
vom 01.06.2004 antragsgemäß verurteilt und dieses Versäumnisurteil auf den - auf den Mutterunterhalt beschränkten - Einspruch
des Beklagten durch Urteil vom 31.08.2004 aufrechterhalten.
Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Berufung rügt der Beklagte die Aktivlegitimation der Klägerin, verweist auf die
Mithaftung des Vaters des weiteren Kindes der Klägerin und darauf, dass diese nie ein Einkommen in Höhe des vom Familiengericht
ausgeurteilten Betrages von 730 EUR gehabt habe. In der Hauptsache macht er geltend, wegen derzeit geringen Umsatzes und der
Pfändung des Finanzamtes nicht leistungsfähig zu sein.
Der Senat hat die Berufung des Beklagten durch Versäumnisurteil vom 27.01.2005 zurückgewiesen. Mit seinem hiergegen rechtzeitig
eingelegten Einspruch legt der Beklagte erstmals Jahresabschlüsse der Jahre 2003 und 2004 vor und behauptet, er bemühe sich
mit aller Kraft, eine andere Arbeit bzw. weitere Aufträge zu finden, was ihm bisher jedoch nicht gelungen sei. Außerdem verweist
er darauf, dass die Klägerin - unstreitig - seit Februar 2005 mit einem neuen Partner eheähnlich zusammenlebt.
Die Klägerin hält entgegen, der Antragsgegner habe sein Einkommen nicht in ausreichendem Maße dargetan. Soweit er behaupte,
von der Firma M......... keine ausreichenden Aufträge zu erhalten, sei er verpflichtet, sich um Aufträge anderer Auftraggeber
zu bemühen. Zudem sei davon auszugehen, dass er die Zahlungen an das Finanzamt freiwillig wieder aufgenommen habe, um keinen
Unterhalt zahlen zu müssen. Er sei verpflichtet, eine Aussetzung, Stundung oder Herabsetzung zu vereinbaren. Die Einkommens-
und Vermögensverhältnisse des Vaters ihres weiteren Kindes seien ihr nicht bekannt; das Jugendamt verweigere aus datenschutzrechtlichen
Gründen jede Auskunft.
Wegen der näheren Sachdarstellung wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil und die gewechselten Schriftsätze
mit Anlagen Bezug genommen.
II.
Die in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung ist begründet, weshalb das Versäumnisurteil des Senates abzuändern
ist (§§
539 Abs.
3,
343 ZPO). Streitgegenstand der Berufung ist allein der Unterhalt der Klägerin als nichteheliche Mutter, weil das angefochtene Urteil
entgegen der weitergehenden Formulierung des Tenors nur den Ausspruch Ziff. 2) des Versäumnisurteils vom 01.06.2004 betraf,
nachdem der Beklagte seinen Einspruch gegen Ziff. 1) dieses Urteils (Kindesunterhalt) im Verhandlungstermin vom 27.07.2004
(Bl. 86 GA) zurückgenommen hatte.
Ein Anspruch auf Zahlung von Mutterunterhalt steht der Klägerin nicht zu. Gemäß § 1615l Abs. 2 S. 3
BGB hat eine Mutter, soweit von ihr wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann,
gegen den Vater einen Anspruch auf Unterhalt. Die Klägerin ist zur Geltendmachung dieses Anspruchs sachlegitimiert, weil die
Verbandsgemeindeverwaltung D... die aufgrund der Sozialhilfeleistungen gemäß § 91 Abs. 1 BSHG auf sie übergegangenen Ansprüche mit Urkunde vom 02.12.2003 auf die Klägerin zurück übertragen hat (Bl. 14 f GA). Der Beklagte
ist jedoch nicht verpflichtet, der Klägerin Unterhalt zu leisten.
Bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes A...-M.... am 26.10.2004 ist die Klage bereits nicht schlüssig. Bis
zu diesem Zeitpunkt hat die Klägerin nämlich möglicherweise einen Unterhaltsanspruch gegen den Vater dieses Kindes, ebenfalls
aus §
1615 l Abs.
2 BGB. Zwar verdrängt dieser Anspruch nicht den mit der Geburt der Klägerin zu 2) am 29.09.2003 hinzugetretenen Anspruch gegen
den Beklagten; vielmehr haften beide Väter ab diesem Zeitpunkt nach §§
1615 l Abs.
3 S. 1, 1606 Abs.
3 S. 1
BGB für den Unterhalt der Klägerin anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen (vgl. BGH FamRZ 1998, 543; Bamberger/Roth/Reinken,
BGB, §
1615 l Rdn. 15 u.a.m.). Jedoch ist die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig hinsichtlich der für die Ermittlung der Haftungsanteile
maßgeblichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des anderen Unterhaltspflichtigen (BGH a.a.O.; OLG Zweibrücken FuR 2000,
438). Von dieser prozessualen Verpflichtung ist die Klägerin nicht deshalb befreit, weil das Jugendamt aus Datenschutzgründen
entsprechende Angaben verweigert. Unabhängig davon, ob diese Weigerung zu Recht erfolgt, hätte die Klägerin den Kindesvater,
solange dessen Mithaftung bestand, gemäß §§
1615 l Abs.
3 S. 1, 1605
BGB auf Auskunft in Anspruch nehmen können und hat gegen diesen -was hier allerdings keiner Vertiefung bedarf - unter Umständen
nach Treu und Glauben als Nachwirkung der früheren Unterhaltsverpflichtung einen Anspruch auf Schweigepflichtentbindung gegenüber
dem Jugendamt hinsichtlich seiner früheren Verhältnisse. Zudem fällt die Nichtaufklärbarkeit der Einkommens- und Vermögensverhältnisse
des anderen Unterhaltspflichtigen im Verhältnis zum Beklagten in die Risikosphäre der Klägerin. Daher kann ihr ein Unterhaltsanspruch
gegen diesen, solange möglicherweise eine Mithaftung des Vaters ihres anderen Kindes bestand, nicht zuerkannt werden, weil
der vom Beklagten zu tragende Haftungsanteil nicht bestimmbar ist.
Das Maß des der Klägerin hiernach allenfalls ab 27.10.2004 zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach ihrer Lebensstellung
(vgl. BGH NJW 2005, 818). Denn nach § 1615l Abs. 3 S. 1
BGB sind auf den Unterhaltsanspruch der nicht verheirateten Mutter die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten
und somit auch §
1610 Abs.
1 BGB entsprechend anwendbar (vgl. BGH a.a.O.). Da die Klägerin vor der Geburt des Kindes nicht erwerbstätig war, ist ihr Bedarf
mit dem Existenzminimum eines nicht Erwerbstätigen anzusetzen (Ziff. 18 der Unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate
des Oberlandesgerichts Koblenz; Palandt/Diederichsen,
BGB, 64. Aufl., §
1615 l Rdn. 15, 16); das sind bis zum 30.06.2005 monatlich 730 EUR und ab 01.07.2005 aufgrund der geänderten Fassung der Düsseldorfer
Tabelle 770 EUR. Dass die Klägerin in der Vergangenheit kein Einkommen in dieser Höhe hatte, ist unerheblich, weil es sich
hierbei um einen Mindestbetrag handelt.
Die Klägerin kann diesen Bedarf nicht durch eigenes Einkommen decken. Das Erziehungsgeld ist gemäß § 9 BErzGG bei der Unterhaltsberechnung nicht zu berücksichtigen, die gezahlte Sozialhilfe ist gegenüber dem Unterhaltsanspruch nachrangig
(§ 2 BSHG). Die Klägerin ist auch nicht gehalten, selbst für ihren Unterhalt zu sorgen. Aus § 1615l Abs. 2 S. 2
BGB folgt, dass sie jedenfalls während der ersten drei Lebensjahre des Kindes frei entscheiden kann, ob sie sich in vollem Umfang
seiner Pflege und Erziehung widmet oder ob sie (daneben) berufstätig sein möchte. (vgl. BGH NJW 2005, 818). Ab Beginn der Lebensgemeinschaft mit dem neuen Partner im Februar 2005 ist der Klägerin jedoch ein fiktives Entgelt aus
Haushaltsführung zuzurechnen. Nach der Rechtsprechung des BGH zum Ehegattenunterhalt sind Versorgungsleistungen gegenüber
einem neuen Lebenspartner einer Erwerbstätigkeit gleichzustellen (BGH FamRZ 2004, 1170 und 2004, 1173) und - Leistungsfähigkeit des Lebensgefährten vorausgesetzt - mit einem fiktiven Entgelt zu belegen. Diese Rechtsprechung
ist auf den Unterhaltsanspruch einer nichtehelichen Mutter ebenfalls anzuwenden (vgl. Wendl/Pauling, Das Unterhaltsrecht in
der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 6 Rdn. 759). Das hierfür in Ansatz zu bringende fiktive Entgelt beläuft sich
nach Ziff. 6 der Unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenates des Oberlandesgerichts Koblenz auf 350 EUR monatlich,
sodass der Klägerin ab Februar 2005 nach Abzug des sogenannten "Anreizsiebtels" (vgl. die Berechnung in der Entscheidung des
BGH FamRZ 2004, 1170 ff, 1172) ein Betrag von 300 EUR bedarfsdeckend anzurechnen ist. Da die Klägerin zur Leistungsfähigkeit ihres Lebensgefährten
keine Angaben gemacht hat, ist davon auszugehen, dass er diesen Betrag an die Klägerin leisten könnte, ohne seinen - in diesem
Zusammenhang einschlägigen - angemessenen Selbstbehalt zu gefährden. Daher beläuft sich der Anspruch der Klägerin ab Februar
2005 auf 430,00 EUR (730,00 EUR - 300,00 EUR) und ab Juli 2005 auf 470,00 EUR (770,00 EUR - 300,00 EUR).
Der Beklagte ist zur Zahlung des hiernach geschuldeten Unterhalts jedoch nicht leistungsfähig. Nach den im Berufungsverfahren
vorgelegten Jahresabschlüssen 2003 und 2004 erzielte er in diesen Jahren einen Gewinn von 48.725,77 EUR und 30.804,53 EUR
zusammen: 79.530,30 EUR.
Das sind durchschnittlich 39.765,15 EUR und monatlich rund 3.314,00 EUR. Dieses Einkommen legt der Senat seiner Berechnung
zugrunde. Hierbei übersieht er nicht, dass - worauf die Klägerin zutreffend hinweist - die Angaben des Beklagten über seine
Einkommensverhältnisse seit Beginn des Rechtsstreits sehr wechselhaft und zum Teil widersprüchlich waren. Der Senat hat jedoch
keinen Anlass, die nunmehr von einem Steuerberater gefertigten und zur Grundlage der von diesem ebenfalls erstellten Einkommensteuererklärungen
gemachten Jahresabschlüsse anzuzweifeln (vgl. auch Wendl/Kemper, a.a.O., § 1 Rdn. 209), zumal die Klägerin keine konkreten
Positionen dieser Abschlüsse in Frage stellt. Soweit die Klägerin darauf abhebt, dass zur Ermittlung des Einkommens selbständig
Tätiger wegen der jährlichen Schwankungen in der Regel die Gewinne dreier aufeinanderfolgender Jahre maßgebend sind (Wendl/Kemper,
a.a.O., § 1 Rdn. 274), schließt dies nicht aus, sich im Einzelfall mit einem kürzerer Zeitraum zu begnügen, wenn dieser eine
ausreichend sichere Aussage ermöglicht. Das ist hier der Fall. Nach dem Beitragsbescheid der IHK K...... vom 12.03.2004 belief
sich der der Beitragsberechnung zugrunde gelegte Gewinn des Jahres 2002 auf 41.900,00 EUR und lag damit exakt im Schwankungsbereich
der Gewinne der beiden Folgejahre.
Dass der Beklagte bei einem durchschnittlichen Gewinn von 3.314,00 EUR - von dem noch die Aufwendungen zur Kranken- und Altersvorsorge
in Abzug zu bringen sind - nach Abführung des gepfändeten Teilbetrages von 3.000,00 EUR zur Unterhaltszahlung an die Klägerin
nicht mehr leistungsfähig ist, bedarf keiner weiteren Erläuterung, zumal er vorrangig (§
1615 l Abs.
3 S. 3
BGB) für den Kindesunterhalt aufkommen muss. Allerdings waren die Zahlungen an das Finanzamt in der Zeit von Januar bis März
2005 ausgesetzt und auch im Mai 2005 wurden nach dem Schreiben der Firma M......... vom 22.06.2005 lediglich 1.200 EUR gezahlt.
Jedoch führt auch dies nicht dazu, den Beklagten für diesen - eingeschränkten - Zeitraum als leistungsfähig anzusehen. Da
dessen Leistungsfähigkeit sich nach dem Durchschnittsgewinn mehrerer Jahre bemisst, führt die Aussetzung oder Einschränkung
der Zahlungen über lediglich wenige Monate nicht zu einer maßgeblichen Änderung der Verhältnisse.
Der Beklagte ist nicht gehalten, mit dem Finanzamt einen geringeren Abführungsbetrag zu vereinbaren oder sich auf den Pfändungsschutz
der §§
850 Abs.
2,
850c, 850i
ZPO zu berufen, um Unterhalt an die Klägerin zahlen zu können. Dies ist ihm nicht zumutbar. Durch Vereinbarung eines niedrigeren
Abführungsbetrages oder Geltendmachung des Pfändungsschutzes würde die Verpflichtung gegenüber dem Finanzamt nämlich weiter
anwachsen. Wie sich aus den Forderungsaufstellungen des Finanzamtes M........ vom 31.01.2005 (Bl. 275 ff GA) und vom 30.05.2005
(Bl. 336 ff GA) ergibt, ist der Saldo während dieses Zeitraumes von ca. 28.000 EUR (31.01.2005) bis auf rund 40.000 EUR (30.05.2005)
gestiegen, worin die Steuernachzahlung von 8.411,39 EUR für das Jahr 2004 aufgrund des Einkommensteuerbescheides vom 06.06.2005
(Bl. 326 GA) noch nicht einmal enthalten ist. Dies verdeutlicht, dass der Beklagte durch die monatlichen Zahlungen von 3.000
EUR allenfalls ein weiteres Anwachsen des Schuldenstandes verhindert, ohne den bestehenden Saldo auch nur geringfügig abbauen
zu können. Bei einer Verringerung oder Aussetzung dieser Zahlungen würden seine Verpflichtungen gegenüber dem Finanzamt daher
weiter anwachsen, was dem Beklagten auch unter Berücksichtigung dessen, dass die Unterhaltspflicht gegenüber der Klägerin
nur noch bis September 2006 andauert, nicht zuzumuten ist, zumal das frühere Zusammenleben der Parteien ebenfalls bereits
durch die monatlichen Zahlungen an das Finanzamt geprägt war.
Der bestehenden Verpflichtung gegenüber dem Finanzamt könnte der Beklagte sich nur durch Einleitung eines Insolvenzverfahrens
mit anschließender Restschuldbefreiung entledigen. Dann wären die Drittschulden bei der Bemessung des laufenden Unterhalts
nicht mehr zu berücksichtigen und der Beklagte würde nach Ablauf von sechs Jahren seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens von
seinen Schulden befreit (§§
286 ff
InsO). Der BGH hat es in der Vergangenheit jedoch stets abgelehnt, den Ansprüchen Unterhaltsberechtigter einen allgemeinen Vorrang
vor anderen Verbindlichkeiten des Unterhaltspflichtigen einzuräumen (vgl. z.B. BGH, FamRZ 1984, 657, 658 f). Hiervon ist er in der Entscheidung vom 23.02.2005 (FamRZ 2005, 608) lediglich im Verhältnis zu minderjährigen unverheirateten und ihnen gleichgestellten Kindern abgewichen, denen gegenüber
er aus der gesteigerten Unterhaltspflicht des §
1603 Abs.
2 BGB eine Obliegenheit zur Einleitung einer Verbraucherinsolvenz hergeleitet hat. Der Beklagte ist aber gegenüber der Klägerin
nicht wie gegenüber minderjährigen Kindern nach §
1603 Abs.
2 BGB verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu seinem und der Klägerin Unterhalt gleichmäßig zu verwenden, sondern § 1615l Abs.
3 S 1
BGB erklärt die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten und damit 1603 Abs. 1
BGB für entsprechend anwendbar (vgl. BGH NJW 2005, 500). Danach ist der Beklagte nicht unterhaltspflichtig, wenn er bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande
ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts der Klägerin Unterhalt zu gewähren. Hieraus kann nach Ansicht des Senates
auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des BGH vom 23.02.2005 (FamRZ 2005, 608) eine Obliegenheit zur Einleitung eines Insolvenzverfahrens mit anschließender Restschuldbefreiung schon vom Grundsatz her
nicht hergeleitet werden. Hinzukommt, dass dem Beklagten die Einleitung eines Insolvenzverfahrens auch nicht zumutbar wäre.
Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens würde nämlich voraussichtlich zu einer Zerschlagung seines Betriebes führen mit der
Folge, dass seine Erwerbsquelle entfiele und der Beklagte sich um Aufnahme einer unselbständigen Tätigkeit bemühen müsste
mit der Ungewissheit, ob und wann er überhaupt eine ausreichend einkömmliche Stelle findet, um den geschuldeten Unterhalt
zahlen zu können. Sollten durch die vorhandene Substanz des Betriebes - was hier nicht beurteilt werden kann - nicht einmal
die Kosten des Verfahrens gedeckt werden können und es deshalb zu einer Ablehnung der Insolvenzeröffnung kommen, hätte dies
die gleichen Konsequenzen, weil in diesem Fall Restschuldbefreiung nur gewährt werden kann, wenn die Insolvenzmasse nach §
209 InsO verteilt wurde (§
289 Abs.
3 S. 1
InsO). Durch die Vorbereitungsphase von ca. sechs Monaten und die anschließende "Wohlverhaltensphase" von sechs Jahren wäre der
Beklagte zudem auf lange Zeit in seiner wirtschaftlichen Selbständigkeit nicht unerheblich eingeschränkt (vgl. hierzu näher
BGH FamRZ 2005, 608). Diese weit reichenden Konsequenzen sind im Hinblick darauf, dass die Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Klägerin nur
noch bis September 2006, also etwas mehr als ein Jahr andauert, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zu vereinbaren
(vgl. hierzu BVerfGE 57, 361, 381 und BVerfG FamRZ 2001, 1685).
Dem Beklagten kann entgegen der Ansicht der Klägerin unterhaltsrechtlich auch nicht vorgeworfen werden, dass er die Schulden
gegenüber dem Finanzamt in der Vergangenheit hat auflaufen lassen. Ein solcher Vorwurf wäre allenfalls gerechtfertigt, wenn
der Beklagte die Schulden in Ansehung der Unterhaltsverpflichtung auf sich genommen hätte, obwohl sie für ihn vermeidbar waren.
Das kann aber bereits deshalb nicht angenommen werden, weil die Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Klägerin erst im Oktober
2004 einsetzte, während die Steuerrückstände ausweislich der vorgelegten Forderungsaufstellungen des Finanzamtes bis auf das
Jahr 2001 zurückgehen.
Entgegen dem Ansinnen der Klägerin vermag der Senat dem Beklagten auch nicht vorzuwerfen, sich zur Erhöhung seiner Leistungsfähigkeit
nicht um anderweitige Aufträge bemüht zu haben. Auch insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Erwerbsobliegenheit des Beklagten
nicht am Maßstab des §
1603 Abs.
2 sondern nach §
1603 Abs.
1 BGB zu bemessen ist. Mit dem oben errechneten Durchschnittsgewinn von 3.314 EUR monatlich erzielt der Beklagte ein Einkommen,
das ihn - auch nach Vorwegabzug hierauf entfallender Steuern und von Vorsorgeaufwendungen - ohne die Schuldverpflichtung gegenüber
dem Finanzamt in die Lage versetzen würde, seinen Unterhaltspflichten nachzukommen. Eine weitergehende Erwerbsobliegenheit
gegenüber der Klägerin besteht nicht.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§
97 Abs.
2,
92, 344, 708 Nr.
10 und
713 ZPO.
Eine Revision gegen das Urteil wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des §
543 Abs.
2 ZPO nicht vorliegen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.490,00 EUR festgesetzt.