Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren; Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung; Fehlen
zukünftiger vergleichbarer Sachverhalte
Gründe:
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Rentenversicherung für den Zeitraum vom 1.7.1999 bis zum 30.9.2001 wegen einer Mitgliedschaft in einem Rechtsanwaltsversorgungswerk.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Hamburg vom 27.5.2008
ist in entsprechender Anwendung von §
169 Satz 2 und
3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen §
160a Abs
2 Satz 3
SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das Bundessozialgericht (BSG) darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Dagegen ist die behauptete inhaltliche Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung kein Revisionszulassungsgrund.
Der Kläger beruft sich allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung. Die Beschwerdebegründung muss hierzu
ausführen, welche Rechtsfrage sich stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit
oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht
zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN; vgl auch Bundesverfassungsgericht
SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand der Rechtsprechung
und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtslage
im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht
gerecht.
Der Kläger hält für klärungsbedürftig und klärungsfähig, "welche Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht
der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß §
6 Abs.
1 Nr.
1 SGB VI bestehen", und formuliert als Frage,
"ob die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit eine Mitgliedschaft in dieser berufsständischen Kammer und damit verbunden
in dieser berufsständischen Versorgungseinrichtung erfordert oder ob nicht auch durch eine Pflichtmitgliedschaft in einer
anderen berufsständischen Kammer, in deren Bereich sich keine Versorgungseinrichtung befindet, die Mitgliedschaft in einer
anderen berufsständischen Versorgungseinrichtung vermieden werden kann."
Es kann dahinstehen, ob der Kläger damit in der Beschwerdebegründung eine hinreichend konkrete Rechtsfrage zum Anwendungsbereich
einer revisiblen Rechtsnorm formuliert hat. Das LSG hat zutreffend darauf abgestellt, dass eine Rechtsfrage keine grundsätzliche
Bedeutung hat, wenn nicht zu erwarten ist, dass sie sich in Zukunft noch stellen wird. Der Kläger hat insoweit jedenfalls
nicht aufgezeigt, dass die von ihm umschriebene Auslegungsfrage zu §
6 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB VI sich in Zukunft noch stellen kann. Dazu reicht allein der Hinweis darauf, dass für andere kammerpflichtige Berufsgruppen
als die der Rechtsanwälte nicht in allen Bundesländern Versorgungswerke bestehen, nicht aus. Der Kläger setzt voraus, dass
er als angestellter Rechtsanwalt in Hamburg als Beschäftigungsort tätig sein kann, ohne zugleich in Hamburg der Rechtsanwaltskammer
anzugehören, und dass es ausreicht, allein im Kammerbezirk eines anderen Bundeslandes zugelassen zu sein, ohne dort tatsächlich
im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses tätig zu sein. Ob diese Art der "Kammerwahl" für Rechtsanwälte berufsrechtlich
so zulässig ist, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls hätte der Kläger aber aufzeigen müssen, dass für die anderen von ihm
genannten Berufsgruppen derartige Gestaltungsmöglichkeiten einer "Kammerwahl" ohne Bezug auf den Tätigkeitsort bestehen. Gerade
im Hinblick auf die Besonderheit des Auseinanderfallens von Beschäftigungsort und dem Ort, der für die Kammerzugehörigkeit
maßgebend ist, fehlt es für die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit auch an der Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung
des BSG. In dem vom LSG zitierten Urteil des BSG vom 22.10.1998 (B 5/4 RA 80/97 R, BSGE 83, 74 = SozR 3-2600 §
56 Nr 12) ist ua ausgeführt, dass §
6 SGB VI die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Danach ist die Befreiung von der
Versicherungspflicht nach §
6 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB VI nicht personen-, sondern tätigkeitsbezogen und gilt nur für diejenige Tätigkeit, für die sie erteilt ist. Für die Befreiung
wesentlich ist nicht nur die Kammerzugehörigkeit, sondern die für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit gesetzlich
angeordnete oder auf Gesetz beruhende Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung (vgl Urteil des BSG
vom 22.10.1998, B 5/4 RA 80/97 R, BSGE 83, 74 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 mwN). Mit diesen Ausführungen, auf die das LSG seine Entscheidung gestützt hat, hätte sich der Kläger
in der Beschwerdebegründung auseinandersetzen müssen. Es kann deshalb dahin stehen, ob auch hätte dargelegt werden müssen,
aus welchen Gründen eine freiwillig fortgeführte Mitgliedschaft in einem Versorgungswerk nach erneuter Zulassung beim Landgericht
Hamburg und Ausscheiden aus der Rechtsanwaltskammer Oldenburg seit dem 22.9.1999 die Voraussetzungen für eine Befreiung hätte
erfüllen können.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.