Berufung gegen ein Anerkenntnisurteil über Unterhalt - Vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen
Unterhaltstitel gegen Sicherheitsleistung
»1. Aus prozeßökonomischen Gründen kann die - verfahrensinterne - Abänderung einer auf einem Anerkenntnis beruhenden Unterhaltsverurteilung
gem. §
323 ZPO auch mit der Berufung jedenfalls dann verlangt werden, wenn im übrigen die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Berufung gegeben
sind.
2. Wird eine - uneingeschränkt - für vorläufig vollstreckbar erklärte Unterhaltsverurteilung mit der Berufung angefochten,
so ist, wenn der Unterhaltsanspruch inzwischen auf den Sozialhilfeträger übergegangen ist, auf Antrag die Zwangsvollstreckung
in jedem Falle gegen Sicherheitsleistung vorläufig einzustellen.«
Gründe:
Die Parteien sind voneinander getrennt lebende Eheleute. Das am 18. August 1991 geborene gemeinsame Kind der Parteien wird
von der Klägerin betreut. Gegenstand des Rechtsstreits ist Kindes- und Trennungsunterhalt. Mit Urteil vom 18. August 1994
hat das Familiengericht Kindesunterhalt in Höhe von 300,-- DM (Ausspruch 1a) und Trennungsunterhalt in Höhe von 850,-- DM
(Ausspruch 1b) jeweils monatlich ab März 1994, insoweit entsprechend dem Anerkenntnis des Beklagten, und darüber hinaus monatlichen
Trennungsunterhalt in Höhe von 117,-- DM (Ausspruch 2) zuerkannt. Soweit dieser Ausspruch auf dem Anerkenntnis beruht, ist
er uneingeschränkt für vorläufig vollstreckbar erklärt, im Übrigen mit einer Abwendungsbefugnis versehen. Mit seiner Berufung
wendet sich der Beklagte gegen die Verurteilung zur Zahlung von Trennungsunterhalt. Mit Antrag vom 27. Dezember 1994 beantragt
er die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus Ziff. 1b) des Urteils.
Der in Analogie zu §
769
ZPO zulässige (vgl. BGH, LM §
323 Nr. 1) Einstellungsantrag bezieht sich lediglich auf den Urteilsausspruch 1 b). Danach ist der Beklagte seinem Anerkenntnis
gemäß zur Zahlung von monatlich 885,-- DM Trennungsunterhalt ab März 1994 verurteilt worden. Der Senat hält eine Anpassung
der Leistungen aufgrund eines Anerkenntnisurteils - um das es sich bei dem Ausspruch 1 b) handelt - bei wesentlich veränderten
Verhältnissen bereits im Wege der Berufung aus Gründen der Prozessökonomie jedenfalls dann für zulässig, wenn - wie hier -
im Übrigen die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Berufung gegeben sind (verfahrensinterne Abänderung). Der eingeschränkte Widerruf
eines prozessualen Anerkenntnisses, das laufende Unterhaltszahlungen betrifft, mit dem Ziel einer Anpassung im Sinne von §
323
ZPO ist aber nur dann zuzulassen, wenn sich die für das Anerkenntnis maßgebenden Umstände wesentlich geändert haben (Zöller/Vollkommer,
ZPO, 19. Aufl., vor §
306 Rdn. 6; Heiß/Luthin, Unterhaltsrecht, Kap. 23, S. 11 jeweils m.w.N.). Es sind daher die für das Anerkenntnis maßgeblichen
Grundlagen zu beachten. Die summarische Überprüfung ergibt insbesondere, weil die Klägerin seit 1. September 1994 eigenes
Einkommen aus einer Teilzeitbeschäftigung erzielt, dass sich der Unterhalt ab September 1994 unter Wahrung der Grundlagen
des Anerkenntnisses auf ca. 600,-- DM monatlich verringert. Für eine weitergehende Einstellung der Zwangsvollstreckung fehlt
es an der hierfür erforderlichen Erfolgsaussicht; dies gilt jedoch nur für die Zeit bis 6. November 1994 aus folgenden Erwägungen:
Für die Zeit, ab 7. November 1994 ist zu beachten, dass die Klägerin, wie sie in ihrem Berufungserwiderungsschriftsatz mitteilt,
Sozialhilfe in Höhe von monatlich 775,66 DM erhält, somit mehr als der vorerwähnte überschlägig ermittelte Unterhalt von 600,--
DM. Die Klägerin ist gemäß §
265
ZPO zwar weiterhin befugt, den gemäss § 91 Abs. 1 Satz 1 BSHG n.F. auf den Sozialhilfeträger Übergegangenen Trennungsunterhalt geltend zu machen, allerdings kann sie nicht mehr Zahlung
an sich selbst, sondern nur an die Sozialhilfebehörde verlangen. Das angefochtene Urteil lautet jedoch ausschließlich auf
Zahlung an die Klägerin, obwohl sie nicht mehr Rechtsinhaberin ist. Eine Korrektur bzw. Umstellung kann nur durch Urteil erfolgen.
Die Vollstreckung kann auch nicht in Vollstreckungsstandschaft betrieben werden (Lüke in MünchKomm,
ZPO, §
265 Rdn. 9). Danach ist die Zwangsvollstreckung für die Zeit ab 7. November 1994 in vollem Umfang einstweilen einzustellen, allerdings
nur gegen Sicherheitsleistung, weil der Beklagte nicht glaubhaft gemacht hat, dass er zur Sicherheitsleistung nicht in der
Lage ist und die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Dies trägt auch der Interessenlage aufgrund
der geänderten Sachlage Rechnung, soweit die Klägerin gehalten und willens ist, aufgrund der Prozessstandschaft gemäß §
265 Abs.
2
ZPO für den Sozialhilfeträger tätig zu werden.