Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Keine Verpflichtung zur Stellung von Beweisanträgen im Berufungsverfahren
Gründe:
Mit Urteil vom 21.8.2018 hat das Sächsische LSG einen Anspruch des Klägers auf Gewährung von Rente wegen voller, hilfsweise
wegen teilweiser Erwerbsminderung verneint und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert, weil er noch
in der Lage sei, zumindest leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten. Ein
Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheide aus, weil der Kläger nicht
vor dem 2.1.1961 geboren sei.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf Verfahrensmängel iS von §
160 Abs
2 Nr
3 SGG.
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des §
160a Abs
2 S 3
SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß §
160a Abs
4 S 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 1
SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 S 3
SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist
die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem
Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 S 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Der Kläger rügt eine Verletzung des §
106 SGG unter mehreren Gesichtspunkten.
Hierzu trägt er vor: Das LSG habe den medizinischen Sachverhalt nicht genügend aufgeklärt. Insbesondere sei die Frage der
Notwendigkeit von betriebsunüblichen Pausen wegen des postthrombotischen Syndroms ungeklärt geblieben. Der Sachverständige
Dr. A. -S. gebe dazu in seinem medizinischen Sachverständigengutachten keine Stellungnahme ab. Der medizinische Sachverständige
Dr. W. bejahe die Frage indirekt aufgrund der Ausführungen zur Notwendigkeit einer dreimaligen täglichen Durchführung der
automatischen intermittierenden pneumatischen Kompressionstherapie beidseits bis zum Oberschenkel, wobei sich nur dadurch
das symptomfreie Intervall beim Kläger auf ca zwei Stunden verlängern würde. Unabhängig davon wäre das LSG wegen der eklatanten
widersprüchlichen gutachterlichen Einschätzungen des Dr. A. -S. und des Dr. W. zwingend gehalten gewesen, ein weiteres medizinisches
Sachverständigengutachten speziell auf angiologischem Fachgebiet einzuholen. Völlig unterlassen habe das Berufungsgericht
die medizinische Sachaufklärung hinsichtlich der bei ihm vorliegenden psychischen Erkrankung und der daraus resultierenden
Leistungsminderung für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Nach den ärztlichen Feststellungen leide er, der Kläger,
an einer psychoaffektiven Labilität mit Anpassungsstörungen sowie an einer somatoformen Schmerzstörung mit somatischen und
psychischen Faktoren. Aufgrund des psychopathologischen Bildes sei von einer Aufhebung seiner beruflichen Leistungsfähigkeit
auszugehen.
Mit diesem Vorbringen rügt der Kläger nicht eine Verletzung des §
106 SGG, sondern einen Verstoß gegen §
103 SGG, der die Tatsachengerichte verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln.
Eine Verletzung dieser Norm hat der Kläger nicht schlüssig bezeichnet.
Der im Berufungsverfahren rechtskundig vertretene Kläger hat bereits nicht dargetan, im Berufungsverfahren prozessordnungsgemäße
Beweisanträge iS von §
118 Abs
1 S 1
SGG iVm §
403 ZPO auf Einholung eines weiteren angiologischen sowie eines nervenärztlichen Sachverständigengutachtens gestellt zu haben. Zur
Darlegung eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags muss sowohl die Stellung des Antrags als auch aufgezeigt werden, über
welche im Einzelnen bezeichneten Punkte Beweis erhoben werden sollte; denn Merkmal eines Beweisantrags ist eine bestimmte
Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6 mwN). Hierzu trägt die Beschwerdebegründung nichts vor.
Soweit der Kläger hervorhebt, das LSG sei von Amts wegen zur Sachverhaltsaufklärung verpflichtet, ist dies nach der Bestimmung
des §
103 SGG zutreffend. Aufgrund dessen muss ein Kläger im Berufungsverfahren zur Erreichung einer sachgerechten Entscheidung seines
Rechtsstreits zunächst keine Beweisanträge stellen. Vertraut er aber auf eine Erforschung des Sachverhaltes von Amts wegen
und unterlässt er deshalb Beweisanträge, kann er später im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht geltend machen, das
LSG habe gesetzeswidrig gehandelt (vgl Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016,
Kap IX RdNr 127). Dies wäre mit den Vorgaben des §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG nicht vereinbar.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 und 4
SGG.