Anspruch auf Arbeitslosengeld II, Berücksichtigung von Arbeitslosengeld beim befristeten Zuschlag
Gründe:
I. Die Klägerin begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, insbesondere einen Zuschlag zum Arbeitslosengeld
II (Alg II) nach § 24 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Mai 2005.
Die 1970 geborene Klägerin lebt mit dem 1960 geborenen Beigeladenen und der 2000 geborenen gemeinsamen Tochter in einer Mietwohnung.
Die monatliche Miete beträgt 368,89 EUR (Grundmiete 261,76 EUR, Betriebskosten 65,37 EUR, Heizkosten 41,76 EUR).
Die Klägerin erhielt in den Jahren 2003 und 2004 Arbeitslosenhilfe (Alhi) in Höhe von (iHv) 61,79 EUR wöchentlich und seit
dem 1. April 2004 Wohngeld iHv 74,94 EUR monatlich. Daneben bezieht sie für die gemeinsame Tochter Kindergeld iHv 154,00 EUR.
Der Beigeladene bezog bis zum 15. Dezember 2003 Arbeitslosengeld (Alg), zuletzt iHv 178,99 EUR nebst Wohngeld iHv 63,70 EUR
monatlich, anschließend Alhi iHv 151,90 EUR wöchentlich und Wohngeld iHv 41,06 EUR monatlich. Für eine Tochter aus einer früheren
Verbindung zahlt er monatlich 78,00 EUR Unterhalt.
Durch Bescheid vom 16. November 2004 (und Korrekturbescheid vom 6. Dezember 2004) bewilligte die Agentur für Arbeit Dresden
der Klägerin, ihrem Partner und der gemeinsamen Tochter für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Mai 2005 Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts iHv insgesamt 994,55 EUR monatlich (davon Kosten der Unterkunft und Heizung [KdU] 353,55 EUR).
Die von der Klägerin zusätzlich begehrte Zahlung eines Zuschlags für den Beigeladenen lehnte die Beklagte durch Bescheid vom
2. März 2005 ab. Den dagegen gerichteten Widerspruch wies sie durch Bescheid vom 20. April 2005 zurück unter Hinweis darauf,
dass die Überprüfung die Richtigkeit der bisherigen Entscheidung ergeben habe und die bewilligten Leistungen höher seien als
das von dem Beigeladenen zuletzt bezogene Alg einschließlich des Wohngelds.
Die hiergegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 10. November 2005). Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) nach
Beiladung des Partners der Klägerin die Beklagte verpflichtet, höhere Grundsicherungsleistungen unter Einbeziehung eines befristeten
Zuschlags von 282,31 EUR monatlich zu zahlen (Urteil vom 30. März 2006).
In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, die Verpflichtung der Beklagten zur Änderung der Bewilligung ergebe sich aus §
44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Für die Berechnung des Zuschlags sei der Summe aus Alg und Wohngeld (839,32 EUR [775,62 EUR + 63,70 EUR]) lediglich der
auf den Beigeladenen entfallende Anteil an Grundsicherungsleistungen gegenüberzustellen. Dies ergebe sich trotz des scheinbar
entgegenstehenden Wortlauts aus dem Normzweck des § 24 SGB II unter Berücksichtigung des besonderen Schutzes der Familie (Art
6 Grundgesetz [GG]), des Vertrauensschutzes (Art
20 Abs
3 GG) sowie des Willkürverbots (Art
3 GG). Nach der Berechnungsweise der Beklagten werde ein Zuschlag nämlich rein rechnerisch mit steigender Personenzahl innerhalb
der Bedarfsgemeinschaft immer unwahrscheinlicher und geschaffenen Vertrauenspositionen früherer Alg-Bezieher nicht in ausreichendem
Umfang Rechnung getragen. Zudem würden in sachwidriger Weise tatsächlich nicht vergleichbare Umstände gegenübergestellt, indem
das frühere Alg unbeschadet des Bestehens einer der Bedarfsgemeinschaft vergleichbaren Konstellation oder sonstiger Einkommensquellen
einem Familieneinkommen gleichgestellt werde. Vergleichsposition sei deshalb allein der auf den Beigeladenen entfallende Anteil
an den Grundsicherungsleistungen iHv 415,85 EUR, sodass sich ein - zuschlagsfähiger - Unterschiedsbetrag von 423,50 EUR zu
seinen Gunsten ergebe.
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das von der Vorinstanz errechnete
Ergebnis sei weder vom Wortlaut des § 24 SGB II gedeckt noch mit Hilfe der Gesetzesmaterialien oder dem Gesamtzusammenhang
zu erreichen. Das Berufungsurteil gehe rechtsirrig davon aus, dass Alg und Wohngeld jeweils allein dem Arbeitslosen zugestanden
habe. Tatsächlich wirke sich der Familienstand aber in den vom LSG problematisierten Fällen unmittelbar auf die Höhe der Leistungen
aus.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 30. März 2006 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid
des Sozialgerichts Dresden vom 10. November 2005 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Klägerin hält die Entscheidung der Vorinstanz für zutreffend.
Der Beigeladene hat sich nicht geäußert.
II. Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung (§
170 Abs
2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz [SGG]) begründet.
Nach den bisherigen Feststellungen der Vorinstanz besteht kein Anspruch auf den von der Beklagten abgelehnten Zuschlag (hierzu
unter 2.a), wenngleich höhere Leistungen der Bedarfsgemeinschaft aus anderen Gründen nicht ausgeschlossen werden können (hierzu
unter 2.b). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Zuschlagsregelung im hier streitigen Zeitraum bestehen nicht (hierzu
unter 3.).
1. a) Das LSG hat den Lebenspartner der Klägerin am Verfahren beteiligt, auch wenn die Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft
(§ 7 Abs 2 und 3 SGB II) nach der Rechtsprechung der in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen
Senate des Bundessozialgerichts (BSG) - entgegen der Vorgehensweise der Vorinstanz - grundsätzlich nicht im Wege einer notwendigen
Beiladung (§
75 Abs
2 SGG) zum Verfahren hinzugezogen werden können, sondern durch - in der Anfangszeit weite - Auslegung zu ermitteln ist, ob eine
Klage durch alle Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft erkennbar gewollt ist (BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSG, Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R = SozR 4-4200 § 20 Nr 3). Ob und inwieweit der Lebenspartner ebenso wie die gemeinsame minderjährige Tochter als weitere
Kläger hinzuzuziehen sind und der Beiladungsbeschluss ggf aufzuheben ist, bedarf an dieser Stelle und zudem im Überprüfungsverfahren
(zur Rückabwicklung nach den §§ 45, 48 SGB X entsprechend dem jeweiligen individuellen Leistungsverhältnis vgl Udsching/Link SGb 2007, 513) indessen keiner abschließenden Entscheidung und bleibt dem LSG überlassen.
b) Die Beklagte ist als Arbeitsgemeinschaft (Arge) organisiert und - unbeschadet ihrer Rechtspersönlichkeit - zumindest als
nicht rechtsfähige Personenvereinigung nach §
70 Nr 2
SGG beteiligtenfähig (vgl BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSG, Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R = SozR 4-4200 § 20 Nr 3). Zwischenzeitlich hat zwar das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Urteil vom 20. Dezember
2007 - 2 BvR 2433/04 und 2 BvR 2434/04 - die Vorschrift des § 44b SGB II und die darin geregelte organisatorische Ausgestaltung der Argen für unvereinbar mit dem
verfassungsrechtlichen Grundsatz eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung der Gemeinden und Gemeindeverbände erklärt. Schon
angesichts der bis zum Jahr 2010 eingeräumten Übergangsfristen besteht aber kein Zweifel an der Beteiligtenfähigkeit der Beklagten
für das hiesige Verfahren.
c) Die geltend gemachten höheren Leistungen sind parallel zu der dem Überprüfungsbescheid zu Grunde liegenden Bewilligung
durch Bescheid vom 16. November 2004 (§ 41 Abs 1 Satz 4 SGB II) auf den Leistungszeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Mai 2005
begrenzt. Nur hierüber hat das LSG befunden. Folgebescheide für weitere Leistungszeiträume sind - unabhängig von im vorliegenden
Verfahren nicht erhobenen Revisionsrügen - ohnedies nicht analog §
96 SGG in das Verfahren einzubeziehen (hierzu BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 14/06 R = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSG, Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 9/06 R = SozR 4-4300 § 428 Nr 3 mwN).
d) Streitgegenständlich ist der Überprüfungsbescheid vom 2. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. April
2005, mit welchem die Beklagte es abgelehnt hat, der Klägerin, ihrem Partner und der gemeinsamen minderjährigen Tochter unter
Einbeziehung eines befristeten Zuschlags nach § 24 SGB II höhere Leistungen als die bewilligten 994,55 EUR monatlich zur Sicherung
des Lebensunterhalts zu gewähren. Die unterbliebene Einbeziehung des Korrekturbescheides vom 6. Dezember 2004 ist nicht gerügt.
Eine weitergehende Beschränkung des prozessualen Anspruchs auf den dem Partner der Klägerin ggf zustehenden Zuschlag zum Alg
II scheidet dagegen aus. Insbesondere reicht die Dispositionsfreiheit der Beteiligten nicht so weit, den Streitgegenstand
auf einen rechtlichen Prüfungsmaßstab zu begrenzen. Hat die Beklagte also höhere Leistungen wegen Fehlens der Voraussetzungen
für einen Zuschlag nach § 24 SGB II versagt, schließt dies nicht aus, dass Leistungen aus einem anderen Grund in Betracht
kommen. Bei einem Streit um höhere Leistungen sind deshalb grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der
Höhe nach zu prüfen (BSG, Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 9/06 R = SozR 4-4300 § 428 Nr 3; BSG, Urteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 29/06 R). Die Begrenzung des Streitgegenstands ist nach entsprechend unzweifelhafter und ausdrücklicher Erklärung des Klägers allenfalls
möglich, wenn im Einzelfall bescheidmäßig mehrere abtrennbare Verfügungen ergangen sind, wie es der 7b. Senat für den Fall
der Regelleistungen einerseits und der KdU andererseits bejaht hat (BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R = 4-4200 § 22 Nr 1 RdNr 19 ff; offen gelassen in BSG, Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 9/06 R = SozR 4-4300 § 428 Nr 3 RdNr 17). Für den Zuschlag nach § 24 SGB II hat der 14. Senat inzwischen klargestellt, dass dieser
nicht isoliert vom Alg II geltend gemacht werden kann (BSG, Urteile vom 31. Oktober 2007 - B 14/7b AS 42/06 R; B 14/11b AS 59/06 R und B 14 AS 30/07 R). Im Übrigen fehlt schon eine zweifelsfreie und ausdrückliche Erklärung der Klägerin, den umfassenden Prüfumfang (vgl zu
etwaigen Beschränkungen BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 18 mwN; auch Steinwedel in KassKomm, SGB X, § 44 RdNr 34 mwN) inhaltlich beschränken zu wollen. Die Klägerin hat ihr Begehren zwar ausdrücklich nur auf den Zuschlag gestützt.
Dies ändert aber nichts daran, dass sie eine umfassende rechtliche Überprüfung des gesamten Inhalts des Bewilligungsbescheids
begehrt, mithin auch der gewährten Geldleistungen nach § 20 bzw § 22 SGB II.
2. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs ist - wovon das LSG nach Ablauf der einmonatigen Widerspruchsfrist gegen
den Bescheid vom 16. November 2004 zu Recht ausgegangen ist - § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen,
soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen
worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb ua Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Entgegen
der Auffassung der Vorinstanz hat die Beklagte den begehrten Zuschlag zu Recht versagt. Allerdings bestehen Anhaltspunkte,
dass höhere KdU in Betracht kommen.
a) Die Voraussetzungen für einen befristeten Zuschlag nach dem Vorbezug von Alg liegen nicht vor. Der monatliche Zuschlag
scheitert zwar nicht daran, dass er nur erbracht wird, soweit der erwerbsfähige Hilfebedürftige Alg II innerhalb von zwei
Jahren nach dem Ende des Bezugs von Alg bezieht (§ 24 Abs 1 Satz 1 SGB II). Denn den zeitlichen Erfordernissen und der Akzessorietät
des Zuschlags vom Alg II-Bezug (hierzu bereits BSG, Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R = SozR 4-4200 § 20 Nr 3; BSG, Urteile vom 31. Oktober 2007 - B 14/11b AS 59/06 R - und - B 14/11b AS 7/07 R; Urteil des erkennenden Senats vom 19. März 2008 - B 11b AS 53/06 R) ist hier dadurch Rechnung getragen, dass der Beigeladene bis zum 15. Dezember 2003 im Alg-Bezug stand und ihm nach dem
Zwischenbezug von Alhi - ebenso wie der Klägerin - seit dem 1. Januar 2005 Alg II bewilligt wurde. Es ergibt sich aber kein
zuschlagsfähiger Differenzbetrag zu Gunsten des Beigeladenen im Übergang vom Alg-Bezug zum Alg II-Bezug. Gemäß § 24 Abs 2
SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl I 2954) beträgt der
Zuschlag zwei Drittel des Unterschiedsbetrags zwischen dem von dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuletzt bezogenen Alg und
dem nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) erhaltenen Wohngeld (Nr 1) und dem an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden
Angehörigen zu zahlenden Alg II nach § 19 Satz 1 Nr 1 sowie Satz 2 oder Sozialgeld nach § 28 SGB II (Nr 2). Nach Ablauf des
ersten Jahres vermindert er sich um 50 vH (§ 24 Abs 1 Satz 2 SGB II). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kommt es bei
der danach durchzuführenden Berechnung nicht auf einen Vergleich mit dem auf den betreffenden Hilfebedürftigen entfallenden
individuellen Anteil des Alg II an. Vielmehr ist bei der Ermittlung des Anspruchs auf den Zuschlag das von jedem Mitglied
der Bedarfsgemeinschaft zuvor bezogene Alg (einschließlich ggf des Wohngelds) dem Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft gegenüberzustellen.
Dies hat der 14. Senat zwischenzeitlich in mehreren Urteilen vom 31. Oktober 2007 (ua - B 14/11b AS 5/07 R [zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen], - B 14/7b AS 42/06 R; - B 14 AS 30/07 R) mit Rücksicht auf den im eindeutigen Wortlaut des Gesetzestextes und in der Systematik der Einzelansprüche der Mitglieder
einer Bedarfsgemeinschaft zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers (vgl BT-Drucks 15/1516 S 58) entschieden. Denn mit
der befristeten Zuschlagsregelung bezweckte der Gesetzgeber, den Übergang vom ggf höheren Alg als Einkommensquelle der Familie
und dem ggf niedrigeren, in der Höhe vom Gesamtbedarf abhängigen Alg II teilweise finanziell abzufedern. Erfasst sind hiervon
auch die Übergangsfälle, in denen der Bezug von Alg innerhalb der Zwei-Jahres-Frist vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Dezember
2004 vor Inkrafttreten des SGB II endete. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung nach eigener Prüfung in
vollem Umfang an (vgl auch Urteil vom 19. März 2008 - B 11b AS 33/06 R).
Die genannten Berechnungsfaktoren sind, wie das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli
2006 (BGBl I 1706) mit der Neufassung des § 24 Abs 2 Nr 2 SGB II und der dort jetzt vorgesehenen zusätzlichen Neuberechnung
bei Wegfall eines Partners der Bedarfsgemeinschaft klargestellt hat (vgl BT-Drucks 16/1410 S 24), nicht von Monat zu Monat
je nach Bedarfslage zu aktualisieren, sondern grundsätzlich verbindlich zum Zeitpunkt der Entstehung der Anspruchs auf Alg
II für die gesamte Laufzeit des Zuschlags festzustellen (Grundsatz der Unveränderbarkeit, vgl BSG, Urteil vom 31. Oktober
2007 - B 14/11b AS 5/07 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der hiernach dem zuletzt bezogenen Alg nebst Wohngeld im letzten Monat des Alg-Bezugs
(839,32 EUR [775,62 EUR + 63,70 EUR], hierzu Müller in Hauck/Noftz, SGB II, § 24 RdNr 19) gegenüberzustellende Gesamtbedarf
aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft (994,55 EUR [Regelleistungen unter Anrechnung des Kindergeldes: 641,00 EUR, KdU:
353,55 EUR]) ergibt keinen Überhang zu Gunsten des Beigeladenen.
b) Indessen ist es nicht ausgeschlossen, dass der Gesamtbedarf zu erhöhen ist. Zwar kommen höhere Regelleistungen nicht in
Betracht. In der hier streitigen Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Mai 2005 betrug der vorliegend zur Anwendung gelangende volle
Regelsatz Ost nach § 20 Abs 2 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (aaO) 331,00 EUR,
nach § 20 Abs 3 Satz 1 SGB II der Regelsatz Ost für volljährige Partner innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft 90 % des vollen
Regelsatzes (297,90 EUR, gerundet nach § 41 Abs 2 SGB II 298,00 EUR) und nach § 28 Abs 1 Satz 1 und 3 Nr 1 SGB II idF des
Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (aaO) das Sozialgeld für nicht erwerbsfähige Mitglieder der
Bedarfsgemeinschaft bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 % des vollen Regelsatzes (198,50 EUR, gerundet nach § 41 Abs
2 SGB II 199,00 EUR). Abzüglich des bei der minderjährigen Tochter als Einkommen zu berücksichtigenden Kindergelds iHv 154,00
EUR (vgl § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, aaO) ergibt sich
daraus der hier zutreffend zu Grunde gelegte Regelbedarf iHv monatlich 641,00 EUR. Die Frage des Abzugs von Unterhaltszahlungen
an eine weitere Tochter stellt sich schon deshalb nicht (vgl zur Berücksichtigung titulierter Unterhaltsverpflichtungen §
11 Abs 2 Nr 7 SGB II, angefügt durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende, aaO, mit Wirkung
vom 1. August 2006), weil Einkommen des Beigeladenen nicht vorhanden ist.
Anders verhält es sich aber hinsichtlich der KdU, wenn diese in der vom LSG festgestellten Höhe (368,89 EUR) und nicht in
der von der Agentur für Arbeit bewilligten bzw von der Beklagten in ihrem Überprüfungsbescheid übernommenen Höhe (353,55 EUR)
zu Grunde zu legen sind. Denn dann kann sich der Gesamtbedarf insoweit um 15,34 EUR erhöhen. Die Leistungen für Unterkunft
und Heizung sind nach Maßgabe des § 22 SGB II grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen. Nach den
verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (§
163 SGG) sind dies 368,89 EUR. Gründe für die dahinter zurückbleibende Bewilligung iHv 353,55 EUR sind vom LSG nicht mitgeteilt worden.
Sollte es sich hierbei um einen Abzug für Kosten der Warmwasserbereitung (Wwb) handeln, ist jedoch darauf hinzuweisen, dass
der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 20 Abs 1 Satz 1 SGB II durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für
Arbeitsuchende (aaO) nunmehr die Haushaltsenergie (Kochfeuerung, Wwb und Beleuchtung) zwar klarstellend als Bestandteil der
Regelleistung aufführt (BT-Drucks 16/1410 S 32), welche sich aus der auf den Stand 1. Juli 2003 hochgerechneten Auswertung
der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 1998 ergibt (BT-Drucks 15/1516 S 56). Der pauschale und nicht näher bezifferbare
Anteil für Kosten der Wwb (vgl BR-Drucks 206/04 S 7) beträgt jedoch schätzungsweise lediglich 30% des auf die Haushaltsenergie
entfallenden Anteils (vgl hierzu auch BT-Drucks 16 [11] 286 S 10) der Regelleistung. Das sind im streitigen Zeitraum 6,22
EUR ausgehend von der Regelleistung West iHv 345,00 EUR und einem aus der EVS 1998 fortgeschriebenen und hochgerechneten Anteil
(19,34 EUR) für Haushaltsenergie iHv 20,74 EUR. Der Anteil an der Regelleistung Ost (iHv 331,00 EUR) beträgt dementsprechend
5,97 EUR, der Anteil an der auf 90 % abgesenkten Regelleistung Ost (iHv 298,00 EUR) 5,37 EUR und der Anteil an dem auf 60%
der Regelleistung Ost abgesenkten Sozialgeld (iHv 199,00 EUR) 3,58 EUR. Der erkennende Senat folgt insoweit dem Rechenansatz
des 14. Senats in seiner Entscheidung vom 27. Februar 2008 - B 14/11b AS 15/07 R (Terminbericht Nr 10/08). Die Beklagte kann daher die maßgeblichen Pauschalbeträge von den Heizkosten abziehen, sofern
nicht ein geringerer Verbrauch für die Wwb nachgewiesen wird. Ein höherer Verbrauch ist dagegen Sache des Leistungsempfängers.
Ggf wird das LSG auch zu berücksichtigen haben, dass nur die Endzahlbeträge der Leistungen getrennt nach den Individualansprüchen
der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gemäß § 41 Abs 2 SGB II zu runden sind (BSG, Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 9/06 R = SozR 4-4300 § 428 Nr 3; BSG, Urteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 29/06 R), wobei hier offen bleiben kann, ob in dieser Weise auch bei den an den tatsächlichen Aufwendungen orientierten KdU zu
verfahren ist (so Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl, § 41 RdNr 17 mit Rücksicht auf die nach BSG SozR 4-4200 §
22 Nr 1 mögliche Trennbarkeit der Regelleistung und der KdU andererseits, s oben unter 1.d; vgl auch SG Karlsruhe, Urteil
vom 14. Februar 2008 - S 7 AS 3809/07). Auf Zwischenberechnungen erscheint im Interesse einer einheitlichen Handhabung eine Anwendung der allgemeinen Berechnungsgrundsätze
des § 338 Sozialgesetzbuch Drittes Buch sinnvoll.
3. Die von der Vorinstanz angeführten verfassungsrechtlichen Zweifel an der Berechnungsweise des Zuschlags zum Alg II teilt
der erkennende Senat nicht. Wie der 14. Senat in seiner Entscheidung vom 31. Oktober 2007 - B 14/11b AS 5/07 R (zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) bereits deutlich gemacht hat, ist eine Verletzung von Art
3 Abs
1 und Art
6 Abs
1 GG durch eine Benachteiligung von Familien gegenüber Alleinstehenden nicht gegeben, weil die für den Zuschlag bedeutsamen Berechnungsfaktoren
dem jeweiligen Familienstand des Betroffenen gerade Rechnung tragen. Die gilt insbesondere auch - worauf die Beklagte zusätzlich
zu Recht hinweist - für das in die Berechnung einzustellende Wohngeld, bei dem sich die Anzahl der Familienmitglieder ebenfalls
leistungserhöhend auswirkt (vgl zB §§ 7, 8 ff WoGG). Vertrauensschutz (Art
20 Abs
3 GG) könnte der frühere Alg-Bezieher nach Erschöpfung seines Alg-Anspruchs allenfalls unter dem Gesichtspunkt fortdauernder Alhi-
Gewährung geltend machen. Insoweit hat der erkennende Senat bereits in seiner Entscheidung vom 23. November 2006 (B 11b AS 1/06 R = SozR 4-4200 § 20 Nr 3) ausgeführt, dass und warum ein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen in eine zeitlich unbegrenzte
Fortzahlung von Alhi nicht besteht.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.