Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Berücksichtigung einer Übergangsleistung wegen Unterlassung einer gefährdenden
Tätigkeit nach § 3 Abs. 2 Berufskrankheiten-Verordnung als Einkommen
Gründe:
I
Der Kläger wendet sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, mit dem die Beklagte die Bewilligung von Leistungen
der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 1. August 2005
bis 31. Oktober 2005 aufgehoben und die Erstattung von 1.442,50 Euro gefordert hat. In der Sache streiten die Beteiligten
darum, ob die dem Kläger gewährte Übergangsleistung gemäß §
3 Abs
2 Berufskrankheiten-Verordnung (
BKV) als Einkommen zu berücksichtigen ist.
Der im Jahre 1972 geborene Kläger stand bis zum 31. Dezember 2004 in Bezug von Arbeitslosenhilfe (Alhi) nach dem Dritten Buch
Sozialgesetzbuch (
SGB III). Ab 1. Januar 2005 erhielt er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Beklagte bewilligte dem
Kläger durch Bescheid vom 21. April 2005 Leistungen für den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis 30. September 2005 in Höhe von 637
Euro monatlich. Durch Bescheid vom 8. September 2005 bewilligte sie auf Grund des Weiterzahlungsantrages des Klägers vom 5.
September 2005 Leistungen ab dem 1. Oktober 2005 in Höhe von 377,12 Euro monatlich. Die Beklagte legte dabei die Regelleistung
in Höhe von 345 Euro, Kosten der Unterkunft in Höhe von 486,66 Euro sowie einen Zuschlag gemäß § 24 SGB II in Höhe von monatlich
49 Euro als Bedarf zu Grunde. Weiterhin wurde erzieltes Nebeneinkommen des Klägers berücksichtigt. Der Leistungsbezug endete
ab 1. November 2005, weil der Kläger zu diesem Zeitpunkt eine Vollzeitbeschäftigung aufnahm.
Bereits durch Bescheid vom 11. April 2002 hatte die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten (BGN) dem Kläger eine
Übergangsleistung nach §
3 Abs
2 BKV für die Dauer von fünf Jahren bewilligt. Zur Begründung wurde in dem Bescheid ausgeführt, der Kläger habe wegen einer Berufskrankheit
seine Tätigkeit aufgegeben, sodass ihm die Übergangsleistung zu gewähren sei. Bei der Ermessensentscheidung über Art, Dauer
und Höhe der Übergangsleistung sei berücksichtigt worden, dass der Kläger zukünftig wieder im Erwerbsleben tätig sein wolle.
Er erhalte daher ab 5. März 2001, dem Tag nach Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit, eine laufende Leistung als Übergangsleistung,
die spätestens fünf Jahre nach Unterlassen der gefährdenden Tätigkeit ende. Die Übergangsleistung sei in der Höhe nicht gleichbleibend.
Im ersten Jahr würden die wirtschaftlichen Nachteile im Rahmen der Höchstgrenze voll ersetzt, im zweiten bis fünften Jahr
erfolge eine Staffelung der Übergangsleistung. Für den Zeitraum vom 5. März 2001 bis 4. März 2002 wurden dem Kläger 6.134,08
Euro gewährt. Mit weiterem Bescheid vom 1. April 2003 zahlte die BGN eine Übergangsleistung für den Zeitraum vom 5. März 2002
bis 4. März 2003 in Höhe von 4.853,26 Euro. Im dritten Abrechnungsjahr (2003 bis 2004) belief sich die Höhe der Übergangsleistung
gemäß dem Bescheid vom 5. Mai 2004 auf 4.721,78 Euro. Im vierten Abrechnungsjahr erhielt der Kläger eine Leistung in Höhe
von 3.259,76 Euro (Bescheid vom 12. April 2006).
Die BGN erteilte dem Kläger am 18. Juli 2005 einen Bescheid über eine Vorschusszahlung (§ 42 Abs 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch
[SGB I]) in Höhe von 2.500 Euro auf die Übergangsleistung im vierten Laufjahr (Zeitraum vom 5. März 2004 bis 4. März 2005).
In dem Bescheid heißt es weiterhin: "Mit dem Eingang des Geldes können Sie in etwa 10 - 12 Tagen rechnen."
Erst durch eine Mitteilung des Klägers vom 29. März 2006 erfuhr die Beklagte von der Gewährung der Leistungen durch die BGN.
Daraufhin hob die Beklagte nach Anhörung des Klägers mit Bescheid vom 30. Mai 2006 die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts für den Zeitraum ab 1. August 2005 auf und forderte Erstattung des gezahlten Arbeitslosengeldes (Alg)
II. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe von der BGN Ende Juli 2005 einen Vorschuss auf Übergangsleistungen in Höhe
von 2.500 Euro erhalten. Diese einmalige Zahlung sei als Einkommen anzurechnen, sodass für den Zeitraum vom 1. August 2005
bis 31. Oktober 2005 kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II bestanden habe. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid
vom 29. August 2006). Der Kläger machte mit seiner Klage insbesondere geltend, die Übergangsleistung der Berufsgenossenschaft
sei bislang bei der Gewährung von Alhi nicht als Einkommen angerechnet worden. Er habe sich die Vorschusszahlung in Höhe von
2.500 Euro auszahlen lassen, um sie zur Tilgung eines privaten Darlehens einzusetzen. Die Berufsgenossenschaft habe erst am
12. April 2006 die Übergangsleistung für den Zeitraum ab dem 5. März 2004 abgerechnet und einen Anspruch bis zum 31. Dezember
2004 in Höhe von 3.259,76 Euro errechnet. Hierauf sei die erhaltene Alhi angerechnet worden, die Vorschusszahlung sei in Abzug
gebracht und für diese Zeit ein weiterer Betrag in Höhe von 759,76 Euro ausgezahlt worden. Die als "Vorschuss" deklarierte
Leistung der Berufsgenossenschaft sei für den Zeitraum vom 5. März bis 31. Dezember 2004 bestimmt gewesen und falle insofern
nicht in den Zeitraum der Leistungsgewährung durch die Beklagte. Des Weiteren handele es sich bei der strittigen Leistung
um gemäß § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II geschütztes Einkommen. Es widerspreche Sinn und Zweck der Leistung nach §
3 Abs
2 BKV, wenn diese auf das Alg II als Einkommen angerechnet werde. Da ihm die Übergangsleistung bereits zugestanden habe, bevor
er Leistungen nach dem SGB II von der Beklagten in Anspruch genommen habe, habe bereits eine vermögensrechtliche Position
bestanden. Als Vermögen seien die Zahlungen der Berufsgenossenschaft jedenfalls geschützt. Zudem genieße er Vertrauensschutz.
Das Sozialgericht (SG) Trier hat durch Urteil vom 4. September 2008 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, soweit die Leistungsbewilligung
für den Zeitraum vom 1. August 2005 bis 30. September 2005 aufgehoben worden sei, sei Rechtsgrundlage § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Für den Monat Oktober 2005 sei hingegen auf § 45 SGB X abzustellen. Die Hilfebedürftigkeit des Klägers sei nachträglich mit der Auszahlung der Übergangsleistung nach §
3 Abs
2 BKV entfallen. Diese stelle kein privilegiertes Einkommen gemäß §
11 Abs
3 Nr
1 Buchst a SGB II dar. Gemäß § 2 Abs 3 Satz 1 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) seien einmalige Einnahmen
von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zuflössen. Da die Vorschusszahlung dem Kläger Ende Juli/Anfang August 2005
zugeflossen sei, sei sie ab diesem Zeitpunkt als Einkommen zu berücksichtigen. Die Leistungsbewilligung für den Monat Oktober
2005 auf Grund des Bewilligungsbescheides vom 8. September 2005 sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, sodass § 45 SGB X Anwendung finde. Vorliegend seien die Voraussetzungen des § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 SGB X erfüllt. Der Kläger habe in seinem Fortzahlungsantrag vom 5. September 2005 bei der Frage nach der Änderung in seinen Einkommensverhältnissen
zwar eine Arbeitsaufnahme im Rahmen einer Nebenbeschäftigung angegeben, nicht jedoch die Auszahlung des Vorschusses aus der
Übergangsleistung nach §
3 Abs
2 BKV. Der Kläger habe seit der ersten Antragstellung im Juli 2004 mehrfach unterschriftlich bestätigt, dass er Änderungen insbesondere
auch hinsichtlich der Einkommensverhältnisse unaufgefordert und unverzüglich mitteilen werde. Damit sei ihm bekannt gewesen,
dass jede Einkommensänderung der Beklagten mitzuteilen gewesen sei. Dieser Verpflichtung sei er nicht nachgekommen. Der Kläger
habe in der mündlichen Verhandlung auf die erkennende Kammer den Eindruck gemacht, dass er ohne große geistige Anstrengungen
in der Lage gewesen sei, diese Belehrungen zu verstehen und ihnen zu folgen, sodass insgesamt vom Vorliegen grober Fahrlässigkeit
auszugehen sei. An der Höhe der Erstattungsforderung bestünden keine Zweifel.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Sprungrevision. Er rügt eine Verletzung des § 11 SGB II sowie der §§ 45, 48 SGB X. Der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 30. Mai 2006 sei inhaltlich nicht hinreichend bestimmt genug iS des § 33 Abs 1 SGB X. Er enthalte lediglich den Verfügungssatz, dass die Bewilligung der Leistungen für die Zeit ab 1. August 2005 aufgehoben
werde. Weder werde der genaue Zeitraum der Aufhebung angegeben, noch würden die den Bewilligungen zu Grunde liegenden Verwaltungsakte
vom 21. April 2005 und vom 8. September 2005 mit den jeweiligen Leistungszeiträumen und den zur Berechnung der Erstattungsforderung
erforderlichen einzelnen Beträgen genauer bezeichnet. Bei der gewährten Vorschusszahlung in Höhe von 2.500 Euro handele es
sich um zweckbestimmtes Einkommen iS des §
11 Abs
3 Nr
1 Buchst a SGB II. Die Leistungen nach §
3 Abs
2 BKV würden einen Ausgleich für den gesundheitlich bedingten Verlust des Arbeitsplatzes des Betroffenen schaffen. Die Zahlung
solle also gerade den Einkommensverlust ausgleichen, den ein Betroffener infolge der Aufgabe des Berufes dadurch erleide,
dass er entweder gezwungen sei, Entgeltersatzleistungen in Anspruch zu nehmen oder eine Tätigkeit auszuüben, die geringer
vergütet werde. Die Zweckbestimmung dieser Leistung liege also gerade darin, Leistungen zur Grundsicherung des Lebensunterhalts
über das Existenzminimum hinaus aufzustocken. Weiterhin führe das Zuflussprinzip hier zu Wertungswidersprüchen. Die Beklagte
habe sich hier im Wege des Erstattungsanspruches aus Leistungen der BGN "bedienen" können, obschon diese ihm - dem Kläger
- erst im April des Jahres 2006 zugeflossen seien, mithin zu einem Zeitpunkt, in dem er bereits seit längerer Zeit keine Leistungen
nach dem SGB II mehr erhalten habe. Weiterhin habe das SG zu Unrecht auch die Frage nicht problematisiert, ob die Vorschussleistungen in Höhe von 2.500 Euro auf die drei Monate August,
September und Oktober 2005 habe aufgeteilt werden dürfen. Es sei zu prüfen gewesen, was ein angemessener Zeitraum iS des §
2 Abs 3 Satz 3 Alg II-V sei. Das SG sei auch nicht dem Argument nachgegangen, er habe das Geld bereits verbraucht gehabt. Schließlich könne ihm keine grobe Fahrlässigkeit
vorgeworfen werden, zumal selbst der Hauptverband der Gewerblichen Berufsgenossenschaften im Jahre 2005 noch die Auffassung
vertreten habe, bei der Übergangsleistung nach §
3 Abs
2 BKV handele es sich um iS des §
11 Abs
3 SGB II privilegiertes Einkommen. Deshalb sei zumindest die Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung für den Monat Oktober
2005 rechtswidrig.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 4. September 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2006 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf den Inhalt des angefochtenen Urteils.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§
124 Abs
2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) erklärt.
II
Die im Übrigen zulässige und statthafte (§
161 SGG) Sprungrevision des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG entschieden, dass die Beklagte die Bewilligungen von Alg II für den Zeitraum vom 1. August bis 30. September 2009 aufheben
durfte, weil der Kläger mit der Vorschusszahlung der BGN auf Übergangsleistungen gemäß §
3 Abs
2 BKV über 2.500 Euro zu berücksichtigendes Einkommen erzielt hat, das im streitigen Zeitraum seinen Bedarf deckte.
Die Beklagte hat zumindest in dem Widerspruchsbescheid vom 29. August 2006 ihren Aufhebungsbescheid hinsichtlich des Zeitraums
vom 1. August bis 30. September 2005 auf § 48 SGB X (im Übrigen hierzu unter 1.) und hinsichtlich des Zeitraums vom 1. Oktober bis 31. Oktober 2005 auf § 45 SGB X (hierzu unter 2.) gestützt und jeweils auch hinreichend deutlich gemacht, welche zu Grunde liegenden Bewilligungsbescheide
(vom 21. April 2005 und 8. September 2005) aufgehoben bzw geändert werden sollen. Insofern bestehen - entgegen dem Revisionsvorbringen
- an der inhaltlichen Bestimmtheit des Aufhebungsbescheides keine Zweifel, zumal auch die Höhe der Erstattungsforderung sich
unschwer aus den im Aufhebungszeitraum gewährten Leistungen errechnen lässt (und vom Kläger insofern bislang auch keine Bedenken
hinsichtlich der Höhe geltend gemacht wurden).
1. Die Leistungsbewilligung vom 21. April 2005 ist gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X wegen einer wesentlichen Änderung der rechtlichen Verhältnisse rechtswidrig geworden. Aus § 40 Abs 1 Nr 1 SGB II iVm § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X und §
330 Abs
3 SGB III folgt, dass ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben ist, soweit
nach Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs
geführt haben würde. So lagen die Verhältnisse hier. Der Kläger hat mit dem Zufluss des Vorschusses auf die Übergangsleistung
gemäß §
3 Abs
2 BKV zu berücksichtigendes Einkommen iS des §
11 SGB II erzielt, das zum Wegfall der Hilfebedürftigkeit gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 iVm § 9 SGB II führte.
Die Übergangsleistung gemäß §
3 Abs
2 BKV stellte zunächst Einkommen iS des §
11 Abs
1 Satz 1 SGB II dar. Hiernach sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen
nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) oder nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder
Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Bei der Übergangsleistung nach §
3 Abs
2 BKV handelt es sich nicht um eine Leistung nach einem Gesetz, das eine entsprechende Anwendung des BVG vorsieht. Bei der Übergangsleistung handelt es sich auch nicht um Vermögen des Klägers. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG) ist Einkommen iS des § 11 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält und Vermögen
das, was er bei Antragstellung bereits hatte (Urteil des Senats vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17; BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, jeweils RdNr 18). Dabei kommt es auf den tatsächlichen Zufluss an.
Auch eine Privilegierung der Übergangsleistung gemäß § 11 Abs 3 SGB II kommt nicht in Betracht. Hiernach sind nicht als Einkommen
zu berücksichtigen Einnahmen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch
dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt
wären (§ 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II). Wie das BSG bereits hinsichtlich der Einkommensberücksichtigung der Verletztenrente
der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß §
56 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB VII) entschieden hat, ist erforderlich, dass sich die Zweckbestimmung der betreffenden Leistung eindeutig aus der jeweiligen
gesetzlichen Vorschrift ergibt (vgl BSGE 99, 47, 51 = SozR 4-4200 § 11 Nr 5, jeweils RdNr 28).
Ebenso wie bei der Verletztenrente fehlt der Übergangsleistung eine entsprechende eindeutige normative Zweckbestimmung. §
3 Abs
2 BKV bestimmt: Versicherte, die die gefährdende Tätigkeit unterlassen, weil die Gefahr fortbesteht, haben zum Ausgleich hierdurch
verursachter Minderungen des Verdienstes oder sonstiger wirtschaftlicher Nachteile gegen den Unfallversicherungsträger Anspruch
auf Übergangsleistungen. Damit folgt bereits aus dem Wortlaut des §
3 Abs
2 BKV, dass es sich bei dieser Leistung gerade einen Ausgleich für Minderungen des Verdienstes handelt, sodass die Übergangsleistung
ebenso wie die Leistungen nach dem SGB II insbesondere der Existenzsicherung des Begünstigten dient. Zwar hat die Übergangsleistung
gemäß §
3 Abs
2 BKV ebenso wie die Verletztenrente auch zumindest partiell die Funktion des Ausgleichs immaterieller Schäden zugeschrieben (zur
sog Ausgleichsfunktion der Übergangsleistung vgl Koch in Lauterbach,
SGB VII, §
9 Anh III RdNr 94 ff, Stand Februar 2008). Bereits in den Materialien zur
BKV vom 31. Oktober 1997 (BR-Drucks 642/97) wird die präventive Zielrichtung der Vorschrift (Vermeiden von Gesundheitsschäden)
betont (vgl hierzu Becker,
SGB VII-Komm, §
9 RdNr 374 ff, Stand Januar 2006). Andererseits folgt gerade aus dem zitierten Wortlaut des §
3 Abs
2 BKV, dass der Übergangsleistung Lohnersatzfunktion für den Bewilligungszeitraum zukommt. Dass der Gesetzgeber aber im Rahmen
der Berücksichtigung von Einkommen nach dem SGB II grundsätzlich sämtliche Zahlungen mit Entgeltfunktion erfassen will, auch
soweit sie im Zusammenhang mit erlittenen Körperschäden oder zur Gesundheitsprävention gewährt werden, zeigt insbesondere
die Ausnahmevorschrift des § 11 Abs 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II. Auch im Hinblick auf die dort aufgeführten Renten und Beihilfen
werden nur die Grundrenten von einer Einkommensanrechnung ausgenommen, nicht aber die nach den genannten Gesetzen zu zahlenden
Ausgleichsrenten, die - abstellend auf die betreffende Einkommensminderung - ihrerseits erkennbar Entgeltersatzfunktion haben.
Die Übergangsleistung nach §
3 Abs
2 BKV ist auch keine Entschädigung iS des §
11 Abs
3 Nr
2 SGB II, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 253 Abs 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches geleistet
wird (vgl hierzu auch BSGE 99, 47, 52 = SozR 4-4200 § 11 Nr 5, jeweils RdNr 30).
Die Beklagte durfte auch zum Zeitpunkt 1. August 2005 die Leistungen des Klägers gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X aufheben, weil ab diesem Zeitpunkt Einkommen vorlag, das die Hilfebedürftigkeit des Klägers ausschloss. Die Berechnung des
Einkommens erfolgt nach § 2 der Alg II-V vom 20. Oktober 2004 (BGBl I 2622). Es kann hierbei zunächst dahinstehen, ob es sich
bei der Übergangsleistung gemäß §
3 Abs
2 BKV um eine laufende Einnahme iS des §
2 Abs
2 Alg II-V oder um eine einmalige Einnahme iS des § 2 Abs 3 Alg II-V (idF vom 20. Oktober 2004, aaO) handelte (vgl hierzu BSG,
Urteil vom 7. Mai 2009 - B 14 AS 4/08 R). Der Wortlaut des §
3 Abs
2 Nr
2 BKV spricht dafür, dass die Übergangsleistung eigentlich monatlich wiederkehrend zu zahlen gewesen wäre. Allerdings ergibt sich
aus den Feststellungen des SG und dem Gesamtzusammenhang der Akten, dass die Übergangsleistung hier an den Kläger jeweils in größeren Zeitabständen und
in Beträgen mit unterschiedlicher Höhe ausbezahlt wurde. § 2 Abs 2 Satz 2 Alg II-V bestimmt, dass für laufende Einnahmen,
die in größeren als monatlichen Zeitabständen oder in unterschiedlicher Höhe zufließen, § 2 Abs 3 Alg II-V entsprechend gilt,
sodass in jedem Falle § 2 Abs 3 Alg II-V zur Anwendung gelangt. Nach § 2 Abs 3 Alg II-V sind einmalige Einnahmen von dem Monat
an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dabei kann hierbei zunächst auch dahinstehen, ob die Vorschusszahlung im Monat
Juli oder erst im Monat August zugeflossen ist. Der genaue Zeitpunkt des Zuflusses beim Kläger ist jedenfalls nicht festgestellt
iS des §
163 SGG. Wäre der Zufluss bereits im Juli erfolgt, so wäre gemäß §
2 Abs 3 Satz 1 Alg II-V diese Einnahme bereits bei den Leistungen im Juli zu berücksichtigen gewesen. Dies kann aber letztlich
offen bleiben, weil eine Nichtberücksichtigung einer möglicherweise bereits im Juli 2005 zugeflossenen einmaligen Einnahme
nur zu Gunsten des Klägers geht, dem die Juli-Leistungen von der Beklagten ungekürzt belassen wurden. Angesichts der Höhe
der Einnahme (2.500 Euro) wäre im Übrigen die Hilfebedürftigkeit für den gesamten streitigen Zeitraum bis Ende Oktober 2005
auch dann entfallen, wenn ihre Berücksichtigung bereits im Monat Juli erfolgt wäre.
Jedenfalls im Monat August 2005 kann unterstellt werden, dass die Übergangsleistung dem Kläger zugeflossen ist. Damit durfte
die Beklagte die einmalige Einnahme des Klägers ab August auch berücksichtigen. Der Senat hat bereits entschieden, dass es
insofern nicht darauf ankommt, für welchen Zeitraum die Leistung bestimmt war oder in welchem Zeitraum sie (beispielsweise
bei einer Abfindung oder nach täglich gezahltem Arbeitsentgelt) erarbeitet war. Insofern spielt es keine Rolle, dass die Übergangsleistung
für vergangene Zeiträume bestimmt war, zu denen der Kläger zumindest teilweise noch nicht in Bezug von Alg II gestanden hat
(vgl hierzu das Urteil des Senats vom 18. Februar 2010 - B 14 AS 86/08 R - und BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 17). Maßgebend ist allein, dass die zufließende Einnahme ab dem hier unterstellbaren Zeitpunkt
des Zuflusses zur Bedürfnisbefriedigung des Klägers zur Verfügung stand. Nach § 2 Abs 3 Satz 2 Alg II-V sind einmalige Einnahmen
sodann auf einen sog Verteilzeitraum umzurechnen (vgl BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15). § 2 Abs 3 Satz 2 Alg II-V in der hier maßgeblichen Fassung vom 20. Oktober 2004 (aaO) bestimmte,
dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zahl von ganzen Tagen nicht erbracht werden sollen, die sich unter
Berücksichtigung der monatlichen Einnahmen nach Abzug von Freibeträgen und Absetzbeträgen bei Teilung der Gesamteinnahmen
durch den ermittelten täglichen Bedarf einschließlich der zu zahlenden Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung in
der Krankenund Pflegeversicherung ergibt. Angesichts der Höhe des Zuflusses (2.500 Euro) ist es nicht zu beanstanden, dass
die Beklagte davon ausging, dass durch die Einnahme der Bedarf des Klägers für den hier streitigen Zeitraum von drei Monaten
bis zum 31. Oktober 2005 gedeckt war.
2. Zu Recht ist die Beklagte davon ausgegangen, dass für den Zeitraum ab 1. Oktober 2005 maßgebliche Rechtsgrundlage für eine
Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 8. September 2005 § 45 SGB X war. Gemäß § 40 Abs 1 SGB II iVm § 45 SGB X erwies sich die Bewilligung von Alg II als ursprünglich rechtswidrig, weil bereits bei ihrem Erlass im September 2005 eine
Hilfebedürftigkeit des Klägers auf Grund des vorher zugeflossenen zu berücksichtigenden Einkommens nicht gegeben war. Der
Kläger kann sich hier nicht auf Vertrauen berufen, weil gemäß § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 SGB X der Verwaltungsakt auf Angaben beruhte, die er zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig
gemacht hat. Das SG ist auf Grund einer Würdigung der Persönlichkeit des Klägers rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung gelangt, bei diesem habe
grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich der Nichtangabe der ihm gewährten Vorschusszahlung in Höhe von 2.500 Euro bestanden. Die
Frage des Vorliegens grober Fahrlässigkeit stellt eine der revisionsgerichtlichen Prüfung weitgehend entzogene tatrichterliche
Würdigung dar (vgl bereits BSGE 47, 180 = SozR 2200 § 1301 Nr 8). Insofern verfangen die Angriffe der Revision gegen den vom SG zu Grunde gelegten Begriff der groben Fahrlässigkeit nicht. Maßgeblich ist hier allein, dass der Kläger bei einer Parallelwertung
in der Laiensphäre in der Lage gewesen war, zu erkennen, dass er den Zufluss von 2.500 Euro anzugeben hatte. Eine rechtliche
Subsumtion hinsichtlich dieses Einkommenszuflusses war von ihm gerade nicht gefordert. Insofern bestehen keine Bedenken, dass
die Beklagte für den Zeitraum Oktober 2005 die Bewilligung vom 8. September 2005 gemäß § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 SGB X zurückgenommen hat.
Schließlich kann auch nicht zu Gunsten des Klägers berücksichtigt werden, dass er behauptet, die Vorschusszahlung zur Tilgung
von Schulden verwendet zu haben. Der erkennende Senat hat bereits entschieden (vgl BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 18), dass innerhalb
des fürsorgerechtlichen Systems des SGB II eine grundsätzliche Pflicht des Leistungsempfängers besteht, bedarfssteigernde
Schuldentilgungen zu unterlassen. Letztlich kann dies aber hier dahinstehen, weil bei Vorliegen grober Fahrlässigkeit gemäß
§ 45 Abs 2 Satz 3 SGB X im Rahmen einer Rücknahmeentscheidung gemäß § 45 SGB X der Leistungsempfänger sich nicht auf den Verbrauch der Sozialleistung berufen kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.