Anerkennung von Berufskrankheiten
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Verletzung der Sachaufklärungspflicht
Gründe
I
Mit vorbezeichnetem Urteil hat es das LSG abgelehnt, den Bescheid vom 3.6.2014, den Widerspruchsbescheid vom 14.1.2015 sowie
den Gerichtsbescheid vom 8.2.2019 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Berufskrankheiten (BKen) nach den Nrn 1302,
1303, 1304, 1315, 1317, 1318 und 4302 der Anl 1 zur
BKV sowie eine Wie-BK anzuerkennen und dem Kläger Übergangsleistungen zu gewähren, hilfsweise ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts neu zu bescheiden.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde eingelegt und Verletzungen der tatrichterlichen
Sachaufklärungspflicht (dazu A.) und seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (dazu B.) geltend gemacht sowie Berichtigungsanträge gestellt (dazu C.).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht formgerecht
begründet ist (§
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 SGG). Der geltend gemachte Zulassungsgrund des Vorliegens von Verfahrensmängeln, auf denen die angefochtene Entscheidung beruhen
kann (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 1
SGG), ist entgegen §
160a Abs
2 Satz 3
SGG nicht hinreichend bezeichnet.
A. Wird ein Verfahrensmangel auf Verletzungen der Sachaufklärungspflicht (§
103 SGG) gestützt, muss "er sich auf einen Beweisantrag beziehen, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist" (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG). Um den Verfahrensmangel ordnungsgemäß zu bezeichnen (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG), muss die Beschwerdebegründung (a) einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, prozessordnungsgemäßen Beweisantrag
bezeichnen, (b) die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten
erscheinen müssen, (c) die Tatumstände darlegen, die den Beweisantrag betreffen und weitere Sachaufklärung erfordert hätten,
(d) das voraussichtliche Ergebnis der unterbliebenen Beweisaufnahme angeben und (e) schildern, dass und warum die Entscheidung
des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG also von seinem Rechtsstandpunkt aus
zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis hätte gelangen können, wenn es das behauptete Ergebnis der unterlassenen Beweisaufnahmen
gekannt hätte (BSG Beschlüsse vom 26.5.2020 - B 2 U 214/19 B - juris RdNr 5, vom 30.1.2020 - B 2 U 152/19 B - juris RdNr 8 und grundlegend vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 5 sowie vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN). Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
I. Die Beschwerdebegründung behauptet (Seiten 4, 8 und 14/5, 26/9) zu den medizinischen Voraussetzungen seien im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16.9.2021 folgende Beweisgesuche als Hilfsanträge
wiederholt worden:
1. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass beim Kläger die Berufskrankheiten Nr. 1302, 1303, 1304, 1315, 1317, 1318 und
4302 der Anlage zur Berufskrankheiten- Verordnung vorliegen, hilfsweise in der Zeit vom 12.07.2011 bis 30.06.2020 vorgelegen
haben, durch die Einholung eines medizinischen, hämatologischen und internistischen Sachverständigengutachtens" (Ziffer 4.6),
2. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass die Berufskrankheit Nr. 1303 durch die berufliche Exposition mit Benzol, mit
seinen Homologen und/oder Styrol verursacht wurde, durch die Einholung eines medizinischen, hämatologischen und internistischen
Sachverständigengutachtens" (Ziffer 4.8),
3. "Beweis zu erheben, dass die Berufskrankheit Nr. 1318 durch die berufliche Exposition mit Benzol verursacht wurde, durch
die Einholung eines medizinischen, hämatologischen und internistischen Sachverständigengutachtens" (Ziffer 4.12),
4. "Beweis zu erheben, dass bei ihm eine Wie-Berufskrankheit durch die Einwirkung von Ethylacetat verursacht wurde, durch
die Einholung eines medizinischen, hämatologischen und internistischen Sachverständigengutachtens" (Ziffer 4.15),
5. "Beweis zu erheben, dass die Berufskrankheit Nr. 1302 durch die berufliche Exposition mit Halogenkohlenwasserstoffen verursacht
wurde, durch die Einholung eines medizinischen, hämatologischen und internistischen Sachverständigengutachtens" (Ziffer 4.7),
6. "Beweis zu erheben, dass die Berufskrankheit Nr. 1304 durch die berufliche Exposition mit Nitro- oder Aminoverbindungen
des Benzols oder seiner Homologe oder ihrer Abkömmlinge verursacht wurde, durch die Einholung eines medizinischen, hämatologischen
und internistischen Sachverständigengutachtens" (Ziffer 4.9),
7. "Beweis zu erheben, dass die Berufskrankheit Nr. 1315 durch die berufliche Exposition mit Isocyanaten verursacht wurde,
durch die Einholung eines medizinischen, hämatologischen und internistischen Sachverständigengutachtens" (Ziffer 4.10),
8. "Beweis zu erheben, dass die Berufskrankheit Nr. 1317 durch die berufliche Exposition mit organischen Lösungsmitteln verursacht
wurde, durch die Einholung eines medizinischen, hämatologischen und internistischen Sachverständigengutachtens" (Ziffer 4.11),
9. "Beweis zu erheben, dass die Berufskrankheit Nr. 4302 durch die berufliche Exposition mit chemisch-irritativ oder toxisch
wirkenden Stoffen verursacht wurde, durch die Einholung eines medizinischen, hämatologischen und internistischen Sachverständigengutachtens"
(Ziffer 4.13),
10. "Beweis zu erheben, dass er aufgrund der durch die berufliche Exposition mit den genannten Stoffen eingetretenen Gesundheitsschädigungen
gezwungen war, seine Tätigkeit für die W GmbH zu beenden, durch die Einholung eines medizinischen, hämatologischen und internistischen
Sachverständigengutachtens" (Ziffer 4.14),
11. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass das gerichtliche Sachverständigengutachten des Herrn A vom 16.03.2020 belegt,
dass beim Kläger im Zeitraum von Juli 2011 bis zur Normalisierung der Blutwerte im Jahr 2017 eine Leuko- und Thrombopenie
vorlag, die in zeitlichem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Klägers steht, durch die Einholung eines medizinischen,
hämatologischen Sachverständigengutachtens" (Ziffer 4.1),
12. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass nach dem gerichtlichen Sachverständigengutachten des Herrn A vom 16.03.2020
die zwischenzeitlich eingetretene Besserung der Blutwerte derzeit gegen einen dauernden toxischen Schaden spricht, jedoch
eine Verschlechterung der Blutwerte in der Zukunft ggf. neuerlich auf einen solchen Zusammenhang geprüft werden müsste, da
die Entstehung klonaler Erkrankungen unter Umständen nach Exposition mit toxischen Substanzen erst Jahre danach apparent werden
kann, durch die Einholung eines medizinischen, hämatologischen Sachverständigengutachtens" (Ziffer 4.2),
13. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass beim Kläger eine - möglicherweise ausgeheilte - Berufskrankheit in der Zeit
von Juli 2011 bis zur Besserung der Blutwerte in 2017 vorlag, durch die Einholung eines medizinischen, hämatologischen Sachverständigengutachtens"
(Ziffer 4.3),
14. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass die Annahmen zum fehlenden Zusammenhang zwischen beruflicher Exposition und
den Blutbildveränderungen im Gutachten im Verwaltungsverfahren des Herrn T vom 25.10.2013 und im angegriffenen erstinstanzlichen
Urteil nicht stichhaltig sind, durch die Einholung eines medizinischen, hämatologischen Sachverständigengutachtens" (Ziffer
4.4),
15. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass die Bizytopenie - entsprechend dem gerichtlichen Sachverständigengutachten
- durch sämtliche Untersuchungen in der F-klinik in den Jahren 2011 und 2012, und die nachfolgenden ärztlichen Untersuchungen
belegt war, durch die Einholung eines medizinischen, hämatologischen Sachverständigengutachtens" (Ziffer 4.5),
16. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass das Gutachten des Herrn T teilweise auf bloßen Vermutungen beruht, durch die
Einholung eines medizinischen, hämatologischen und internistischen Sachverständigengutachtens" (Ziffer 4.16),
17. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass selbst wenn die genannten Berufskrankheiten zwischenzeitlich ganz oder teilweise
ausgeheilt sein sollten, ein weitergehender Schaden durch die berufliche Exposition weiterhin möglich ist, sowie zum Beweis
dafür, dass zumindest im Zeitraum vom 12.07.2011 bis 30.06.2020 Berufskrankheiten, insbesondere die BK 1303, 1304, 1317 und
1318, sowie eine Wie-Berufskrankheit verwirklicht wurden, durch die Einholung eines medizinischen, hämatologischen und internistischen
Sachverständigengutachtens" (Ziffer 4.33),
18. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass für ihn die Gefahr, dass eine Berufskrankheit entsteht, wiederauflebt oder
sich verschlimmert, bestanden hat und besteht, durch die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens" (Ziffer
4.34)
19. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass der Kläger die gefährdende Tätigkeit spätestens ab 2015 unterlassen hat, weil
die Gefahr fortbestanden hat, dass eine Berufskrankheit entsteht, wiederauflebt oder sich verschlimmert, durch die Einholung
eines medizinischen Sachverständigengutachtens" (Ziffer 4.35),
20. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass das Gutachten des Herrn T eine Malariainfektion unterstellt, eine solche beim
Kläger jedoch nicht vorlag und nicht nachgewiesen war, durch die Einholung eines medizinischen, hämatologischen und internistischen
Sachverständigengutachtens" (Ziffer 4.17).
Damit hat der Kläger keine prozessordnungskonformen Beweisanträge bezeichnet, die jeweils bestimmte Tatsachenbehauptungen
und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache erfordern (BSG Beschlüsse vom 7.2.2017 - B 13 R 389/16 B - juris RdNr 5, vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6 mwN). Mit Blick auf die Beweisgesuche 1 bis 3, 5 bis 9, 13 und 17 verkennt der Kläger bereits, dass die Rechtsfrage, ob eine bestimmte
BK vorliegt oder nicht vorliegt, dem Beweis durch Sachverständige von vornherein nicht zugänglich ist. Stattdessen hätte er
Art, Intensität und Ausmaß der Beschwerden und gesundheitlichen Defizite (Leistungsstörungen) konkret, detailliert und substantiiert
beschreiben und diese Tatsachenbehauptungen unter (medizinischen) Sachverständigenbeweis stellen müssen. Soweit die BKen 1302,
1303, 1304 und 1315 in ihren Tatbeständen zwar bestimmte Schadstoffe (zB Halogenkohlenwasserstoffe, Benzol, Isocyanate) bezeichnen,
aber keine konkrete Erkrankung benennen (sog offene BK-Tatbestände, vgl dazu BSG Urteil vom 30.3.2017 - B 2 U 6/15 R - BSGE 123, 24 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 1103 Nr 1, RdNr 14), hätte er in den Beweisgesuchen 2, 5, 6 und 7 als zu begutachtende Punkte (§
403 ZPO iVm §
118 Abs
1 Satz 1
SGG) die Erkrankung, wenigstens aber die Symptome und Defizite (Funktions- oder Fähigkeitsstörungen), die seines Erachtens aus
dem beruflichen Kontakt mit den erwähnten Schadstoffen resultieren, schildern und zumindest hypothetisch umreißen müssen,
was die Beweisaufnahme aus seiner Sicht ergeben hätte (BSG Beschluss vom 7.10.2016 - B 9 V 28/16 B - juris RdNr 14). Der Kläger verkennt, dass die haftungsbegründende Kausalität erst beurteilt werden kann, wenn der einwirkende Schadstoff
und die Erkrankung feststehen. Dasselbe gilt für die geltend gemachte Wie-BK durch Einwirkung von Ethylacetat (Beweisgesuch 4). Keinesfalls genügt es, abstrakt "Gesundheitsschädigungen" unter Beweis zu stellen, ohne im Einzelnen zu erläutern, in welchen
Körperregionen oder Organbereichen welche Beeinträchtigungen (Art, Häufigkeit, Dauer und Intensität von Beschwerden in bestimmten
Körperregionen) bestehen (Beweisgesuch 10). Soweit die BKen 1317, 1318 und 4302 konkrete Krankheiten (Polyneuropathie, Enzephalopathie; Erkrankungen des Blutes, des
blutbildenden und des lymphatischen Systems; obstruktive Atemwegserkrankungen) voraussetzen, legt der Kläger in den Beweisgesuchen
3, 8 und 9 nicht schlüssig dar, an diesen (welchen? allen?) Erkrankungen zu leiden bzw entsprechende Symptome zu haben. Wenn
er behauptet, an Blutwert- bzw -bildveränderungen oder einer Bizytopenie (Leuko- und Thrombozytopenie) zu leiden bzw im Zeitraum
vom 12.7.2011 bis 30.6.2020 gelitten zu haben, hätte er in den Beweisgesuchen 11 bis 15 aufzeigen müssen, auf welche Schadstoffe
er diese Erkrankungen zurückführt. Sofern er in den Beweisgesuchen 11 und 12, 14 bis 16 und 20 zur Widerlegung des Verwaltungsgutachtens
von T bzw zur Bestärkung des Gerichtsgutachtens A die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens von Amts wegen fordert,
geht er nicht auf die Voraussetzungen ein, von denen nach §
118 Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
412 Abs
1 ZPO die Verpflichtung des Gerichts zur Einholung eines weiteren Gutachtens abhängt (vgl BSG Beschlüsse vom 10.3.2016 - B 13 R 93/15 B - juris RdNr 10, vom 18.1.2016 - B 13 R 413/15 B - RdNr 7, vom 25.4.2013 - B 13 R 29/12 B - juris RdNr 9 und vom 20.12.2012 - B 13 R 333/12 B - juris RdNr 7). Soweit er mit den Beweisgesuchen 12, 17 und 18 zukünftige Schäden bzw mögliche Verschlechterungen seines Gesundheitszustandes
in der Zukunft thematisiert, zeigt er nicht auf, inwiefern künftige Zustände gegenwärtig relevant sein und bereits jetzt festgestellt
werden könnten.
Darüber hinaus legt die Beschwerdebegründung weder in nachvollziehbarer Weise den festgestellten Sachverhalt (§
163 SGG) noch die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts dar, sodass auch nicht aufgezeigt ist, dass die angefochtene Entscheidung
- ausgehend von der materiellen Rechtsansicht des LSG - auf dem angeblichen Verfahrensmangel beruhen kann. Keinesfalls genügt
es für die notwendige Angabe der Tatumstände, dass sich die Beschwerdebegründung (Seite 2) pauschal "auf die Sachverhaltsdarstellung des Berufungsgerichts beruft" und sie - durch nicht festgestellte und damit irrelevante
Tatsachen - lediglich ergänzt.
II. Zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen behauptet die Beschwerdebegründung (Seiten 17/8), dass im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16.9.2021 folgende Beweisgesuche als Hilfsanträge wiederholt worden seien:
1. "Beweis zu erheben, zum Beweis für die berufliche Exposition und Einwirkung der chemischen Stoffe Benzol, seiner Homologen
und Styrol, Halogenkohlenwasserstoffe, Nitrooder Aminoverbindungen des Benzols oder seiner Homologe oder ihrer Abkömmlinge,
organische Lösungsmittel, Ethylacetat und Isocyanate auf den Kläger während seiner langjährigen Arbeitstätigkeit für die Firma
W GmbH, zunächst als Leiharbeiter, dann im Arbeitsverhältnis, durch die Vernehmung der Zeugen Herrn K1, Herrn C, zu laden
über die W GmbH, Herrn K2, zu laden über die W GmbH, Herrn U, Produktionsleiter, zu laden über die W GmbH, Herrn J, zu laden
über die W GmbH und die Einholung eines arbeitsmedizinischen Sachverständigengutachtens" (Ziffer 4.18),
2. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass der Kläger während seiner Arbeitstätigkeit für die W GmbH ab 2005, zumindest
ab dem Monat 02/2006 dauerhaft langjährig den folgenden chemischen Stoffen, Benzol, seinen Homologen und Styrol, Halogenkohlenwasserstoffen,
Nitro- oder Aminoverbindungen des Benzols oder seiner Homologe oder ihrer Abkömmlinge, organischen Lösungsmitteln, Ethylacetat,
sowie chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffe, ausgesetzt war durch die Vernehmung der Zeugen Herrn K1, Herrn C,
zu laden über die W GmbH, Herrn K2, zu laden über die W GmbH, Herrn U, Produktionsleiter, zu laden über die W GmbH, Herrn
J, zu laden über die W GmbH, und die Einholung eines arbeitsmedizinischen Sachverständigengutachtens" (Ziffer 4.19),
3. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass der Kläger während seiner Arbeitstätigkeit für die W GmbH ab 2005, zumindest
ab dem Monat 02/2006 dauerhaft lang-jährig der Einwirkung von Isocyanaten ausgesetzt war, durch die Vernehmung der Zeugen
Herrn K1, Herrn C, zu laden über die W GmbH, Herrn K2, zu laden über die W GmbH, Herrn U, Produktionsleiter, zu laden über
die W GmbH, Herrn J, zu laden über die W GmbH, und die Einholung eines arbeitsmedizinischen Sachverständigengutachtens" (Ziffer
4.20).
Ferner behauptet die Beschwerdebegründung (Seiten 23/6), "in der Berufungsinstanz" seien "folgende weitere Beweisanträge gestellt" und jeweils "im Termin zur mündlichen Verhandlung
am 16.09.2021 als Hilfsantrag wiederholt" worden:
"Jeweils dadurch der Firma W GmbH die Vorlage der Dokumentation des Produktionsablaufes für die Jahre 2005 bis 2013 aufzugeben,
sowie durch die Vernehmung der Zeugen Herrn K1, Herrn C, zu laden über die W GmbH, Herrn K2, zu laden über die W GmbH, Herrn
U, Produktionsleiter, zu laden über die W Gmbh, Herrn J, zu laden über die W GmbH"
4. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass die in der behördlichen Verwaltungsakte vorliegenden Stellungnahme Arbeitsplatzexposition
der Beklagten vom 19.02.2013 (BI. 276 bis 281 der behördlichen Verwaltungsakte) und die Stellungnahme und Formblätter der
Firma W GmbH vom 27.09.2012 (BI. 132 bis 145 der behördlichen Verwaltungsakte), jeweils zuzüglich der zugehörigen Sicherheitsdatenblätter,
in großem Umfang unrichtige Angaben enthalten" (Ziffer 4.21),
5. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass die W GmbH PU-Härter und Metallkleber, Holzkleber und EP-Kleber hergestellt
hat und herstellt, und zum Beweis dafür, dass der Kläger von 2005 bis 2013 in dem Produktionsbereich, in dem PU-Härter, PU-Harze
usw. hergestellt wurden, gearbeitet hat" (Ziffer 4.22),
6. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass der Kläger über die Angaben der Firma W GmbH in der Stellungnahme und den Formblättern
vom 27.09.2012 hinaus an fünf verschiedenen Arbeitsplätzen, nämlich in der 'großen Produktion', in der 'kleinen Produktion',
im Bereich Verkitters, den bereits genannten 'Glasmaschinen' und im Bereich Würkitts, tätig war" (Ziffer 4.23),
7. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass der Kläger entgegen der Angaben der Arbeitgeberfirma auch in den Bereichen Vorbereitung
und Abfüllen bei der großen und kleinen Produktion mit Isocyanaten gearbeitet hat und Kontakt zu Isocyanaten hatte" (Ziffer
4.24),
8. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass täglich in 8-Stunden-Schichten u. a. folgenden Produkte, die Härter EP20, PU
300E, 801, B10, B20, Verkitter PD4, PD45, produziert wurden und werden, und diese Isyocyanate, Benzol, Ethan plus die Füllstoffe
HDK N20, HDK 20, Aerosil, Calium, Tacium, enthalten" (Ziffer 4.25),
9. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass an den Arbeitsplätzen im Bereich Abfüllen in großem Umfang Mischungen erstellt
wurden und werden, hierfür Kessel erhitzt werden, und die einzelnen Stoffe für die Mischungen in Mengen von 1 kg bis 200 kg
eingefüllt, gemischt und nach Standzeiten gerührt werden" (Ziffer 4.26),
10. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass sich dabei Dämpfe, Nebel bilden, und der Kläger und die anderen Mitarbeiter
den Stoffen in gasförmigem oder festem Zustand über die Atmung und Haut ausgesetzt sind, sowie zum Beweis dafür, dass sich
u. a. Aerosile PU 552FL, PU 445FL bilden" (Ziffer 4.27),
11. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass bei dem Vorgang der Abfüllung ein Austritt der genannten Stoffe in die Raumluft
und somit die Exposition der Arbeiter stattfindet" (Ziffer 4.28),
12. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass die W GmbH zwei Standorte hat, die Produktion von 2005 bis 2007 noch in der
Z-straße in O war, dann ein Umzug zum jetzigen Standort in der S-straße stattfand, sowie zum Beweis dafür, dass in der Z-straße
überhaupt keine Absaugvorrichtung zur Lüftung bestand und in der S-straße die dortigen Lüftungs-Vorrichtungen des öfteren
kaputt waren und nicht verwendet werden konnten" (Ziffer 4.30),
13. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass außerhalb der Arbeitsplätze an den Würkitt-Maschinen jeweils zwei Arbeitnehmer
pro Arbeitsplatz eingesetzt waren, dass dabei im Betrieb täglich Verkittharze hergestellt wurden und werden, sowie zum Beweis
dafür, dass die dargestellte Exposition mit Isocyanaten, Styrol, Benzol und den anderen dargelegten Stoffen auf allen Arbeitsplätzen
in der sogenannten großen und kleinen Produktion im Arbeitsablauf täglich gegeben war" (Ziffer 4.31),
14. "Beweis zu erheben, zum Beweis dafür, dass der Arbeitsablauf gezeigt hat, dass die Arbeitnehmer nicht mit einem achtstündigen
Einsatz in einer Stunde 20 Kessel waschen, abfüllen und befüllen konnten, sowie zum Beweis dafür, dass während der Tätigkeit
des Klägers für die Firma W GmbH auf jedem Arbeitsplatz 2 Schichten mit je acht Arbeitnehmern gegeben waren und die Vorgabe
von Seiten der Betriebsleitung war, dass pro Schicht 30 Tonnen Produkte hergestellt wurden" (Ziffer 4.32).
Die Beschwerdebegründung erläutert indes nicht, warum sich das LSG von seinem Rechtsstandpunkt aus zu den beantragten Zeugenvernehmungen
über die Einwirkung der genannten Schadstoffe während der Tätigkeit des Klägers bei der W GmbH hätte gedrängt fühlen müssen,
obwohl es bereits die medizinischen Voraussetzungen der geltend gemachten BKen verneint hat. Damit bleibt zugleich offen,
dass und warum das LSG zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis hätte gelangen können, wenn es das behauptete Ergebnis
der unterlassenen Beweisaufnahmen gekannt hätte. Schließlich lässt die Beschwerdebegründung unerörtert, inwiefern ein aktuelles
arbeitsmedizinisches Sachverständigengutachten (vgl die Beweisgesuche 1 bis 3) Aussagen zu konkreten Schadstoffeinwirkungen in der Vergangenheit ("ab 2005") machen könnte. Vor diesem Hintergrund legt
sie insbesondere nicht schlüssig dar, warum die Annahme des LSG fehlerhaft sein könnte, dass "für den Antrag auf Einholung
eines arbeitstechnischen Gutachtens keine genügenden Anhaltspunkte vorlägen" (Seite 20 der Beschwerdebegründung). Aufgabe des Sachverständigen ist es, dem Gericht besondere Erfahrungssätze oder Kenntnisse des jeweiligen Fachgebietes zu
vermitteln oder aufgrund von besonderen Erfahrungssätzen oder Fachkenntnissen Schlussfolgerungen aus einem feststehenden Sachverhalt
zu ziehen. Um welche Erfahrungssätze es vorliegend gehen könnte und auf welchen feststehenden Sachverhalt sie anwendbar sein
könnten, deuten die Beweisgesuche noch nicht einmal an.
Soweit der Kläger (im "Vorspann" zu den Beweisgesuchen 4 bis 14) schließlich begehrt, "der Firma W GmbH die Vorlage der Dokumentation des Produktionsablaufes für die Jahre 2005 bis 2013
aufzugeben", hat er auch damit keine prozessordnungskonformen Beweisanträge im Rahmen des Urkundenbeweises bezeichnet. Befindet
sich die Urkunde (hier: "Dokumentation des Produktionsablaufes") nach der Behauptung des Beweisführers in den Händen eines
Dritten (hier: "W GmbH"), so wird der Beweis gemäß §
118 Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
428 ZPO durch den Antrag angetreten, zur Herbeischaffung der Urkunde(n) eine Frist zu bestimmen oder eine Anordnung nach §
142 ZPO zu erlassen. Zur Begründung des nach §
428 ZPO zu stellenden Antrages hat der Beweisführer den Erfordernissen des §
424 Nr 1 bis 3, 5
ZPO zu genügen und außerdem glaubhaft zu machen, dass die Urkunde sich in den Händen des Dritten befinde (§
118 Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
430 ZPO). Nach §
424 ZPO soll der Antrag ua enthalten: die Bezeichnung der Urkunde (Nr 1), die Bezeichnung der Tatsachen, die durch die Urkunde bewiesen werden sollen (Nr 2), die möglichst vollständige Bezeichnung des Inhalts der Urkunde (Nr 3) und die Bezeichnung des Grundes, der die Verpflichtung zur Vorlegung der Urkunde ergibt (Nr 5). Diesen Anforderungen werden die Beweisanträge nicht einmal ansatzweise gerecht. Der Kläger beschreibt schon nicht, welche
Urkunde(n) oder Teile der Geschäftsunterlagen er für erheblich hält und welchen Inhalt sie haben sollen; der Antrag, ganze
Akten, (komplette) Geschäftsunterlagen oder "Dokumentationen" aus einem neunjährigen Zeitraum ("2005 bis 2013") beizuziehen,
genügt den Individualisierungsanforderungen keinesfalls. Außerdem legt der Kläger nicht dar, dass sich die Unterlagen (aufgrund
welcher Aufbewahrungspflichten?) noch im Besitz der W GmbH befinden und warum sie zur Vorlage der Urkunden ("Geschäftsunterlagen")
verpflichtet sein könnte.
III. Soweit der Kläger die Nichteinholung eines weiteren Sachverständigengutachtens nach §
109 SGG rügt (Seiten 3, 22 der Beschwerdebegründung), verkennt er, dass auf Verstöße gegen diese Norm nach ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung in §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kein Verfahrensmangel gestützt werden kann (BSG Beschluss vom 22.6.2004 - B 2 U 78/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 4 RdNr 3). Dieser Ausschluss gilt ausnahmslos und uneingeschränkt für jede fehlerhafte Anwendung der genannten Vorschrift (vgl BSG Beschluss vom 30.5.2006 - B 2 U 86/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 9 RdNr 4 und grundlegend BSG Beschluss vom 31.1.1979 - 11 BA 129/78 - SozR 1500 § 160 Nr 34), was verfassungsrechtlich unbedenklich ist (BVerfG <Kammer> Beschluss vom 12.4.1989 - 1 BvR 1425/88 - SozR 1500 § 160 Nr 69; BSG Beschlüsse vom 25.5.2009 - B 5 R 126/09 B - juris RdNr 6 und vom 7.3.2000 - B 9 V 75/99 - juris RdNr 3).
B. Soweit der Kläger mit den parallel erhobenen Gehörsrügen (§
62 SGG, Art
103 Abs
1 GG) mangelhafte Sachaufklärung geltend macht (Seiten 20 f, 26 der Beschwerdebegründung), kommt ihnen keine eigenständige Bedeutung zu. Zwar kann der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt sein, wenn
die Nichtberücksichtigung eines Beweisantrags im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (vgl BVerfG <Kammer> Beschlüsse vom 25.3.2020 - 2 BvR 113/20 - juris RdNr 45, vom 18.1.2008 - 2 BvR 313/07 - NVwZ 2008, 669, 670 und vom 24.10.2007 - 1 BvR 1086/07 - BVerfGK 12, 346, 350 f jeweils mwN). Allerdings dürfen auch in diesen Fällen die besonderen gesetzlichen Anforderungen an die Sachaufklärungsrüge durch ein Ausweichen
auf die Gehörsrüge nicht umgangen werden (BSG Beschlüsse vom 14.4.2009 - B 5 R 206/08 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 18 RdNr 6, 9 und vom 22.10.2008 - B 5 KN 1/06 B - juris RdNr 15). Andernfalls liefen die Beschränkungen, die §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG für die Sachaufklärungsrüge normiert, im Ergebnis leer (BSG Beschluss vom 6.2.2007 - B 8 KN 16/05 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 12 RdNr 7). Deshalb hängt die Zulässigkeit der Beschwerde ausschließlich von den Voraussetzungen der Sachaufklärungsrüge ab. Den sich
daraus ergebenden Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung - wie dargestellt - nicht gerecht.
Soweit die Beschwerdebegründung (Seiten 13, 21, 30) schließlich rügt, "das Berufungsgericht" habe "gegenüber dem Kläger keinen richterlichen Hinweis erteilt … , auf welche genauen
Angaben des Sachverständigengutachtens des Herrn T es voraussichtlich seine Entscheidung stützen wird", verkennt sie, dass
kein allgemeiner Verfahrensgrundsatz existiert, der das Gericht verpflichten würde, die Beteiligten vor einer Entscheidung
auf eine in Aussicht genommene bestimmte Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise
leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern (vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom 23.2.2007 - 1 BvR 2368/06 - BVerfGK 10, 330, 334; BSG Beschluss vom 13.10.1993 - 2 BU 79/93 - SozR 3-1500 § 153 Nr 1 S 3; BSG Beschlüsse vom 1.2.2017 - B 1 KR 90/16 B - juris RdNr 7, vom 5.3.2007 - B 4 RS 58/06 B - juris RdNr 9 und vom 21.9.2006 - B 12 KR 24/06 B - juris RdNr 9). Die Pflicht zur Gehörsgewährung bedeutet nur, dass den Beteiligten die vom Gericht eingeholten bzw beigezogenen Tatsachen
und Beweisergebnisse bekannt sein müssen. Dies hat der Kläger nicht in Abrede gestellt. Das Gericht muss ihm aber nicht mitteilen,
welche Schlussfolgerungen es aus den Tatsachen bzw Beweisergebnissen zieht bzw ziehen wird (vgl BSG Beschluss vom 17.7.2007 - B 6 KA 14/07 B - BeckRS 2007, 46399 RdNr 7). Denn die tatsächliche und rechtliche Würdigung ergibt sich regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung. Warum vorliegend
etwas anderes in Betracht kommen könnte, lässt die Begründung unerörtert.
C. Wenn der Kläger schließlich um Berichtigung des Tatbestandes bzw seiner Beweisanträge bittet (Seiten 3/4 der Beschwerdebegründung), kann dies nur außerhalb des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens in den Berichtigungsverfahren nach §§
138,
139,
122 SGG iVm §
164 ZPO vor dem LSG erfolgen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§
183,
193 SGG.