Vergütung vertragsärztlicher Leistungen
Bindung der Gesamtvertragspartner an den bundeseinheitlichen Orientierungswert und die Veränderungsraten
Kein Anspruch auf gerichtliche Überprüfung der Vorgaben
Gründe:
I
Im Streit steht die Rechtmäßigkeit des Schiedsspruchs über die Honorarvereinbarung für das Jahr 2013, beschränkt auf die Rechtmäßigkeit
des vom Schiedsamt festgesetzten Zuschlags auf den Orientierungswert.
Nachdem die Vergütungsverhandlungen zwischen den klagenden Verbänden von Krankenkassen und der beigeladenen KÄV zu keiner
Einigung geführt hatten, traf das beklagte Landesschiedsamt aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15.8.2013 (ua) folgende
Festsetzung zur Honorarvereinbarung 2013: "2. Der Punktwert zur Berechnung der regionalen EUR-Gebührenordnung (Anlage 1 zu
dieser Vereinbarung) beträgt für die Zeit vom 01.01.2013 bis zum 30.09.2013 3,6099 Cent. Er ergibt sich als regionaler Punktwert
aus dem um einen Zuschlag von 0,0736 Cent erhöhten bundeseinheitlichen Orientierungspunktwert. Für die Zeit ab 01.10.2013
bis zum 31.12.2013 beträgt der Punktwert zur Berechnung der regionalen EUR-Gebührenordnung (Anlage 2 zu dieser Vereinbarung)
10,2083 Cent. Er ergibt sich als regionaler Punktwert aus dem um einen Zuschlag von 0,2083 Cent erhöhten bundeseinheitlichen
Orientierungspunktwert von 10 Cent (BA-Beschluss 304. Sitzung am 19.04.2013, Ziffer I)."
Zur Begründung wies der Beklagte darauf hin, mit dem Zuschlag regionale Besonderheiten bei der Kostenstruktur zu berücksichtigen.
Die Befugnis dazu ergebe sich aus §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V. Mit dieser Vorschrift verfolge der Gesetzgeber das Ziel, landesbezogenen Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur
Rechnung zu tragen. Die Vertragspartner seien auch nicht länger verpflichtet, bei ihren Punktwertverhandlungen vom Bewertungsausschuss
(BewA) festgelegte Indikatoren zur Messung regionaler Besonderheiten der Kostenstruktur zu beachten. Das gesetzgeberische
Konzept zur Berücksichtigung individueller Besonderheiten der Kostenstruktur habe sich nach dem zwischenzeitlichen Wegfall
des gesetzlichen Verbotes von Zuschlägen erst seit 2013 realisieren lassen. Die bei diesem "Umstieg" zu berücksichtigenden
Unterschiede in der Höhe arztpraxisrelevanter Kosten in H. richteten sich nicht nach den unterschiedlichen Veränderungsraten
im Vergleich mit dem Vorjahr, sondern nach den zur Zeit bestehenden Differenzen im Sockel. Nur so könne verhindert werden,
dass die Unterschiede auf Dauer fortgeschrieben werden würden. Die Kosten einer städtischen H. Arztpraxis seien signifikant
höher als im bundesdurchschnittlichen Stadt-Land-Mix. Das Niveau arztpraxisrelevanter Kosten lasse sich schätzen. Es könne
auf amtliche Indikatoren wie Arbeitnehmerentgelte, Bruttoinlandsprodukt, Bruttolöhne und -gehälter sowie das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen
zurückgegriffen werden. Danach dürften die arztpraxisrelevanten Kosten in H. die bundesdurchschnittlichen um etwa 15 % übersteigen.
Das gelte jedenfalls für Personalkosten und Mieten, die ca 30 % der Praxiskosten ausmachten. Der Beklagte halte wegen der
höheren Praxiskosten in H. einen Zuschlag auf den Orientierungswert 2013 für notwendig, begrenze ihn aber auf 3 %. Maßgeblich
dafür sei zum einen der Umstand, dass H. offensichtlich für Ärzte und Psychotherapeuten ein betriebswirtschaftlich attraktiver
Standort sei. Zum anderen sei der Grundsatz der Beitragssatzstabilität zu berücksichtigen. Zwar sei die Grundlohnsumme nur
um 2,03 % gestiegen, doch verstoße die leichte Überschreitung des festgesetzten regionalen Punktwerts nicht gegen die in §
71 Abs
2 SGB V gezogene Grenze, da auch der Gesetzgeber selbst den Grundsatz der Beitragssatzstabilität im Rahmen des §
87a SGB V relativiert habe.
Die gegen den Schiedsspruch erhobene Klage, die sich allein gegen die Festsetzung eines Zuschlags auf den Orientierungswert
richtet, ist erfolglos geblieben. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, das beklagte Schiedsamt habe sich bei den angefochtenen
Festsetzungen gemäß §
89 Abs
1 SGB V im Rahmen seines Gestaltungsspielraums bewegt. Der Schiedsspruch sei - soweit die gerichtliche Überprüfung reiche - formell
und materiell rechtmäßig, insbesondere verstoße die Festsetzung der Zuschläge auf den Orientierungswert nicht gegen den Grundsatz
der Beitragssatzstabilität (§
71 Abs
1 Satz 1
SGB V).
Dem Gesetzeswortlaut sei eine Erstreckung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität auch auf die fakultativ zu vereinbarenden
Zuschläge nach §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V nicht zu entnehmen. Im Übrigen enthalte §
87a Abs
3 Satz 2 Halbsatz 2
SGB V eine hier relevante Ausnahmeregelung. Danach gelte der vereinbarte Behandlungsbedarf als notwendige medizinische Versorgung
im Sinne des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität. Die beigeladene KÄV weise zutreffend darauf hin, dass neben der "Mengenkomponente"
("Behandlungsbedarf") auch die "Preiskomponente" (Bewertung mit dem vereinbarten Punktwert) zu dem vereinbarten Behandlungsbedarf
gehöre.
Die festgesetzten regionalen Punktwerte verstießen auch nicht gegen den Grundsatz der Vorjahresanknüpfung (§
87a Abs
2, §
87d SGB V). Anders als §
87a Abs
4 Satz 1
SGB V für den Behandlungsbedarf sehe §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V für die Zu- und Abschläge auf den bzw von dem Orientierungswert keine Anpassung auf der Basis eines Vorjahreswerts vor, sodass
daraus nicht die Maßgeblichkeit des Grundsatzes der Vorjahresanknüpfung hergeleitet werden könne. Dem Wortlaut des §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V könne deshalb gerade nicht entnommen werden, dass die Vorjahresregelung die Basis der aktuellen Vereinbarung bilde. Die ausdrückliche
Erwähnung der Vorjahresanknüpfung in §
87a Abs
4 SGB V ("aufsetzend auf dem ... für das Vorjahr ... vereinbarten ... Behandlungsbedarf") spreche vielmehr gegen eine Übertragung
dieses Grundsatzes auch auf die nach §
87a Abs
2 SGB V zu treffenden Vereinbarungen.
Die vereinbarten Zuschläge verstießen auch nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot (§
72 Abs
2 SGB V). Es sei rechtlich nicht zu beanstanden, dass sich der Beklagte von der Erwägung habe leiten lassen, dass angesichts der
höheren Praxiskosten in H. ein Zuschlag auf den Orientierungswert 2013 prinzipiell notwendig und gerechtfertigt sei, dieser
aber wegen der Attraktivität des Standorts H. und der sich hier ergebenden Kostenvorteile durch einen hohen Anteil medizinischer
Versorgungszentren und anderer beruflicher Kooperationsformen auf 3 % zu begrenzen sei (Urteil vom 16.12.2015).
Mit ihren Revisionen rügen die Klägerinnen die Verletzung von Bundesrecht. Entgegen der Auffassung des LSG finde der Grundsatz
der Beitragssatzstabilität zwingend Anwendung auf die Vereinbarung bzw Festsetzung des regionalen Punktwerts. Auch die Festsetzung
eines Zuschlags auf den Orientierungswert sei mangels Eingreifens eines der normierten Ausnahmetatbestände der Höhe nach dadurch
begrenzt, dass der regionale Punktwert den Vorjahreswert um maximal die maßgebliche Veränderungsrate übersteigen dürfe. Die
entgegenstehende Auslegung des LSG sei bereits mit dem Wortlaut und der Systematik der gesetzlichen Regelung offenkundig unvereinbar.
Aus dem Sinn und Zweck der Regelungen unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte ergebe sich nichts Abweichendes.
§
87a Abs
3 Satz 2 Halbsatz 2
SGB V enthalte keine eigenständige Ausnahmeregelung vom Grundsatz der Beitragssatzstabilität. Das LSG setze entgegen dem Wortlaut
der Norm den vereinbarten Behandlungsbedarf und die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV) gleich. Bei der Ermittlung der MGV werde zunächst der Behandlungsbedarf vereinbart und anschließend werde dieser vereinbarte Behandlungsbedarf mit dem Punktwert
bewertet. Der vereinbarte Behandlungsbedarf iS des Halbsatzes 2 meine damit eindeutig den gemäß Halbsatz 1 (und Abs 4) vereinbarten
Behandlungsbedarf, dh die Mengenkomponente; denn der vereinbarte Behandlungsbedarf sei explizit als Punktzahlvolumen definiert.
Die Auslegung des "vereinbarten Behandlungsbedarfs" als Mengen- und Preiskomponente widerspreche dem Wortlaut der Vorschrift,
weil dieser dann denselben Inhalt hätte wie die "MGV" gemäß §
87a Abs
3 Satz 1
SGB V. §
87a Abs
3 Satz 1
SGB V unterscheide jedoch begrifflich zwischen MGV, vereinbartem Behandlungsbedarf und regionalem Punktwert. Diese begriffliche Differenzierung spiegele sich auch in den Regelungen
des §
87a Abs
2 und Abs
4 SGB V wider.
§
87a Abs
3 Satz 2 Halbsatz 2
SGB V bestätige gerade die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für die Festsetzung des regionalen Punktwerts. Die
Regelung fingiere gesetzlich das Eingreifen der Ausnahmeregelung der Sicherstellung der notwendigen medizinischen Versorgung
für die morbiditätsbedingt vereinbarte Mengenkomponente der Gesamtvergütung; diese Regelungstechnik sei allein für den Behandlungsbedarf
sinnvoll. Wenn der Grundsatz für die MGV insgesamt nicht hätte anwendbar sein sollen, hätte der Gesetzgeber dies regeln können und müssen. Dies bestätige etwa die
Ausnahmeregelung in §
140b Abs
4 Satz 2
SGB V aF. Diese Regelung sowie §
85 Abs
3 Satz 2
SGB V belegten, dass dem Gesetzgeber die Unterschiede zwischen der Anordnung der Nichtgeltung, der bloßen Berücksichtigung des
Grundsatzes neben anderen Kriterien und der Fiktion einer Komponente der Gesamtvergütungsvereinbarung als Ausnahmetatbestand
vertraut gewesen seien. Verbliebe es in Bezug auf die MGV nicht bei der Anwendbarkeit des §
71 SGB V im Übrigen, wäre zudem die in §
87a Abs
3 Satz 2 Halbsatz 2
SGB V geregelte gesetzliche Fiktion sinnlos.
Die Festsetzung von Zuschlägen verletzte auch den Grundsatz der Vorjahresanknüpfung. Dessen Geltung ergebe sich zum einen
aus der Anwendbarkeit des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität; er beanspruche aber auch unabhängig hiervon Beachtung. Dem
stehe das Urteil des Senats vom 13.8.2014 (B 6 KA 6/14 R - BSGE 116, 280 = SozR 4-2500 § 87a Nr 2) nicht entgegen. Soweit das BSG dort in Abgrenzung zum Urteil vom 21.3.2012 (B 6 KA 21/11 R) darauf hingewiesen habe, dass §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V aF keine Anpassung auf der Basis eines Vorjahreswerts vorsehe, sei es allein darum gegangen, klarzustellen, dass sich aus
der Entscheidung zu §
87a Abs
2 SGB V aF nichts für die Auslegung des §
87a Abs
3 und
4 SGB V ergebe.
Der festgesetzte regionale Zuschlag sei auch mit den vom Gesetzgeber selbst getroffenen Vorgaben hinsichtlich der Zuschläge
auf den Orientierungswert für die Jahre 2011 und 2012 durch §
87d SGB V nicht vereinbar. Mit dieser Norm habe der Gesetzgeber die Orientierungswerte für 2011 und 2012 selbst bestimmt. Die damit
verbundenen Zielsetzungen - die Begrenzung der Ausgabenzuwächse sowie die Angleichung der Honorarunterschiede - seien mit
dem vom Beklagten festgesetzten Zuschlag auf den Orientierungswert für das Jahr 2013 zum "Basisausgleich" von Differenzen
im Sockel nicht kompatibel. Denn damit werde nicht nur die ausgabenbegrenzende Wirkung für die Jahre 2011 und 2012 rückgängig
gemacht, sondern auch der vom Gesetzgeber geregelten Minderung der Honorarunterschiede entgegengewirkt.
Auch der Erweiterte Bewertungsausschuss (EBewA) gehe davon aus, dass Kostensteigerungen, die ohne die Geltung des §
87d SGB V für die Jahre 2011 und 2012 zu berücksichtigen gewesen wären, nicht nachzuholen seien. Die KÄBV habe ihre gegen den Orientierungswert
2013 erhobene Klage zurückgenommen; damit werde nicht nur die Angemessenheit der Höhe der Anpassung des Orientierungswerts
für das Jahr 2013 anerkannt, sondern auch die Basiswirksamkeit der Regelungen in §
87d SGB V und die auf diese Basis aufsetzenden Festlegungen des EBewA. Das BSG habe für Regelungen zur Deckelung bzw Absenkung der Gesamtvergütung entschieden, dass solche gesetzlichen Regelungen entsprechend
dem Prinzip der Vorjahresanknüpfung auch für die Folgejahre Wirkung behielten, soweit der Gesetzgeber nicht ausdrücklich etwas
Abweichendes anordne. Diese Vorgaben gälten auch für die Anpassung der Punktwerte.
Die Entscheidung des Beklagten sei selbst dann, wenn weder der Grundsatz der Beitragssatzstabilität noch der Grundsatz der
Vorjahresanknüpfung zwingend anzuwenden wären, jedenfalls beurteilungsfehlerhaft. Der Beklagte habe nicht außer Betracht lassen
dürfen, dass die vertragsärztliche Versorgung im Jahr 2012 ohne Weiteres mit der für dieses Jahr vereinbarten Vergütung habe
sichergestellt werden können, sodass bei der Prüfung der Notwendigkeit eines Punktwertzuschlags hätte ermittelt und abgewogen
werden müssen, welche Veränderungen sich gegenüber dem Jahr 2012 ergeben hätten. Eine alleinige Punktwertfestsetzung aufgrund
mittelbarer Indizien für überdurchschnittliche Kosten werde dem gesetzlichen Rahmen für die Punktwertfestsetzung nicht gerecht.
Schließlich sei der Punktwertzuschlag auch mit dem allgemeinen rechtlichen Maßstab der §
87a Abs
2 Satz 2 iVm §
72 Abs
2 SGB V unvereinbar. Dass der Beklagte den Punktwertzuschlag unter Berufung auf das überdurchschnittliche Kostenniveau in H. festgesetzt
habe, obwohl er zutreffend erkannt habe, dass H. auch betriebswirtschaftlich ein attraktiver Standort sei, widerspreche dem
Wirtschaftlichkeitsgebot in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Klägerinnen beantragen,
das Urteil des LSG Hamburg vom 16.12.2015 zu ändern und den Schiedsspruch des Beklagten vom 15.08.2013 insoweit aufzuheben,
als in Ziff. 2 der Honorarvereinbarung 2013 Zuschläge auf den Orientierungswert für das Jahr 2013 zur Festsetzung des regionalen
Punktwertes für die Zeit vom 01.01.2013 bis 30.09.2013 und vom 01.10.2013 bis zum 31.12.2013 festgesetzt worden sind,
hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, über die Festsetzung von Zu- und Abschlägen von dem Orientierungswert für das Jahr
2013 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er regt zunächst die Beiladung seiner Aufsichtsbehörde an. In der Sache verweist er auf die Begründung des Schiedsspruchs
und die Gründe des angegriffenen Urteils. Zu dem auf bundesdurchschnittliche Verhältnisse gründenden Orientierungswert habe
sich wegen der im Bezirk der KÄV H. höheren arztpraxisrelevanten Kosten ein Zuschlag vereinbaren bzw festsetzen lassen. Dem
habe jedenfalls bei der erstmals 2013 möglichen Vereinbarung/Festsetzung das Prinzip der Vorjahresanknüpfung nicht entgegengestanden,
ebenso wenig die Angemessenheitsvermutung. Anderenfalls liefe das gesetzgeberische Konzept von auf KÄV-unterschiedlichen Kosten
basierenden Zu- und Abschlägen ins Leere. Der bundeseinheitliche Orientierungswert ließe sich nicht spreizen, wenn - entgegen
der gesetzgeberischen Erkenntnis von KÄV-unterschiedlichen Kostenniveaus - für jeden KÄV-Bezirk anzunehmen wäre, die ohne
Rücksicht auf diesen Faktor für das Vorjahr jeweils vereinbarte Gesamtvergütung sei angemessen gewesen. Im Konzept regionaler
Punktwerte aufgrund KÄV-individueller Zu- oder Abschläge auf den bzw von dem Orientierungswert würden - so die, bisher allerdings
noch nicht eingetroffene, Erwartung des Gesetzgebers - die Auswirkungen auf die Beitragssatzstabilität weitgehend neutralisiert.
Regionale Punktwertzuschläge wirkten zwar einer Angleichung der Honorarunterschiede zwischen den KÄVen entgegen; den Plan
asymmetrischer Anpassungen verfolge der Gesetzgeber aber seit 2012 nicht mehr.
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Revision zurückzuweisen.
Der Beklagte habe nicht gegen zwingende rechtliche Vorgaben verstoßen. Die Festsetzung der Zuschläge verstoße nicht gegen
den Grundsatz der Beitragssatzstabilität, weil gemäß der Ausnahmeregelung des §
87a Abs
3 SGB V der "vereinbarte Behandlungsbedarf" diesen Grundsatz aufgrund der gesetzlichen Formulierung erfülle. Dies sei auch sachlich
gerechtfertigt, da die Krankenkassen(-Verbände) den "vereinbarten Behandlungsbedarf" als Vertragspartner mit festlegten und
daher die Möglichkeit hätten, Menge und Preis der notwendigen Leistungen zu bestimmen. Die MGV sei gemäß §
87a Abs
3 Satz 1
SGB V das Ergebnis einer Vereinbarung der Vertragspartner, deren Komponenten in den nachfolgenden Sätzen des §
87a Abs
3 SGB V aufgeführt würden. Der sich nach Feststellung der Zahl und der Morbiditätsstruktur der Versicherten als Punktzahlvolumen
ergebende Behandlungsbedarf werde in §
87a Abs
3 Satz 2
SGB V als der "verbundene Behandlungsbedarf" bezeichnet. Dieser werde mit dem regionalen Punktwert bewertet und sodann erstmals
in §
87a Abs
3 Satz 2 Halbsatz 2
SGB V als "vereinbarter Behandlungsbedarf" bezeichnet. Insoweit habe das LSG zu Recht entschieden, dass der "vereinbarte Behandlungsbedarf"
neben der Mengenkomponente ("verbundener Behandlungsbedarf") auch eine Preiskomponente ("... und bewerten diese mit dem nach
Abs. 2 Satz 1 vereinbarten Punktwert in Euro") umfasse. Der Begriff des "vereinbarten Behandlungsbedarfs" werde an keiner
anderen Stelle des §
87a Abs
3 SGB V verwendet, sodass sich daraus die vom Gesetzgeber gewollte Differenzierung zwischen dem "verbundenen" Behandlungsbedarf und
dem "vereinbarten" Behandlungsbedarf ergebe. Da der Zuschlag auf den Orientierungswert erst den (regionalen) Punktwert bilde,
könne die Vereinbarung eines Zuschlags keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Beitragssatzstabilität bewirken.
II
Die Revisionen der Klägerinnen sind nicht begründet. Das LSG hat den Schiedsspruch des Beklagten zu Recht als rechtmäßig angesehen.
1.a) Das LSG ist gemäß §
29 Abs
2 Nr
1 SGG erstinstanzlich zuständig, weil sich die Klage gegen eine Entscheidung des Landesschiedsamts richtet.
Eine gegen die Entscheidung eines Schiedsamts gerichtete Klage ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats als kombinierte
Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß §
54 Abs
1 iVm §
131 Abs
2 Satz 2 und Abs
3 SGG statthaft (vgl zB BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 §
85 Nr 3, RdNr 10 mwN; BSGE 110, 258 = SozR 4-2500 § 87a Nr 1, RdNr 20; BSGE 116, 280 = SozR 4-2500 § 87a Nr 2, RdNr 20). Die damit geltend gemachte Verpflichtung zum Erlass eines neuen Verwaltungsaktes berücksichtigt,
dass die Festsetzung des Vertragsinhalts durch ein Schiedsamt gegenüber den Vertragspartnern ein Verwaltungsakt ist (stRspr,
vgl BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 10; BSGE 110, 258 = SozR 4-2500 § 87a Nr 1, RdNr 20; BSGE 116, 280 = SozR 4-2500 § 87a Nr 2, RdNr 20).
Ein Vorverfahren war nicht durchzuführen. Aus der Eigenart der Tätigkeit des Schiedsamts, das bei der Vertragsfestsetzung
an die Stelle der Vertragsparteien tritt, folgt, dass eine Überprüfung des Schiedsspruchs nur im gerichtlichen Verfahren erfolgen
kann (BSGE 110, 258 = SozR 4-2500 § 87a Nr 1, RdNr 21; BSGE 116, 280 = SozR 4-2500 § 87a Nr 2, RdNr 21; zuletzt BSGE 119, 43 = SozR 4-2500 § 120 Nr 4, RdNr 24).
b) Das Verfahren leidet nicht an dem - vom Beklagten mit einer Gegenrüge geltend gemachten - Fehler einer unterlassenen Beiladung
der Aufsichtsbehörde. Verfahrensfehlerhaft in diesem Sinne ist nur die Unterlassung einer notwendigen Beiladung iS des §
75 Abs
2 1. Alt
SGG, also in dem Fall, dass die Entscheidung auch den potenziell Beizuladenden gegenüber nur einheitlich ergehen kann (Schmidt
in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
75 RdNr 13a). Die Beiladung der Aufsichtsbehörde in Streitverfahren gegen Entscheidungen des Schiedsamts (§
89 SGB V) ist zwar sachgerecht, weshalb eine einfache Beiladung auf der Grundlage des §
75 Abs
1 SGG erfolgen sollte, aber nicht "notwendig" iS des §
75 Abs
2 1. Alt
SGG. Soweit die Beiladung der Aufsichtsbehörde in Fällen, in denen diese den Schiedsspruch nicht beanstandet hat, er aber von
einem Vertragspartner angefochten ist, befürwortet wird (in diesem Sinne etwa B. Wiegand, in juris-PK
SGB V, 3. Aufl 2016, §
89 RdNr 50; Schuler in Hänlein/Schuler,
SGB V, 5. Aufl 2016, §
89 RdNr 29; Kingreen in Becker/Kingreen,
SGB V, 5. Aufl 2017, §
89 RdNr 20), trägt das dem Ziel Rechnung, die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung auch auf die Aufsichtsbehörde zu erstrecken
(§
141 SGG). Die "Notwendigkeit" der Beiladung kann darauf jedoch nicht gestützt werden; diese könnte sich allein daraus ergeben, dass
über die Klage einer Vertragspartei gegen das Schiedsamt nicht nur gegenüber den anderen Vertragspartnern - deren Beiladung
"notwendig" ist (Düring/Schnapp in Schnapp/Düring, Handbuch des sozialrechtlichen Schiedsverfahrens, 2. Aufl 2016, RdNr 214)
- sondern auch im Verhältnis zur Aufsichtsbehörde nur einheitlich entschieden werden darf. Das ist jedoch nicht der Fall.
aa) Die Aufsichtsbehörde ist, wenn sie den Schiedsspruch nicht beanstandet hat, nicht unmittelbar an den nachfolgenden gerichtlichen
Auseinandersetzungen beteiligt; das Schicksal des Schiedsspruchs liegt allein in den Händen der beteiligten Vertragspartner
(zur fehlenden Klagebefugnis des Schiedsamts gegen aufsichtsrechtliche Beanstandungen seiner Entscheidung BSGE 86, 126 = SozR 3-2500 § 85 Nr 37). Dass die Entscheidung im Verfahren eines Vertragspartners gegen das Schiedsamt auch gegenüber
der Aufsichtsbehörde nur einheitlich ergehen kann, wäre allein mit dem Beanstandungsrecht der Aufsichtsbehörde gegenüber den
Entscheidungen des Schiedsamts gemäß §
89 Abs
5 Satz 5
SGB V zu begründen (bei Beier, jurisPK
SGB V, 2. Aufl 2012, §
89 RdNr 54 wird auf den Zusammenhang ausdrücklich hingewiesen). Dabei wird die Konstellation in den Blick genommen, dass ein
Schiedsspruch auf Klage eines Vertragspartners aufgehoben wird und die Aufsichtsbehörde die dann in der Regel erforderliche
neue Entscheidung des Schiedsamts nicht mit Erwägungen soll beanstanden dürfen, die das Gericht nicht aufgenommen hat. Dieser
Zusammenhang macht die Beteiligung der Aufsichtsbehörde am gerichtlichen Verfahren sinnvoll, reicht für die Annahme der zwingenden
"Einheitlichkeit" der Entscheidung jedoch nicht aus. Die praktischen Schwierigkeiten, die sich ergeben, wenn ein Gericht rechtskräftig
eine Entscheidung eines unter staatlicher Aufsicht stehenden Gremiums der sog gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und
Krankenkassen beanstandet und zu einer erneuten Entscheidung verpflichtet, betreffen im Übrigen nicht nur die Schiedsämter,
sondern etwa auch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) und vor allem den BewA nach §
87 Abs
3 SGB V, der in Gestalt des EBewA (§
87 Abs
4 SGB V) schiedsamtsähnliche Funktionen wahrnimmt (BSGE 90, 61 = SozR 3-2500 §
87 Nr 35), und dessen Entscheidungen immer wieder - auch in diesem Verfahren - Gegenstand gerichtlicher Prüfung sind. Immer
dann, wenn eine Entscheidung dieses Gremiums Gegenstand gerichtlicher Prüfung ist, auch die für dieses Gremium und ggf die
für die Beteiligten (Krankenkassen, KÄVen) jeweils zuständigen Aufsichtsbehörden notwendig beiladen zu müssen, würde die Verfahren
überladen; auch die Aufsichtsbehörden wären dem damit verbundenen Aufwand kaum gewachsen. Im Übrigen haben sich in der Vergangenheit
keine Schwierigkeiten im Umgang der Aufsichtsbehörden mit rechtskräftigen Neubescheidungsurteilen gegenüber den Entscheidungen
der Schiedsämter gezeigt, die es rechtfertigen würden, die mit der Annahme der "Notwendigkeit" einer Beiladung verbundenen
rechtlichen und praktischen Probleme in Kauf zu nehmen.
bb) Soweit im Kontext der Notwendigkeit der Beiladung auf das Senatsurteil vom 20.9.1988 (BSGE 64, 78 = SozR 1500 § 51 Nr 50) Bezug genommen wird, ist diese Rechtsprechung überholt und im Übrigen nicht auf das Beanstandungsrecht
nach §
89 Abs
5 Satz 5
SGB V zu übertragen. Der Senat hat in dem genannten Urteil entschieden, dass die Bundesrepublik Deutschland zu einem Verfahren
notwendig beizuladen ist, in dem ein Arzneimittelhersteller den (früheren) Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen auf
Änderung der Arzneimittelrichtlinien in Anspruch nimmt. Dieses Urteil ist zeitlich weit vor der Qualifizierung der Richtlinien
des Bundesausschusses als außenwirksame Rechtsnormen durch das Senatsurteil vom 20.3.1996 (BSGE 78, 70 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6) und vor der institutionellen Verselbständigung des (heutigen) GBA ergangen. Zumindest seit der Entscheidung
vom 14.12.2011 (BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13) hat der Senat an dieser Rechtsprechung nicht mehr festgehalten und eine Beiladung der Bundesrepublik
Deutschland im Verfahren gegen den GBA nicht mehr gefordert, ohne dies allerdings ausdrücklich anzusprechen. Auch in Verfahren
unmittelbar gegen den BewA muss die Bundesrepublik Deutschland nicht notwendig beigeladen werden (BSGE 90, 61 = SozR 3-2500 § 87 Nr 35). Im Übrigen ist die Notwendigkeit der Beiladung der Bundesrepublik Deutschland nicht allein mit
der Funktion des (früher zuständigen) Bundesministeriums für Arbeit als Aufsichtsbehörde, sondern vor allem mit dessen "übergeordneter
Regelungsbefugnis" nach § 368p Abs 2
RVO begründet worden. Damit war das Recht des Ministeriums zum eigenständigen Erlass von Richtlinien gemeint (vgl heute §
94 SGB V). Ein solches "Selbsteintrittsrecht" haben die Aufsichtsbehörden nach §
89 Abs
5 Satz 5
SGB V im Rahmen einer Beanstandung von Entscheidungen der Schiedsämter nicht, sondern nach §
89 Abs
1 Satz 5
SGB V nur in dem Fall, dass eine Entscheidung des Schiedsamts nicht oder nicht fristgerecht ergeht.
2.a) Gemäß §
89 Abs
1 Satz 1
SGB V setzt das (Landes-)Schiedsamt dann, wenn ein Vertrag über die vertragsärztliche Versorgung ganz oder teilweise nicht zustande
kommt, innerhalb von drei Monaten den Vertragsinhalt fest. Zu den angesprochenen Verträgen über die vertragsärztliche Versorgung
gehören auch Gesamtverträge, insbesondere Vereinbarungen über Gesamtvergütungen (vgl hierzu BSGE 116, 280 = SozR 4-2500 § 87a Nr 2, RdNr 23). Dass die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch das Schiedsamt vorgelegen haben,
steht zu Recht nicht im Streit, ebenso wenig die formelle Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Beklagten.
b) Dem Schiedsamt kommt nach der Rechtsprechung des BSG bei der Festsetzung des Inhalts eines Gesamtvertrages über die vertrags(zahn)ärztliche Vergütung gemäß §
89 Abs
1 SGB V ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Seine Vertragsgestaltungsfreiheit, die der gerichtlichen Nachprüfung Grenzen setzt, ist
nicht geringer als diejenige der Vertragspartner bei einer im Wege freier Verhandlungen erzielten Vereinbarung (stRspr des
BSG, vgl BSGE 20, 73, 76 f = SozR Nr 1 zu § 368h
RVO; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 20 S 131; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 56 RdNr 25; BSGE 100, 144 = SozR 4-2500 § 85 Nr 41, RdNr 13 mwN; BSGE 110, 258 = SozR 4-2500 § 87a Nr 1, RdNr 27; BSGE 116, 280 = SozR 4-2500 § 87a Nr 2, RdNr 36; BSGE 119, 43 = SozR 4-2500 § 120 Nr 4, RdNr 26).
Die Schiedssprüche sind ebenso wie die von ihnen ersetzten Vereinbarungen der vorrangig zum Vertragsabschluss berufenen Vertragsparteien
auf Interessenausgleich angelegt und haben Kompromisscharakter (stRspr, vgl aus jüngerer Zeit BSGE 116, 280 = SozR 4-2500 § 87a Nr 2, RdNr 36; BSGE 118, 164 = SozR 4-2500 § 73b Nr 1, RdNr 58; BSGE 119, 43 = SozR 4-2500 §
120 Nr 4, RdNr 26). Schiedssprüche nach §
89 SGB V unterliegen insoweit - auf Anfechtung der Gesamtvertragsparteien hin - nur in eingeschränktem Umfang gerichtlicher Kontrolle
(stRspr des BSG, vgl BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 11 mwN; BSGE 100, 144 = SozR 4-2500 § 85 Nr 41, RdNr 13; BSGE 116, 280 = SozR 4-2500 § 87a Nr 2, RdNr 36; BSGE 118, 164 = SozR 4-2500 § 73b Nr 1, RdNr 58; BSGE 119, 43 = SozR 4-2500 § 120 Nr 4, RdNr 26). Sie sind nur daraufhin zu überprüfen, ob sie die grundlegenden verfahrensrechtlichen
Anforderungen und in inhaltlicher Sicht die zwingenden rechtlichen Vorgaben eingehalten haben (stRspr des BSG, vgl zB BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 11; zuletzt BSGE 119, 43 = SozR 4-2500 § 120 Nr 4, RdNr 26). Die inhaltliche Kontrolle ist darauf beschränkt, ob der vom Schiedsamt zugrunde gelegte
Sachverhalt zutrifft und ob das Schiedsamt den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, dh insbesondere die maßgeblichen
rechtlichen Vorgaben beachtet hat, die auch für die Vertragsparteien gelten (stRspr des BSG, vgl BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 11; BSGE 100, 144 = SozR 4-2500 § 85 Nr 41, RdNr 13; BSGE 118, 164 = SozR 4-2500 § 73b Nr 1, RdNr 58; BSGE 119, 43 = SozR 4-2500 § 120 Nr 4, RdNr 26; s auch BSGE 116, 280 = SozR 4-2500 § 87a Nr 2, RdNr 36).
Zudem muss der Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis ausreichend erkennen lassen (BSGE 116, 280 = SozR 4-2500 § 87a Nr 2, RdNr 36). Hohe Anforderungen an die Begründung der Abwägungsentscheidung können grundsätzlich nicht
gestellt werden (BSGE 116, 280 = SozR 4-2500 § 87a Nr 2, RdNr 60). Die Gründe für das Entscheidungsergebnis müssen aber wenigstens andeutungsweise erkennbar
sein (BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 11; BSGE 116, 280 = SozR 4-2500 § 87a Nr 2, RdNr 60). Dies setzt voraus, dass tragfähige Tatsachenfeststellungen getroffen werden, auf deren
Grundlage die Abwägung vorgenommen wurde, da anderenfalls eine Art
19 Abs
4 GG entsprechende gerichtliche Überprüfung, ob das Schiedsamt seinen Gestaltungsspielraum eingehalten hat, nicht möglich wäre
(BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 56 RdNr 21; BSGE 116, 280 = SozR 4-2500 § 87a Nr 2, RdNr 60).
Die gerichtliche Kontrolle ist darüber hinaus eingeschränkt, soweit die rechtlichen Vorgaben ihrerseits den Gesamtvertragsparteien
- und bei einer vertragssubstituierenden Entscheidung dem Schiedsamt - einen Beurteilungsspielraum einräumen (Wenner in Eichenhofer/Wenner,
SGB V, 2. Aufl 2016, §
89 RdNr 24). Das gilt nicht allein für Beurteilungsspielräume, sondern sinngemäß auch dann, wenn den Vertragsparteien ein Handlungsermessen
eingeräumt wird. Die Maßstäbe, die insoweit an die Überprüfung einer obligatorischen Entscheidung angelegt werden, können
nicht dieselben sein wie diejenigen, die bei der Überprüfung einer lediglich fakultativ zu treffenden Entscheidung zum Tragen
kommen. Wenn der Gesetzgeber - wie vorliegend - den Vertragspartnern die Vereinbarung von Punktwertzuschlägen nicht verbindlich
vorschreibt, sondern es in deren Ermessen stellt, ob sie das Vorliegen von Unterschieden in der Kosten- und Versorgungsstruktur
zum Anlass nehmen, einen Zuschlag zu vereinbaren, dann muss sich dieser Umstand auch bei der Überprüfung der durch das Schiedsamt
erfolgten Festsetzung in einer verringerten Kontrolldichte niederschlagen. Da auch fakultative Vereinbarungen Gegenstand eines
Schiedsspruchs sein können (vgl Düring/Schnapp in Schnapp/Düring, Handbuch des sozialrechtlichen Schiedsverfahrens, 2. Aufl
2016, RdNr 79 mwN), würde anderenfalls aus einer "Kann"-Regelung eine im Gesetz nicht vorgesehene "Muss"-Regelung: Dies wäre
der Fall, wenn Prüfungsmaßstab allein das objektive Vorliegen von Unterschieden in der Kosten- und Versorgungsstruktur wäre.
aa) Rechtsgrundlage der Gewährung eines Zuschlages ist §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V (in der ab 1.1.2012 geltenden Fassung des GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl I 2983). Nach §
87a Abs
2 Satz 1
SGB V haben die KÄV und die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich auf der Grundlage des
Orientierungswerts gemäß §
87 Abs
2e SGB V einen Punktwert zu vereinbaren, der zur Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen im Folgejahr anzuwenden ist. §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V ermächtigt die genannten Vertragspartner, "dabei" - also im Rahmen der Vereinbarung des Punktwerts - einen Zuschlag auf den
oder einen Abschlag von dem Orientierungswert gemäß §
87 Abs
2e SGB V zu vereinbaren, um insbesondere regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur zu berücksichtigen. Nach
Auffassung des Gesetzgebers ist "diese regionale Differenzierung erforderlich, da sich zwischen den Ländern Unterschiede der
für Arztpraxen relevanten Kostenstrukturen (wie z.B. Lohn- und Gehaltsniveau der Praxisangestellten, Mietniveau etc.) ebenso
wie Unterschiede bei der Versorgungsstruktur (z.B. Behandlungsfälle, haus- versus fachärztliche Angebotsstrukturen) feststellen
lassen" (FraktE GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 119 zu § 85a Abs 2
SGB V).
(1) Die Vereinbarung von Zuschlägen nach §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V ist nicht obligatorischer, sondern fakultativer Teil der Vereinbarung nach §
87a Abs
2 SGB V. Die Regelung enthält keine Verpflichtung, sondern eine Ermächtigung an die Vertragspartner, Zuschläge zu vereinbaren: Sie
ist damit primär als Befugniszuweisungsnorm zu werten, welche die Vertragspartner zu einer Abweichung von dem Orientierungswert
berechtigt, der wiederum entsprechend der gesetzlichen Vorgabe (§
87a Abs
2 Satz 1
SGB V) "die Grundlage" der regionalen Punktwert-Vereinbarung bildet. §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V ist - wie schon der Wortlaut "können" nahelegt - zugleich auch als Ermessensnorm zu verstehen, die den Vertragspartnern ein
Handlungsermessen einräumt: Auch bei Vorliegen regionaler Besonderheiten besteht keine Verpflichtung zur Vereinbarung von
Zuschlägen, sondern lediglich eine Verpflichtung, im Rahmen der an eine Ermessensausübung zu stellenden Anforderungen pflichtgemäß
zu entscheiden. Ungeachtet des fakultativen Charakters der Regelung hat nach der Rechtsprechung des Senats (BSGE 110, 258 = SozR 4-2500 § 87a Nr 1, RdNr 27 - zur Vergütung von Leistungen außerhalb der Gesamtvergütungen; BSGE 111, 114 = SozR 4-2500 § 87 Nr 26, RdNr 41 - zur Vereinbarung von Zuschlägen) jede der Vertragsparteien die Möglichkeit, eine entsprechende
Vereinbarung über das Schiedsamt nach §
89 Abs
1 SGB V zu erreichen (aA noch LSG Berlin Urteil vom 15.12.2010 - L 7 KA 62/09 KL - Juris RdNr 58 = KRS 10.089). Dieses hat die Befugnis, auch fakultative Vertragsbestandteile festzusetzen (BSGE 110,
258 = SozR 4-2500 § 87a Nr 1, RdNr 27; BSG Beschluss vom 28.10.2015 - B 6 KA 35/15 B - RdNr 17 - Juris).
(2) Ausdrückliche Vorgaben für die Vereinbarung von Zu- und Abschlägen enthält das Gesetz nicht:
(a) Nach dem bis Ende 2011 geltenden Recht (§
87a Abs
2 Satz 3
SGB V aF) waren bei der Vereinbarung von Zu- und Abschlägen zwingend die Vorgaben des BewA gemäß §
87 Abs
2f SGB V aF anzuwenden (s hierzu BSGE 111, 114 = SozR 4-2500 §
87 Nr 26, RdNr 34, 70 f), um eine bundeseinheitliche Anwendung dieser Regelung sicherzustellen (FraktE GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 129 zu §
87 Abs
2f SGB V). Durch §
87 Abs
2f Satz 1
SGB V aF war dem BewA die Aufgabe übertragen worden, jährlich bis zum 31.8. Indikatoren zur Messung der regionalen Besonderheiten
bei der Kosten- und Versorgungsstruktur nach §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V festzulegen, auf deren Grundlage in den regionalen Punktwertvereinbarungen von den Orientierungswerten abgewichen werden
konnte. Der BewA konnte die zur Festlegung der Indikatoren erforderlichen Datenerhebungen und -auswertungen gemäß Abs 3f Satz
3 durchführen und hatte dabei - soweit möglich - amtliche Indikatoren zugrunde zu legen (§
87 Abs
2f Satz 2
SGB V aF). Als Indikatoren für das Vorliegen von regionalen Besonderheiten bei der Versorgungsstruktur dienten insbesondere Indikatoren,
die Abweichungen der regionalen Fallzahlentwicklung von der bundesdurchschnittlichen Fallzahlentwicklung messen (Satz 3 aaO).
Als Indikatoren für das Vorliegen von regionalen Besonderheiten bei der Kostenstruktur dienten insbesondere Indikatoren, die
Abweichungen der für die Arztpraxen maßgeblichen regionalen Investitions- und Betriebskosten von den entsprechenden bundesdurchschnittlichen
Kosten messen (Satz 4 aaO).
Das Fehlen entsprechender Vorgaben stand allerdings der Vereinbarung von Zu- und Abschlägen nicht entgegen (BSGE 110, 258 = SozR 4-2500 § 87a Nr 1, RdNr 34; BSGE 111, 114 = SozR 4-2500 § 87 Nr 26, RdNr 78): Der BewA sah sich zu entsprechenden Vorgaben erklärtermaßen nicht in der Lage. So hat
der EBewA in Teil C Nr 1 und 2 seines Beschlusses vom 27./28.8.2008 (DÄ 2008 A 1990) festgestellt, dass er keine Indikatoren
zu regionalen Besonderheiten in den Kosten- und Versorgungsstrukturen zwischen den Bezirken der KÄVen definieren könne, die
eine regionale Anpassung der Orientierungswerte aufgrund von Unterschieden in der Versorgungsstruktur rechtfertigen würden
(s hierzu BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 5 RdNr 25). Die bundesgesetzlichen Vorgaben sind mit Wirkung zum 1.1.2012 "zur Stärkung der regionalen Kompetenzen der
Vereinbarungen zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung und den Landesverbänden der Krankenkassen" aufgehoben worden (RegE
GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 61 zu §
87 Abs
2f SGB V aF).
(b) Nach dem hier maßgeblichen, ab 1.1.2012 geltenden Recht beschränken sich die gesetzlichen Vorgaben für die Gewährung eines
Zuschlags darauf, als sachlichen Grund für die Vereinbarung von Zuschlägen (sowie Abschlägen) - insbesondere - die Berücksichtigung
"regionaler Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur" anzuführen.
(aa) Mit den Begriffen "Kosten- und Versorgungsstruktur" macht der Gesetzgeber deutlich, dass es nicht allein auf ein von
anderen KÄV-Bezirken abweichendes Kostenniveau ankommt, sondern auch Besonderheiten in der "Versorgungsstruktur" eine Rolle
spielen. Was unter den Begriffen zu verstehen ist, lässt sich der Gesetzesbegründung entnehmen. Danach meint der Begriff der
für Arztpraxen relevanten "Kostenstrukturen" zB das Lohn- und Gehaltsniveau der Praxisangestellten, das Mietniveau etc, der
Begriff der "Versorgungsstruktur" hingegen zB "Behandlungsfälle, haus- versus fachärztliche Angebotsstrukturen" (FraktE GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 119 zu § 85a Abs 2
SGB V).
Der Begriff "Kostenstruktur" wird damit ohne Weiteres nachvollziehbar. Zu seiner Auslegung können im Übrigen die nach früherem
Recht vorgegebenen Indikatoren herangezogen werden. Gemäß §
87 Abs
2f Satz 4
SGB V aF dienten als Indikatoren für das Vorliegen von regionalen Besonderheiten bei der Kostenstruktur insbesondere solche, die
Abweichungen der für die Arztpraxen maßgeblichen regionalen Investitions- und Betriebskosten von den entsprechenden bundesdurchschnittlichen
Kosten messen.
Für den Begriff "Versorgungsstruktur" gilt dies nicht im gleichen Maße. Gemäß §
87 Abs
2f Satz 3
SGB V aF dienten als Indikatoren für das Vorliegen von regionalen Besonderheiten bei der Versorgungsstruktur insbesondere solche,
die Abweichungen der regionalen Fallzahlentwicklung von der bundesdurchschnittlichen Fallzahlentwicklung messen. Nach der
Gesetzesbegründung waren die Unterschiede bei der Fallzahlentwicklung in den Regionen deshalb relevant, weil die Entwicklung
der Fallzahlen im Zeitablauf gemäß §
87 Abs
2g Nr
3 SGB V eines der Kriterien ist, das bei der jährlichen Anpassung der Orientierungswerte durch den BewA zu berücksichtigen ist (FraktE
GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 129 zu §
87 Abs
2f SGB V aF). Zur Messung einer signifikant abweichenden regionalen Fallzahlentwicklung biete sich zB an, dass der BewA einen Schwellenwert
festlege, ab dessen Überschreitung auf der regionalen Ebene mit einer Punktwertabweichung vom bundesweiten Orientierungsniveau
reagiert werde (FraktE GKV-WSG aaO).
3. Die Entscheidung des Beklagten, einen Zuschlag auf den Orientierungswert festzusetzen, steht - wie das LSG im Ergebnis
richtig gesehen hat - mit Bundesrecht im Einklang. Das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Zuschlag nach §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V durfte der Beklagte annehmen (a). Den Grundsatz der Vorjahresanknüpfung musste er nicht beachten (b), und auch die Vorschriften
über die Beitragssatzstabilität (c) und das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot (d) sind nicht verletzt.
a) Die Entscheidung des Beklagten, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Vereinbarung bzw Festsetzung von Zuschlägen dem
Grunde nach zu bejahen, ist nicht zu beanstanden. Zumindest liegt es auf der Hand, dass sich die Kostenstruktur in einem städtisch
geprägten KÄV-Bezirk deutlich von derjenigen in vorwiegend ländlich geprägten KÄV-Bezirken unterscheiden dürfte. Zweifellos
ist das Miet- wie auch das Lohnniveau deutlich höher, wie sich aus den vom Beklagten herangezogenen statistischen Daten ergibt.
Zutreffend hat der Beklagte im Übrigen gesehen, dass es unter dem ebenfalls in §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V genannten Merkmal der Versorgungsstruktur sachgerecht ist, ebenso die Attraktivität des Standorts H. in den Blick zu nehmen,
die sich auch in der Dichte der Versorgung mit Vertragsärzten ausdrückt: Für alle Fachgebiete sind Zulassungsbeschränkungen
wegen Überversorgung (§
101 SGB V) angeordnet, was zur zwingenden Folge hat, dass unter Sicherstellungsaspekten auf der Grundlage des §
87a Abs
2 Satz 3
SGB V keine pauschalen Zuschläge in Betracht kommen. Die Klägerinnen, die wegen der Attraktivität des Standorts H. auch für Vertragsärzte
generell die Anwendbarkeit der Zuschlagsregelung für falsch halten, berücksichtigen jedoch nicht hinreichend, dass im Gesetz
zwischen den hier maßgeblichen Zuschlägen wegen "regionaler Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur" (Satz
2) und den "darüber hinaus" zulässigen Zuschlägen bei Unterversorgung und für besonders förderungswürdige Leistungen und Leistungserbringer
(Satz 3) zu unterscheiden ist. Ein Versorgungsdefizit ist gerade nicht Voraussetzung für die Anwendung des Satzes 2; insoweit
reicht im Ansatz ein im Vergleich zum Bundesdurchschnitt deutlich höheres Niveau der für die Führung einer vertragsärztlichen
Praxis relevanten Kosten aus. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob zahlreiche H. Vertragsärzte insbesondere im Hinblick
auf eine (mutmaßlich) überdurchschnittlich hohe Zahl von Privatpatienten besonders hohe Erträge aus ihrer ärztlichen Tätigkeit
erzielen können.
Der Senat bezieht in ständiger Rechtsprechung in Streitverfahren, in denen Vertragsärzte die ihnen nach Maßgabe der Regelungen
über die Honorarverteilung zustehende Vergütung als unangemessen niedrig, weil nicht mehr existenzsichernd beanstanden, auch
die Einnahmen aus anderen ärztlichen Tätigkeiten (Unfallheilbehandlung, privatärztliche Behandlungen) in die Gesamtbetrachtung
mit ein (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 61 RdNr 25, 28). Daraus ist indessen nicht abzuleiten, dass es den Partnern der Gesamtverträge verwehrt wäre, das besonders
hohe Kostenniveau in H., das zu reduzierten Erträgen aus vertragsärztlicher Tätigkeit im Vergleich zu anderen Standorten in
Deutschland führen kann, auch dann im Rahmen der Vergütungsgestaltung zu berücksichtigen, wenn von der Existenzgefährdung
hinsichtlich der vertragsärztlichen Tätigkeit tatsächlich - das hat der Beklagte unübersehbar deutlich gemacht - keine Rede
sein kann. Der Senat hat nicht zu beurteilen, ob es zielgenauere Instrumente zur Förderung vertragsärztlicher Leistungen als
die Zuschläge nach §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V gibt; zu denken wäre etwa an Zuschläge zB für Kinderärzte, die ihre Praxen dort führen, wo viele Kinder, aber wenige Privatpatienten
leben. Solange der Gesetzgeber indessen den Vertragspartnern die Vereinbarung auch von pauschalen Zuschlägen auf den Orientierungswert
zur (beschränkten) Kompensation eines im gesamten KÄV-Bezirk überdurchschnittlichen Kostenniveaus ermöglicht, sind die Voraussetzungen
dafür in H. gegeben.
b) Der Grundsatz der sog Vorjahresanknüpfung gilt für die Vereinbarung von Zu- und Abschlägen nach §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V nicht. Der Senat hat in seinem Urteil vom 13.8.2014 (BSGE 116, 280 = SozR 4-2500 § 87a Nr 2, RdNr 43) dargelegt, dass für die Vereinbarung der Gesamtvergütungen ab dem Jahr 2013 generell und
speziell auch für die jahresbezogene Veränderung der Morbiditätsstruktur das Prinzip der Vorjahresanknüpfung gilt, dass also
grundsätzlich an die vorjährige Vereinbarung anzuknüpfen ist. Für die auf §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V beruhende Vereinbarung von Zu- und Abschlägen auf den bzw von dem Orientierungswert sieht das Gesetz dagegen ausdrücklich
keine Anpassung auf der Basis eines Vorjahreswerts vor; das gilt sowohl für die Fassung der Vorschrift in der bis zum 31.12.2011
geltenden Fassung, zu der das Senatsurteil vom 21.3.2012 (BSGE 110, 258 = SozR 4-2500 § 87a Nr 1) ergangen ist, wie für die ab dem 1.1.2012 geltende Fassung, die für das Urteil vom 13.8.2014 und
auch für die jetzige Entscheidung maßgeblich ist. Daran ist festzuhalten.
aa) Die Regelung über die Zu- und Abschläge auf den bzw von dem Orientierungswert passt systematisch nicht zu dem Grundsatz
der Vorjahresanknüpfung, weil sie gerade Entwicklungen im Bereich der Kosten der Praxisführung Rechnung tragen will und soll,
die sich über die letzten Jahre entwickelt haben. In der Gesetzesbegründung ist dazu ausgeführt, "zwischen den Ländern (ließen)
sich Unterschiede der für die Arztpraxen relevanten Kostenstrukturen ... feststellen" (FraktE GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 119 zu § 85a Abs 2
SGB V). Wenn beabsichtigt gewesen wäre, dem nur insoweit Rechnung zu tragen, als dies Entwicklung sich künftig verstärkt, hätte
dies im Gesetz oder zumindest in der Begründung des Gesetzentwurfs angedeutet werden müssen. Schon der pauschale Hinweis auf
die "feststellbaren Unterschiede" in der Gesetzesbegründung wäre dann irreführend gewesen, weil er - ohne Belege, weil offenbar
auf Evidenz basierend - auf die offensichtlichen Unterschiede im Mietniveau zB zwischen H. und M. Bezug nimmt. Im Sinne der
Auffassung der Klägerinnen hätte aber allein auf die aktuellen Steigerungswerte Bezug genommen werden müssen: Ob die Mieten
für Arztpraxen in H. im Jahr 2012 doppelt so hoch waren wie in M., wäre gleichgültig gewesen, weil allein maßgeblich hätte
sein müssen, ob die Steigerung von 2011 auf 2012 in H. höher als dort gewesen wäre. Damit käme die Regelung über Zuschläge
im Hinblick auf besondere Kostenstrukturen nur für Bezirke zur Anwendung, in denen in den allerletzten Jahren beim Mietniveau
besondere Anstiege zu verzeichnen sind. Es liegt sehr fern, dass der Gesetzgeber den Anwendungsbereich der aus der Perspektive
der gewollten Regionalisierung der Vergütungsvereinbarungen durch das GKV-VStG sehr wichtigen Zu- und Abschlagsregelung so stark verengen wollte. Deshalb dürfen die Vertragspartner bei Anwendung des §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V auch über die Jahre gewachsene Differenzen etwa hinsichtlich der für vertragsärztliche Praxen wichtigen Kostenfaktoren (zB
Gehälter, Mieten, IT-Dienstleistungen) zwischen ihrem Bezirk und dem gesamten Bundesgebiet berücksichtigen. Entsprechend gilt
für das Schiedsamt, dass es sich dieser Option bewusst sein und für erforderlich gehaltenen Vortrag der Beteiligten oder eigene
Maßnahmen der Sachaufklärung daran ausrichten muss. Daran hat sich der Beklagte hier gehalten.
bb) Nicht zu folgen vermag der Senat schließlich der Auffassung der Klägerinnen, dass selbst dann, wenn generell die Zuschläge
nach §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V von dem Grundsatz der Vorjahresanknüpfung freigestellt sein sollten, eine Berücksichtigung der Kostenentwicklung aus der
Zeit vor dem Jahr 2012 infolge der Regelung des §
87d SGB V ausgeschlossen sei. §
87d SGB V regelt allein die Anpassung der Vergütungen im letzten Jahr vor der durch das GKV-VStG vom 22.12.2011 mit Wirkung zum 1.1.2013 umgesetzten Neuausrichtung der Anpassung der vertragsärztlichen Vergütungen. Anstelle
aller für die Zeit ab dem Jahr 2013 vorgesehenen Vereinbarungen zur Anpassung des Orientierungswerts auf Bundesebene sowie
zu eventuellen Zuschlägen und zum Behandlungsbedarf auf der Ebene der Gesamtvertragspartner hat der Gesetzgeber selbst eine
Erhöhung des Behandlungsbedarfs bezogen auf das für 2011 ermittelte Ergebnis um 1,25 % vorgegeben. An diesen Behandlungsbedarf,
der als "vereinbart" fingiert wird, hatten die Gesamtvertragspartner bei den Vereinbarungen für 2013 anzuknüpfen (BSGE 116,
280 = SozR 4-2500 § 87a Nr 2). Für die Frage, auf welchen Zeitpunkt bei der Anwendung der Zuschlagsregelung des §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V abzustellen ist, ist §
87d SGB V nichts zu entnehmen. Die Regelung gibt lediglich vor, dass Zuschläge für das Jahr 2012 - im Sinne eines Moratoriums - nicht
vereinbart werden durften. Im Übrigen beachten die Klägerinnen nicht hinreichend, dass §
87a wie §
87d SGB V Bestandteil des GKV-VStG sind und §
87d SGB V lediglich übergangsrechtlichen Charakter hat. Aus dem nach Wortlaut und Systematik nur auf das Übergangsjahr 2012 bezogenen
Ausschluss von Zu- oder Abschlagsvereinbarungen auf eine gravierende Einschränkung der Partner der Gesamtverträge bei Nutzung
dieses Instruments zur Regionalisierung der Vergütungsvereinbarungen in dem Sinne zu schließen, dass mit dem Ende des Jahres
2011 die Differenzen ua in den Kostenstrukturen in den Ländern gleichsam auf Null gestellt werden und nur noch ab 2012 eintretenden
Veränderungen Rechnung getragen werden dürfe, ist nicht gerechtfertigt.
cc) Die Nichtanwendbarkeit des Grundsatzes der Vorjahresanknüpfung für die Zuschläge nach §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V hat allerdings zur Folge, dass solche für ein Jahr vereinbarten Zuschläge in Folgezeiträumen nicht automatisch zu berücksichtigen
sind. Wegen der sehr offenen Kriterien "Kosten- und Versorgungsstrukturen" ist es nicht gerechtfertigt, die für einen bestimmten
Zeitraum vereinbarten Zuschläge mit der Folge sockelwirksam werden zu lassen, dass sie auch dann noch das Vergütungsniveau
(mit)prägen, wenn ihre Grundlagen - zB Abweichungen bei den Mietkosten - entfallen sind. Die vom Grundsatz der Vorjahresanknüpfung
und - wie noch zu zeigen ist (c) - begrenzt auch von der verpflichtenden Berücksichtigung der Beitragssatzstabilität abgelöste
Zuschlagsoption ermöglicht den Vertragspartnern eine zielgenaue Ausrichtung der Vergütung auf ihren Bezirk. Die insoweit maßgeblichen
Umstände können sich zeitnah ändern, deshalb muss stets neu verhandelt werden, ob die Fortschreibung der Zuschläge generell
oder jedenfalls in der für ein bestimmtes Jahr vereinbarten Höhe gerechtfertigt ist. Dem widerspräche es, wenn aus einer Momentaufnahme
zu den nach §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V maßgeblichen Kriterien ein dauerhaft fortzuschreibender "Besitzstand" würde. Das ergibt sich mittelbar auch aus der Regelung
des §
87a Abs
4a SGB V, der durch das GKV-VSG 2015 eingefügt worden ist. In Reaktion (auch) auf das Senatsurteil vom 13.8.2014 (BSGE 116, 280 = SozR 4-2500 § 87a Nr 2) wird eine "einmalige basiswirksame Erhöhung" des Aufsatzwertes zugelassen, um historisch gewachsenen
Unterschieden der Höhe der Gesamtvergütung je Versichertem Rechnung zu tragen und damit tendenziell dauerhaft zu reduzieren.
Genau gegensätzlich wirkt das Zuschlagssystem des §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V: Es kann nicht nur einmalig, sondern jährlich neu genutzt werden, aber es wirkt nicht basiswirksam, weil damit nicht dauerhaft
Unterschiede zwischen den KÄV-Bezirken zementiert werden sollen, sondern stets uU auch einem kurzfristig wandelbaren Umstand
Rechnung getragen werden soll.
c) Die Entscheidung des Beklagten verletzt schließlich den Grundsatz der Beitragssatzstabilität nicht. Nach §
71 Abs
1 Satz 1
SGB V haben die Vertragspartner die Vereinbarungen über die Vergütungen nach diesem Buch so zu gestalten, dass Beitragserhöhungen
ausgeschlossen werden, es sei denn, die notwendige medizinische Versorgung ist auch nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven
nicht zu gewährleisten (Grundsatz der Beitragssatzstabilität).
Um den Vorgaben nach §
71 Abs
1 Satz 1 Halbsatz 1
SGB V zu entsprechen, darf gemäß §
71 Abs
2 Satz 1
SGB V die vereinbarte Veränderung der jeweiligen Vergütung die sich bei Anwendung der Veränderungsrate für das gesamte Bundesgebiet
nach §
71 Abs
3 SGB V ergebende Veränderung der Vergütung nicht überschreiten. Abweichend von §
71 Abs
2 Satz 1
SGB V ist eine Überschreitung zulässig, wenn die damit verbundenen Mehrausgaben durch vertraglich abgesicherte oder bereits erfolgte
Einsparungen in anderen Leistungsbereichen ausgeglichen werden. Dieser Grundsatz gilt auch in der vertragsärztlichen Versorgung
generell (aa) und speziell auch für die Festlegung des Orientierungswerts (bb). Eine Ausnahme vom Grundsatz der Beitragssatzstabilität
enthält §
87a Abs
3 Satz 2
SGB V, die hier aber nicht einschlägig ist (cc), ebenso wenig wie Sonderregelungen für die vertragsärztliche Vergütung (dd). Eine
hier anwendbare Ausnahme ergibt sich allerdings aus dem gesetzlich implementierten System von Zu- und Abschlägen in §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V (ee).
aa) Der Grundsatz der Beitragssatzstabilität ist auch in der vertragsärztlichen Versorgung zu beachten.
Bei dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität handelt es sich um eine verbindliche gesetzliche Vorgabe, die auch bei Schiedssprüchen
zu beachten ist und die eine Grenze für Vergütungsvereinbarungen darstellt (stRspr des BSG, vgl BSGE 86, 126, 135 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 296 f; BSG SozR 4-2500 § 88 Nr 1 RdNr 15 mwN; BSGE 118, 164 = SozR 4-2500 § 73b Nr 1, RdNr 70; BSGE 119, 43 = SozR 4-2500 § 120 Nr 4, RdNr 30; ebenso BSG Urteil vom 23.6.2016 - B 3 KR 26/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE 121, 243 = SozR 4-2500 § 132a Nr 10, RdNr 36 vorgesehen). Der Gesetzgeber hat ungeachtet der gesetzlichen Festsetzung des Beitragssatzes
in §
241 SGB V an dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität festgehalten (BSGE 119, 43 = SozR 4-2500 § 120 Nr 4, RdNr 30). Auch die in jüngerer Zeit erfolgten Gesetzesänderungen - insbesondere die durch das GKV-VStG vorgenommenen Änderungen in den für die vertragsärztliche Vergütung maßgeblichen Vorschriften - haben lediglich in Teilbereichen
zu einer Modifizierung des Grundsatzes geführt, ohne dessen grundsätzliche Geltung in Frage zu stellen.
Der Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität steht nicht entgegen, dass §
87a SGB V - anders als §
85 Abs
3 Satz 2
SGB V - die Berücksichtigung oder Beachtung des Grundsatzes nicht explizit vorschreibt. Vielmehr gilt - umgekehrt - der Grundsatz
der Beitragssatzstabilität nach ständiger Rechtsprechung des Senats, sofern er nicht explizit durch das Gesetz ausgeschlossen
oder relativiert worden ist. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität allgemein
für die im Vierten Kapitel des
SGB V geregelten Vergütungsvereinbarungen gilt, ohne dass es einer auf die jeweilige Vergütungsvereinbarung bezogenen speziellen
Regelung bedarf; dies hat der Senat insbesondere aus dem Standort des §
71 SGB V im Abschnitt "Allgemeine Grundsätze" des Vierten Kapitels abgeleitet (BSGE 118, 164 = SozR 4-2500 § 73b Nr 1, RdNr 70; BSGE 119, 43 = SozR 4-2500 § 120 Nr 4, RdNr 30 - jeweils unter Bezugnahme auf BSG SozR 4-2500 § 88 Nr 1 RdNr 17; ebenso BSG Urteil vom 23.6.2016 - B 3 KR 26/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE 121, 243 = SozR 4-2500 § 132a Nr 10, RdNr
36 vorgesehen). Auch nach dem Wortlaut des §
71 Abs
1 Satz 1
SGB V gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilität für (alle) "Vereinbarungen über die Vergütungen nach diesem Buch". Es steht
außer Frage, dass die Vereinbarung der Gesamtvergütung nach §
87a Abs
3 SGB V unter den Oberbegriff "Vergütungen" fällt.
bb) Auch für die dem BewA obliegende Festsetzung des Orientierungswerts nach §
87 Abs
2e SGB V gilt dieser Grundsatz. §
87 Abs
2g SGB V bestimmt, welche Faktoren bei der Anpassung des Orientierungswerts zu berücksichtigen sind. Dies sind insbesondere die Entwicklung
der für die Arztpraxen relevanten Investitions- und Betriebskosten (Nr 1), die Möglichkeiten zur Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven
(Nr 2) sowie die allgemeine Kostendegression bei Fallzahlsteigerungen (Nr 3). Somit bestimmt sich die Höhe des Orientierungs(punkt)werts
- also die Preiskomponente - maßgeblich nach dem für die Erbringung der vertragsärztlichen Leistungen erforderlichen Aufwand,
wie ja auch die Zuschläge nach §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V wesentlich die regionale Kostenstruktur im Fokus haben. Zwar könnte auf den ersten Blick gegen eine Geltung des Grundsatzes
der Wortlaut des §
71 Abs
1 Satz 1
SGB V sprechen, der sich zum einen auf "Vereinbarungen" über die Vergütungen nach diesem Buch bezieht, und zum anderen als Adressaten
des Gebots die "Vertragspartner auf Seiten der Krankenkassen und der Leistungserbringer" benennt. Dass eine zu enge Orientierung
am Wortlaut der Norm nicht der Rechtswirklichkeit entspricht, verdeutlicht jedoch bereits der Umstand, dass auch das Schiedsamt
nach §
89 SGB V weder zu den in §
71 Abs
1 SGB V genannten Adressaten gehört noch Vergütungen "vereinbart", sondern diese "festsetzt".
Eine ähnliche Situation besteht in Bezug auf den Orientierungswert. Hier ist zum einen zu berücksichtigen, dass der BewA bei
der Bestimmung des Orientierungswerts (im Ergebnis nicht anders als im Falle des §
89 SGB V das Schiedsamt) an die Stelle der regionalen Vertragspartner getreten ist, denen vor der mit Wirkung ab 2009 erfolgten Gesetzesänderung
auch die Bestimmung der Preiskomponente oblag, wie das im vertragszahnärztlichen Bereich auch weiterhin der Fall ist. Die
einzige (inhaltliche) Abweichung besteht darin, dass bei der "traditionellen" Gesamtvergütungsvereinbarung der Punktwert nicht
zwingend explizit vereinbart wird, sondern sich erst als Rechenergebnis aus der Teilung der Gesamtvergütung durch die Leistungsmenge
ergeben kann.
Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass es sich beim BewA nach ständiger Rechtsprechung des Senats ohnehin um ein "Vertragsorgan"
der Partner der Bundesmantelverträge handelt (vgl zB BSGE 73, 131, 133 = SozR 3-2500 § 85 Nr 4 S 20; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 65; BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 21), sodass letztlich auch die Bestimmung des Orientierungswerts durch den BewA als eine Vergütungsvereinbarung
zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern anzusehen ist. Wird der Orientierungswert durch den EBewA festgesetzt, ändert
sich hieran nichts, weil dem EBewA die Funktion einer Schiedsstelle zukommt, die an Stelle der Vertragspartner handelt (nach
stRspr des BSG handelt es sich beim Verfahren vor dem EBewA um "ein in den Normsetzungsvorgang inkorporiertes Schiedsverfahren", s BSGE
90, 61, 62 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 35 S 202; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 66; s dazu auch Altmiks in Schnapp/Düring, Handbuch des sozialrechtlichen Schiedsverfahrens,
2. Aufl 2016, Kapitel D RdNr 390). Zutreffend ist der (E)BewA in seinem Beschluss zur Festlegung des Orientierungswerts 2013
(sowie in den entscheidungserheblichen Gründen hierzu) davon ausgegangen, dass die aufgrund der Regelungen in §
87d Abs
1 SGB V in den Jahren 2011 und 2012 unterbliebenen Vergütungsanpassungen nicht nachzuholen waren, also die Veränderungsrate aus den
Anpassungsfaktoren für den Zeitraum von 2012 nach 2013 bestimmt werden muss. Damit hat er sich - ohne dies explizit auszuführen
- auf den Grundsatz der Vorjahresanknüpfung bezogen.
cc) Die Bindung der Vertragspartner an die Beitragssatzstabilität gilt allerdings nur, soweit keine Ausnahme eingreift (BSGE
118, 164 = SozR 4-2500 § 73b Nr 1, RdNr
71). Eine derartige Ausnahme stellt §
87a Abs
3 Satz 2 Halbsatz 2
SGB V dar; die Regelung greift hier aber nicht ein.
Nach §
87a Abs
3 Satz 2 Halbsatz 2
SGB V "gilt" der vereinbarte Behandlungsbedarf als notwendige medizinische Versorgung gemäß §
71 Abs
1 Satz 1
SGB V. Dort wiederum wird bestimmt, dass - als Ausnahme vom dort normierten Grundsatz des Ausschlusses von Beitragssatzerhöhungen
als Folge von Vergütungsvereinbarungen - die daraus resultierende strikte Bindung an die Grundlohnsummensteigerung dann nicht
zu beachten ist, sofern anderenfalls die notwendige medizinische Versorgung (auch nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven)
nicht gewährleistet ist. Indem der vereinbarte Behandlungsbedarf als eben diese "notwendige Versorgung" "gilt", ergibt sich
auf diesem Umweg das (gewollte) Ergebnis, dass Beitragssatzerhöhungen, die durch einen erhöhten Behandlungsbedarf verursacht
werden, nicht durch §
71 SGB V ausgeschlossen bzw "gedeckelt" werden. Unzutreffend ist jedoch die Annahme des LSG und der Beigeladenen, dass die in §
87a Abs
3 Satz 2 Halbsatz 2
SGB V gesetzlich bestimmte Ausnahme nicht nur die "Mengenkomponente", sondern auch die "Preiskomponente" erfassen soll. Die Ausnahme
betrifft schon nach ihrem Wortlaut allein den "vereinbarten Behandlungsbedarf". Der "vereinbarte Behandlungsbedarf" ist jedoch
nur einer der Parameter, welche die Höhe der zu zahlenden Gesamtvergütung (bzw deren Änderung) bestimmen: Gemäß §
87a Abs
3 Satz 2 Halbsatz 1
SGB V vereinbaren die Vertragspartner "hierzu" - also zu der im vorangehenden Satz angesprochenen Vereinbarung der Gesamtvergütung
- den mit der Zahl und der Morbiditätsstruktur der Versicherten verbundenen Behandlungsbedarf als Punktzahlvolumen auf der
Grundlage des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) und bewerten diesen mit dem nach Abs 2 Satz
1 aaO vereinbarten Punktwert in Euro.
Nach dem klaren Wortlaut der Norm wie auch nach der systematischen Struktur der Vorschrift stellen die Vereinbarung des Behandlungsbedarfs
und die Vereinbarung des Punktwerts getrennte Vorgänge dar. Die Ausnahmeregelung betrifft danach allein die Vereinbarung des
Behandlungsbedarfs, nicht aber die in Abs 2 aaO geregelte Vereinbarung des Punktwerts. Dies wird schon daraus deutlich, dass
auch §
87a Abs
3 Satz 2 Halbsatz 1
SGB V deutlich zwischen dem Akt der Vereinbarung des Behandlungsbedarfs als Punktzahlvolumen (Schritt 1) und dem nachfolgenden
Akt der Bewertung dieses Punktzahlvolumens mit dem nach Abs 2 aaO vereinbarten Punktwert (Schritt 2) unterscheidet ("und bewerten
diesen ...").
Nicht tragfähig ist schließlich die Annahme, dass die Wendung "vereinbarter Behandlungsbedarf" iS des §
87a Abs
3 Satz 2 Halbsatz 2
SGB V in dem Sinne zu verstehen sei, dass damit das Produkt aus dem Punktzahlvolumen und dem Punktwert gemeint sei. Der "vereinbarte
Behandlungsbedarf" im Sinne der Ausnahmevorschrift meint schon seiner systematischen Stellung nach den nach dem vorangegangenen
Halbsatz vereinbarten Behandlungsbedarf. Die von der Beigeladenen nahegelegte Differenzierung zwischen einem "verbundenen"
Behandlungsbedarf nach §
87a Abs
3 Satz 2 Halbsatz 1
SGB V und einem "vereinbarten" Behandlungsbedarf nach §
87a Abs
3 Satz 2 Halbsatz 2
SGB V geht fehl. Die Wendung "verbunden" bezieht sich allein auf die Zahl und die Morbiditätsstruktur, beschreibt den Behandlungsbedarf
also inhaltlich, schafft aber kein aliud in Bezug auf den rechtlichen Inhalt des Begriffes "Behandlungsbedarf".
Der Begriff "Behandlungsbedarf", der nicht allein in den beiden genannten Halbsätzen, sondern auch im nachfolgenden Satz 3
Verwendung findet sowie in weiteren Vorschriften, wie etwa in §
87a Abs
4 Satz 1 und
2 SGB V ua, meint in allen Konstellationen dasselbe; es gibt nur "den" Behandlungsbedarf, nicht "verbundene", "vereinbarte" und noch
weitere, nicht näher spezifizierte Varianten des Behandlungsbedarfs: Wenn es in §
87a Abs
3 Satz 3
SGB V heißt, dass die "im Rahmen des Behandlungsbedarfs erbrachten Leistungen" mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu vergüten
sind, stellte sich anderenfalls die Frage, ob dies den "verbundenen", den "vereinbarten" oder noch einen anderen Behandlungsbedarf
meint. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen des Senats im Urteil vom 25.3.2015 (B 6 KA 9/14 R - BSGE 118, 164 = SozR 4-2500 § 73b Nr 1, RdNr 71). Dort hatte der Senat bei der Darstellung von Ausnahmen und Einschränkungen des Grundsatzes
der Beitragssatzstabilität ausgeführt: "So gilt nach §
87a Abs
3 Satz 2 letzter Halbsatz
SGB V in der Fassung des GKV-WSG der vereinbarte Behandlungsbedarf als 'notwendige medizinische Versorgung' im Sinne des §
71 Abs
1 Satz 1
SGB V mit der Folge, dass die Beschränkungen aus dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität für Gesamtvergütungen in der vertragsärztlichen
Versorgung seit 2009 insoweit nicht eingreifen (vgl BSG SozR 4-2500 § 87a Nr 2 RdNr 41)." Wie schon das Wort "insoweit" verdeutlicht, ist die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität nur
in dem Umfang suspendiert, in dem die Ausnahmeregelung Geltung beansprucht. Dies belegt auch das in dem zitierten Abschnitt
in Bezug genommene Urteil des Senats vom 13.8.2014 (BSGE 116, 280 = SozR 4-2500 § 87a Nr 2, RdNr 41): Dort wird im Rahmen der Ausführungen zur Geltung des Prinzips der Vorjahresanknüpfung
dargelegt, dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität "seit den Änderungen im vertragsärztlichen Vergütungssystem durch
das GKV-WSG für die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen nur noch sehr eingeschränkt (gilt), weil der vereinbarte Behandlungsbedarf
gemäß §
87a Abs
3 Satz 2
SGB V als notwendige medizinische Versorgung im Sinne dieser Vorschrift gilt. Damit kann einer der Veränderung der Morbiditätsstruktur
der Versicherten entsprechenden Anpassung des Behandlungsbedarfs nicht entgegengehalten werden, dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität
verletzt würde."
dd) Ein (jedenfalls mittelbarer) Geltungsausschluss ergibt sich - entgegen der Auffassung des LSG - auch nicht aus Regelungen
im vertragszahnärztlichen Bereich. Soweit das LSG aus einem Vergleich mit §
85 Abs
3 Satz 2
SGB V eine vom Gesetzgeber gewollte generelle "Lockerung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität" entnehmen will, ist zwar im
Ansatz zutreffend, dass der Gesetzgeber eine solche "Lockerung" beabsichtigt und diese Absicht mit der Regelung in §
87a Abs
3 Satz 2 Halbsatz 2
SGB V auch umgesetzt hat. Nicht zutreffend ist allerdings, dass diese Absicht auch die vom LSG gezogenen Folgerungen für die Auslegung
der Ausnahmeregelung haben muss. Die - seit 2009 ausschließlich für den vertragszahnärztlichen Bereich geltende - Regelung
des §
85 Abs
3 Satz 2
SGB V gibt den Vertragspartnern nicht mehr die "Beachtung", sondern nur noch die "Berücksichtigung" des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität
vor. Dies hat zur Folge, dass dem Grundsatz bei der Vereinbarung von Änderungen der Gesamtvergütung nicht mehr der Vorrang
gebührt, sondern der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nur noch eines der bei der Vereinbarung zu berücksichtigenden Kriterien
darstellt (s hierzu Axer, GesR 2013, 135). Dadurch, dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nunmehr gleichberechtigt
neben den anderen Kriterien steht, wird die strikte gesetzliche Ausgabenbegrenzung beseitigt. Der Gesetzgeber wollte hierdurch
den Vertragspartnern größere Verhandlungsspielräume eröffnen und Veränderungen der Gesamtvergütungen ermöglichen, die den
morbiditätsbedingten Leistungsbedarf der Versicherten einer Krankenkasse widerspiegeln (Gesetzesbegründung zum GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 59 zu §
85 SGB V). Auch hier steht also der "Leistungsbedarf" im Fokus.
Folgerungen für den Umfang der Geltung des Grundsatzes im vertragsärztlichen Bereich können hieraus jedoch nicht gezogen werden.
Fehl geht die Annahme des LSG, dass dem Umstand, dass das Gebot einer Beachtung bzw Berücksichtigung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität
in §
87a SGB V gar nicht mehr "auftauche", Relevanz zukommt. Wie bereits dargestellt, gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilität grundsätzlich
für alle im Vierten Kapitel des
SGB V geregelten Vergütungen, auch wenn er in der jeweiligen Vorschrift keine ausdrückliche Erwähnung findet. Dass er in §
85 Abs
3 Satz 2
SGB V weiterhin ausdrücklich genannt wird, beruht darauf, dass so stärker verdeutlicht wird, dass er im Gegensatz zum vorhergehenden
Recht nur noch - neben den in §
85 Abs
3 Satz 1
SGB V aufgeführten Kriterien - einer der Faktoren ist, welche die Höhe der Veränderung der Gesamtvergütung mitbestimmen.
ee) Eine begrenzte Verdrängung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für die Zuschläge auf den Orientierungswert nach
§
87a Abs
2 Satz 2
SGB V - nicht für die Festsetzung dieses Werts selbst (s oben bb) - ergibt sich jedoch aus dem in dieser Vorschrift vorgegebenen
System von Zu- und Abschlägen selbst. Die Festlegung des Punktwerts erfolgt nach dem 1.1.2013 in zwei Schritten. Zunächst
sind auf Bundesebene nach §
87 Abs
2g SGB V für alle KÄV-Bezirke einheitlich ua Veränderungen der Investitions- und Betriebskosten der Praxen zu berücksichtigen. Der
BewA ist dabei an den Grundsatz der Beitragssatzstabilität gebunden. Die Veränderungsrate, die der BewA jährlich festzusetzen
hat, wird wegen der zentralen Bedeutung der Lohnkosten auch bei den Betriebskosten typischerweise nicht sehr weit hinter der
Veränderungsrate des §
71 Abs
3 SGB V zurückbleiben können. Bei dieser Rate ist die Entwicklung der beitragspflichtigen Entgelte der Versicherten maßgeblich, also
Veränderungen bei der Anzahl der Beschäftigten und deren Verdiensten. Wegen der notwendig relativ groben bundeseinheitlichen
Veränderungsrate des Orientierungswerts hat sich der Gesetzgeber für eine Feinsteuerung durch Zu- und Abschläge auf regionaler
Ebene entschieden. Wenn Maßstab für dieses System aus Zu- und Abschlägen die bundesdurchschnittlichen Werte sind, bewirken
allein Zuschläge in einem KÄV-Bezirk nicht, dass bundesweit die Punktwerte über den Orientierungswert ansteigen, weil es in
anderen KÄV-Bezirken auch Anlass für Abschläge geben muss. Obwohl dem Senat die Schwierigkeiten der Umsetzung von Abschlägen
in einzelnen KÄV-Bezirken bewusst sind, können die Zweifel an der vollständigen und lückenlosen Umsetzbarkeit der gesetzlichen
Konzeption nicht dazu führen, dass auch Zuschläge, die allen Parametern des §
87a Abs
2 Satz 2 iVm §
87 Abs
2g SGB V entsprechen, allein deshalb ausgeschlossen sind, soweit sie - zusammen mit anderen Veränderungen, die der Beklagte hier vorgenommen
hat - zu einer Erhöhung der Vergütung über den Anstieg nach §
71 Abs
3 SGB V hinausgehen.
Der Gesetzgeber hat mit dem GKV-VStG 2012 eine stärkere Regionalisierung der vertragsärztlichen Vergütungen angestrebt. Im zahnärztlichen Bereich hat er im Sinne
dieser Intention die "Beachtung" der Beitragssatzstabilität zugunsten einer bloßen "Berücksichtigung" relativiert (s oben
dd), im ärztlichen Bereich das Morbiditätsrisiko auf die Krankenkassen verlagert und hinsichtlich der Preiskomponente die
regionalen Vertragspartner in die Verantwortung genommen. Diese Rolle können sie nur effektiv wahrnehmen, wenn mit schlüssiger
und gesetzeskonformer Begründung für Zuschläge auch die Grenze des §
71 Abs
3 SGB V behutsam überschritten werden darf. Es ist Sache des Gesetzgebers zu bewerten, ob an diesem System festgehalten werden soll,
wenn sich ergibt, dass die Kompensation der Zuschläge in einigen KÄV-Bezirken durch Abschläge in anderen Bezirken nicht realisiert
werden kann.
d) Der Schiedsspruch ist auch mit §
87a Abs
2 Satz 2 iVm §
72 Abs
2 SGB V vereinbar. Es bedarf hier keiner näheren Ausführungen zu der von den Klägerinnen aufgeworfenen Frage, ob ein Schiedsspruch
wegen Unvereinbarkeit mit dem für die gesamte vertragsärztliche Versorgung geltenden Wirtschaftlichkeitsgebot kollidieren
kann. Ersichtlich sind die Klägerinnen der Ansicht, dass die - aus ihrer Sicht ohnehin rechtswidrige - Entscheidung des Beklagten
auch mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot unvereinbar ist, weil der Beklagte nicht hinreichend gewürdigt habe, dass H. trotz hoher
Kosten auch für Vertragsärzte attraktiv sei. Das trifft schon nicht zu, weil der Beklagte diesen Aspekt in seiner Entscheidung
ausdrücklich angesprochen und ihm sogar entscheidungserhebliche Bedeutung zugemessen hat: Gerade wegen der Attraktivität von
H. hat der Beklagte die Kostendifferenz zwischen diesem Land und dem Bundesgebiet nur zu einem kleinen Teil ausgeglichen.
Im Übrigen hat der Senat erhebliche Zweifel, ob ein Schiedsspruch, der mit allen konkret zu beachtenden speziellen gesetzlichen
Vorgaben einschließlich des §
71 SGB V vereinbar ist, gleichwohl allein wegen eines Verstoßes gegen das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot aufzuheben sein kann.
Der Senat hat im Zusammenhang mit der Wirtschaftlichkeitsprüfung entschieden, dass es nur in besonderen Konstellationen möglich
ist, unmittelbar aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot konkrete, einen Regress auslösende Vorgaben für die ärztliche Behandlung
abzuleiten (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 51 RdNr 44, § 106 Nr 54 RdNr 45). Das gilt sinngemäß auch für Vorgaben für Vergütungsverträge, für die zahlreiche spezielle gesetzliche Maßgaben
gelten, die - wie etwa die Grundsätze der Beitragssatzstabilität und der Vorjahresanknüpfung - immer auch dem Ziel der Wirtschaftlichkeit
der vertragsärztlichen Versorgung dienen. Wann bei der gerichtlichen Überprüfung von Vergütungsverträgen dem Wirtschaftlichkeitsgebot
eigenständige Bedeutung zukommen kann, bedarf hier keiner Entscheidung. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, weil sich der
Beklagte im Rahmen seiner Befugnisse nach §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V bewegt und sich bemüht hat, alle maßgeblichen Gesichtspunkte für und gegen die Zuschläge zu einem angemessenen Ausgleich
zu bringen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§
154 ff
VwGO. Danach haben die Klägerinnen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen, da sie unterlegen sind (§
154 Abs
1 VwGO). Der Senat spricht in entsprechender Anwendung des §
100 Abs
4 Satz 1
ZPO eine gesamtschuldnerische Verpflichtung der Klägerinnen aus; die auf die einzelne Krankenkasse entfallenden Anteile sind
nicht bekannt, und der Umstand, dass alle Klägerinnen durch dieselben Bevollmächtigten vertreten sind, spricht dafür, dass
auf der Klägerseite ohnehin eine interne Kostenregelung getroffen wird.