Bestehen einer Familienversicherung
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob die Klägerin im
Dezember 2010 sowie in der Zeit vom 1.1.2012 bis zum 30.11.2014 in der Familienversicherung der Beklagten versichert war.
Die Klägerin übte die selbstständige Tätigkeit einer Tagesmutter im Auftrag des Jugendamtes aus und war zunächst bei der Beklagten
über ihren Ehemann familienversichert. Nachdem sie auf Anforderung der Beklagten ihre Einkommensteuerbescheide für die Jahre
2009, 2011 und 2012 eingereicht hatte, stellte die Beklagte eine Familienversicherung bis zum 30.11.2010 und erneut ab 1.12.2014
fest. In der dazwischen liegenden Zeit bestehe eine Pflichtversicherung nach §
5 Abs
1 Nr
13 SGB V. Eine Familienversicherung komme wegen Überschreitens der Einkommensgrenze nicht in Betracht. Hierfür seien die steuerpflichtigen
Einkünfte aus dem jeweiligen Steuerbescheid maßgebend. Ein Steuerbescheid werde mit dem Folgemonat nach seinem Erlass wirksam
und bleibe dies, bis er durch einen neuen Steuerbescheid abgelöst werde. Nach dem Steuerbescheid für das Jahr 2009 (erlassen
am 22.11.2010) werde die Einkommensgrenze überschritten. Dieser wirke für die Zeit vom 1.12.2010 bis einschließlich Juli 2014,
da die Steuerbescheide für die Jahre 2010 und 2011 jeweils am 23.7.2014 erlassen worden seien. Der näher an der Gegenwart
liegende Einkommensteuerbescheid für 2011 sei bis einschließlich November 2014 maßgebend gewesen, da der Einkommensteuerbescheid
für 2012 am 4.11.2014 erlassen worden sei. Erst danach ergebe sich wieder ein Gesamteinkommen, das die Durchführung der Familienversicherung
ab 1.12.2014 zulasse (Bescheid vom 20.7.2015).
Im Rahmen einer Anhörung zur Beitragshöhe in der Auffangpflichtversicherung wandte sich die Klägerin gegen die Einstellung
der Familienversicherung, da sie lediglich ein geringfügiges Einkommen habe. Die Beklagte wertete dies als Überprüfungsantrag,
den sie mit Bescheid vom 4.11.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3.8.2016 zurückwies. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 11.7.2018). Das LSG hat die Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, die Beklagte habe feststellen dürfen, dass eine Familienversicherung
in der Vergangenheit nicht bestanden habe. Die Grundsätze für die Einkommensermittlung bei freiwillig krankenversicherten
Selbstständigen seien auch für die Einkommensermittlungen im Rahmen von §
10 SGB V heranzuziehen. Da auf die Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts abzustellen sei, müsse die Beklagte schon aus Gründen
der Verwaltungspraktikabilität auf die Steuerbescheide Rückgriff nehmen können. Die steuerrechtliche Veranlagung erfolge zwar
erst im Nachhinein, also für abgelaufene Zeiträume, sie könne für die erforderliche zukunftsgerichtete Prognose aber immerhin
als Grundlage dienen. Auf lange Sicht würden Abweichungen zwischen den Prognosen und der tatsächlichen Entwicklung ausgeglichen
(Urteil vom 2.10.2020).
Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen
(§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG). Die Klägerin hat den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) entgegen §
160a Abs
2 Satz 3
SGG nicht hinreichend dargelegt.
1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen,
welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit
oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten
(Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17; BSG Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - juris RdNr 6 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre
nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage
im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31 S 48; BSG Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - juris RdNr 6). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Die Klägerin wirft die Frage auf,
"ob zur Überprüfung des Einkommens im Rahmen der Familienversicherung auf den jeweils vorliegenden aktuellsten Steuerbescheid
der vergangenen Jahre zurückgegriffen werden darf oder nicht."
Die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage ist jedoch nicht hinreichend dargelegt. Eine Rechtsfrage ist dann höchstrichterlich
geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese bereits beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich
entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte
zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN).
Die Klägerin führt zwar aus, dass es zu der aufgeworfenen Frage divergierende Rechtsprechung der LSG gebe. Es fehlt aber an
der Darlegung, inwieweit die bereits ergangene Rechtsprechung des BSG noch Klärungsbedarf offenlässt. Denn die Klägerin setzt sich mit der langjährigen Rechtsprechung des Senats zur Ermittlung
des beitragsrechtlich relevanten Gesamteinkommens allein mit Hilfe von Einkommensteuerbescheiden (vgl nur BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 21/11 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 19 RdNr 21 ff mwN) nicht auseinander. Sie legt auch keine Gründe dafür dar, warum diese Rechtsprechung im Rahmen der Familienversicherung keine
Anwendung finden sollte. Zudem entsprechen die im streitigen Zeitraum geltenden Fassungen der hier anzuwendenden Vorschriften
sowohl des §
10 SGB V als auch des §
240 SGB V nach grundlegenden Gesetzesänderungen nicht mehr der aktuellen Rechtslage. Vor diesem Hintergrund hätte es auch Ausführungen
dazu bedurft, dass die aufgeworfene Rechtsfrage weiterhin klärungsbedürftig ist, zB weil sie sich nach der aktuellen Rechtslage
in gleicher Weise stellt oder weil noch eine erhebliche Anzahl von Fällen zu entscheiden ist. Hiermit setzt sich die Beschwerdebegründung
aber nicht auseinander.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §
193 Satz 1
SGG.