Nachweis der Identität eines PKH-Antragstellers
Vollständiger PKH-Antrag
Gründe:
I
Der Kläger hat mit einer am 16.1.2014 ursprünglich beim SG Mainz eingereichten und an das örtlich zuständige SG Speyer verwiesenen
Klage ua von der Beklagten begehrt, "Erkrankungszeiten [...] mit den höchsten Rentenbeiträgen auf Rentenkonto [...] zu belegen".
Das SG Speyer hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Es lägen keine neuen Erkenntnisse vor, die den Schluss zuließen, dass
der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch gelebt habe (Gerichtsbescheid vom 11.8.2015). Die dagegen erhobene Berufung
hat das LSG als unzulässig verworfen. Es fehle an der Beteiligtenfähigkeit des Klägers. Auch im Berufungsverfahren habe der
Kläger keine Dokumente übermittelt, die belegten, dass er noch lebe (Urteil vom 5.10.2016).
Für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger unter
dem Namen "Dr. Dr. S. Y. O." die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Der Kläger verweist zum Nachweis seiner
Identität auf ein vom Generalkonsulat der Republik Ägypten in Paris am 17.4.2015 mit einer Gültigkeitsdauer bis zum 16.7.2015
ausgestelltes provisorisches Reisedokument. Das Dokument nennt als Namen "EL-E." und als Vornamen "S. Y. EL-S.". Zudem hat
der Kläger verschiedene Unterlagen über den Erhalt von ärztlichen Behandlungen und Arzneimitteln, Rechnungen sowie von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
ausgestellt an eine Person unter dem Namen "S. Y.", "S. O." und "S. Y. O." sowie ein im Zusammenhang mit einer Wohnungsräumung
erfolgtes Schreiben der Sous-Préfète de Reims an "Monsieur S. Y." vom 20.4.2017 vorgelegt. Auf mehrfache Nachfragen der Berichterstatterin
(Schreiben vom 19.7.2017, 9.8.2017, 13.9.2017, 1.10.2017 und 29.11.2017) hat der Kläger kein aktuell gültiges offizielles
Dokument zum Nachweis seiner Identität vorgelegt. Mit einem Schreiben, eingegangen bei Gericht am 24.11.2017, hat der Kläger
mitgeteilt, er habe am 24.8.2017 einen Antrag erneuert auf einen "dauernden legitimen bestätigten Aufenthaltstitel in Frankreich".
Der Kläger hat auch auf weitere Nachfrage (Schreiben vom 29.11.2017) eine behördliche Antwort darauf nicht vorgelegt. Der
Kläger macht vielmehr geltend, für einen Aufenthaltsberechtigungstitel in Frankreich benötige er, wie für jeden anderen Nachweis
seiner Identität, das Original der vom Generalkonsulat der Republik Ägypten ausgestellten Urkunde vom 17.4.2015 und begehrt
die Herausgabe durch den Senat (zuletzt mit seinem Schreiben vom 12.12.2017). Der Kläger ist mehrfach, zuletzt mit Schreiben
vom 29.11.2017 darauf hingewiesen worden, dass sich die Verwaltungsakten bei der Beklagten befinden.
II
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen, weil es an einer die Mindestanforderungen erfüllenden Antragstellung fehlt.
Nach §
73a Sozialgerichtsgesetz (
SGG) iVm §
114 Abs
1 S 1
Zivilprozessordnung (
ZPO) kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem Bundessozialgericht (BSG) PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. PKH wird nur auf
Antrag gewährt (§
73a Abs
1 S 1
SGG iVm §
117 ZPO). Dieser ist bei dem Prozessgericht zu stellen. Er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag
ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen (§
117 Abs
1 S 1 und 2
ZPO).
1. Die Prüfung eines solchen Antrags setzt zunächst voraus, dass die Mindestanforderungen an einen solchen Antrag erfüllt
sind. Der PKH-Antrag muss vollständig und damit bewilligungsreif iS des §
73a Abs
1 S 1
SGG iVm §
117 Abs
1 S 2
ZPO gestellt sein. Dazu gehören die Übermittlung einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§
117 Abs
2 ZPO) unter Verwendung des Formulars nach §
117 Abs
3,
4 ZPO (vgl Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
73a RdNr 5b) und die Schilderung des Sachverhalts, wobei der Antragsteller wenigstens im Kern deutlich machen muss, auf welche
rechtliche Beanstandung er seine Klage stützt. Diese Anforderungen an einen vollständigen Antrag auf PKH sind in der Rechtsprechung
des BVerfG als verfassungsgemäß anerkannt (vgl BVerfG SozR 1750 § 117 Nr 5 und 6 und BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 14.4.2010
- 1 BvR 362/10 - Juris RdNr 15).
Ein nach diesen Maßgaben vollständiger Antrag setzt bereits logisch voraus, dass keinerlei Zweifel an der Person des Antragstellers
bestehen. Die verfassungsgerichtlich anerkannten Voraussetzungen an einen vollständigen Antrag dienen der Prüfung der Bedürftigkeit
nach §
73a Abs
1 S 1
SGG iVm §§
114,
115 ZPO und der hinreichenden Erfolgsaussichten des Rechtsschutzbegehrens. Nur wenn die Person des Antragstellers feststeht, kann
deren Bedürftigkeit und - wie vorliegend - die Erfolgsaussichten einer Nichtzulassungsbeschwerde des Antragstellers geprüft
werden.
Dass Zweifel an der Person des Rechtsschutzsuchenden ausgeschlossen sein müssen, um in der Sache entscheiden zu können, ist
auch für andere Rechtsbehelfe anerkannt. Zu den Mindestanforderungen einer zulässigen Klage gehören die Bezeichnung des Klägers,
des Beklagten und des Gegenstandes des Klagebegehrens (§
92 Abs
1 S 1
SGG). Zur Angabe der Person, die Kläger ist, gehört auch, dass deren Identität feststeht (vgl Schmidt, aaO, § 92 RdNr 4 und 5).
Auch eine zulässige Berufung muss den Berufungsführer eindeutig bezeichnen (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
151 RdNr 11d mwN). Jeder Zweifel an der Person des Rechtsmittelklägers muss ausgeschlossen sein (vgl BGH Beschluss vom 8.8.2017
- X ZB 9/15 - Juris RdNr 14). Nichts anderes gilt für die Einlegung einer zulässigen Revision, die deutlich machen muss, wer Revisionskläger
ist. Zumindest muss sich dies aus den fristgerecht eingereichten Unterlagen ergeben (vgl Leitherer, aaO, § 164 RdNr 4c mwN).
2. Vorliegend ist die Identität des Antragstellers unklar. Der Senat hat begründete Zweifel daran, dass die Person, die vorliegend
einen Antrag auf Bewilligung von PKH gestellt hat, mit derjenigen identisch ist, auf deren Namen "S. Y. El-S. El-E." eine
Versichertennummer existiert und unter deren Identität gegenüber der Beklagten Ansprüche verfolgt werden.
Der Kläger stellt seinen Antrag auf Bewilligung von PKH unter dem Namen "Dr. Dr. S. Y. O.". Dagegen wurde das vom Kläger gegenüber
dem Senat als Identitätsnachweis angeführte provisorische Reisedokument des Generalkonsulats der Republik Ägypten in Paris
vom 17.4.2015 auf den Namen "EL-E." mit den Vornamen "S. Y. EL-S." ausgestellt. Zudem fällt auf, dass die Schriftsätze im
vorliegenden Verfahren jeweils eine Unterschrift tragen, die dem Schriftzug stark ähnelt, den die überwiegend handschriftlich
von der angeblichen Tochter "H. S." als Prozessbevollmächtigte an das SG Mannheim und später von dem Kläger selbst erstellten
Schriftsätze an das SG Berlin in anderen Verfahren des Klägers aufweisen (vgl dazu den Beschluss des Senats im Verfahren B
5 R 89/17 B).
Zur Feststellung, dass der Kläger die Person ist, unter deren Identität er den Antrag auf PKH gestellt und eine Nichtzulassungsbeschwerde
eingereicht hat, hat der Kläger keinen aktuellen Identitätsnachweis vorgelegt. Jeweils mit Schreiben vom 19.7.2017, 9.8.2017,
13.9.2017, 1.10.2017 und 29.11.2017 ist dem Kläger mitgeteilt worden, dass als Voraussetzung für ein Tätigwerden des Senats
zunächst seine Identität zu klären ist. Zugleich erging der Hinweis, dass das vom Generalkonsulat der Republik Ägypten in
Paris am 17.4.2015 ausgestellte provisorische Reisedokument nur für eine Gültigkeitsdauer bis zum 16.7.2015 erteilt wurde.
Der Kläger wurde aufgefordert, ein aktuell gültiges offizielles Dokument vorzulegen, das als Identitätsnachweis dienen kann
(zB Aufenthaltstitel in Frankreich, Pass- oder Passersatzpapier). Der Kläger hat das Schreiben vom 9.8.2017 ausweislich eines
mit Datum vom 11.11.2017 unterzeichneten Empfangsbekenntnisses am 18.9.2017 erhalten. Sein Schreiben vom 12.12.2017 nimmt
zudem Bezug auf das Schreiben der Berichterstatterin vom 29.11.2017, das er somit ebenfalls nachweislich erhalten hat.
3. Der Senat hat die für eine Bewilligung von PKH erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten der begehrten Rechtsverfolgung
nicht mehr zu prüfen und deshalb auch nicht darüber zu befinden, ob das LSG möglicherweise verfahrensfehlerhaft entschieden
hat, indem es die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen und nicht zurückgewiesen hat. Im Streit über die Beteiligtenfähigkeit
wird diese nämlich bis zur Entscheidung fingiert (vgl Schmidt, aaO, § 70 RdNr 7). Auch ob das LSG zu Recht eine Beteiligtenfähigkeit
des Klägers nach §
70 Nr 1
SGG, dh die Fähigkeit des Klägers (unter welcher Identität auch immer) als natürliche Person Beteiligter des Rechtsstreits zu
sein, verneint hat, war nicht Gegenstand dieser Entscheidung.