Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung in der Krankenversicherung, Abrechenbarkeit tagesgleicher Pflegesätze
Gründe:
I
Streitig sind Restkosten einer stationären Behandlung für die Zeit vom 30. November bis 2. Dezember 2000 in Höhe von 713,45
Euro. Der 1930 geborene, bei der beklagten Krankenkasse versicherte F. wurde vom 26. Oktober bis 30. November 2000
im St. A. -Hospital G. wegen eines Hüftgelenkverschleißes behandelt. und mit einer Hüftgelenk-Totalendoprothese versorgt.
Am 30. November 2000 wurde der Versicherte in die geriatrische Abteilung des L. -Krankenhauses G. verlegt, dessen
Träger die Klägerin ist. Die Klägerin beantragte am 1. Dezember 2000 die Kostenübernahme durch die Beklagte, wobei als Aufnahmediagnosen
"Delir bei Demenz, Harnwegsinfektion und primäre Coxarthrose beidseitig" angegeben wurden. Die Beklagte erteilte unter dem
4. Dezember 2000 eine unbefristete Kostenzusage ab Aufnahmedatum. Der Versicherte wurde am 19. Dezember 2000 mit der Diagnose
"Delir bei Demenz" entlassen. Mit Rechnung vom 4. Januar 2001 stellte die Klägerin der Beklagten tagesgleiche Pflegesätze
für die Zeit vom 30. November bis 19. Dezember 2000 in Höhe von 8.837,47 DM in Rechnung. Die Beklagte bezahlte aber nur einen
Betrag von 7.442,08 DM, weil sie die Auffassung vertrat, dass tagesgleiche Pflegesätze erst nach Ablauf der Grenzverweildauern
der einschlägigen Fallpauschalen (FP) 17.061 und 17.062 der Anlage 1 zur Bundespflegesatzverordnung (BPfLV) idF der 5. Änderungsverordnung
vom 9. Dezember 1997 (BGBl I 2874) abgerechnet werden könnten. Das St. A. -Hospital habe diese FP mit einer Gesamtgrenzverweildauer
von 39 Tagen abgerechnet, sodass Pflegesätze erst ab dem 3. Dezember 2000 berechnet werden könnten. Die Klägerin müsse sich
die Abrechnung von FP entgegenhalten lassen, weil es sich um einen einheitlichen Behandlungsfall gehandelt habe und nach den
der Beklagten bekannten großen Zahl von Verlegungen zwischen dem St. A. -Hospital und dem Krankenhaus der Klägerin davon
auszugehen sei, dass eine regelmäßige Zusammenarbeit stattfinde.
Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben und geltend gemacht, es habe sich nicht um einen einheitlichen, sondern um einen eigenständigen
Behandlungsfall gehandelt, weil der Versicherte vorrangig wegen eines geriatrischen Krankheitsbildes und nicht wegen der Folgen
der Hüftoperation behandelt worden sei. Das Sozialgericht (SG) hat ua über die Frage, ob die Gesundheitsstörungen des Versicherten nach dem Aufenthalt im St. A. -Hospital eine
weitere stationäre Behandlung erforderlich machten, insbesondere, ob es sich zusammen mit dem vorangegangenen Aufenthalt im
St. A. -Hospital um einen einheitlichen Behandlungsfall gehandelt habe, ein Aktengutachten des ärztlichen Direktors des
St. R. -Hospitals T. Fachklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie, Prof. Dr. Sch.
eingeholt. Es hat daraufhin mit Gerichtsbescheid vom 10. Oktober 2003 die Klage wegen fehlender Notwendigkeit der Behandlung
abgewiesen.
Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 6. Mai 2004 die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt,
dass die Beklagte nach den Landesverträgen nicht verpflichtet sei, allein wegen Vorliegens einer formal ordnungsgemäßen Rechnung
die Krankenhausbehandlung zu bezahlen. Auch die unbefristete Kostenübernahmeerklärung schließe die Einwendung der Beklagten
nicht aus, die im Kostenübernahmeantrag genannte Diagnose "Delir bei Demenz" habe die durchgeführte Krankenhausbehandlung
nicht gerechtfertigt. Es sei auch unerheblich, dass die Beklagte die Erforderlichkeit der stationären Behandlung zunächst
nicht angezweifelt und nur die Art der Abrechnung beanstandet habe. Auch die Tatsache, dass die Beklagte nicht den Medizinischen
Dienst der Krankenversicherung (MDK) eingeschaltet habe, hindere sie nicht daran, sich nach einer im gerichtlichen Verfahren
durchgeführten Beweisaufnahme auf die fehlende Notwendigkeit der stationären Behandlung zu berufen. Nach dem erstinstanzlichen
Gutachten stehe fest, dass die stationäre Behandlung des Versicherten in der geriatrischen Abteilung des Krankenhauses der
Klägerin nicht erforderlich war. Dabei sei nur auf die Behandlung der Verwirrtheitszustände abzustellen, da die Klägerin selbst
die Notwendigkeit der Behandlung mit diesem Krankheitsbild begründet und nicht auf die Folgen der Hüftoperation abgestellt
habe. Deshalb habe auch der Entlassungsbericht des klägerischen Krankenhauses, in dem davon die Rede sei, der Versicherte
sei zur Mobilisation nach Hüftgelenks-Totalendoprothese-Implantation überwiesen worden, keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen
gegeben. Auch könne dahinstehen, ob die Entscheidung des behandelnden Krankenhausarztes den Beweis für die Notwendigkeit einer
stationären Behandlung erbringe und die Zahlungspflicht der Krankenkasse nur entfalle, wenn sich die Entscheidung des Krankenhausarztes
als unvertretbar erweise, wie es das Bundessozialgericht (BSG) vertrete. Der Sachverständige habe überzeugend festgestellt,
dass bei dem Versicherten nicht zu erwarten gewesen sei, angesichts seiner seit Jahren bekannten demenziellen Entwicklung
postoperativ einen besseren mentalen Zustand als präoperativ zu erreichen, sodass die fehlende Notwendigkeit der stationären
Behandlung des Versicherten in einer geriatrischen Abteilung hier feststehe.
Dagegen richtet sich die vom LSG zugelassene Revision der Klägerin. Sie rügt eine Verletzung von §
275 Abs
1 Nr
1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (
SGB V), weil die Beklagte verpflichtet gewesen sei, nach Erhalt der formal ordnungsgemäßen Endabrechnung den dort ausgewiesenen
Betrag vollständig zu bezahlen. Die Beklagte sei auch wegen ihrer Kostenzusage verpflichtet, den geltend gemachten Betrag
zu bezahlen, weil sie sich bereits bei Eingang des Kostenübernahmeantrags im Hinblick auf die Diagnose "Delir bei Demenz"
bewusst gewesen sein musste, dass es sich nicht um einen einheitlichen Behandlungsfall handeln konnte. Wenn sie gleichwohl
in Kenntnis dieser Tatsache eine Kostenzusage erteile, könne sie nicht mehr geltend machen, es habe sich lediglich um eine
Weiterbehandlung im Anschluss an die FP 17.061 gehandelt. Die Beklagte könne sich auf die fehlende Notwendigkeit der stationären
Behandlung schon deshalb nicht berufen, weil sie es versäumt habe, frühzeitig den MDK einzuschalten. Dies sei erforderlich
gewesen, weil medizinische Aspekte im Vordergrund gestanden hätten und die Überprüfung der Abrechnung des medizinischen Sachverstandes
bedurfte habe. Auch wenn keine ausdrücklichen Regelungen in den Landesverträgen bestünden, seien die Krankenkassen verpflichtet,
vor einer ablehnenden Leistungsentscheidung stets den MDK zur Begutachtung heranzuziehen. Wenn die frühzeitige medizinische
Aufklärung des Sachverhaltes durch den MDK versäumt werde, könne es nicht Aufgabe der Gerichte sein, dieses Versäumnis nachzuholen.
Das SG sei deshalb nicht verpflichtet gewesen, ein Sachverständigengutachten einzuholen, und hätte das Ergebnis der Beweiserhebung
nicht zu Lasten der Klägerin verwerten dürfen. Dasselbe gelte für die Auswertung des Sachverständigengutachtens durch das
LSG.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Mai 2004 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster
vom 10. Oktober 2003 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 713,45 Euro nebst zwei Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit dem 23. Januar 2001 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Soweit sich die Revision gegen die Auslegung der landesrechtlichen Verträge
durch das LSG wende, sei kein Bundesrecht verletzt. Auch im Übrigen sei eine Verletzung von Bundesrecht nicht ersichtlich.
Dass das LSG sich auf ein gerichtliches Sachverständigengutachten gestützt habe, sei nicht zu beanstanden. Dem Tatsachenrichter
müsse die Möglichkeit zugestanden werden, die Vertretbarkeit der Einschätzung des Krankenhausarztes und den Umfang des durch
die Kostenzusage begründeten Einwendungsausschlusses zu überprüfen.
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Entscheidungsgründe des LSG verletzen zwar Bundesrecht, jedoch stellt sich
die Entscheidung aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar, sodass die Revision zurückzuweisen ist (§
170 Abs
1 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz >SGG<).
Die Entscheidungsgründe des LSG verletzen Bundesrecht, soweit es angenommen hat, dass auf Grund des eingeholten erstinstanzlichen
Sachverständigengutachtens die fehlende Notwendigkeit der stationären Behandlung in der geriatrischen Abteilung des Krankenhauses
der Klägerin feststehe und damit ungeachtet der zunächst in den Vordergrund gestellten Abrechnungsfrage die Klage abzuweisen
sei. Zwar war es dem LSG nicht verwehrt, sich zur Frage der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung auf ein im Rahmen der
Sachaufklärung von Amts wegen eingeholtes gerichtliches Gutachten zu stützen, obwohl zuvor ein Gutachten des MDK von der Beklagten
nicht eingeholt worden war. Dabei kann offen bleiben, was zu gelten hätte, wenn der Beklagten vorzuwerfen wäre, entgegen einer
vertraglichen oder gesetzlichen Verpflichtung auf die Einholung eines solchen Gutachtens verzichtet und dadurch eine Aufklärung
des medizinischen Sachverhalts zu einem möglichst frühen Zeitpunkt vereitelt zu haben (vgl dazu BSGE 89, 104 = SozR 3-2500 § 112 Nr 2). Ein solches Fehlverhalten ist der Beklagten nämlich nicht vorzuwerfen. Die Frage, ob im vorliegenden
Fall die Weiterbehandlung des Versicherten im Krankenhaus der Klägerin über die Vergütungsregelung für FP abzurechnen ist
oder ob es sich um einen selbstständigen Behandlungsfall handelt, ist eine Rechtsfrage, deren Beantwortung der Einschaltung
medizinischen Sachverstands nicht bedurft hätte. Bei der Kostenzusage konnte die Beklagte weder die Notwendigkeit der stationären
Behandlung anzweifeln noch erkennen, dass es sich um einen Verlegungsfall handelte. Zu diesem Zeitpunkt gab es keinen Anlass
zur Einschaltung des MDK. Als die Beklagte nach Vorliegen der beiden Krankenhausabrechnungen erkennen konnte, dass der Versicherte
nahtlos von einem Krankenhaus ins andere verlegt worden war und das erstbehandelnde Krankenhaus die FP für die Implantation
einer Hüftgelenks-Totalendoprothese und deren Weiterbehandlung im Anschluss an die Wundheilung abrechnete, musste für sie
auf der Hand liegen, dass es sich im Krankenhaus der Klägerin um eine Weiterbehandlung der Operationsfolgen oder von Erkrankungen
handelte, die während des vorangegangenen stationären Aufenthaltes aufgetreten und stationär behandlungsbedürftig waren. Dass
in der Entlassungsanzeige des St. A. -Hospitals die Diagnose "Delir bei Demenz" nicht erwähnt wird, während sie in der
Aufnahmeanzeige des klägerischen Krankenhauses an erster Stelle aufgeführt ist, schließt nicht aus, dass diese Erkrankung
bereits im St. A. -Hospital aufgetreten ist und der Grund für die Verlegung war. Demzufolge hat die Beklagte auch zu
Recht davon abgesehen, zumindest zu diesem Zeitpunkt den MDK einzuschalten, weil die Überprüfung der Krankenhausabrechnungen
auf ihre vergütungsrechtliche Richtigkeit ohne Hinzuziehung medizinischen Sachverstands möglich war. Diesbezügliche Einwendungen
der Beklagten gegen die Richtigkeit der Abrechnung sind somit weder durch die vorbehaltslose Kostenübernahmeerklärung (vgl
dazu BSGE 86, 166 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1) noch durch die unterlassene Hinzuziehung des MDK ausgeschlossen.
Unabhängig davon, dass die Beklagte zunächst nur die vergütungsrechtliche Richtigkeit der Abrechnung bestritten hatte, haben
sowohl SG als auch LSG den Anspruch der Klägerin auf Bezahlung der Krankenhausbehandlung mit der Begründung verneint, dass sie nicht
notwendig gewesen sei. Allerdings besteht ein Anspruch auf Vergütung einer stationären Behandlung nur, soweit sie medizinisch
notwendig gewesen ist. Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung.
Ein Versicherter hat nach §
39 Abs
1 Satz 2
SGB V Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus
erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich
häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Lässt sich eine erforderliche medizinische Behandlung in ebenso guter Weise
auch außerhalb eines Krankenhauses durchführen, so besteht kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung. Hierunter fällt neben
der Behandlung in der Arztpraxis auch die ärztliche Krankenbehandlung in der Wohnung des Versicherten, ggf in Kombination
mit häuslicher Krankenpflege (§
37 SGB V), ferner die ärztliche Versorgung in Pflegeheimen, Einrichtungen der Behindertenhilfe oder in sonstigen Heimen oder Anstalten
(BSGE 92, 300, 305 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2 RdNr 16).
Es kann dahinstehen, ob die Beklagte sich trotz fehlender Einholung eines Gutachtens des MDK noch im gerichtlichen Verfahren
auf die fehlende Notwendigkeit der Behandlung berufen durfte und die Gerichte gezwungen gewesen wären, insoweit den Sachverhalt
durch Einholung eines gerichtlichen Gutachtens aufzuklären. Denn das SG hat bereits ohne einen entsprechenden Sachvortrag der Beklagten ein solches Gutachten eingeholt und ausgewertet. Daran war
es jedenfalls rechtlich nicht gehindert; ein Beweisverwertungsverbot bestand insoweit nicht. Dementsprechend war auch das
LSG als Berufungsgericht nicht gehindert, das eingeholte Gutachten zu verwerten und eigenständig zu würdigen.
Indessen durfte es mit der gegebenen Begründung die Erforderlichkeit der Behandlung in der geriatrischen Abteilung des klägerischen
Krankenhauses nicht verneinen. Das LSG hat sich wie das SG auf die Aussage des Sachverständigen gestützt, aus seiner Sicht bestünden keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Notwendigkeit
der Inanspruchnahme einer geronto-psychiatrischen Spezialabteilung. Notwendig iS von §
39 SGB V ist eine Krankenhausbehandlung nicht erst dann, wenn sie aus rückblickender Betrachtung zur Behandlung der vorliegenden Erkrankungen
unverzichtbar war. Die Krankenkassen können sich nicht darauf beschränken, die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung im
Nachhinein aus ihrer Sicht zu beurteilen und bei abweichendem Ergebnis die Bezahlung zu verweigern. Notwendig ist eine Krankenhausbehandlung
vielmehr stets dann, wenn sie aus der vorausschauenden Sicht des Krankenhausarztes unter Zugrundelegung der im Entscheidungszeitpunkt
bekannten oder erkennbaren Umstände vertretbar ist, dh nicht im Widerspruch zur allgemeinen oder besonderen ärztliche Erfahrung
steht oder medizinische Standards verletzt (st Rspr vgl BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4; BSGE 89, 104 = SozR 3-2500 § 112 Nr 2; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2). Stehen mehrere Behandlungsalternativen zur Verfügung, so ist dem entscheidenden Krankenhausarzt
auch ein therapeutischer Spielraum einzuräumen, sofern nicht eine bestimmte Behandlungsmethode unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten
eindeutig den Vorzug verdient. Im Zweifel bleibt die Entscheidung des behandelnden Krankenhausarztes maßgebend, weil er die
zivilrechtliche und strafrechtliche Verantwortung für sein Handeln zu tragen hat (so genannte Einschätzungsprärogative; die
Bezeichnung als Anscheinsbeweis in BSGE 89, 104 = SozR 3-2500 § 112 Nr 2 ist missverständlich).
Unter diesen Umständen konnte die Notwendigkeit der von der Klägerin durchgeführten Krankenhausbehandlung nicht mit der Begründung
verneint werden, die Weiterbehandlung auf der orthopädischen Abteilung des vorbehandelnden Krankenhauses hätte ausgereicht,
weil der postoperative Verwirrtheitszustand des Versicherten keinen erheblichen Schweregrad aufgewiesen habe. Es kam vielmehr
allein darauf an, ob die Entscheidung der Ärzte des vorbehandelnden Krankenhauses wie auch des klägerischen Krankenhauses
vertretbar war, den Versicherten in einer Spezialabteilung für altersgebrechtliche Patienten weiter zu behandeln, zumal wenn
dadurch keine höheren Kosten entstehen als bei einer Weiterbehandlung im ersten Krankenhaus (vgl dazu unten). Diese Fragestellung
ist an den Gutachter nicht herangetragen worden. Er hat sich vielmehr auf seine Sicht der Dinge aus einem erheblichen Zeitabstand
heraus und allein auf Grund der Behandlungsunterlagen beschränkt. Dies reicht nicht aus, um die Vertretbarkeit der Entscheidung
der Krankenhausärzte in der konkreten Behandlungssituation in Frage zu stellen. Ein Widerspruch dieser therapeutischen Entscheidung
zur allgemeinen ärztlichen Erfahrung oder eine Verletzung medizinischer Standards lässt sich dem Gutachten nicht entnehmen.
Der Gutachter hat vielmehr selbst darauf hingewiesen, dass bei älteren Patienten, die sich einer so eingreifenden Operation
unterziehen müssen, häufig mit dem Auftreten oder mit der Verstärkung von Verwirrtheitszuständen zu rechnen sei. Diese könnten
auch die Notwendigkeit einer Behandlung in einer geronto-psychiatrischen Spezialabteilung begründen. Diese gutachterliche
Äußerung steht in Übereinstimmung mit dem FP-Katalog, der sogar eine besondere FP für den Fall einer Versorgung mit einer
Hüftendoprothese nach Schenkelhalsfraktur und anschließender Verlegung in eine akut-geriatrische Krankenhausabteilung vorsieht
(FP 17.013). Diese FP trägt der Erfahrung Rechnung, dass es sich bei Patienten mit Schenkelhalsfrakturen häufig um altersverwirrte
Personen handelt, die einer Nachbehandlung in einer akut-geriatrischen Krankenhausabteilung bedürfen. Der Versicherte war
im Behandlungszeitraum bereits 70 Jahre alt und wegen einer früheren traumatischen Hirnschädigung geistig verwirrt. Insofern
war er sowohl hinsichtlich seines mentalen Zustandes als auch der Art der durchgeführten Operation mit einer typischen altersverwirrten
Person nach Schenkelhalsbruch vergleichbar. Dies spricht auch ohne Vorliegen einer sachkundigen medizinischen Äußerung bereits
für die Vertretbarkeit der Behandlung des Versicherten in der geriatrischen Spezialabteilung. Jedenfalls durfte das LSG die
Frage der Vertretbarkeit der Behandlung nicht offen lassen mit der Begründung, sie sei nicht notwendig gewesen, wobei die
Entscheidungsgründe nicht einmal eindeutig erkennen lassen, ob das LSG bereits eine ambulante Weiterbehandlung als ausreichend
angesehen hat.
Wegen der unterbliebenen Feststellungen zur Vertretbarkeit der Behandlung war der Rechtsstreit aber nicht zur erneuten Verhandlung
und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, weil die Klage auch bei Bejahen der Notwendigkeit der Behandlung abzuweisen
ist. Denn wenn die Weiterbehandlung wegen des nach der Operation des Versicherten aufgetretenen oder verstärkten Verwirrtheitszustands
notwendig war, wird der streitige Behandlungszeitraum durch die FP 17.061 und 17.062 abgedeckt, da deren Grenzverweildauern
zusammengerechnet noch nicht abgelaufen waren. Die Klägerin muss sich als nachbehandelnder Krankenhausträger, der mit dem
vorbehandelnden Krankenhaus zusammenarbeitet, nach Maßgabe des §
14 Abs
5 Satz 3
BPflV die FP teilen, sodass sie keine weitere Vergütung von der Beklagten verlangen kann.
Bei der Hüftoperation und ihrer Weiterbehandlung hat es sich um die Hauptleistung des Krankenhauses gehandelt (§
14 Abs
4 Satz 1
BPflV). Die Hauptleistung des Krankenhauses bleibt bestimmend für die Abrechnung des gesamten Behandlungsfalls. Sie ändert sich
nicht dadurch, dass im Laufe der Behandlung zunächst im Hintergrund stehende Erkrankungen mit zunehmender Verweildauer und
Abklingen der Folgen der Haupterkrankung in den Vordergrund treten. Neben einer FP dürfen nur hier nicht einschlägige Sonderentgelte
oder sonstige Zuschläge berechnet werden, die in §
14 Abs
6 BPflV abschließend aufgeführt sind. Im Übrigen wird einer Verlängerung des Krankenhausaufenthaltes durch bestehende Co-Morbilitäten
oder aufgetretene Komplikationen allein dadurch Rechnung getragen, dass nach Ablauf der jeweiligen Grenzverweildauer tagesgleiche
Pflegesätze abgerechnet werden dürfen (§
14 Abs
7 BPflV).
Da im vorliegenden Behandlungsfall eine alters- oder verletzungsbedingte Demenz nicht zu den Umständen gehört, die neben der
FP wegen der Hüftgelenksoperation zu einem Sonderentgelt oder sonstigen Zuschlag führen, kann dafür eine gesonderte Vergütung
auch nicht dadurch erreicht werden, dass nach der Verlegung des Versicherten in das Krankenhaus der Klägerin nunmehr die Behandlung
der Demenz und ihrer Folgen in den Vordergrund getreten ist und die Diagnose "Delir bei Demenz" als erste Diagnose angeführt
wird. Unerheblich ist somit, ob die Klägerin diese Behandlung als "eigenständige" eingeordnet hat. Grundsätzlich soll die
Verlegung eines Patienten in eine andere Abteilung oder ein anderes Krankenhaus bei der Abrechnung von FP ohne Bedeutung sein.
Bei einem Behandlungsfall, der unter eine FP fällt, ist die Berechnung von tagesgleichen Pflegesätzen durch das nachbehandelnde
Krankenhaus nur dann möglich, wenn das vorbehandelnde Krankenhaus im konkreten Fall eine FP nicht abrechnen kann (§
14 Abs
5 Satz 5
BPflV). Nach §
14 Abs
5 Satz 1 Nr
1 BPflV darf eine FP nicht berechnet werden, wenn der Patient vor Abschluss eines bestimmten Behandlungsfalles verlegt wird, es sei
denn, eine Berechnung nach tagesgleichen Pflegesätzen ergibt einen höheren Gesamtbetrag. Dies gilt aber nach dem anschließenden
Satz 2 der Vorschrift nicht bei Verlegungen im Rahmen einer Zusammenarbeit. In diesem Fall wird die FP von dem Krankenhaus
berechnet, das die für die FP maßgebende Behandlung erbracht hat; die Krankenhäuser vereinbaren eine Aufteilung der FP untereinander.
Erst wenn in beiden Krankenhäusern die Gesamtverweildauer die Grenzverweildauer der jeweiligen FP überschreitet, kann das
nachbehandelnde Krankenhaus tagesgleiche Pflegesätze abrechnen.
Bei der Abrechenbarkeit tagesgleicher Pflegesätze für die hier streitigen Tage kommt es somit darauf an, ob die beiden Krankenhäuser
zusammen gearbeitet haben. Das SG hat diese Frage bejaht; die Klägerin hat dagegen weder im Berufungsverfahren noch im Revisionsverfahren Einwendungen erhoben.
Das LSG hat diese Frage als für seine Entscheidung unerheblich offen gelassen. Nach den Gesamtumständen des Falles kann aber
auch ohne ausdrückliche Feststellung durch das LSG davon ausgegangen werden, dass eine regelmäßige Zusammenarbeit der örtlich
benachbarten Krankenhäuser bei der Versorgung von geriatrischen Patienten, insbesondere im Anschluss an Operationen stattfindet.
Eine schriftliche Vereinbarung ist dazu nicht erforderlich (vgl dazu Tuschen/Quaas, Bundespflegesatzverordnung, 3. Aufl 1996,
Erl zu § 14 Abs 5 Satz 2 und 3 mit Hinweis auf ein Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit).