Auslegung von Vorschriften in Landesverträgen zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer einer Krankenhausbehandlung, Haftung
der Krankenkasse für Fehler des MDK
Gründe:
I
Die klagende Stiftung ist Trägerin der S. Klinik in N. , in der eine - inzwischen verstorbene - Versicherte
der beklagten Krankenkasse (W. P. ) in der Zeit vom 25. Dezember 2000 bis zum 11. Januar 2001 vollstationär behandelt
worden war. Die bereits seit längerer Zeit an einer Herz-Kreislauf-Schwäche und Atemwegsbeschwerden leidende Versicherte war
nach einem mehrwöchigen Aufenthalt in diesem Krankenhaus (14. November bis 22. Dezember 2000), dessen Kosten nach Überprüfung
durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) von der Beklagten getragen worden sind, nach nur drei Tagen in
häuslicher Umgebung (C. -F. -Haus) wegen einer akuten Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes als Notfall wieder
zur stationären Behandlung eingewiesen worden. Auf den bei ihr am 28. Dezember 2000 eingegangenen Kostenübernahmeantrag des
Krankenhauses vom 27. Dezember 2000 erteilte die Beklagte mit Schreiben vom 4. Januar 2001, das im Krankenhaus am 8. Januar
2001 einging, eine Kostenzusage bis zum 3. Januar 2001, was der angegebenen voraussichtlichen Verweildauer von zehn Tagen
entsprach. Mit Verlängerungsantrag vom 10. Januar 2001, der die Beklagte am 15. Januar 2001 erreichte, beantragte das Krankenhaus
eine weitere Kostenzusage bis zum 11. Januar 2001, weil die stationäre Behandlung aus medizinischen Gründen ("rezidivierende
Bronchospastik, Abklärung und Ausschluss eines Lungentumors erforderlich") bis dahin fortgesetzt werden müsse. Am 11. Januar
2001 wurde die Versicherte aus dem Krankenhaus entlassen.
Die Beklagte veranlasste am 16. Januar 2001 ohne vorherige Anforderung eines Kurzberichts des Krankenhauses eine Überprüfung
der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung der Versicherten für die Zeit ab 4. Januar 2001 durch den MDK, der nach Beiziehung
des Entlassungsberichts, der Fieberkurve und der Pflegedokumentation in seinem "Sozialmedizinischen Gutachten" vom 29. März
2001 zu dem Ergebnis kam, die Versicherte hätte nach Anpassung der Medikation spätestens am 5. Januar 2001 aus der stationären
Behandlung entlassen werden können. Die dann noch erforderlichen medizinischen Maßnahmen hätten "poststationär" bzw unter
ambulanten Bedingungen durchgeführt werden können. Die Beklagte beschränkte daraufhin ihre Kostenzusage auf die Zeit bis zum
5. Januar 2001; für die Folgezeit lehnte sie die Kostenübernahme ab (Schreiben vom 4. April 2001). Die Einwendungen des Krankenhauses
vom 25. Juni 2001 legte die Beklagte erneut dem MDK vor, der in seinem Gutachten vom 8. August 2001 bei seiner Einschätzung
blieb, die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ab 6. Januar 2001 sei den vorgelegten Unterlagen des Krankenhauses nicht
zu entnehmen. Die Beklagte lehnte deshalb eine Kostenübernahme über den 5. Januar 2001 hinaus erneut ab (Schreiben vom 13.
August 2001).
Auf die am 24. Oktober 2001 eingegangene Kostenrechnung des Krankenhauses, die eine Zahlungsfrist bis zum 5. November 2001
enthielt, überwies die Beklagte am 25. Oktober 2001 für die stationäre Behandlung der Versicherten in der Zeit vom 1. bis
zum 5. Januar 2001 einen Betrag von 1.704,17 EUR. Die restlichen Behandlungskosten für die Folgezeit in Höhe von ebenfalls
1.074,17 EUR (damals 2.100,90 DM) hat sie nicht beglichen. Die Behandlungskosten für die Zeit vom 25. bis zum 31. Dezember
2000 waren zuvor gesondert berechnet und von der Beklagten bezahlt worden (1.553,28 EUR).
Mit der am 27. November 2001 erhobenen Klage hat die Klägerin die noch offenen Behandlungskosten mit der Begründung geltend
gemacht, die Fortsetzung der stationären Behandlung bis zum 11. Januar 2001 sei erforderlich gewesen. Bei der Versicherten
habe es sich um eine multimorbide Patientin gehandelt, die wegen der schweren Atemnotattacken bis zum 4. Januar 2001 mit parenteraler
(unter Umgehung des Verdauungstraktes) Medikation behandelt worden sei. Die notwendige Thorax-Computertomografie vom 8. Januar
2001 habe erhebliche Beeinträchtigungen der Lungenfunktion bestätigt, aber keine Hinweise auf den befürchteten Lungentumor
erbracht. Bis zum 9. Januar 2001 habe die Versicherte nur bis zur Bettkante mobilisiert werden können. Am 11. Januar 2001
sei die Versicherte mit maximaler oraler Therapie (14 Medikamente) und zusätzlicher Ausstattung mit bei Bedarf zu nehmenden
Bronchoparat-Trinkampullen "in gerade eben rekompensiertem Zustand" entlassen worden, wobei eine Belastung "nur bis in den
Sessel" möglich gewesen sei. Die Entlassung der Versicherten am 22. Dezember 2000 habe sich im Nachhinein als verfrüht herausgestellt.
Eine vergleichbare Situation habe diesmal unbedingt vermieden werden müssen. Die Beklagte hielt demgegenüber unter Hinweis
auf die MDK-Gutachten an ihrer Auffassung fest, die Versicherte hätte ab 6. Januar 2001 mit gleicher Effektivität und ohne
erhöhte Gefahren ambulant versorgt werden können.
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.074,17 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz ab 6. November 2001 zu zahlen (Gerichtsbescheid vom 22. Oktober 2002). Es hat den Vergütungsanspruch der Klägerin
bereits aus der Fälligkeitsregelung des Landesvertrages nach §
112 Abs
2 Nr
1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) abgeleitet. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 19. Januar 2005): Der
Beklagten sei ein erheblicher Verstoß gegen das in dem Landesvertrag nach §
112 Abs
2 Nr
2 SGB V vereinbarte Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung vorzuwerfen, sodass die Beklagte
mit ihren Einwendungen gegen den Vergütungsanspruch der Klägerin endgültig ausgeschlossen sei. Deshalb habe dem Klagebegehren
ohne Beweisaufnahme über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ab 6. Januar 2001 stattgegeben werden müssen. Die zum
Einwendungsausschluss führende Vertragsverletzung liege darin, dass der MDK es versäumt habe, vor Erstellung des Gutachtens
vom 29. März 2001 seine Bedenken mit den Krankenhausärzten mündlich zu erörtern, wie es in § 2 Abs 6 des Vertrages festgelegt
sei. Sachliche Gründe, im vorliegenden Fall von der mündlichen Erörterung abzusehen, seien nicht ersichtlich. Auch die Einwendungen
des Krankenhauses vom 25. Juni 2001 seien vom MDK vor Erstellung des zweiten Gutachtens vom 8. August 2001 ohne sachlichen
Grund nicht mündlich erörtert worden. Das vertragswidrige Verhalten des MDK müsse sich die Beklagte zurechnen lassen.
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§ 2 Abs 4, § 12 Abs
1, § 39 Abs 1, §
70 Abs
1 Satz 2, §
109 Abs
4 Satz 3 und §
112 Abs
1 SGB V). Sie hält die Auslegung des Landesvertrages durch das LSG, wonach der MDK die Problematik eines Falles in aller Regel mündlich
mit den Krankenhausärzten zu erörtern habe, für verfehlt, weil der Begriff der "Erörterung" auch einen schriftlichen Meinungsaustausch
zulasse. Zudem könne ein etwaiges Verschulden des MDK der Beklagten nicht zugerechnet werden. Schließlich seien etwaige Verstöße
auch nicht schwerwiegend, weil das vertragliche Überprüfungsverfahren jedenfalls rechtzeitig eingeleitet worden sei, sodass
das Krankenhaus mit Einwendungen habe rechnen müssen. Das LSG habe daher nicht ohne weitere Sachaufklärung entscheiden dürfen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG für das Saarland vom 19. Januar 2005 und den Gerichtsbescheid des SG für das Saarland vom 22. Oktober 2002 zu ändern und die Klage abzuweisen,
hilfsweise, den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend. Die Auslegung des Landesvertrages durch das LSG sei bindend, weil sie
nicht gegen Bundesrecht verstoße.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach §
165, §
153 Abs
1, §
124 Abs
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) einverstanden erklärt.
II
Auf die Revision der Beklagten war das Urteil des LSG aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung
an das LSG zurückzuverweisen (§
170 Abs
2 Satz 2
SGG). Zu Unrecht ist das LSG davon ausgegangen, der Beklagten sei ein erheblicher Verstoß gegen das vereinbarte Verfahren zur
Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung vorzuwerfen, der zum Ausschluss ihrer Einwendungen analog
§
242 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) geführt habe. Der Rechtsstreit konnte nicht ohne Klärung der Streitfrage, ob die Krankenhausbehandlung ab 6. Januar 2001
notwendig gewesen ist, entschieden werden. Die dazu erforderlichen Feststellungen hat das LSG im erneuten Berufungsverfahren
nachzuholen.
1) Rechtsgrundlage des geltend gemachten restlichen Vergütungsanspruchs der Klägerin, dessen Höhe rechnerisch nicht angegriffen
wird, ist §
109 Abs
4 Satz 3
SGB V iVm der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2001, dem am 10. Dezember 1996 in Kraft getretenen Vertrag nach
§
112 Abs
2 Satz 1 Nr
1 SGB V über die "Allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung" (nachfolgend: Krankenhausbehandlungsvertrag - KBV) und dem Vertrag
nach §
112 Abs
2 Satz 1 Nr
2 SGB V zur "Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung" (nachfolgend: Krankenhausüberprüfungsvertrag - KÜV),
die von der Saarländischen Krankenhausgesellschaft eV, deren Mitglied die Klägerin ist, und der Beklagten sowie sechs weiteren
Landesverbänden der Krankenkassen abgeschlossen worden sind. Die Zahlungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenkassen für
eine notwendige Krankenhausbehandlung entsteht unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung
durch den Versicherten. Die Krankenkasse ist bei einem zugelassenen Krankenhaus (§
108 SGB V) als Korrelat zu dessen Behandlungspflicht auch ohne zusätzliche vertragliche Vereinbarung verpflichtet, die normativ festgelegten
Entgelte zu zahlen, sofern die Versorgung im Krankenhaus erforderlich ist (BSGE 86, 166 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 und BSGE 89, 104 = SozR 3-2500 § 112 Nr 2; stRspr). Die Kostenübernahmeerklärung hat für den Zahlungsanspruch des Krankenhauses keine konstitutive
Bedeutung in dem Sinne, dass davon die Zahlungspflicht der Krankenkasse abhängt. Sie hat lediglich eine beweisrechtliche Funktion,
falls sie abgegeben wird und den streitigen Behandlungszeitraum abdeckt (BSGE 89, 104 = SozR 3-2500 § 112 Nr 2; stRspr), was hier nicht der Fall war. Dementsprechend bestimmt § 5 Abs 1 Satz 4 KBV, dass der Vergütungsanspruch
des Krankenhauses in Fällen medizinisch erforderlicher Krankenhausbehandlung unabhängig vom Vorliegen einer Kostenübernahmeerklärung
entsteht. Über die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung entscheidet nach §
39 Abs
1 Satz 2
SGB V zunächst der Krankenhausarzt, wobei dessen Entscheidung nach objektiven Kriterien durch die Krankenkasse zu überprüfen ist,
die den Leistungsantrag des Versicherten bei Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen zu genehmigen hat. Eine Zahlungspflicht
der Krankenkasse für die stationäre Versorgung eines Versicherten entfällt danach, wenn sich die Entscheidung des Krankenhausarztes
nach den ihm subjektiv bekannten und den objektiv erkennbaren Gegebenheiten unter Berücksichtigung der medizinischen Standards
als nicht vertretbar herausstellt, wobei eine vorausschauende Sicht zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung maßgebend ist (BSGE
89, 104 = SozR 3-2500 § 112 Nr 2; stRspr).
a) Das Fehlen einer Kostenübernahmeerklärung bezüglich der streitigen Behandlungszeit hat hier zur Folge, dass die Klägerin
entsprechend dem allgemeinen Beweisgrundsatz, dass derjenige, der ein Recht beansprucht, die entsprechenden Voraussetzungen
beweisen muss, das Vorliegen weiterer Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit im Sinne der dargestellten objektiven Vertretbarkeit
der Entscheidung des Krankenhausarztes nachweisen muss und das LSG gehalten ist, die entsprechenden Tatsachen durch ein Sachverständigengutachten
zu ermitteln. Die Beklagte hat unter Hinweis auf die Feststellungen und Einschätzungen des MDK in seinen Gutachten vom 29.
März und 8. August 2001 die Notwendigkeit der Fortdauer der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit der Versicherten über den
5. Januar 2001 hinaus substantiiert bestritten und die Möglichkeit aufgezeigt, die erforderlichen medizinischen Maßnahmen
nach Rückkehr der Versicherten in das C. -F. -Haus in N. , in dem sie lebte, durch den Hausarzt
und das Heimpersonal ambulant durchzuführen und, soweit es die Thorax-Computertomografie vom 8. Januar 2001 betrifft, die
Versicherte nach §
115a Abs
1 Nr
2 SGB V im Krankenhaus "nachstationär" (dh ohne Unterkunft und Verpflegung im Anschluss an eine Krankenhausbehandlung) behandeln
zu lassen. Die Zahlungspflicht der Beklagten hängt von der Klärung der streitigen Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit der
Versicherten (§
39 SGB V) ab, weil die Beklagte entgegen der Rechtsauffassung der Vorinstanzen nicht mit der Geltendmachung ihrer Einwendungen ausgeschlossen
ist und sie auch nicht auf eine Klärung der Streitfrage in einem gesonderten Klageverfahren nach vorheriger Zahlung der Behandlungskosten
verwiesen werden kann.
b) Die Klägerin kann ihren Zahlungsanspruch nicht allein aus den Regelungen des KBV über die Zahlungsfristen (§ 14) herleiten
und die Beklagte nicht auf einen separat geltend zu machenden öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch verweisen, der gegen
Vergütungsanforderungen des Krankenhauses aus späteren Behandlungsfällen aufzurechnen wäre (§§
387 ff
BGB analog). Nach §
14 Abs
4 Satz 1 KBV hat die Krankenkasse die Rechnung innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungseingang zu begleichen, wobei gemäß § 14
Abs 5 KBV der Rechnungsbetrag bei Nichtzahlung mit 2 Prozentpunkten über dem (damaligen) Diskontsatz der Deutschen Bundesbank
ab dem Fälligkeitstag zu verzinsen ist, ohne dass es einer Mahnung bedarf. Dabei ist in § 14 Abs 3 KBV ausdrücklich vorbehalten,
dass Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art auch nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht werden können. Regelungen
dieser Art, die sich in vergleichbarer Form in vielen Landesverträgen zu §
112 Abs
2 Satz 1 Nr
1 SGB V finden, hat der erkennende Senat immer dahingehend ausgelegt, dass die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs 14 Tage nach Rechnungseingang
unabhängig davon eintritt, ob ein Prüfungsverfahren zur Notwendigkeit und Dauer einer Krankenhausbehandlung noch eingeleitet
werden soll bzw ein solches noch nicht abgeschlossen ist, und die Krankenkasse in solchen Fällen zur Zahlung verpflichtet
ist, ohne dass das Ergebnis des Prüfungsverfahrens abzuwarten bleibt. Der Krankenkasse bleiben etwaige Einwendungen gegen
Grund und Höhe der geltend gemachten Behandlungskosten trotz der Zahlung erhalten; der Rückforderungsanspruch und die Möglichkeit
späterer Aufrechnung gegen unbestrittene Forderungen des Krankenhauses aus anderen Behandlungsfällen werden durch die Zahlung
nicht ausgeschlossen (BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 1). Dies hat zur Folge, dass in Fällen dieser Art auch eine gerichtliche Sachaufklärung
(§
103 SGG) zur Frage der Notwendigkeit und Dauer einer Krankenhausbehandlung entbehrlich ist, solange die Krankenkasse nicht entschieden
und im Rechtsstreit vorgetragen hat, ob und ggf welche Einwendungen sie erheben will.
Anders sieht es hingegen aus, wenn - wie hier - ein Prüfungsverfahren bereits abgeschlossen ist und die Krankenkasse in substantiierter
Form Einwendungen vorgetragen hat. In solchen Fällen ist vom Gericht zu ermitteln, ob mit Blick auf die erhobenen Einwendungen
der Krankenhausarzt die medizinische Notwendigkeit der stationären Behandlung des Versicherten seinerzeit in vertretbarer
Weise bejaht hat. Die Krankenkasse kann dann nicht auf eine allein von einer formell ordnungsgemäß erstellten Rechnung (§
301 SGB V) abhängige Zahlungspflicht und auf einen späteren gesonderten Rechtsstreit über die Berechtigung zur Aufrechnung mit einem
Rückforderungsanspruch verwiesen werden (vgl BSG SozR 4-2500 § 112 Nr 3 RdNr 6 f). Die Ansicht des SG, der Vergütungsanspruch der Klägerin sei trotz der Einwendungen der Beklagten ohne gerichtliche Beweisaufnahme bereits auf
Grund der Fälligkeitsregelung des § 14 KBV begründet, ist daher unzutreffend; zu Recht ist das LSG dieser Ansicht nicht gefolgt.
2) Die Beklagte ist entgegen der Ansicht der Vorinstanzen und der Klägerin auch nicht an der Geltendmachung ihrer Einwendungen
aus Rechtsgründen gehindert. Es gibt zwar Fälle, in denen die Berufung auf Einwendungen nach Würdigung aller Umstände gegen
Treu und Glauben verstieße und damit rechtsmissbräuchlich wäre (§
242 BGB analog). Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs durch die Krankenkasse ist aber auf gravierende Fälle vertragswidrigen Verhaltens
zu beschränken. Der erkennende Senat hat eine solche Konstellation bislang nur einmal angenommen (Urteil vom 13. Dezember
2001 - B 3 KR 11/01 R - BSGE 89, 104 = SozR 3-2500 § 112 Nr 2 und weitere Urteile vom gleichen Tage). Die dort beklagte Krankenkasse hatte in einer Vielzahl von
Fällen und ausnahmslos die Verweildauer ihrer Versicherten in den jeweils klagenden Universitätskrankenhäusern allein unter
Hinweis auf eine angeblich statistisch festgestellte allgemeine Überschreitung der durchschnittlichen Verweildauern in diesen
Krankenhäusern - und damit pauschal - angezweifelt, anstatt das in dem einschlägigen KÜV vereinbarte Verfahren mit der dort
festgelegten Einzelfallprüfung durchzuführen, was rein statistisch begründete Einwendungen nicht zuließ ("Berliner Fälle").
Das vertraglich vereinbarte Überprüfungsverfahren, das auf eine - angesichts abnehmender Verweildauern allerdings vielfach
nicht mögliche - Klärung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit in der Regel noch während des stationären Aufenthalts des
Versicherten angelegt ist, auf jeden Fall aber zügig und zeitnah durchzuführen ist (Beschleunigungsgebot), konnte nicht mehr
nachgeholt werden, weil es unter Einschaltung des MDK spätestens nach Vorlage der Rechnung des Krankenhauses und dem Fälligwerden
der geforderten Vergütung (§ 14 Abs 5 KBV: 14 Tage nach Rechnungseingang) eingeleitet werden muss (BSG, aaO). Diese Frist
war in jenen Fällen bereits seit langer Zeit verstrichen, sodass sich die Krankenhäuser nicht mehr auf eine nachträgliche
Überprüfung der Verweildauer einstellen mussten. Deshalb bedurfte es in jenen Fällen auch keiner gerichtlichen Sachaufklärung
mehr zur Frage der Notwendigkeit und Dauer der jeweiligen Krankenhausbehandlung.
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die Frist für das Überprüfungsverfahren gewahrt. Zur Fristwahrung genügt es, wenn spätestens
nach Vorlage der Rechnung und dem Fälligwerden der geforderten Vergütung die Anforderung einer Stellungnahme (Kurzbericht)
des Krankenhauses durch die Krankenkasse (§ 2 Abs 1 Satz 1 KÜV) beim Krankenhaus eingeht oder, falls nach Ermessen auf die
Anforderung eines Kurzberichts verzichtet wird ("kann" anfordern), wenn bis zu diesem Zeitpunkt der Überprüfungsauftrag der
Krankenkasse beim MDK (§
275 Abs
1 Nr
1 SGB V, §
2 Abs
1 Satz 4 KÜV) eingeht (vgl Näheres zu dieser Wahlmöglichkeit unter 3a). Das Überprüfungsverfahren ist hier unmittelbar nach
dem Zugang der Mitteilung des Krankenhauses über die Verlängerung der stationären Behandlung der Versicherten bis zum 11.
Januar 2001 eingeleitet worden, indem die Beklagte den MDK am 16. Januar 2001, also nur einen Tag nach dem Zugang der Verlängerungsanzeige,
mit der Prüfung der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung für die Zeit ab 4. Januar 2001 beauftragt hat, und das Überprüfungsverfahren
war überdies weit vor dem Zugang der Kostenrechnung des Krankenhauses (24. Oktober 2001) abgeschlossen.
3) Auch sonstige Gründe für einen Einwendungsausschluss liegen hier nicht vor. Es fehlt insbesondere an einer erheblichen
Vertragsverletzung der Beklagten im Vorfeld und bei der Durchführung des Überprüfungsverfahrens. Eine etwaige Pflichtverletzung
des MDK müsste sich die Beklagte nicht zurechnen lassen.
Maßgeblich für die Frage, ob die Beklagte im Rahmen des Überprüfungsverfahrens Pflichtverletzungen begangen hat, sind die
Bestimmungen des KÜV. Bei der Auslegung der Vorschriften dieses Landesvertrages ist der Senat nicht den Beschränkungen des
§
162 SGG unterworfen, wonach eine Revision nur darauf gestützt werden kann, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer
Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich
sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. Zwar gilt der KÜV nur im Saarland und damit nicht über den Zuständigkeitsbereich
des LSG für das Saarland hinaus. Die Revisibilität der berufungsgerichtlichen Auslegung eines Landesvertrages ist aber auch
dann gegeben, wenn inhaltlich gleiche Vorschriften in Bezirken verschiedener LSGe gelten (BSGE 1, 98, 100; 3, 77, 80 = SozR Nr 2 zu Art
14 GG; BSGE 13, 189, 191 = SozR Nr 156 zu §
162 SGG; BSGE 16, 227, 234 = SozR Nr 168 zu §
162 SGG) und die Übereinstimmung nicht nur zufällig, sondern bewusst und gewollt herbeigeführt worden ist (BSGE 13, 189, 191 = SozR Nr 156 zu §
162 SGG; BSGE 38, 21, 29 = SozR 2200 § 725 Nr 1; BSG SozR 3-5920 §
1 Nr 1; Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 8. Aufl 2005, §
162 RdNr 5a mwN). Das ist hier der Fall. Mit dem KÜV inhaltlich und in wesentlichen Teilen sogar "wörtlich" übereinstimmende
Landesverträge gibt es zB in Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Dass die
Übereinstimmung nicht den gesamten Wortlaut der Verträge erfasst, ist unschädlich, weil es insoweit nur auf den Inhalt der
einschlägigen Vorschriften ankommt (BSGE 13, 189, 191 = SozR Nr 156 zu §
162 SGG). Die Übereinstimmung ist auch bewusst und gewollt herbeigeführt worden; die Landesverträge beruhen auf der Umsetzung der
Rahmenempfehlungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 27. November 1990.
a) Die unterbliebene Anforderung eines Kurzberichts des Krankenhauses stellt keine Vertragsverletzung dar. Die Krankenkasse
"kann" nach § 2 Abs 1 Satz 2 KÜV vor Beauftragung des MDK unter Angabe des Überprüfungsanlasses eine Stellungnahme des Krankenhauses
anfordern. Damit sind die Krankenkassen in jedem Behandlungsfall berechtigt, eine Stellungnahme des Krankenhauses zur Notwendigkeit,
Art und Dauer der Krankenhausbehandlung anzufordern, wenn sie dazu einen Anlass sehen; sie sind aber nicht dazu verpflichtet,
sondern können gegebenenfalls auch unmittelbar den MDK mit der Überprüfung beauftragen. Dass es sich bei § 2 Abs 1 Satz 2
KÜV um eine ermessensabhängige Entscheidung der Krankenkasse handelt, wird deutlich aus § 2 Abs 1 Satz 4 KÜV, wonach die Beauftragung
des MDK nicht davon abhängig gemacht wird, dass sich aus der Stellungnahme des Krankenhauses der Aufklärungsbedarf ergeben
muss; der Aufklärungsbedarf kann sich auch aus anderen Umständen ergeben. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass sich aus
dem Verlängerungsantrag vom 10. Januar 2001 bereits eine konkrete medizinische Begründung des Krankenhauses für die Fortdauer
der stationären Behandlung bis voraussichtlich zum 11. Januar 2001 ergab. Der Verzicht der Beklagten auf die Anforderung des
Kurzberichts war somit nach dem KÜV zulässig und auch von der Sache her nachvollziehbar, weil dadurch die Einschaltung des
MDK ohne Verzögerung erfolgte.
b) Der Beklagten kann aber vorgeworfen werden, gegen das dem KÜV immanente generelle Gebot der zügigen Abwicklung aller verwaltungsmäßigen
Vorgänge (Beschleunigungsgebot) verstoßen zu haben, indem sie auf den ihr seit dem 28. Dezember 2000 vorliegenden Kostenübernahmeantrag
des Krankenhauses vom 27. Dezember 2000, der eine voraussichtliche Verweildauer bis zum 3. Januar 2001 enthielt, erst mit
Schreiben vom 4. Januar 2001 (Donnerstag), das im Krankenhaus am 8. Januar 2001 (Montag) einging, eine Kostenzusage erteilte.
Weshalb die Kostenzusage nicht umgehend, jedenfalls aber spätestens am 3. Januar 2001, erteilt und dem Krankenhaus sofort
- etwa telefonisch oder per Telefax - mitgeteilt worden ist, bleibt unklar. Den Akten sind jedenfalls keine Anhaltspunkte
zu entnehmen, die einer Erledigung bis spätestens 3. Januar 2001 entgegengestanden hätten. Dies ist allerdings kein schwer
wiegender Vertragsverstoß, obwohl der eigentliche Sinn der Kostenzusage, dem Krankenhaus alsbald Sicherheit zu geben, ob die
Krankenkasse für die Behandlung aufkommt, dadurch verfehlt worden ist.
Andererseits hat aber auch das Krankenhaus dazu beigetragen, dass die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung
nicht noch während des stationären Aufenthalts der Versicherten erfolgen konnte, indem es nicht rechtzeitig von sich aus (und
nicht erst nach Eingang der Kostenzusage am 8. Januar 2001) noch vor dem 3. Januar 2001 den Verlängerungsantrag gestellt hat.
Nach § 5 Abs 3 KBV übermittelt das Krankenhaus in der Regel vor Ablauf der vorausgegangenen Kostenübernahme eine Verlängerungsanzeige,
wenn die Kostenübernahmeerklärung befristet erteilt worden ist, was in einzelnen Behandlungsfällen geschehen kann, und eine
weitere stationäre Behandlung erforderlich ist. Zwar lag am 3. Januar 2001 die beantragte Kostenübernahmeerklärung der Beklagten
noch nicht vor, sie war aber jederzeit zu erwarten und konnte dann auch nur bis zum 3. Januar 2001, der vom Krankenhaus angegebenen
voraussichtlichen Verweildauer, reichen. Daher war eine frühzeitige Verlängerungsanzeige vertraglich geboten. Ferner ist nicht
nachzuvollziehen, weshalb der dann am 10. Januar 2001 (Mittwoch) gefertigte Verlängerungsantrag angesichts eines voraussichtlichen
Behandlungsendes am 11. Januar 2001 nicht jedenfalls jetzt beschleunigt - zB per Telefax - der Beklagten übermittelt worden
ist, bei der er - vermutlich wieder per Brief auf dem Postwege - erst am 15. Januar 2001 (Montag) einging. In der Gesamtschau
müssen die Verfahrensverzögerungen bis zum 16. Januar 2001 beiden Beteiligten angelastet werden.
c) Die Beklagte hat entgegen der Auffassung des LSG nicht gegen § 2 Abs 6 KÜV verstoßen. Danach sollen die Ärzte der Medizinischen
Dienste ihre Bedenken gegenüber dem Leitenden Abteilungsarzt des Krankenhauses oder dessen Stellvertreter darlegen und mit
diesem "erörtern", wenn aus Sicht der Ärzte der Medizinischen Dienste Bedenken gegen die Notwendigkeit, Art oder Dauer der
Krankenhausbehandlung bestehen. Das LSG hat dazu ausgeführt: Auch in dieser Regelung komme zum Ausdruck, dass nach dem Willen
der Vertragsparteien die Prüfung prinzipiell unter Einbeziehung der behandelnden Krankenhausärzte erfolgen solle. "Erörtern"
meine eine mündliche Diskussion, bei der die Krankenhausärzte die Gelegenheit hätten, Missverständnisse auszuräumen und die
Besonderheiten des Falles herauszustellen. Dadurch komme der fachlichen Erörterung ein herausgehobener Stellenwert im Prüfungsverfahren
zu, weil sie besonders dazu geeignet sei, Streitfragen zu klären und Rechtsstreite zu vermeiden. Dass dieses Fachgespräch
nach dem Vertrag stattfinden "solle", bedeute, dass von der mündlichen Erörterung nur in Ausnahmefällen abgesehen werden könne,
wenn sachliche Gründe dies rechtfertigen; diese seien zweckmäßigerweise in einem Vermerk darzulegen und festzuhalten, damit
sie im Streitfall nachgeprüft werden können. Eine solche mündliche Erörterung sei hier unterblieben. Ein sachlicher Grund
hierfür sei nicht ersichtlich. Die Unterlassung der mündlichen Erörterung sei ein gravierender Vertragsverstoß. Das Verschulden
des MDK müsse sich die Beklagte zurechnen lassen.
Der erkennende Senat hält diese enge Auslegung durch das LSG für nicht zutreffend. Der Begriff "erörtern" ist nicht nur auf
die mündliche Besprechung eines Sachverhalts beschränkt, sondern lässt auch einen schriftlichen Meinungsaustausch zu. Unter
"erörtern" versteht man im allgemeinen Sprachgebrauch "ausführlich und oft ins Einzelne gehend über einen noch nicht geklärten
Sachverhalt sprechen", "eine Frage diskutieren", "ein Problem wissenschaftlich abhandeln", "eine Fragestellung gründlich untersuchen".
Die "Erörterung" ist dementsprechend gleichzusetzen mit "eingehende Diskussion", "Besprechung", "Abhandlung" und "Untersuchung"
(vgl Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl 1999, Stichwort "erörtern/Erörterung", ebenso Brockhaus/Wahrig,
Deutsches Wörterbuch, 1981). Das kann sowohl mündlich wie auch schriftlich erfolgen. Außerdem bestimmt § 2 Abs 6 KÜV, dass
die Erörterung der vom Krankenhaus geltend gemachten, von der Krankenkasse und dem MDK aber bezweifelten Notwendigkeit und
Dauer einer bestimmten Krankenhausbehandlung zwischen den behandelnden Krankenhausärzten und den MDK-Ärzten erfolgen "soll",
dh nicht stets erfolgen muss. Die persönliche Besprechung eines Falles ist in der Regel auch nur sinnvoll, wenn der Versicherte
noch im Krankenhaus liegt, sich die Ärzte des MDK also einen unmittelbaren Eindruck von dem Patienten, seinem aktuellen Krankheitszustand
und seiner medizinischen Behandlung verschaffen können. Wenn der Versicherte bereits wieder nach Hause entlassen worden ist,
muss es dagegen dem MDK überlassen bleiben, ob er seine aus der Auswertung der Behandlungsunterlagen resultierenden Bedenken
mündlich oder zumindest fernmündlich erörtert, ob er das Krankenhaus zu einer schriftlichen Stellungnahme auffordert oder
ob er sogleich sein Gutachten erstellt. Hat der MDK ein für das Krankenhaus negatives Gutachten angefertigt, ohne seine Bedenken
zuvor mit den Krankenhausärzten erörtert zu haben, muss allerdings die Krankenkasse dem Krankenhaus Gelegenheit zur Stellungnahme
geben, bevor sie einen Erstattungsanspruch geltend macht und gegebenenfalls gegen unstreitige Vergütungsansprüche aufrechnet.
Das ist hier geschehen.
4) Selbst bei Unterstellung einer Verletzung des § 2 Abs 6 KÜV oder einer sonstigen Vorschrift des KÜV durch MDK-Mitarbeiter
handelte es sich aber nicht um einen Vertragsverstoß der Beklagten, sondern nur um einen Verstoß des MDK. Dessen Verschulden
muss sich die Beklagte entgegen der Auffassung des LSG nicht zurechnen lassen.
a) Die Voraussetzungen einer Verschuldenszurechnung analog §
278 BGB liegen nicht vor. Die Krankenkassen sind nach §
275 Abs
1 Nr
1 SGB V zwar verpflichtet, die Notwendigkeit und Dauer einer bevorstehenden, andauernden oder abgeschlossenen Krankenhausbehandlung
durch den MDK begutachten zu lassen, wenn dies gemäß der Einschätzung der Krankenkasse nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit
der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist. Damit wird der MDK aber im Verhältnis zum Krankenhaus bzw
dessen Träger nicht zum Organ, Vertreter oder Erfüllungsgehilfen der Krankenkassen. Es ist entscheidend, dass der MDK bei
der ihm obliegenden Prüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung nicht im Pflichtenkreis der Krankenkassen,
sondern in einem eigenen Pflichtenkreis tätig wird (BGHZ 123, 1, 14; Palandt/Heinrichs,
BGB, 65. Aufl 2006, §
278 RdNr 7 und 12 ff mwN). Die Aufgaben des MDK und die ihm dabei zustehenden Rechte und Pflichten im Verhältnis zu den Krankenkassen,
den Krankenhäusern, den anderen Leistungserbringern sowie den Versicherten sind in den §§
275,
276 und
277 SGB V gesetzlich geregelt und dort als eigener Pflichtenkreis ausgestaltet. Der MDK ist zwar eine von den Krankenkassenverbänden
im jeweiligen Land gemeinsam getragene Arbeitsgemeinschaft (§
278 Abs
1 Satz 1
SGB V), die als rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts verfasst ist (§
278 Abs
1 Satz 2
SGB V). Organe des MDK sind der aus Vertretern der Kassen gewählte Verwaltungsrat und der Geschäftsführer (§§
279,
280 SGB V). Die an der Arbeitsgemeinschaft als Mitglieder beteiligten Krankenkassenverbände einerseits und die Pflegekassen andererseits
tragen auch die Kosten des MDK je zur Hälfte (§
281 Abs
1 SGB V), sind aber ansonsten - bis auf die Vertreterversammlung (§
279 Abs
2 SGB V) - mit dem MDK als juristischer Person des öffentlichen Rechts nicht organisatorisch oder rechtlich verbunden. Insbesondere
besteht kein allgemeines Aufsichtsrecht der Krankenkassen gegenüber dem MDK oder dessen Mitarbeitern. Der MDK unterliegt auch
keinem Weisungsrecht der Krankenkassen im Einzelfall, was allein im Übrigen eine Stellung als Erfüllungshilfe ebenfalls nicht
begründen würde (BGHZ 62, 119, 124; BGH NJW 1996, 451; Palandt/Heinrichs, aaO, RdNr 7). Der MDK untersteht vielmehr der Aufsicht der für die Sozialversicherung zuständigen obersten
Verwaltungsbehörde des Landes, in dem er seinen Sitz hat (§
281 Abs
3 SGB V). Die Krankenkassen bzw deren Verbände und der MDK unterliegen damit der Aufsicht derselben Verwaltungsbehörde des Landes
(Hess in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand August 2001, §
281 SGB V RdNr 4). Die Fachaufgaben des MDK werden von Ärzten und Angehörigen anderer Heilberufe wahrgenommen, wobei vorrangig Gutachter
und Sachverständige zu beauftragen sind (§
279 Abs
5 SGB V). Die Ärzte des MDK sind bei der Wahrnehmung ihrer medizinischen Aufgaben nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen (§
275 Abs
5 Satz 1
SGB V). Es fehlt somit an jeglichem Zurechnungsgrund dafür, etwaige Fehler des MDK bei der Aufgabenerledigung nach §
275 Abs
1 Nr
1 SGB V den Krankenkassen anzulasten.
b) Offen bleiben kann daher die Frage, ob der MDK rechtlich verpflichtet war, bei der Begutachtung die Regelung des § 2 Abs
6 KÜV zu beachten. Eine Ermächtigung der Landesverbände der Krankenkassen bzw der Verbände der Ersatzkassen, mit der Landeskrankenhausgesellschaft
in Verträgen nach §
112 Abs
2 Satz 1 Nr
2 SGB V Regelungen wie in §
2 Abs
6 KÜV über die Art und Weise der Vorbereitung und Durchführung der Begutachtung durch den insoweit unabhängigen MDK zu vereinbaren,
die über die in den §§
275 ff
SGB V vorgesehenen Rechte und Pflichten des MDK hinausgehen, erscheint zweifelhaft, weil der MDK nach dem Gesetz an diesen Verträgen
weder vorbereitend noch als Vertragspartner beteiligt ist und die Verträge nach §
112 Abs
2 Satz 2
SGB V nur für die Krankenkassen und die zugelassenen Krankenhäuser im Land unmittelbar verbindlich sind; der MDK ist in dieser
Vorschrift nicht erwähnt.
5) Die Kostenentscheidung für das Revisionsverfahren bleibt dem LSG vorbehalten.