Berücksichtigung von Abschreibungen auf Gebäude und von Eigenkapitalzinsen bei der gesonderten Berechnung von Investitionsaufwendungen
eines Pflegeheimes in landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen
Gründe:
I
Die klagende Gesellschaft betreibt ein Pflegeheim in Schleswig-Holstein mit 37 Pflegeplätzen in Einzelzimmern und 46 Pflegeplätzen
in Zweibettzimmern. Eine öffentliche Investitionskostenförderung erfolgt nicht. Vielmehr erhalten bedürftige Heimbewohner
ein sog Pflegewohngeld nach Landesrecht.
Im November 1998 beantragte die Klägerin die Genehmigung zur gesonderten Berechnung von Investitionsaufwendungen nach §
82 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB XI) in Höhe von zunächst täglich 31,37 DM für Pflegeplätze in Einzelzimmern und 24,37 DM für Pflegeplätze in Zweibettzimmern
für das Jahr 1999. Der beklagte Landkreis erteilte lediglich die Zustimmung zur gesonderten Berechnung von Investitionsaufwendungen
in Höhe von 21,99 DM täglich (Bescheid vom 6. April 1999). Zur Begründung führte er aus, bei den Abschreibungen auf Gebäude
und zum Gebäude gehörende technische Anlagen seien die Anschaffungs- bzw Herstellungskosten maßgeblich und nicht die geltend
gemachten Wiederherstellungskosten. Bei einem Abschreibungssatz von 2,5 % errechne sich eine Gebäudeabschreibung von 174.241
DM jährlich. Eigenkapitalzinsen seien nicht ansetzbar. Den Restbuchwerten aller Anlagegüter (ohne Grundstücke) von 2.512.528
DM stünden Restdarlehen von 3.287.029,93 DM gegenüber, sodass sich ein verzinsbares Eigenkapital nicht ergebe. Der Widerspruch
der Klägerin blieb erfolglos (Bescheid vom 19. Mai 1999).
Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, für die Berechnung der Abschreibungen und der Eigenkapitalverzinsung müssten
nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen die Kosten der Wiederbeschaffung der Gebäude und technischen Anlagen (11.640.599
DM) angesetzt werden und nicht die früheren Anschaffungskosten. Außerdem dürften die in Anspruch genommenen steuerrechtlichen
Sonderabschreibungen als nicht reale Verluste nicht abgesetzt werden. Bei einem realen Eigenkapital von 6.409.310 DM errechneten
sich Zinsen in Höhe von jährlich 262.856 DM. Die von dem Beklagten angewandte Berechnungsmethode führe zu einem Investitionskostenbetrag,
der sie nicht mit ausreichenden finanziellen Mitteln versorge, um den gegenwärtigen Qualitätsstandard wahren zu können.
Der Beklagte hat für die Zeit vom 1. Juli 2000 bis 31. Dezember 2000 die gesondert berechenbaren Investitionsaufwendungen
wiederum auf täglich 21,99 DM festgesetzt (Bescheid vom 30. Juni 2000, Widerspruchsbescheid vom 18. September 2000), während
die Klägerin Sätze von 36,52 DM für Einzelzimmer und 29,52 DM für Zweibettzimmer beantragt hatte. Dagegen hat die Klägerin
ebenfalls Klage erhoben. Das Sozialgericht (SG) hat beide Rechtsstreitigkeiten zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, die angefochtenen Bescheide zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, seine
Zustimmung zur gesonderten Berechnung von Investitionsaufwendungen unter Berücksichtigung des Wiederbeschaffungswertes bei
der Abschreibung des Betriebsgebäudes sowie unter Anerkennung einer Eigenkapitalverzinsung zu erteilen. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 20. Januar 2003): Die Zustimmung des Beklagten als zuständiger Landesbehörde zur gesonderten
Berechnung betriebsnotwendiger Investitionsaufwendungen sei zwar gemäß §
82 Abs
3 Satz 3
SGB XI erforderlich, weil das Pflegeheim durch die Gewährung von Pflegewohngeld an bedürftige Heimbewohner öffentlich gefördert
werde, sie könne aber über den zugebilligten Betrag von täglich 21,99 DM hinaus nicht erteilt werden. Die Berechnung dieses
Betrages treffe nach den einschlägigen Vorschriften des Landespflegegesetzes (LPflegeG) des Landes Schleswig-Holstein vom
10. Februar 1996 (GVBl S 227) und der Landespflegegesetzverordnung (LPflegeGVO) vom 19. Juni 1996 (GVBl S 521) zu.
Nachdem das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 24. Juli 2003 - B 3 P 1/03 R - (BSGE 91, 182 = SozR 4-3300 § 82 Nr 1) entschieden hatte, dass es sich bei der Gewährung von Pflegewohngeld nicht um eine öffentliche Förderung
iS von §
82 Abs
3 Satz 1
SGB XI handele und es deshalb der Zustimmung der zuständigen Landesbehörde zur gesonderten Berechnung von Investitionsaufwendungen
nicht bedürfe, hat der Beklagte im Berufungsverfahren die Bescheide vom 6. April 1999 und 30. Juni 2000 in der Gestalt der
Widerspruchsbescheide vom 19. Mai 1999 und 18. September 2000 aufgehoben. Die Klägerin ist von der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage
zur Feststellungsklage übergegangen und hat beantragt festzustellen, dass die von ihr verlangten Investitionskosten der Höhe
nach angemessen waren. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Feststellungsklage abgewiesen (Urteil vom 17. Dezember 2004).
Die Feststellungsklage sei zwar zulässig, aber unbegründet. Nach den landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen zu §
82 Abs
3 iVm Abs
2 Nr
1 SGB XI seien für die Abschreibung von Investitionen steuerrechtliche Grundsätze maßgeblich. Danach komme es auf die Anschaffungs-
bzw Herstellungskosten an. Auch die Nichtberücksichtigung von Eigenkapitalzinsen sei nicht zu beanstanden. Das eingesetzte
Eigenkapital sei, bezogen auf die Herstellungskosten, durch Sonderabschreibungen aufgezehrt; die Summe der Darlehensverbindlichkeiten
überschreite die Restbuchwerte.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des §
82 SGB XI. Im Gegensatz zur Regelung über die Zustimmungspflicht bei öffentlicher Förderung nach §
82 Abs
3 SGB XI verweise die Regelung des §
82 Abs
4 SGB XI über die Anzeigepflicht bei fehlender öffentlicher Förderung nicht auf das Landesrecht. Aus den maßgeblichen Bestimmungen
des
SGB XI sei abzuleiten, dass die Bewertung von Investitionen nach betriebswirtschaftlichen und nicht nach steuerrechtlichen Grundsätzen
zu erfolgen habe. Eine sachgerechte, wirtschaftliche tragbare Berechnung des Investitionskostenanteils müsse daher vom Wiederbeschaffungswert
statt von den Herstellungskosten ausgehen und bei der Eigenkapitalverzinsung die steuerrechtlichen Sonderabschreibungen außer
Ansatz lassen. Im Übrigen habe das LSG das Landesrecht auch unzutreffend ausgelegt.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 17. Dezember 2004 und des Sozialgerichts Kiel vom 20. Januar
2003 zu ändern und festzustellen, dass die von ihr für den Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 1999 verlangten
Investitionskosten in Höhe von 17,02 EUR = 33,28 DM täglich (für Einzelzimmer 18,99 EUR = 37,15 DM und für Zweibettzimmer
15,42 EUR = 30,15 DM) und für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Dezember 2000 verlangten Investitionskosten in Höhe
von 16,69 EUR = 32,64 DM täglich (für Einzelzimmer 18,67 EUR = 36,52 DM und für Zweibettzimmer 15,09 EUR = 29,52 DM) der Höhe
nach angemessen waren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§§
165,
153 Abs
1,
124 Abs
2 Sozialgerichtsgesetz >SGG<).
II
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das LSG hat es im Ergebnis zu Recht und ohne Verstoß gegen Bundesrecht abgelehnt,
die Angemessenheit von gesondert berechenbaren Investitionskostenbeiträgen der Heimbewohner in der geltend gemachten, die
akzeptierten Beträge von 21,99 DM übersteigenden Höhe festzustellen.
13
1) Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor.
a) Die "Feststellung der Angemessenheit" ist auszulegen als Feststellung, dass die Klägerin zur Berechnung betriebsnotwendiger
Investitionsaufwendungen in der geltend gemachten Höhe berechtigt war.
b) Das für eine Feststellungsklage stets erforderliche berechtigte Interesse der Klägerin an der baldigen Feststellung (§
55 SGG) ist gegeben, obgleich es sich um einen abgeschlossenen Sachverhalt aus der Vergangenheit handelt und die Feststellung jedenfalls
ihrem Wortlaut nach nicht (auch) darauf gerichtet ist, dass die Klägerin in der Gegenwart und in der Zukunft in gleicher Weise
wie in der Vergangenheit geschehen die gesondert berechenbaren Investitionskostenanteile bemessen und den Heimbewohnern in
Rechnung stellen kann.
Dabei kann die Frage offen bleiben, ob das Feststellungsinteresse der Klägerin schon deshalb bejaht werden kann, weil der
Beklagte die Zulässigkeit der Berechnung der Gebäudeabschreibung und der Eigenkapitalverzinsung auf der Basis des Wiederbeschaffungswertes
und unter Ausklammerung der Sonderabschreibungen bestreitet und er nach §
17 Abs
1 Satz 1
Heimgesetz (
HeimG) die Möglichkeit hat, in seiner Eigenschaft als Träger der Heimaufsicht gegen überhöhte Heimentgelte einzuschreiten. Der
erkennende Senat hat in einem ähnlich gelagerten Fall mit Blick auf diese Vorschrift das Feststellungsinteresse des Pflegeheimbetreibers
mit der Begründung bejaht, dieser habe ein berechtigtes Interesse daran, die Rechtmäßigkeit seines Handelns im Voraus grundsätzlich
klären und feststellen zu lassen und nicht darauf verwiesen zu werden, erst Ordnungsverfügungen der Heimaufsicht abzuwarten,
um deren Rechtmäßigkeit unter erneuter Beschreitung des Rechtsweges zu bestreiten (BSG, Urteil vom 24. Juli 2003 - B 3 P 1/03 R - BSGE 91, 182 = SozR 4-3300 § 82 Nr 1). Anders als in jenem früheren Verfahren dürfte der Erlass einer Ordnungsverfügung wegen eines überhöhten
Heimentgelts im vorliegenden Fall schon mit Blick auf die seither vergangene Zeit (sechs Jahre) kaum mehr in Betracht kommen.
Außerdem könnte insoweit wohl nur das sich aus der Pflegevergütung (§
82 Abs
1 Satz 1 Nr
1, §§
84,
85 SGB XI), dem Entgelt für Unterkunft und Verpflegung (§
82 Abs
1 Satz 1 Nr
2, §
87 SGB XI) sowie dem Investitionskostenanteil (§
82 Abs
2 bis
4 SGB XI) zusammensetzende Gesamtheimentgelt (§
87a SGB XI) und nicht lediglich der Investitionskostenanteil Maßstab für die Frage der überhöhten Festsetzung eines Heimentgelts iS
des §
17 Abs
1 Satz 1
HeimG sein, weil eine zu hohe Bemessung einer Komponente durch eine niedrige Bemessung einer anderen Komponente des Heimentgelts
ausgeglichen werden kann und nur die - den Verbraucher (Heimbewohner) allein interessierende - monatliche Endsumme die Grundlage
für eine Ordnungsverfügung nach §
17 HeimG bilden dürfte. Eine Überhöhung des Gesamtheimentgelts ist im vorliegenden Verfahren aber weder vom LSG festgestellt noch
von einem Beteiligten behauptet worden.
Das Feststellungsinteresse der Klägerin ist aber jedenfalls aus einem anderen Grund zu bejahen. Nach der in den Jahren 1999
und 2000 noch anwendbaren Regelung des § 93 Abs 7 Satz 4 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) ist der Träger der Sozialhilfe zur Übernahme gesondert berechenbarer Investitionskosten nur dann verpflichtet, wenn hierüber
entsprechende Vereinbarungen nach dem 7. Abschnitt des BSHG getroffen worden sind. Kommt es zu keiner Vereinbarung, ist das Schiedsverfahren nach § 93b Abs 1 BSHG einzuleiten. Da in der Einrichtung der Klägerin auch Sozialhilfeempfänger leben, hat die Klägerin ein Interesse daran, dass
die Höhe der gesondert berechenbaren Investitionskosten festgestellt wird, so dass darüber eine entsprechende Vereinbarung
mit dem - ebenfalls als Sozialhilfeträger fungierenden - Beklagten getroffen werden kann. Eine gleichartige Regelung findet
sich jetzt in § 75 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), der § 93 BSHG insoweit ersetzt hat.
Zudem wird nach § 6 Abs 2 iVm § 8 Abs 1 LPflegeGVO Pflegewohngeld als "Sozialleistung sui generis" (vgl BSGE 91, 182, 184 f = SozR 4-3300 § 82 Nr 1 RdNr 9) nur gewährt, wenn die gesondert berechenbaren Investitionsaufwendungen nach § 10 LPflegeGVO
ermittelt worden sind. Dabei wird das Pflegewohngeld auf Antrag des Heimträgers mit Zustimmung des Pflegebedürftigen (§ 9
Abs 1 Satz 1 und 2 LPflegeGVO) und ansonsten auf unmittelbaren Antrag des Pflegebedürftigen (§ 9 Abs 1 Satz 4 LPflegeGVO)
an den Heimträger gezahlt, der verpflichtet ist, dieses auf die gesondert berechenbaren betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen
zu Gunsten des anspruchsberechtigten Pflegebedürftigen anzurechnen (vgl § 6 Abs 4 LPflegeG). Über die Bewilligung des Pflegewohngeldes,
das neben der Sozialhilfe gewährt wird (§ 6 Abs 4 LPflegeG, § 8 Abs 2 und 3 LPflegeGVO) und höchstens 15,35 EUR täglich beträgt
(§ 8 Abs 1 LPflegeGVO), erhalten sowohl der Heimträger als auch der Pflegebedürftige einen jeweils eigenständig anfechtbaren
Bescheid (§ 9 Abs 4 LPflegeGVO). Die verfahrensrechtliche Stellung des Heimträgers entspricht damit materiellrechtlich einer
Einziehungsermächtigung und prozessual einer Prozessstandschaft für den berechtigten Heimbewohner (BSGE 91, 182, 184 f = SozR 4-3300 § 82 Nr 1 RdNr 9). Die gerichtliche Feststellung der Angemessenheit der berechneten Kosten dient deshalb
nicht nur der Klärung eines Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beklagten für die Vergangenheit, sondern ist
zugleich geeignet, künftigen Streitigkeiten über diese Fragen zwischen den Beteiligten vorzubeugen.
2) a)Rechtsgrundlage der Anzeigepflicht der Heimträger über die Berechnung betriebsnotwendiger Investitionsaufwendungen bei
nicht nach Landesrecht geförderten Pflegeheimen, zu denen das von der Klägerin betriebene Heim gehört, weil die Zahlung landesrechtlichen
Pflegewohngelds an bedürftige Heimbewohner keine öffentliche Förderung des Heimes darstellt (BSGE 91, 182, 185 = SozR 4-3300 §
82 Nr
1 RdNr
11), ist §
82 Abs
4 SGB XI. Der Beklagte als nach §
8 Abs
2 Satz 2 LPflegeG für die in seinem Kreisgebiet ansässigen Pflegeeinrichtungen zuständige Landesbehörde hat die angezeigten
Investitionskostenanteile heimaufsichtsrechtlich, förderungsrechtlich und sozialhilferechtlich zu akzeptieren, wenn im Falle
der landesrechtlichen Förderung des Heimes die Zustimmung der Landesbehörde (§
82 Abs
3 Satz 3 Halbsatz 1
SGB XI) zu erteilen wäre. Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor. Das LSG ist ohne Verletzung von Bundesrecht zu dem Ergebnis
gelangt, dass die Klägerin nach den landesrechtlichen Vorschriften nicht berechtigt war, einen 21,99 DM übersteigenden Betrag
für betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen in Rechnung zu stellen.
b) Landesrecht ist hier maßgebend, obgleich es nicht um die Zustimmungspflicht nach §
82 Abs
3 SGB XI, sondern um die Anzeigepflicht nach §
82 Abs
4 SGB XI geht, wo nicht ausdrücklich wie in §
82 Abs
3 Satz 3 Halbsatz 2
SGB XI auf die nähere Ausführung durch Landesrecht verwiesen wird. Die landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen im LPflegeG und
in der LPflegeGVO sind insoweit einheitlich formuliert und unterscheiden bezüglich der Berechnung der betriebsnotwendigen
Investitionsaufwendungen nicht danach, ob eine Genehmigung erforderlich ist oder eine Anzeige genügt.
Die landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen sind aber auch bei bloßer Anzeigepflicht mit Bundesrecht vereinbar. Zum einen
lässt sich die Ansicht des Beklagten vertreten, dass §
82 Abs
4 SGB XI die Regelung des §
82 Abs
3 SGB XI lediglich ergänze und sich deshalb auch die Ermächtigung zum Erlass von Landesrecht auf sie erstrecke. Die Vorschriften müssten
von der Sache her zwingend einheitlich ausgelegt werden, weil es keinen sachlichen Grund gebe, im jeweiligen Fall unterschiedliche
Berechnungsmaßstäbe anzulegen. Wenn die Erstreckung des Verweises auf Landesrecht in §
82 Abs
3 Satz 3 Halbsatz 2
SGB XI für §
82 Abs
4 SGB XI als Ermächtigungsgrundlage verneint wird, bleibt es beim reinen Wortlaut des Abs 4, der keine Regelung darüber enthält, wie
die betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen bei unterbliebener öffentlicher Förderung zu berechnen sind. Der Bundesgesetzgeber
hat sich auch keine eigene Regelung vorbehalten oder sie als abschließend betrachten wollen, obwohl weitere Ausführungsbestimmungen
für den Gesetzesvollzug erforderlich sind. Durch den Verzicht des Bundesgesetzgebers auf eigene Regelungen in diesem nach
Art
74 Abs
1 Nr
7 und 12
Grundgesetz -
GG - (öffentliche Fürsorge und Sozialversicherung) zur konkurrierenden Gesetzgebung gehörenden Bereich war dem Landesgesetzgeber
somit die Möglichkeit eröffnet, eigene Vorschriften auch ohne ausdrückliche Ermächtigung zu erlassen (vgl Art
72 Abs
1 GG), wovon in Schleswig-Holstein durch das LPflegeG und die LPflegeGVO Gebrauch gemacht worden ist.
c) Die Auslegung des Landesrechts durch das LSG ist für den erkennenden Senat bindend, weil sie nicht gegen Vorschriften des
Bundesrechts verstößt (§
162 SGG). Ein Verstoß gegen Bundesrecht liegt nicht bereits dann vor, wenn das Revisionsgericht aus seiner Sicht möglicherweise zu
einer anderen Gesetzesauslegung kommen würde. Bundesrecht ist vielmehr erst dann verletzt, wenn das Berufungsgericht den Rahmen
zulässiger Gesetzesauslegung überschritten und damit die Bindung an Gesetz und Recht (Art
20 Abs
3 GG) missachtet hat (Willkürverbot) oder wenn es bei der Gesetzesauslegung bundesrechtliche Normen herangezogen hat, die den
ihnen beigelegten Regelungsgehalt nicht aufweisen (BSGE 88, 215, 219 = SozR 3-3300 § 9 Nr 1; BSG SozR 3-6935 Allg Nr 1). Bei Anlegung dieser Prüfungsmaßstäbe ist eine Verletzung von Bundesrecht
zu verneinen.
Das LSG hat - ebenso wie das SG - die Maßgeblichkeit der Anschaffungs- bzw Herstellungskosten bei der Berechnung der Gebäudeabschreibung und der Eigenkapitalverzinsung
aus §
10 LPflegeGVO abgeleitet. Es hat dazu ausgeführt, in §
82 Abs
2 Nr
1 SGB XI würden als Aufwendungen für Maßnahmen, die in den Entgelten für Unterkunft und Verpflegung nicht berücksichtigungsfähig seien,
solche aufgeführt, die dazu bestimmt seien, die für den Betrieb der Pflegeeinrichtung notwendigen Gebäude und sonstigen abschreibungsfähigen
Anlagegüter herzustellen, anzuschaffen, wieder zu beschaffen, zu ergänzen, in Stand zu halten oder in Stand zu setzen. Dementsprechend
heiße es in dem auf Grund der Verordnungsermächtigung des § 8 Abs 1 LPflegeG ergangenen § 10 Abs 2 Nr 1 LPflegeGVO, zu den
gesondert berechenbaren Aufwendungen im Sinne des Abs 1 gehörten Abschreibungen für Aufwendungen zur Herstellung, Anschaffung,
Wiederbeschaffung oder Ergänzung der zum Betrieb der Pflegeeinrichtung gehörenden Anlagegüter, deren Nutzungszeit zeitlich
begrenzt sei. Der Wortlaut dieser Vorschriften schließe es demnach zwar nicht aus, bei der Abschreibung vom Wiederbeschaffungswert
auszugehen. § 10 Abs 4 LPflegeGVO bestimme hierzu, dass Abschreibungen für Gebäude und zum Gebäude gehörende technische Anlagen
auf 40 Jahre (Nr 1) und für sonstige abschreibungsfähige Anlagegüter entsprechend der nach steuerrechtlichen Bestimmungen
zu Grunde zu legenden Nutzungsdauer zu verteilen seien (Nr 2). Daraus werde deutlich, dass der Verordnungsgeber insoweit an
das Steuerrecht anknüpfen wollte. Dies stehe auch im Einklang mit der Ermächtigungsnorm des §
82 Abs
3 iVm Abs
2 Nr
1 SGB XI, weil auch dort auf "Gebäude und sonstige abschreibungsfähige Anlagegüter" abgestellt werde. Zu Recht habe das SG hierzu ausgeführt, dass die Absetzungen für Abnutzung nach §
7 Einkommensteuergesetz (
EStG) sich ausschließlich an den Anschaffungs- und Herstellungskosten (§
7 Abs
1, 4 und 5
EStG) orientierten. Unter Aufwendungen zur Wiederbeschaffung von Anlagegütern könnten deshalb - wie der Beklagte im Widerspruchsbescheid
zu Recht ausgeführt habe - nur solche Güter zu verstehen sein, die tatsächlich wegen Abnutzung oder aus anderen Gründen ersetzt
worden seien. Auch in diesem Fall erfolge die Abschreibung vom Wert der Anschaffung oder der Herstellung des Anlageguts.
Aus dem Wortlaut des §
82 Abs
2 Nr
1 Halbsatz 1
SGB XI ergibt sich weder eine Berechnung der gesondert berechenbaren Investitionsaufwendungen anhand des Herstellungs- bzw Anschaffungswertes
noch anhand der Wiederbeschaffungskosten. Herstellung, Anschaffung und Wiederbeschaffung von Gebäuden und sonstigen abschreibungsfähigen
Anlagegütern werden dort lediglich in einer Aufzählung ohne zwingende Gewichtung genannt. Auch Sinn und Zweck des §
82 Abs
2 Nr
1 SGB XI gebieten nicht zwingend eine höhere Berechnung der Investitionskostenbeiträge zur Rücklagenbildung. Das LSG durfte berücksichtigen,
dass durch die vorgeschriebene Berechnung der Abschreibungen Folgeinvestitionen nicht unterbunden oder erschwert werden, denn
diese dürfen, sobald sie getätigt wurden, in Höhe der die ersetzte Investition übersteigenden Kosten in die Berechnung der
Investitionsaufwendungen eingestellt und den Heimbewohnern dann nach Maßgabe des §
82 Abs
2 bis
4 SGB XI in Rechnung gestellt werden. Die vom LSG gewählte Auslegung, für die Berechnung der betriebsnotwendigen Investitionskostenanteile
sei auf steuerrechtliche Grundsätze zurückzugreifen, verstößt somit nicht gegen das Willkürverbot (Art
20 Abs
3 GG) oder sonstige bundesrechtliche Auslegungsgrundsätze.
d) Auch die Nichtberücksichtigung von Eigenkapitalzinsen im Rahmen des Investitionskostenanteils der Heimbewohner ist bundesrechtlich
nicht zu beanstanden. Das LSG hat hierzu ausgeführt, nach § 10 Abs 2 Nr 3 LPflegeGVO gehörten zu den gesondert berechenbaren
Aufwendungen Zinsen für mit eigenem Kapital finanzierte Aufwendungen bis zur Höhe von 4 %. Dass ihr Eigenkapital bezogen auf
die Anschaffungs- und Herstellungskosten durch Sonderabschreibungen aufgezehrt sei, stelle die Klägerin nicht in Abrede. Da
die Summe der Verbindlichkeiten aus Darlehen die der Restbuchwerte überschreite, sei zu Recht die Berücksichtigung von Eigenkapitalzinsen
abgelehnt worden. Die gesondert berechenbaren Investitionsaufwendungen seien auch hier nach steuerrechtlichen Grundsätzen
zu berechnen, sodass sich dies folgerichtig auch für die darin enthaltene Berechnung der Eigenkapitalzinsen ergebe, die bei
negativem Eigenkapital eine Verzinsung nicht zur Folge habe. Dies gelte erst recht, wenn für das Objekt, wie hier geschehen,
Sonderabschreibungen in Anspruch genommen worden seien. Diese führten zu einer verminderten steuerlichen Berechnungsgrundlage
und damit zu einer verminderten Steuerlast. Eine weitere Eigenkapitalverzinsung neben den steuerlichen Sonderabschreibungen
wäre eine Doppelanrechnung zu Lasten der Heimbewohner.
Diese Begründung zur Auslegung des Landesrechts ist zwar rechtlich angreifbar, revisionsrechtlich dennoch hinzunehmen, weil
eine Verletzung des Willkürverbots (Art
20 Abs
3 GG) oder sonstigen Bundesrechts im Ergebnis nicht erkennbar ist. Nach § 10 Abs 2 Nr 3 LPflegeGVO gehören zu den gesondert berechenbaren Aufwendungen "Zinsen für mit eigenem Kapital finanzierte Aufwendungen
bis zur Höhe von 4 %". Eine Bezugnahme auf steuerrechtliche Grundsätze, wie sie in § 10 Abs 4 Nr 2 LPflegeGVO für einen Teilbereich
der Abschreibungen nach § 10 Abs 2 Nr 1 LPflegeGVO niedergelegt ist, gibt es für die Berechnung der Eigenkapitalverzinsung
allerdings nicht. Daher erscheint die Berücksichtigung von fiktiven Verlusten, die - wie zB die Sonderabschreibungen nach
der Zonenrandförderung - reine Steuervergünstigungen sind, bei der Berechnung der Eigenkapitalverzinsung problematisch, weil
sie den Einsatz von Eigenkapital nicht angemessen vergütet und deshalb Investitionen erschwert. Ein Investor, der auf Eigenmittel
zurückgreift, statt Kredite aufzunehmen, und dadurch auf Zinseinnahmen durch anderweitige Anlage seiner Eigenmittel verzichtet,
sollte bei der Refinanzierung prinzipiell nicht schlechter gestellt werden als der mit Fremdmitteln arbeitende Investor, der
die tatsächlich gezahlten Zinsen bis zur Höhe des bei Abschluss des Darlehensvertrages marktüblichen Zinssatzes nach § 10
Abs 2 Nr 2 LPflegeGVO in Ansatz bringen kann.
Dennoch konnte die Klage insoweit keinen Erfolg haben, weil die Gesetzesauslegung durch das LSG von sachlichen Erwägungen
getragen wird und im Ergebnis die Klägerin auch nicht in ihren Grundrechten nach Art
3,
12 und
14 GG verletzt wird. Das LSG hat nämlich lediglich entschieden, dass in Fällen der vorliegenden Art eine Eigenkapitalverzinsung
nur im Rahmen der gesondert in Rechnung zu stellenden betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen nicht in Ansatz gebracht
werden darf; dies schließt aber nicht aus, dass eine angemessene Eigenkapitalverzinsung auf andere Weise als über den ausgewiesenen
Investitionskostenanteil erzielt werden kann. §
82 Abs
2 SGB XI nennt zwar zahlreiche Arten von Aufwendungen, die nicht in den Entgelten für Unterkunft und Verpflegung berücksichtigt werden
dürfen; die Eigenkapitalverzinsung gehört aber gerade nicht dazu. Sie wird allerdings in den landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen
zu §
82 Abs
3 SGB XI (hier: §
10 Abs
2 Nr
3 LPflegeGVO) regelmäßig den gesondert berechenbaren Investitionsaufwendungen zugerechnet. Daraus folgt aber nur, dass sie
dort geltend zu machen ist, soweit sie nach Maßgabe der auf eine öffentliche Förderung ausgerichteten Landesregelungen anerkannt
werden kann, nicht aber, dass sie überhaupt nicht geltend gemacht werden kann, wenn und soweit dies nach den landesrechtlichen
Bestimmungen bei den besonders ausgewiesenen Investitionskosten nicht möglich ist. Andernfalls liefe dies auf ein Verbot angemessener
Verzinsung von Eigenkapital hinaus und damit auf einen Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art
14 GG (vgl BVerfGE 91, 294, 310). Im Wirtschaftsleben ist es die Regel, dass bei mit Eigenmitteln finanzierten Wohn- oder Gewerberäumen in die Kalkulation
des Mietzinses eine Eigenkapitalverzinsung einfließt. Eine Eigenkapitalverzinsung kann daher auch in einem Pflegeheim in die
Kosten für die Unterkunft (§
87 SGB XI) einkalkuliert werden (vgl Schmäing in LPK-
SGB XI, 2. Aufl, 2003, §
82 RdNr 11).
Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass im vorliegenden Fall die Erzielung einer angemessenen Eigenkapitalverzinsung nicht
auf andere Weise als über den gesondert berechenbaren Investitionskostenanteil möglich gewesen ist und insbesondere das berechnete
monatliche Gesamtheimentgelt der Jahre 1999/2000 dafür nicht ausreichte. Auch aus den Akten ergeben sich dafür keine greifbaren
Anhaltspunkte.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs
1 und 4
SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung (Art 17 des 6. Gesetzes zur Änderung des
SGG vom 17. August 2001 - BGBl I S 2144).