Zulässigkeit der Wiederaufnahmeklage im sozialgerichtlichen Verfahren; Schlüssige Behauptung eines Nichtigkeits- bzw. Anfechtungsgrundes
Tatbestand
Streitig ist die Fortsetzung des Verfahrens L 7 AS 400/13, bei dem es ursprünglich um höhere Leistungen für den Kläger für unterschiedliche Zeiträume ging.
Mit Schreiben vom 15.06.2013, eingegangen beim Bayer. Landessozialgericht am 25. Juni 2013, hatte der Kläger persönlich Berufung
gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 27. Mai 2013 eingelegt, mit dem seine Klage auf höhere Leistungen nach dem
SGB II abgewiesen worden war. In seinem Schreiben im Berufungsverfahren verwies der Kläger immer wieder auf seinen Vertreter Rechtsanwalt
H. K., dem auch die Schriftstücke zugestellt wurden. Zum Erörterungstermin am 02.06.2014, zu dem das persönliche Erscheinen
des Klägers angeordnet war, erschien der Kläger nicht.
Nach Erhalt der Ladung für die mündliche Verhandlung am 03.07.2014, bei dem wiederum das persönliche Erscheinen des Klägers
angeordnet war, teilte der Kläger dem Senat auf unterschiedlichen Wegen - mit Schreiben an das Gericht sowie Anrufen in der
Geschäftsstelle des Senats, worüber Telefonvermerke angefertigt wurden - mit, dass er zum Termin nicht erscheinen werde, sofern
er nicht mit einem Taxi vor seiner Haustür abgeholt werde. Dem Kläger wurde wiederholt mitgeteilt, dass ein Taxi nicht zur
Verfügung gestellt werden könne. Einen Vertagungsantrag stellte der Kläger nicht. Zum Termin am 03.07.2014 erschien der Kläger
nicht.
Daraufhin erging im Termin vom 03.07.2014 das Urteil mit dem Az.: L 7 AS 400/13, mit dem die Berufung des Klägers zurückgewiesen wurde. Das Urteil wurde dem Bevollmächtigen des Klägers am 28. Juli 2014
zugestellt, der es dem Kläger übermittelt hat.
Mit Schreiben vom 05.02.2015 hat der Kläger "Antrag auf Einsetzung des Verfahrens auf den vorigen Stand und Wiederaufnahme
des Verfahrens" gestellt. Sein bevollmächtigter Rechtsanwalt K. habe ohne sein Wissen und ohne Absprache mit ihm und ohne
Nachricht an ihn dem Gericht mitgeteilt, dass er den Termin zur Hauptverhandlung nicht wahrnehmen werde, so dass niemand dagewesen
sei im Termin, der seine Interessen habe wahrnehmen können. Er habe sich auch nicht selber vertreten können, weil er vom Verhandlungstermin
nichts gewusst habe. Sein Rechtsanwalt sei überfordert und schwer krank gewesen und mittlerweile verstorben. Auch habe er
sich damals nicht selber vertreten können, weil er verhandlungsunfähig gewesen sei. Sein Wohnrecht sei zur damaligen Zeit
nicht realisierbar gewesen. Deshalb stelle er Antrag auf Einsetzung in den vorherigen Stand der Dinge, damit nach dem
Grundgesetz seine Rechte und Pflichten wahrgenommen werden könnten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Verfahren L 7 AS 400/13 fortzusetzen,
hilfsweise
das Verfahren wieder aufzunehmen und das Urteil des Sozialgerichts München vom 7. Februar 2013, Az.: S 11 AS 23/13, aufzuheben und ihm höhere Leistungen für verschiedene Zeiträume zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt festzustellen,
dass das Verfahren L 7 AS 400/13 durch Urteil des Senats vom 3. Juli 2014 beendet wurde.
Der Beklagte hält das Urteil für rechtmäßig.
Entscheidungsgründe
Die Anträge des Klägers werden dahingehend ausgelegt, dass der Kläger zum einen die Fortsetzung des Verfahrens, zum anderen
die Wiederaufnahme des Verfahrens L 7 AS 400/13 begehrt.
Der Antrag, das Verfahren L 7 AS 400/13 fortzuführen bleibt erfolglos, weil dieses Verfahren durch das Urteil des Senats vom 3. Juli 2014 erledigt worden ist. Das
Urteil wurde dem Bevollmächtigen des Klägers ordnungsgemäß zugestellt. Dafür, dass dieser das Urteil nicht erhalten hat, bestehen
keinerlei Anhaltspunkte. Die Kommunikation des Klägers mit seinem Bevollmächtigen ist allein dessen Sache. Dies gilt um so
mehr, als der Kläger entgegen seiner Behauptung vom Termin am 03.07.2014 wusste, da er wiederholt hierfür die zur Verfügungsstellung
eines Taxis vor seiner Haustür vom Senat begehrt hat.
Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist als unzulässig zu verwerfen. Nach §
179 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren entsprechend den Vorschriften des
Vierten Buches der
Zivilprozessordnung (§§
5,
7,
88 ff.
Zivilprozessordnung -
Zivilprozessordnung -) wieder aufgenommen werden. Zuständig ist gemäß §
584 Abs.
1 ZPO das Gericht, das im ursprünglichen Verfahren das nunmehr wieder aufgenommen werden soll, abschließend erkannt hat, mithin
der 7. Senat des Bayer. Landessozialgerichts, das das Verfahren mit Urteil vom 3. Juli 2014 abgeschlossen hat.
Der Antrag auf Wiederaufnahme ist gemäß §
559 Abs.
1 Satz 2
ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil es an einer schlüssigen Behauptung eines Nichtigkeits- bzw. Anfechtungsgrundes fehlt. Ein
solcher schlüssiger Vortrag ist nach allgemeiner Auffassung eine Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Wiederaufnahmeklage (vgl.
Urteil des Senats vom 27.02.2014, Az.: L 7 AS 825/13 WA m.w.N.). Die vom Kläger vorgebrachten formalen Argumente im Hinblick auf seine Vertretung im Termin zur mündlichen Verhandlung
am 3. Juli 2014 bedingen allesamt nicht die Unwirksamkeit des Urteils des Senates. Das Vorbringen des Klägers ist nicht geeignet,
sollte der Vortrag insgesamt als wahr unterstellt werden, dem Senat die Möglichkeit wieder zu eröffnen, sich über sein Urteil
hinweg zu setzen. Vielmehr müsste der Kläger sämtliche Argumente im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens zum Bundessozialgericht
(BSG) vorbringen und dort ggf. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und der Erwägung, dass der Kläger mit seinem Begehren erfolglos blieb.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht erkennbar.