Grundsatzrüge
Materielle Einzelfallgerechtigkeit
Nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung der betrieblichen Altersversorgung
Gründe:
Die Beteiligten streiten in dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit darüber, ob die Auszahlung eines
als Deckungsrückstellung bezeichneten Einmalbetrags aus einer als Direktversicherung abgeschlossenen Kapitallebensversicherung
in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung als Versorgungsbezug zu dessen Beitragspflicht führt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 18.3.2014 ist in
entsprechender Anwendung von §
169 S 2 und 3
SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen §
160a Abs
2 S 3
SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Mit der Behauptung, die Berufungsentscheidung sei inhaltlich unrichtig, lässt sich die Zulassung der Revision demgegenüber
nicht erreichen.
1. Der Kläger macht in seiner Beschwerdebegründung vom 25.6.2014 nur den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der
Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) geltend. Hierzu muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den
zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich
(Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerwG NJW 1999, 304 und BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem
Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht
zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Hat das Revisionsgericht eine mit der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage bereits entschieden, muss der Beschwerdeführer
im Einzelnen substantiiert darlegen, warum die Frage gleichwohl klärungsbedürftig geblieben oder erneut klärungsbedürftig
geworden, dh in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie nach wie vor umstritten ist.
Der Kläger wirft auf Seite 4 seiner Beschwerdebegründung (unter "b") die Frage auf,
"ob die Auszahlung der Deckungsrückstellung, die nicht die ursprünglich vereinbarte Versicherungsleistung (oder einen Teil
davon) aus einem Lebensversicherungsvertrag darstellt, sondern lediglich den verzinslich angefallenen Teil der für die Versicherung
entrichteten Beiträge (soweit nicht durch entstandene Aufwendungen und Kosten verbraucht), als Versorgungsleistung beitragspflichtig
nach §
229 Abs.
1 SGB V ist."
Er meint, diese Frage sei durch das BSG erneut zu klären, weil das zu diesem Themenkreis ergangene und vom LSG in Bezug genommene frühere Urteil des BSG vom 25.4.2012 (B 12 KR 26/10 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 16) hinsichtlich seiner betriebsrentenrechtlichen Bewertung zu kritisieren sei (vgl S 12 der Beschwerdebegründung).
Dieses Urteil basiere auf der Annahme, dass es sich bei der dort ausgezahlten Deckungsrückstellung um die Abfindung einer
unverfallbaren Anwartschaft auf Direktversicherungsleistungen im betriebsrentenrechtlichen Sinne des §
3 des
Betriebsrentengesetzes (
BetrAVG) gehandelt habe; diese Annahme sei aber unzutreffend. Das BSG habe verkannt, dass die betriebsrentenrechtlichen Voraussetzungen der Abfindung einer unverfallbaren Anwartschaft im entschiedenen
Fall nicht vorgelegen hätten; sie bestünden auch im vorliegenden Fall nicht. Die Auszahlung einer Deckungsrückstellung als
Abfindung einer unverfallbaren Anwartschaft sei betriebsrentenrechtlich unzulässig, weil die (Ausnahme-)Voraussetzungen des
§
3 Abs
2 und/oder Abs
3 BetrAVG in solchen Fällen nicht erfüllt seien (vgl S 9 f der Beschwerdebegründung). Die Deckungsrückstellung entspreche auch (wertmäßig)
nicht einer bis zum Ausscheiden erworbenen unverfallbaren Anwartschaft, weil sie anders berechnet werde (vgl S 10 f der Beschwerdebegründung).
Der Kläger begründet die von ihm für fehlerhaft gehaltene Annahme des BSG auch damit, dass sich dieses mit dem Topos einer erweiternden teleologischen Auslegung des §
229 Abs
1 SGB V nicht befasst habe (vgl S 11 der Beschwerdebegründung). Sei die Auszahlung der Deckungsrückstellung (richtigerweise) keine
Abfindung einer unverfallbaren Anwartschaft und auch nicht die vereinbarte Versicherungsleistung, so müsse (erst noch) höchstrichterlich
entschieden werden, ob sie wirklich beitragspflichtig sei.
Mit diesem Vorbringen genügt der Kläger den an die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache
gestellten Anforderungen nicht. Er bringt keine neuen Einwendungen vor bzw legt keine neuen Gesichtspunkte dar, die die aufgeworfene
Rechtsfrage trotz des bereits vorliegenden Urteils des BSG vom 25.4.2012, aaO, iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG als klärungsbedürftig geblieben oder wieder klärungsbedürftig geworden erscheinen lassen.
Mit seiner auf das genannte Urteil des BSG bezogenen Kritik der betriebsrentenrechtlichen Bewertung des als Deckungsrückstellung bezeichneten einmaligen Auszahlungsbetrags
als Abfindung einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft rügt der Kläger allgemein (nur), dass das BSG und - weil sich das Berufungsgericht dieser Bewertung angeschlossen hat - das LSG in der Sache fehlerhaft entschieden haben;
er unternimmt seinerseits eine an §
3 BetrAVG orientierte Prüfung, gelangt hier - für den vom BSG entschiedenen und den vorliegenden Fall - zu einem anderen Ergebnis und setzt seine (eigene) materiell-rechtliche Auffassung
an die Stelle der höchstrichterlich und vom LSG vertretenen Ansicht. Der Gesichtspunkt der materiellen Einzelfallgerechtigkeit
vermag eine Zulassung der Revision indessen nicht zu rechtfertigen; denn die Erfolgsaussicht in der Sache gehört nicht zu
den Zulassungsgründen. (Mögliche) Rechtsanwendungsfehler im konkreten Einzelfall verleihen der Rechtssache deshalb ebenso
wenig eine grundsätzliche Bedeutung wie Fehler in der (Sachverhalts- und) Beweiswürdigung. Mit (bloßen) Angriffen gegen die
Rechtsauffassung der Vorinstanz, die einen Einmalbetrag in Höhe der Deckungsrückstellung - die nichts anderes als eine Bezeichnung
für den zu Zwecken der Rechnungslegung bestimmten mathematischen Wert des (Kapital-)Lebensversicherungsvertrags ist - zu ihrer
Überzeugung als eine vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbarte oder zugesagte nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung
der betrieblichen Altersversorgung iS von §
229 Abs
1 S 3 Regelung 2
SGB V angesehen hat (vgl S 6 des Berufungsurteils), kann deshalb die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG weder erstmalig noch bei bereits vorliegender höchstrichterlicher Rechtsprechung dargelegt werden.
Auch das Vorbringen des Klägers, das BSG und - ihm folgend - das LSG hätten eine "erweiternde Auslegung" nicht geprüft (vgl S 11 der Beschwerdebegründung), begründet
keine als grundsätzlich anzusehende, klärungsbedürftige Rechtsfrage. Auch hiermit wird lediglich die fehlerhafte Anwendung
des Rechts - etwa der Grundsätze über die teleologische Auslegung - auf einen bestimmten Sachverhalt gerügt; im Übrigen haben
sich BSG und LSG im Wege der Auslegung des §
229 SGB V mit dessen Reichweite befasst. Eine weitere Klärung oder Fortentwicklung des Rechts wäre bei einer Revisionszulassung nicht
zu erwarten.
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.