Gründe:
I.
Der Antragsgegner wendet sich gegen die vorläufige Verpflichtung zur Erbringung vorläufiger Leistungen zur Grundsicherung
für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) an die Antragstellerin.
Die im Oktober 1951 geborene, über die polnische Staatsangehörigkeit verfügende Antragstellerin reiste nach eigenen Angaben
letztmalig am 01. Mai 2012 in die Bundesrepublik Deutschland ein, nachdem sie - ausweislich eines Versicherungsverlaufs der
Deutschen Rentenversicherung vom 03. Januar 2013 - von Mai 2011 bis Februar 2012 hier beschäftigt gewesen war. Im Mai und
Juni 2013 arbeitete sie erneut in Berlin. Für die Zeit ab dem 04. Juli 2013 verhängte die Bundesagentur für Arbeit eine dreiwöchige
Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe gegen die Antragstellerin, für die Zeit vom 22. Juli 2013 bis zum 28. Februar 2014 gewährte
sie ihr Arbeitslosengeld. Das Jobcenter Berlin bewilligte ihr für die Zeit vom 01. August 2013 bis zum 31. Januar 2014 (ergänzende)Leistungen
zur Grundsicherung.
Nachdem das Jobcenter Berlin-Mitte der Antragstellerin mit Bescheid vom 02. Januar 2014 für eine - unter der sich aus dem
Rubrum ergebenden Anschrift gelegene - 32,27 m² große Einzimmerwohnung die Übernahme der Kosten in Höhe von insgesamt 333,00
€ (Kaltmiete 234,00 €, Vorauszahlungen für Betriebskosten 39,00 € sowie für Heiz- und Warmwasserkosten 60,00 €) zugesichert
hatte, mietete die Antragstellerin diese zum 15. Januar 2014 an.
Am 06. März 2014 beantragte sie beim Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II, wobei sie angab, seit anderthalb Jahren arbeitslos zu sein. Mit Bescheid vom 01. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 11. April 2014 lehnte der Antragsgegner die Bewilligung mit der Begründung ab, dass die Antragstellerin als sich allein
zur Arbeitsuche in Deutschland aufhaltende Ausländerin nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen sei.
Hiergegen hat die Antragstellerin am 24. April 2014 vor dem Sozialgericht Berlin Klage erhoben und zugleich um einstweiligen
Rechtsschutz nachgesucht. Sie meint, ihr stünden Grundsicherungsleistungen als Arbeitnehmerin zu. Sie habe vom 01. Mai 2011
bis zum 30. Juni 2013 gearbeitet und sei seit dem 07. Dezember 2013 arbeitsunfähig.
Mit Beschluss vom 08. Mai 2014 hat das Sozialgericht Berlin den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet,
der Antragstellerin für die Zeit vom 24. April bis zum Tage der Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 31. August
2014 Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende zu zahlen und zwar für April 2014 laut Tenor in Höhe von 114,80 €, laut
Gründen in Höhe von 144,80 € und für die Folgemonate in Höhe von je 724,00 €. Zwar sei bei der Antragstellerin nicht von einem
fortwirkenden Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin nach § 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU auszugehen, da angesichts der gegen
sie verhängten Sperrzeit die Arbeitslosigkeit nicht als unfreiwillig zu beurteilen sein dürfte. Allerdings könne nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. §
328 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 des
Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (
SGB III) über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig entschieden werden, wenn die Vereinbarkeit einer Vorschrift dieses Buches,
von der die Entscheidung über den Antrag abhänge, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens u.a. bei dem Gerichtshof
der Europäischen Gemeinschaften sei. Dies sei hier infolge des Vorabentscheidungsbeschlusses des Bundessozialgerichts vom
12. Dezember 2013 der Fall. Die Frage, ob der Antragstellerin Leistungen zu bewilligen seien, hänge von der Klärung der vom
Bundessozialgericht aufgeworfenen Rechtsfragen ab. Das Ermessen des Antragsgegners sei auf Null reduziert, da es um die Gewährung
existenzsichernder Leistungen gehe. Es lägen die Voraussetzungen für die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung
von monatlich 724,00 € für die Zeit ab Antragstellung bei Gericht am 24. April 2014 vor. Dieser Betrag setze sich aus dem
Regelbedarf für Alleinstehende in Höhe von 391,00 € und Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 333,00 € zusammen,
woraus sich für April 2014 ein anteiliger Betrag errechne.
Am 09. Mai 2014 hat der Antragsgegner hiergegen Beschwerde eingelegt und die vorläufige Aussetzung der Vollstreckung beantragt.
Zur Begründung hat er im Wesentlichen aus einem Beschluss des 5. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 03.
April 2012 zitiert und sich ergänzend auf den Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. März 2014 in der
Sache L 20 AS 502/14 B ER berufen. Er meint weiterhin, nicht zur Leistungserbringung verpflichtet zu sein.
Die Antragstellerin behauptet nunmehr, nur deshalb eine Sperrzeit erhalten zu haben, weil sie seinerzeit ihren Antrag zu spät
eingereicht habe.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 08. Mai 2014 ist nach §
172 Abs.
1 und
3 Nr.
1 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) statthaft und im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§
173 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet.
Das Sozialgericht Berlin hat zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach
§
86b Abs.
2 SGG zugunsten der Antragstellerin vorliegen, sie nämlich sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft
gemacht hat. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung zum einen der Auffassung an, dass bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren
gebotenen summarischen Prüfung nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, die Antragstellerin besitze
einen Leistungsanspruch mit Blick auf eine (nachwirkende) Arbeitnehmerstellung. Weitere diesbezügliche Ermittlungen im einstweiligen
Rechtsschutzverfahren erübrigen sich hier jedoch. Denn zum anderen folgt er dem Sozialgericht, dass der Antragstellerin nach
§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. §
328 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB III vorläufig Leistungen zu erbringen sind.
Soweit der Antragsgegner unter Berufung auf einen Beschluss des 20. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg offenbar
meint, dieGerichteseien angesichts der abweisenden Behördenentscheidung gehindert, ihn zur vorläufigen Leistungserbringung
zu verpflichten, folgt der Senat dem nicht. Er vermag keinerlei Grundlage dafür zu erkennen, warum eine - wie hier - für einen
bestimmten Zeitraum erstmalige (fehlerhafte) Leistungsablehnung - und gerade nicht eine nach zuvor vorläufiger Bewilligung
endgültige Festsetzung der Leistungen auf Null - eine Verpflichtung zur vorläufigen Leistungserbringung sperren sollte. Diese
Rechtsauffassung, die im Übrigen gerade für Antragsteller mit wechselndem Einkommen zu gravierenden Rechtsschutzlücken führen
dürfte, findet auch in den vom 20. Senat zitierten Entscheidungen gerade keine Stütze. Im Gegenteil beziehen diese sich auf
gänzlich andere Fallkonstellationen.
Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. §
328 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB III verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss (§
142 Abs.
2 Satz 3
SGG).
Soweit §
328 SGB III die vorläufige Leistungserbringung in das Ermessen des Leistungsträgers stellt, geht der Senat - wie schon das Sozialgericht
- davon aus, dass dieses Ermessen auf Null reduziert ist. Nachdem zuvor bereits bei den Instanzgerichten höchst umstritten
war, ob der in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II für sich allein zur Arbeitsuche in Deutschland aufhaltende Ausländer vorgesehene Ausschluss von den Leistungen zur Grundsicherung
für Arbeitsuchende europarechtskonform ist, hat das Bundessozialgericht - und damit das oberste Fachgericht - diesbezüglich
wesentliche Fragen dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Es ist damit die in §
328 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB III vorgesehene Situation eingetreten, in der es angesichts des existenzsichernden Charakters der verfahrensgegenständlichen
Leistungen pflichtwidrig wäre, diese nicht zu erbringen.
Auch ist das Ermessen des Antragsgegners nicht nur mit Blick auf das "Ob" der Leistungserbringung, sondern auch dahin auf
Null reduziert, dass er der Antragstellerin monatlich die vom Sozialgericht zugrunde gelegten 724,00 € (Regelbedarf 391,00
€ sowie für die Kosten für Unterkunft und Heizung 333,00 €) zu erbringen hat. Am Bestehen eines aktuellen Bedarfs in dieser
Höhe können keine Zweifel bestehen. Das Bundessozialgericht hat bereits wiederholt deutlich gemacht, dass im Falle der vorläufigen
Leistungserbringung die gesetzlich vorgesehenen Bedarfe ungekürzt anzusetzen sind. Der Antragsgegner hätte daher hier keinen
Spielraum, der Antragstellerin einen anderen als den angenommenen Betrag zu erbringen. Insbesondere wäre er nicht berechtigt,
einen "vorsorglichen Abschlag" vorzunehmen, sodass sein Ermessen auch bzgl. der Höhe der Leistungen auf Null reduziert ist.
Soweit das Sozialgericht auf der Grundlage der monatlich in Höhe von 724,00 € zu erbringenden Leistungen für die Zeit vom
24. bis zum 30. April 2014 und damit für sieben Tage einen anteiligen Betrag in Höhe von 114,80 € (so der Tenor) bzw. von
144,80 € (so die Gründe) errechnet hat, dürfte ihm im Tenor ein Schreibfehler unterlaufen sein und es in den Gründen versehentlich
von nur sechs statt sieben Tagen ausgegangen sein. Hierdurch ist der Antragsgegner jedoch nicht beschwert, während es dem
Senat angesichts der allein durch den Antragsgegner eingelegten Beschwerde verwehrt ist, diesen Betrag zugunsten der Antragstellerin
zu korrigieren.
Mit der Entscheidung über die Beschwerde hat sich der Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung nach §
199 Abs.
2 SGG erledigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Sache.
Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben (§
177 SGG).