Anspruch auf Zwischenübergangsgeld
Unzulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde
Von einem Kläger persönlich angefertigte Begründung
Keine Übernahme der Verantwortung für die Begründung durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten
Gründe
I
Der Kläger begehrt vom beklagten Rentenversicherungsträger Zwischenübergangsgeld für die Zeit vom 7.3.2017 (dem Tag seiner
Arbeitslosmeldung nach dem Ende seines Beschäftigungsverhältnisses als Flugbegleiter am 31.3.2016) bis zum 2.5.2018. Am 3.5.2018
trat er eine von der Beklagten bewilligte Maßnahme zur Abklärung der beruflichen Eignung und Arbeitserprobung in einem Berufsförderungswerk
an. In der Folgezeit absolvierte er eine Ausbildung zum Wirtschaftsinformatiker und ist nach eigenen Angaben nunmehr in Vollzeit
als Wirtschaftsinformatiker beschäftigt.
Die Beklagte lehnte den Antrag auf Zahlung von Zwischenübergangsgeld ab, weil kein Zusammenhang zwischen einer vom Kläger
im April 2015 durchlaufenen stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme und der bewilligten Leistung zur Teilhabe am
Arbeitsleben bestanden habe (Bescheid vom 24.11.2017, Widerspruchsbescheid vom 7.11.2018). Das SG hat seine Klage abgewiesen (Urteil vom 10.4.2019) und das LSG die Berufung zurückgewiesen (Beschluss vom 10.2.2022).
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG haben die für den Kläger bereits in zweiter Instanz tätigen Prozessbevollmächtigten
Beschwerde zum BSG eingelegt. Auf ihren Antrag hat der Senat die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde bis zum 16.5.2022 verlängert.
Die bisherigen Prozessbevollmächtigten haben sodann die Niederlegung der Vertretung des Klägers mitgeteilt. Am 11.5.2022 hat
ein neuer Prozessbevollmächtigter die Vertretung des Klägers angezeigt und eine weitere Fristverlängerung von vier Wochen
beantragt. Nach Ablehnung des Antrags unter Hinweis auf die gesetzliche Regelung (Telefax vom 13.5.2022) hat der neue Prozessbevollmächtigte am 15.5.2022 einen Schriftsatz folgenden Inhalts vorgelegt: "… reiche ich den seitens
des Klägers persönlich verfassten Begründungstext nebst Anlagen zur Akte. Formelle Fehler mögen bitte seitens des Gerichts
entschuldigt werden. Um jedoch innerhalb der gesetzten Frist überhaupt eine Eingabe zu machen, erschien dieses Vorgehen geboten:"
Es folgt in kursiv gesetzter Schrift eine mehr als sieben Seiten umfassende Begründung, die unmittelbar vor der abschließenden
(einfachen) Signatur des Prozessbevollmächtigten mit dem in Klammern gesetzten Hinweis endet: "Text vom Kläger persönlich
verfasst".
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen. Sie ist nicht innerhalb der nach §
160a Abs
2 Satz 2
SGG verlängerten und am 16.5.2022 abgelaufenen Frist durch einen vor dem BSG vertretungsbefugten Prozessbevollmächtigten begründet worden. Die vom Kläger persönlich angefertigte Begründung, die sein
neuer Prozessbevollmächtigter lediglich übermittelt hat, ohne hierfür - wie dieser zu Beginn und am Ende der Ausführungen
selbst zum Ausdruck gebracht hat - die volle Verantwortung übernehmen zu wollen, kann vom Senat nicht berücksichtigt werden
(vgl §
73 Abs
4 SGG; s dazu auch BSG Beschluss vom 20.2.2017 - B 12 KR 65/16 B - juris RdNr 15; BSG Beschluss vom 2.6.2017 - B 9 V 16/17 B - juris RdNr 4; s auch B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, §
73 RdNr 57; Arndt in Fichte/Jüttner,
SGG, 3. Aufl 2020, §
73 RdNr 45).
Das BSG ist als ein oberster Gerichtshof des Bundes zur Entscheidung über Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, zur Wahrung
der Rechtseinheit und zur Fortbildung des Rechts berufen. Damit es diese Aufgaben angemessen erfüllen kann, schreibt das Gesetz
in Verfahren vor dem BSG - anders als in erster und zweiter Instanz - die Mitwirkung eines fachkundigen Prozessbevollmächtigten vor. Dessen Aufgabe
ist es, das Vorbringen des Beteiligten zu ordnen und auf rechtliche Relevanz zu prüfen, ehe er es dem Gericht vorträgt. Das
dient einerseits dem Schutz der Beteiligten vor Belastungen durch aussichtslose Rechtsmittel. Andererseits soll der Vertretungszwang
auch einen Beitrag dazu leisten, dass die begrenzten personellen Ressourcen der Justiz zur Gewährung zeitnahen Rechtsschutzes
effektiv eingesetzt werden können (vgl BSG Beschluss vom 22.9.2020 - B 5 R 212/20 B - SozR 4-1500 § 73 Nr 11 RdNr 6 mwN; die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen:
BVerfG <Kammer> Beschluss vom 2.12.2020 - 1 BvR 2527/20).
Dem neuen Prozessbevollmächtigten des Klägers hätte im Übrigen selbst bei Übernahme des Mandats nur wenige Tage vor Ablauf
der bereits verlängerten Beschwerdebegründungsfrist (und ungeachtet der Verpflichtung zur eigenständigen Beurteilung des Fristablaufs
durch einen Rechtsanwalt) nach Erhalt der Mitteilung über die Ablehnung des weiteren Fristverlängerungsantrags am 13.5.2022
bis zum Ende der Frist noch gut drei Tage zur Verfügung gestanden, um zu prüfen, ob er die Ausführungen des Klägers als rechtlich
relevant übernehmen und als eigene Begründung verantwortlich dem Gericht vortragen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.