Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. Mai 2005.
Die 1964 geborene Klägerin ist verheiratet und hat drei Kinder. Sie wurde in der Türkei geboren und lebt seit 1972 in Deutschland.
Die Schule beendete sie mit dem Hauptschulabschluss, einen Beruf erlernte sie nicht. Sie arbeitete zunächst bei einem Friseur,
später am Fließband. Von 1993 an war sie bei ihrem Mann beschäftigt. Bis 1997 half sie ihm beim Betrieb eines Zeitungskiosks,
dann war sie in dem von ihm eröffneten E-Laden als Verkaufshilfe und Kassiererin tätig. Nachdem sie seit dem 16. August 2004
durchgehend arbeitsunfähig gewesen war, beendete ihr Mann das Arbeitsverhältnis zum 31. März 2005. Am 20. April 2005 meldete
die Klägerin sich arbeitslos. Ein nochmaliges Arbeitsverhältnis bei ihrem Mann wurde zum 15. November 2007 durch diesen gekündigt.
Die Klägerin ist als Schwerbehinderte anerkannt; der Grad der Behinderung ist seit dem 23. November 2006 mit 60 festgestellt.
Auf ihren vom Januar 2005 datierenden Antrag hin gewährte die Beklagte der Klägerin die Durchführung einer Maßnahme zur medizinischen
Rehabilitation in der B-Klinik B. Dort hielt die Klägerin sich vom 8. März bis zum 19. April 2005 auf. In dem Entlassungsbericht
der Klinik heißt es, bei der Klägerin bestünden eine Somatisierungsstörung sowie eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver
Reaktion. Als Verkäuferin könne sie nur noch unter drei Stunden täglich tätig sein; die Verrichtung körperlich leichter Arbeiten
im Wechsel der Haltungsarten und auch überwiegend im Sitzen sei für sechs Stunden und mehr täglich möglich, wenn die Klägerin
in Tagschicht arbeite, keine Leitern und Gerüste ersteigen müsse, sich nicht häufig bücken oder Treppen steigen müsse und
auch kein kräftiges Zufassen beider Daumen erforderlich sei. Letzteres sei der Klägerin aufgrund einer Arthrose der Daumengrundgelenke
nicht möglich.
Am 2. Mai 2005 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und gab an, ihrer Auffassung nach
seit dem 23. März 2004 aufgrund der aus den beigefügten ärztlichen Attesten ersichtlichen Gesundheitsstörungen und psychischer
Probleme keine Arbeiten mehr verrichten zu können. Krank geschrieben sei sie derzeit nicht.
Neben den bereits im Rehabilitationsverfahren vorliegenden medizinischen Unterlagen, nämlich Epikrisen des Evangelischen Waldkrankenhauses
S vom 14. April 2004 und des Klinikums S vom 4. Juni und 26. September 2004 sowie drei Operationsberichten des Evangelischen
Waldkrankenhauses S vom 10. Februar, 24. und 25. März 2004, lagen der Beklagten im Verwaltungsverfahren eine pathologisch-anatomische
Begutachtung mit kritischer Stellungnahme bezüglich zweier Proben aus der Magenschleimhaut der Klägerin vom 30. September
2004, ein Bericht über eine am 4. November 2004 durchgeführte Computertomographie der Lendenwirbelsäule sowie ein vom 19.
Januar 2005 datierender Bericht über eine Magnetresonanztomographie der Lendenwirbelsäule vom 14. Januar 2005 vor.
Mit Bescheid vom 1. Juni 2005 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab.
Am 14. Juni 2005 legte die Klägerin Widerspruch ein und trug vor, nach Rücksprache mit ihrem Nervenarzt Dr. R sei sie nicht
in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein, weil sich ihr Leiden so verschlimmert habe, dass sie kurz vor
einem Nervenzusammenbruch stehe. Des Weiteren habe das Waldkrankenhaus festgestellt, dass sie entzündliche rheumatische Leiden
an den Gelenken habe.
Im Widerspruchsverfahren lag der Beklagten ein vom 8. Juni 2005 datierender Entlassungsbericht des Evangelischen Waldkrankenhauses
S vor, in welchem die Klägerin sich vom 23. bis zum 31. Mai 2005 in stationärer Behandlung befunden hatte. Auf Veranlassung
der Beklagten untersuchte der Orthopäde Dr. R die Klägerin am 27. Oktober 2005 und erstellte ein Gutachten, in welchem er
zu dem Ergebnis kam, dass sie an einer Arthralgie beider Hand- und Kniegelenke ohne Funktionsminderung sowie einer Lumbalgie
ohne Funktionsminderung leide und der Verdacht auf eine Somatisierungsstörung sowie ein depressive Störung bestehe. Aus seiner
Sicht könne die Klägerin mittelschwere Arbeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen vollschichtig verrichten. Vermieden
werden müssten Tätigkeiten mit häufigem Bücken, Knien und Hocken. Das Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei
nicht gefährdet oder gemindert. Auch die letzte Tätigkeit als Verkäuferin sei noch vollschichtig zu leisten. Eine Einschränkung
der Wegefähigkeit bestehe aus orthopädischer Sicht nicht.
Nachdem die Internistin R unter dem 14. November 2005 prüfärztlich Stellung genommen hatte, wies die Beklagte den Widerspruch
der Klägerin mit Bescheid vom 16. November 2005 zurück und führte zur Begründung aus, die im Verwaltungs- und im Widerspruchsverfahren
durchgeführten Ermittlungen hätten ergeben, dass ihr Leistungsvermögen auch unter Berücksichtigung der vorliegenden Gesundheitsstörungen
ausreiche, um über einen Zeitraum von mindestens sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein; die jeweilige Arbeitsmarktlage sei dabei nicht zu berücksichtigen. Die
Frage des Vorliegens einer Berufsunfähigkeit sei schon deshalb nicht zu prüfen gewesen, weil sie nicht vor dem 2. Januar 1961
geboren worden sei.
Daraufhin hat die Klägerin am 22. November 2005 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben, um ihr Begehren weiter zu verfolgen.
Die Klägerin hat unter anderem Ablichtungen zweier Abmahnungen vom 15. März und 3. Juli 2007 sowie der vom 15. Oktober 2007
datierenden Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 15. November 2007 zu den Akten gereicht.
Das Sozialgericht hat Befundberichte eingeholt, denen teils weitere medizinische Unterlagen beigefügt waren. Zu den Akten
gelangt sind Befundberichte der Internistin Dr. H vom 23. Februar 2006, des Orthopäden Dr. N vom 23. Februar 2006, des Psychiaters
R vom 24. Februar 2006, des Allgemeinmediziners Dr. K vom 11. März 2006, der Fachärztin für Nervenheilkunde F K vom 20. März
2006 und des Psychiaters R, gerichtet an die Beklagte, vom 22. Juni 2006. Eingereicht worden sind Epikrisen des Evangelischen
Waldkrankenhauses S, Abteilung für Orthopädie, vom 8. Juni 2005 über einen Aufenthalt der Klägerin dort vom 23. bis zum 31.
Mai 2005, des Klinikums S, Klinik für Chirurgie, vom 4. Juni 2004 bezüglich eines Aufenthalts vom 1. bis zum 5. Juni 2004
und vom 29. September 2004 bezüglich eines Aufenthalts vom 22. bis zum 30. September 2004, desselben Krankenhauses, Klinik
für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 14. Juni 2006 über eine stationäre Behandlung vom 14. März bis zum 26. Mai 2006, vom
26. Januar 2007 über stationäre Aufenthalte vom 28. Juli bis zum 1. November und vom 20. November bis zum 23. November 2006
sowie teilstationäre Behandlungen vom 1. November bis zum 20. November und vom 23. November bis zum 22. Dezember 2006, des
E Wkrankenhauses S, Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, vom 14. April 2004 bezüglich eines Aufenthalts vom 23. März
bis zum 1. April 2004 und der St. H-Kliniken B, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 13. Dezember 2005 über eine
stationäre Behandlung der Klägerin vom 2. bis zum 10. Dezember 2005. Schließlich sind zu den Akten genommen worden ein vom
28. Oktober 2004 datierender Befundbericht über eine Röntgenuntersuchung der Lendenwirbelsäule am selben Tag, ein Bericht
vom 16. Februar 2005 über eine Vorstellung der Klägerin in der Wirbelsäulensprechstunde beim Evangelischen Waldkrankenhaus
S, Abteilung für Orthopädie, und ein von der B-Klinik am 11. April 2005 erstellter Medikamentenplan.
Auf Veranlassung des Sozialgerichts hat der Neurologe und Psychiater Dr. A die Klägerin am 21. und 31. Mai 2007 untersucht
und unter dem 14. Juni 2007 ein Sachverständigengutachten erstellt. Darin heißt es, neben den bereits vorbestehenden Diagnosen
seien aus psychiatrischer Sicht eine leicht ausgeprägte Somatisierungsstörung sowie eine emotional-instabile Persönlichkeitsstörung
vom Borderline-Typus festzustellen. Dabei handele es sich nicht um organische Prozesse, sondern um gestörte Erlebnisverarbeitungen.
Die seelischen Störungen der Klägerin äußerten sich in keinen körperlich sichtbaren und wahrnehmbaren Fehlregulationen. Sie
sei sich der Fehlhaltung wohl nur teilweise bewusst. Ein bewusstes Verhalten im Sinne einer Begehrensvorstellung sei nicht
auszuschließen, Simulation sei nicht anzunehmen, Aggravation sei vorhanden. Die Klägerin sei in der Lage, die Fehlhaltung
bei zumutbarer Willensanstrengung zu überwinden. Dazu sei sie derzeit schon in der Lage. Bei einer weiteren tätigkeitsbegleitenden
Fortführung der psychiatrisch-psychotherapeutischen Maßnahmen sei von einer Linderung der psychiatrischen Erkrankungen auszugehen.
Dabei dürfte die Vorenthaltung der Rente für die weitere Behandlungsmotivation förderlich sein. Das Leistungsvermögen reiche
aus, um regelmäßig körperlich mittelschwere Arbeiten zu verrichten. Die Somatisierungsstörung und die emotional-instabile
Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus führten nicht zu relevanten Beeinträchtigungen. Weder müsse die tägliche Arbeitszeit
eingeschränkt werden noch gebe es hinsichtlich des Weges zur Arbeitsstelle Besonderheiten zu berücksichtigen.
Mit Gerichtsbescheid vom 6. Dezember 2007 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen
ausgeführt, aus der Gesamtheit des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens, insbesondere aber aus den Ausführungen des Sachverständigen
Dr. A, ergebe sich für die Kammer, dass die Klägerin die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung
nicht erfülle, weil das verbliebene Leistungsvermögen noch eine Erwerbstätigkeit von mindestens sechs Stunden täglich unter
den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zulasse.
Gegen den ihr am 19. Dezember 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17. Januar 2008 Berufung eingelegt und
zur Begründung ausgeführt, wesentliche Aspekte ihrer Erkrankung und damit wesentliche Aspekte der bestehenden Leistungseinschränkungen
seien von dem erstinstanzlichen Gericht nicht berücksichtigt worden. Dies betreffe nicht nur die nicht mehr vorhandene Möglichkeit,
mit Publikumsverkehr zu arbeiten, sondern auch ihre Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit, ihr Vermögen, sich mit Vorgesetzten
und Kollegen auseinanderzusetzen bzw. konstruktiv zusammen zu arbeiten. Es könne dabei nicht verkannt werden, dass die bestehende
Aggressivität, wie sie sich im Arbeitsverhältnis nur gegenüber den Kunden und dem dortigen Arbeitgeber geäußert habe, auch
bestehen bleiben werde, selbst wenn Publikumsverkehr vermieden werde. Ihre behandelnden Ärzte seien der Auffassung, dass gegenwärtig
eine Therapie nicht möglich sei. Die Klägerin hat eine Stellungnahme ihrer behandelnden Ärztin für Psychiatrie und Neurologie
F K vom 30. Oktober 2008 sowie einen an das Arbeitsamt gerichteten Bericht des Klinikums S, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie
und Psychosomatik, vom 3. November 2008, einen vorläufigen Arztbericht dieses Krankenhauses über eine stationäre Behandlung
vom 2. Juni bis zum 8. Juli 2008 und einen vorläufigen Arztbericht über eine stationäre Behandlung dort vom 22. Dezember 2008
bis zum 26. Februar 2009 und eine teilstationäre Behandlung vom 26. Februar bis zum 27. März 2009 sowie einen Bericht über
diese teilstationäre Behandlung vom 14. April 2009 zu den Akten gereicht.
Der Senat hat Befundberichte eingeholt von dem Orthopäden T vom 22. Mai 2008 und von der Fachärztin für Nervenheilkunde F
K vom 6. Juni 2008. Er hat den im erstinstanzlichen Verfahren gutachterlich tätig gewordenen Neurologen und Psychiater Dr.
A um eine ergänzende Stellungnahme unter Berücksichtigung der aktuellen medizinischen Unterlagen gebeten. Diese hat Dr. A
unter dem 29. August 2008 erstellt. Weiter angefordert hat der Senat einen Bericht des Klinikums S, Klinik für Psychiatrie,
Psychotherapie und Psychosomatik, vom 24. September 2008 bezüglich zweier stationärer Aufenthalte der Klägerin dort vom 8.
bis zum 13. September und vom 14. bis zum 23. September 2008.
Auf Veranlassung des Senats hat die Ärztin für Psychiatrie G die Klägerin am 7. und am 24. September 2009 untersucht und unter
dem 5. Oktober 2009 ein weiteres Sachverständigengutachten erstellt. Darin stellt sie die Diagnosen einer rezidivierenden
depressiven Störung, gegenwärtig leichte Episode, einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und einer histrionischen Persönlichkeitsstörung.
Zum Leistungsvermögen heißt es, dieses sei in zeitlicher Hinsicht nicht eingeschränkt. Die Klägerin könne leichte bis mittelschwere
Arbeiten in geschlossenen Räumen oder im Freien, im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen, ohne einseitige Belastungen, ohne
Zwangshaltungen, nicht auf Leitern und Gerüsten, nicht unter Zeitdruck oder in festgelegtem Arbeitsrhythmus, nicht an laufenden
Maschinen und nicht im Wechsel- oder Nachtschichten verrichten. In der Ausübung geistiger Tätigkeiten sei sie durch die festgestellten
Leiden nicht beschränkt. Das Hör- und Sehvermögen sei intakt. Das Reaktionsvermögen könne durch die eingenommenen Medikamente
beeinträchtigt sein. Leicht eingeschränkt seien die Konzentrationsfähigkeit und die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit.
Dies gelte insbesondere für die Einarbeitung in neue berufliche Aufgabenfelder. Arbeiten mit Publikumsverkehr sollte möglich
sein.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6. Dezember 2007 sowie den Bescheid vom 1. Juni 2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 16. November 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr ab dem 1. Mai 2005 Rente wegen
voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und sieht ihre Auffassung durch das Ergebnis des im Berufungsverfahren
eingeholten Sachverständigengutachtens und die weiteren medizinischen Ermittlungen bestätigt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der
beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (VSNR B) sowie der vom Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin, Versorgungsamt
Berlin, beigezogenen Akten (Az.: D) verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, insbesondere ist sie statthaft und form- und fristgerecht erhoben (§
143 und
151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), sie ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen, denn einen Anspruch auf
die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hat die Klägerin nicht; zu Recht hat die Beklagte ihren darauf gerichteten
Antrag abgelehnt und den Widerspruch zurückgewiesen.
Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung erfüllt die Klägerin nicht. Anspruch auf eine derartige
Rente besteht nach §
43 Abs.
1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (
SGB VI) für Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten
fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit
haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte,
die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen
Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§
43 Abs.
1 Satz 2
SGB VI); voll erwerbsgemindert sind nach §
43 Abs.
2 Satz 2
SGB VI diejenigen, die nicht mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein können.
Zwar sind hier, wovon die Beklagte zutreffend ausgegangen ist, die für die Rentengewährung nach §
43 Abs.
2 Satz 1 Nrn 2 und 3
SGB VI erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Die Klägerin ist aber nicht erwerbsgemindert, denn sie ist
noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig
zu sein (§
43 Abs.
3 SGB VI).
Die Gesundheit der Klägerin ist, wie sich aus den vorliegenden zahlreichen medizinischen Unterlagen, insbesondere dem Entlassungsbereicht
der Rehabilitationsklinik, den vielen Epikrisen bezüglich stationärer Aufenthalte der Klägerin, den Befundberichten der behandelnden
Ärzte und den Sachverständigengutachten ergibt, insbesondere beeinträchtigt durch psychische Probleme. Sie leidet unter einer
wiederkehrenden depressiven Störung, einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und einer von Dr. A als emotional-instable
Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus, von Frau G als histrionische Persönlichkeitsstörung beschriebenen Problematik.
Soweit die behandelnde Nervenärztin Dr. F-K darüber hinaus die Diagnosen einer paranoiden Schizophrenie und einer schweren
depressiven Episode mit psychotischen Symptomen gestellt hat, hat der Sachverständige Dr. A in seiner ergänzenden Stellungnahme
vom August 2008 darauf hingewiesen, dass sie es an einer überzeugenden Begründung anhand eines entsprechend differenzierten
psychopathologischen Befundes hat fehlen lassen; die Rede sei lediglich knapp von paranoidem Erleben und depressivem Rückzug
gewesen. Er selbst habe weder für die eine noch für die andere Diagnose eindeutige Symptome gefunden, so dass er die Diagnosen
nicht nachvollziehen könne. Denkbar sei, dass die erwähnten Krankheitszustände inzwischen abgeklungen oder zumindest so weit
abgemildert seien, dass ihre Symptome nicht mehr eindeutig zu Tage träten. Offenbar sind sie auch, soweit sie bestanden haben,
nicht mehr aufgetreten, denn entsprechende Diagnosen werden auch von Frau G nicht gestellt. Die auf orthopädischem Gebiet
geklagten Beschwerden haben kein für ein Rentenverfahren relevantes Ausmaß. Bei den insbesondere in dem Entlassungsbericht
der Rehabilitationsklinik vom Frühjahr 2005, dem Gutachten des Orthopäden Dr. R vom Oktober 2005 und dem Befundbericht von
Dr. T vom Mai 2008 beschriebenen Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule sowie der großen und teils auch kleinen Gelenke handelt
es sich im Wesentlichen um altersentsprechende Befunde. So diagnostizierte schon die Rehabilitationsklinik eine Somatisierungsstörung
sowie eine depressive Störung. Der Neurologe und Psychiater Dr. A, der im Juni 2007 die Diagnosen einer leicht ausgeprägten
Somatisierungsstörung und einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus stellte, erklärte diese als
gestörte Erlebnisverarbeitung, die nicht zu relevanten Beeinträchtigungen führten und von der Klägerin bei zumutbarer Willensanstrengung
zu überwinden seien.
Das Leistungsvermögen der Klägerin ist durch die gesundheitlichen Störungen nicht schwerwiegend eingeschränkt. In schlüssiger
und nachvollziehbarer Weise stellen die gerichtlichen Gutachter dar, dass die Klägerin jedenfalls körperlich leichte bis mittelschwere
Arbeiten noch verrichten kann. Dr. A, der das Leistungsvermögen allein aus psychiatrischer Sicht beurteilt, schließt lediglich
die Verrichtung körperlich schwerer Arbeiten aus. Frau G macht weitere qualitative Einschränkungen, begründet sie jedoch nicht.
Die Begründung findet sich zum Teil in dem Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik, dem Gutachten von Dr. R und dem Befundbericht
von Dr. T. Wegen der Beschwerden im Bereich der Hals- und der Lendenwirbelsäule, der Knie und der Daumengrundgelenke sollte
die Klägerin vorzugsweise in wechselnder Körperhaltung arbeiten und wirbelsäulen- und gelenkbelastende Tätigkeiten, Haltungen
und Einflüsse meiden. Nach Auffassung von Dr. A sollte die Klägerin wegen der psychischen Störungen Arbeiten mit Publikumsverkehr
meiden. Dr. G führt weiter aus, sie solle auch nicht unter Zeitdruck, in festgelegtem Arbeitsrhythmus, an laufenden Maschinen
und in Wechsel- oder Nachtschichten arbeiten. Letztlich kann dahinstehen, ob diese Einschränkungen tatsächlich erforderlich
sind. Medizinisch begründet haben die Sachverständigen sie nicht. Dem Senat erscheinen sie vor allem in Anbetracht der von
der Klägerin in beträchtlicher Dosis konsumierten Psychopharmaka und Analgetika allerdings plausibel. Auch unter Berücksichtigung
der bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen und des sich daraus ergebenden Leistungsbildes kann die Klägerin vollschichtig
arbeiten. Sie benötigt weder über das übliche Maß hinausgehende Pausen noch ist sie in ihrer Wegefähigkeit eingeschränkt.
Dies haben die im Laufe des Verfahrens als Sachverständige tätig gewordenen Mediziner übereinstimmend schlüssig und nachvollziehbar
dargelegt. Der Senat schließt sich dieser Beurteilung aus eigener Überzeugung an.
Ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung folgt hier auch nicht daraus, dass aufgrund einer
Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder des Vorliegens einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung eine
konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen wäre, die Beklagte aber keine benannt hat und auch keine ersichtlich ist. Hinweise
darauf, dass ein Fall der Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder des Vorliegens einer schweren spezifischen
Leistungsbehinderung vorliegen könnte, finden sich hier nicht.
Auch dem Hilfsantrag der Klägerin ist kein Erfolg beschieden, denn sie hat auch keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente
wegen teilweiser Erwerbsminderung. Erwerbsgemindert ist nämlich nach §
43 Abs.
3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein
kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Dies ist hier, wobei auf die obigen Ausführungen
verwiesen werden kann, der Fall. Zum einen kann die Klägerin noch vollschichtig tätig sein, zum anderen kann sie dies unter
den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in §
193 SGG und trägt dem Ausgang des Rechtsstreits Rechnung.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in §
160 Abs.
1 Nrn 1 und 2
SGG genannten Gründe vorliegt.