Gründe
I
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte lehnte ihren Antrag mit Bescheid vom 4.5.2015
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.12.2015 ab. Mit Urteil vom 16.5.2019 hat das LSG Nordrhein-Westfalen die
Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des SG Köln vom 16.3.2017 zurückgewiesen. Der Klägerin seien auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt mit gewissen qualitativen Einschränkungen noch körperlich leichte Tätigkeiten vollschichtig möglich.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt, zu deren Begründung sie Verfahrensmängel (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) und eine Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) geltend macht.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht iS des §
160a Abs
2 Satz 3
SGG begründet ist. Die Beschwerde ist daher gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
1. Divergenz iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zu Grunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen.
Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten
Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass der angefochtene
Beschluss auf der Abweichung beruht. Diese Voraussetzungen sind in der Beschwerdebegründung im Einzelnen darzulegen (zum Ganzen vgl BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN).
Die Klägerin trägt hierzu vor, das BSG habe im Urteil vom 3.7.2002 (B 5 RJ 18/01 R) ausgeführt, ein für die Begutachtung des Fibromyalgiesyndroms zu bestellender Sachverständiger müsse über fachübergreifende
Erfahrungen hinsichtlich der Diagnostik und der Beurteilung dieses Krankheitsbildes verfügen, unabhängig davon, ob er Internist,
Rheumatologe, Orthopäde, Neurologe oder Psychiater sei. Demgegenüber habe das LSG ausgeführt, hieraus könne nicht geschlossen
werden, dass eine Begutachtung von Probanden mit dem Krankheitsbild Fibromyalgie durch zwei Fachärzte auf ihren jeweiligen
Fachgebieten unstatthaft wäre, soweit beide über Erfahrungen mit dem Krankheitsbild verfügen und einer der beiden Sachverständigen
die Verantwortung einer Gesamtbeurteilung übernimmt. Damit hat die Klägerin keine voneinander abweichenden abstrakten Rechtssätze
aufgezeigt. Sie macht im Kern vielmehr geltend, das LSG habe die Aussage des BSG fehlerhaft umgesetzt. Deutlich wird dies auch in der Formulierung, das LSG habe mit seiner Entscheidung die vom BSG festgelegten Anforderungen nicht erfüllt, obwohl das LSG selbst davon ausgegangen sei, mit seiner Vorgehensweise den Anforderungen
des BSG in besonderer Weise Rechnung zu tragen. Ein vermeintlicher Anwendungsfehler hinsichtlich höchstrichterlicher Rechtsprechung
vermag eine Divergenzrüge indes nicht zu begründen. Es kommt hier hinzu, dass die Klägerin nicht aufzeigt, dass es sich bei
der zitierten Aussage des BSG um einen die Entscheidung tragenden Rechtssatz handelte. Hierzu bestand umso mehr Anlass, als in dem Urteil vom 3.7.2002
eine Zurückverweisung an das LSG erfolgte und die von der Klägerin herangezogenen Ausführungen mit der Formulierung beginnen:
"Im Übrigen wird darauf hingewiesen …".
2. Auch Verfahrensfehler hat die Klägerin nicht hinreichend bezeichnet.
a) Sie macht einen Verfahrensfehler in Form eines Verstoßes gegen §
103 Satz 1
SGG geltend.
Wird ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§
103 SGG) gerügt, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Beschwerdegericht
ohne Weiteres auffindbaren und bis zum Schluss aufrechterhaltenen Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe
der Rechtsauffassung des LSG, auf Grund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung
der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe
des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des
LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses
der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis
hätte gelangen können (vgl BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN).
Zur Darlegung eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags muss aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte
(vgl §
118 Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
403 bzw §
373 ZPO) und mit welchem Ziel Beweis erhoben werden sollte und dass es sich damit seinem Inhalt nach nicht nur um eine Beweisanregung
gehandelt hat (BSG Beschluss vom 26.11.2019 - B 13 R 159/18 B - juris RdNr 8 mwN). Der Beweisantrag im Rentenverfahren muss sich möglichst präzise mit dem Einfluss dauerhafter Gesundheitsbeeinträchtigungen
auf das verbliebene Leistungsvermögen befassen. Je mehr Aussagen von Sachverständigen oder sachverständigen Zeugen zum Beweisthema
bereits vorliegen, desto genauer muss der Beweisantragsteller auf mögliche Unterschiede und Differenzierungen eingehen (vgl hierzu Fichte, SGb 2000, 653, 656). Im Rahmen eines Rentenverfahrens darf es dabei nicht nur auf eine andere Diagnosestellung ankommen, sondern es muss vielmehr
der negative Einfluss von weiteren, dauerhaften Gesundheitsbeeinträchtigungen auf das verbliebene Leistungsvermögen behauptet
und möglichst genau dargetan werden (vgl BSG Beschluss vom 5.11.2019 - B 13 R 40/18 B - juris RdNr 7 mwN; BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6). Ein zur Zulassung der Revision führender Beweisantrag kann bei einem anwaltlich vertretenen Kläger nur ein solcher sein,
der das Beweisthema konkret angibt und insoweit wenigstens umreißt, was die Beweisaufnahme ergeben soll (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
160 RdNr 18a mwN). Dazu gehört die Benennung, zu welchen konkreten Tatsachen eine erneute Aufklärung durch einen Arzt welcher Fachrichtung
eingeholt werden soll (vgl BSG Beschluss vom 5.11.2019 - B 13 R 40/18 B - juris RdNr 8).
Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung der Klägerin nicht gerecht. Sie trägt insoweit vor, sie habe wiederholt
und auch in der mündlichen Verhandlung verlangt, dass ein fachübergreifendes Gutachten von einem auf dem Gebiet der Fibromyalgie
bewanderten Sachverständigen eingeholt werde. Dass sie einen ordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt hat, hat die Klägerin indes
nicht aufgezeigt. Zwar benennt sie als "Beweis zum Antrag in der mündlichen Verhandlung" eine Zeugin. Einen vom Gericht protokollierten
Beweisantrag bezeichnet sie jedoch nicht (zu diesem Erfordernis BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Ein solcher findet sich im Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem LSG nicht. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen,
einen Antrag auf Berichtigung bzw Ergänzung des Protokolls gestellt zu haben. Sie bemängelt lediglich, dass das Gericht trotz
erneuten ausführlichen Vortrags nicht bereit gewesen sei, ein weiteres Gutachten einzuholen.
b) Die Voraussetzungen für einen Verfahrensmangel in Form eines Gehörsverstoßes hat die Klägerin ebenfalls nicht schlüssig
dargetan. Eine Verletzung von Art
103 Abs
1 GG und §
62 SGG liegt ua vor, wenn das Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen
einzubeziehen, nicht nachgekommen ist (vgl BSG Urteil vom 17.2.1998 - B 13 RJ 83/97 R - SozR 3-1500 § 62 Nr 19 S 33 mwN). Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Fehlern
ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten haben könnten.
Die Gerichte sind nicht verpflichtet, jedes Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich zu bescheiden; sie müssen nur das wesentliche,
der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienende Vorbringen in den Entscheidungsgründen verarbeiten (stRspr des BVerfG, zB BVerfG <Kammer> vom 20.2.2008 - 1 BvR 2722/06 - BVerfGK 13, 303, 304 = juris RdNr 9 ff mwN; BVerfG <Kammer> Beschluss vom 31.3.2006 - 1 BvR 2444/04 - BVerfGK 7, 485, 488). Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Berücksichtigung von Vorbringen ist dann anzunehmen, wenn sich dies aus den besonderen
Umständen des Falles ergibt (vgl BVerfG Beschluss vom 19.7.1967 - 2 BvR 639/66 - BVerfGE 22, 267, 274; BVerfG Urteil vom 8.7.1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205, 216 f), zB wenn ein Gericht das Gegenteil des Vorgebrachten annimmt, den Vortrag eines Beteiligten als nicht existent behandelt
(vgl BVerfG Beschluss vom 19.7.1967 aaO) oder wenn es auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung
ist, nicht eingeht, es sei denn, der Tatsachenvortrag ist nach der materiellen Rechtsauffassung des Gerichts unerheblich (BVerfG Beschluss vom 19.5.1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133, 146).
Die Klägerin trägt insofern vor, sie habe im Verfahren wiederholt Zweifel an der Kompetenz der gerichtlich bestellten Sachverständigen
sachlich dargelegt und mit Fachliteratur belegt. Diese hätten nicht hinreichend zwischen den krankheitsbedingten Einschränkungen
einer Fibromyalgie und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung unterschieden. Sie habe belegt, dass die Sachverständigen
den genauen Inhalt der S3-Leitlinie zum Fibromyalgiesyndrom, auf die sie sich in ihren Gutachten bezogen haben, tatsächlich
gar nicht gekannt hätten. Wenn das LSG in seinem Urteil ausführe, dass die Sachverständigen in der Begutachtung von Menschen
mit der Erkrankung Fibromyalgie erfahren seien und Anhaltspunkte für Zweifel hieran weder ersichtlich noch vorgetragen seien,
bedeute dies, dass das Gericht ihr Vorbringen hierzu nicht zur Kenntnis genommen habe. Dieser Vortrag enthält keine hinreichende
Begründung eines Verstoßes gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs. Es fehlt in der Beschwerdebegründung an jeder
Auseinandersetzung mit den Ausführungen des LSG zu den Einwänden der Klägerin sowohl hinsichtlich der Erfahrung der Sachverständigen
mit dem Krankheitsbild der Fibromyalgie als auch hinsichtlich der Konsistenz ihrer Beurteilung (vgl LSG-Urteil S 8 ff, 10 f). Auch verhält sich die Klägerin nicht zu dem Umstand, dass auf ihre Einwände hin eine ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen
eingeholt worden ist. Wenn die Klägerin vor diesem Hintergrund bemängelt, das LSG habe trotz ihres Vortrags keine Veranlassung
gesehen, an der Kompetenz der Sachverständigen zu zweifeln, wendet sie sich im Kern gegen die Beweiswürdigung des LSG, die
nach dem eindeutigen Wortlaut des §
160 Abs
2 Nr
3 SGG mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht angreifbar ist. Das Recht auf rechtliches Gehör verbürgt im Übrigen nicht, dass Vorbringen
eines Verfahrensbeteiligten in dessen Sinne vom Gericht auch zustimmend zur Kenntnis genommen wird.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.