Gewährung von Leistungen der privaten Pflegeversicherung an einen Unionsbürger im EU-Ausland, Kostenfreiheit im sozialgerichtlichen
Verfahren für Sonderrechtsnachfolger
Gründe:
I
Streitig ist, ob das beklagte private Pflegeversicherungsunternehmen verpflichtet ist, für fünf Monate den Differenzbetrag
zwischen dem von ihm gezahlten Pflegegeld und dem Höchstbetrag bei Aufwendungen für häusliche Pflegehilfe zu zahlen.
Die Klägerin ist Alleinerbin ihres im Juli 2002 verstorbenen Ehemannes, der deutscher Staatsangehöriger und als beihilfeberechtigter
Ruhestandsbeamter des Landes Bremen bei dem Beklagten mit einer Tarifleistung von 30% gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit
versichert war. Der Versicherte wohnte seit seiner Pensionierung mit seiner Ehefrau in Frankreich. Nach einem im Februar 2002
erlittenen Hirninfarkt erkannte der Beklagte die Voraussetzungen für die Pflegestufe III an und zahlte satzungsgemäß anteiliges
Pflegegeld; die Gewährung weiter gehender Leistungen - insbesondere die Erstattung von Aufwendungen für häusliche Pflegehilfe
- lehnte er ab.
Im Mai 2002 hat der Versicherte Klage auf Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem Pflegegeld und dem Höchstbetrag bei Aufwendungen
für häusliche Pflegehilfe ab März 2002 erhoben. Nach seinem Tod hat dessen Ehefrau den Rechtsstreit als Rechtsnachfolgerin
fortgeführt; sie begehrt von dem Beklagten noch insgesamt 1.150, 50 EUR, was einer monatlichen Höchstbetragsdifferenz von
230,10 EUR für die Zeit von März bis Juli 2002 entspricht. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 9. Juni 2004). Das Landessozialgericht (LSG) hat die hiergegen gerichtete Berufung
der Klägerin mit Urteil vom 16. Dezember 2004 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein über das bereits gewährte
Pflegegeld hinausgehender Zahlungsanspruch der Klägerin bestehe schon deshalb nicht, weil der Versicherte weder von Pflegekräften
eines ambulanten Pflegedienstes noch von vertraglich zugelassenen Einzelpflegekräften gepflegt worden sei. Durch den Auslandswohnsitz
würden keine weiter gehenden Ansprüche als bei einem Inlandswohnsitz begründet; der Versicherte sei deshalb wegen seines Wohnsitzes
in Frankreich nicht benachteiligt. Zudem handele es sich bei dem geltend gemachten Aufwendungsersatz für häusliche Pflegehilfe
um eine Sachleistung im Sinne der Vorschriften des europäischen Rechts, die grundsätzlich vom für den Wohnort in Frankreich
zuständigen Träger hätte erbracht werden müssen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von Art
3 Grundgesetz (
GG) und §
36 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB XI). Ihr Ehegatte habe gleich hohe Beiträge wie ein in Deutschland lebender Versicherter entrichtet, aber weniger Leistungen
erhalten. Weder der Beklagte noch der französische Staat hätten ihrem Ehegatten pflegerische Hilfen bereitgestellt. Dieser
habe sie sich deshalb durch den Einsatz von Freunden und Verwandten beschaffen müssen. Hierdurch seien Kosten entstanden,
die das anteilig gezahlte Pflegegeld zuzüglich der vom Land Bremen gewährten Beihilfeleistungen überstiegen hätten. Als Unionsbürger
sei ihr Ehemann in seinem Recht auf Freizügigkeit nach Art 18 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) verletzt worden, weil ihm Ansprüche aus dem mit dem Beklagten geschlossenen Pflegeversicherungsvertrag nur wegen seines
Wohnsitzes im EU-Ausland vorenthalten worden seien.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 16. Dezember 2004 und des SG Koblenz vom 9. Juni 2004 zu ändern und den Beklagten
zu verurteilen, ihr weitere 1.150,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22. Februar
2002 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Zudem bestehe ein Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für häusliche Pflegehilfe
auch deshalb nicht, weil die Klägerin nicht dargelegt habe, ob und in welcher Höhe ihr oder dem Versicherten Kosten durch
die häusliche Pflege entstanden seien.
II
Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist nach dem Teilvergleich
über die zuvor ebenfalls streitige Pflicht der Beklagten zur Kostenerstattung für ein Pflegebett nur noch, ob die Klägerin
die Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem von dem Beklagten gewährten Pflegegeld und dem Höchstbetrag der Aufwendungen
für häusliche Pflegehilfe verlangen kann. Dies haben die Vorinstanzen im Ergebnis zu Recht verneint.
1. Die auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Die Klägerin macht
Ansprüche aus einem privaten Pflegeversicherungsvertrag geltend, über deren Berechtigung die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit
zu entscheiden haben (§
51 Abs
1 Nr
2, Abs
2 Satz 3
Sozialgerichtsgesetz -
SGG -). Die hier erhobene isolierte Leistungsklage (§
54 Abs
5 SGG) ist die richtige Klageart, weil es sich um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis handelt, in dem die Leistungsgewährung
nicht durch Verwaltungsakt zu geschehen hat. Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin des Versicherten. Dies folgt zwar nicht aus
§
56 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I), der die Sonderrechtsnachfolge für laufende Sozialleistungen regelt, denn vorliegend handelt es sich um eine privatrechtliche
Forderung. Das gesamte Vermögen des Versicherten, zu dem auch der hier geltend gemachte Zahlungsanspruch aus dem privatrechtlichen
Pflegeversicherungsvertrag gehört, ist mit seinem Tod gemäß §
1922 Abs
1 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) auf die Klägerin übergegangen. Als Alleinerbin stehen ihr daher alle bis dahin begründeten Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag
zu. Aus dieser Aktivlegitimation folgt das prozessuale Recht der Klägerin, den auf sie übergegangenen Anspruch in eigenem
Namen geltend zu machen (BSG SozR 4-7690 § 64 Nr 1 RdNr 8).
2. Anspruchsgrundlage ist § 178b Abs 4 Versicherungsvertragsgesetz iVm dem zwischen dem Versicherten und dem Beklagten geschlossenen Vertrag über eine private Pflegepflichtversicherung sowie
§ 4 Abs 1 Satz 1 Allgemeine Versicherungsbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung - Bedingungsteil - (MB/PPV
1996) und Nr 1 Abs 1 des diese konkretisierenden Tarifs PV. Danach erhalten versicherte Personen bei häuslicher Pflege Ersatz
von Aufwendungen für Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung (häusliche Pflegehilfe) bis zu von der jeweiligen Pflegestufe
abhängigen Höchstbeträgen, vorbehaltlich der weiteren in § 4 Abs 1 Sätze 2 bis 6 und § 6 MB/PPV 1996 niedergelegten Leistungsvoraussetzungen.
Nach diesen Bestimmungen steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch jedoch nicht zu.
a) Zu Unrecht wendet der Beklagte allerdings ein, dass dem Klagebegehren bereits die Regelung in § 5 Abs 1a MB/PPV 1996 entgegenstehe.
Nach dieser Vorschrift - sie ist §
34 Abs
1 Nr
1 SGB XI nachgebildet - besteht keine Leistungspflicht, solange sich versicherte Personen im Ausland aufhalten. Ein solch rigider
Ausschluss des Leistungstransfers ins EU-Ausland verstößt indes gegen das Freizügigkeitsgebot des Art 18 EGV. So hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits entschieden, dass es mit dem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar ist, wenn
der Anspruch auf eine Leistung wie das Pflegegeld davon abhängig gemacht wird, dass der Versicherte in dem Staat wohnt, in
dem er die Versicherung abgeschlossen hat (EuGH, Urteil vom 5. März 1998 - C-160/96 >Molenaar<, EuGHE 1998, Teil I, S 843, 889 RdNr 32 = NJW 1998, 1767, 1768; vgl dazu Udsching,
SGB XI, 2. Aufl 2000, §
34 RdNr 5 mwN). In einer weiteren Entscheidung hat er diese Rechtsprechung bestätigt und zusätzlich festgestellt, dass dies
auch für den Bereich der privaten Pflegeversicherung gilt (EuGH, Urteil vom 8. Juli 2004 - C-502/01 und C-31/01 >Gaumain-Cerri, Barth<, EuGHE 2004, Teil I, S 6483, 6527 RdNr 22 = NZS 2005, 88). Offensichtlich als Folge des EuGH-Urteils vom 5. März 1998 hat der Beklagte dem Versicherten auch das Pflegegeld nach Frankreich
gezahlt, ohne indes seine Versicherungsbedingungen entsprechend anzupassen.
b) Unzutreffend ist des Weiteren die Auffassung des Beklagten und ihm folgend des Berufungsgerichts, die Klägerin könne auf
einen Anspruch gegen den zuständigen Träger des Wohnortes in Frankreich verwiesen werden. Die hier streitigen Leistungen aus
dem privatrechtlichen Pflegeversicherungsvertrag unterliegen zwar grundsätzlich dem Anwendungsbereich der "Verordnung des
Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) Nr 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf
Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern" (EWGV 1408/71), da sich der Abschluss eines derartigen Vertrages unmittelbar aus der Anwendung der deutschen sozialversicherungsrechtlichen
Vorschriften ergibt (EuGH, Urteil vom 8. Juli 2004, aaO). Bei den Aufwendungen für häusliche Pflegehilfe handelt es sich auch
um "Sachleistungen" iS von Art 19 Abs 1 Buchst a und Art 25 Abs 1 Buchst a EWGV 1408/71, die grundsätzlich für Rechnung des zuständigen Trägers vom Träger des Wohnorts nach den für diesen Träger geltenden
Rechtsvorschriften zu gewähren wären - sog Sachleistungsaushilfe. Denn unter diesen Begriff fallen Pflegeversicherungsleistungen,
die - wie hier - in der Erstattung der durch die Pflegebedürftigkeit entstandenen Kosten bestehen und die häusliche Pflege
des Versicherten decken sollen (EuGH, Urteil vom 5. März 1998, aaO). Danach hätte der französische Träger einem in Deutschland
versicherten und in Frankreich wohnenden Deutschen grundsätzlich die nach französischem Recht vorgesehenen Sachleistungen
gewähren und seine Aufwendungen dem deutschen Versicherungsträger in Rechnung stellen müssen. Dieser koordinationsrechtlich
vorgesehene Weg der Sachleistungsaushilfe ist hier aber ausgeschlossen: Im Anhang VI zur EWGV 1408/71 sind "Besondere Bestimmungen über die Anwendung der Rechtsvorschriften bestimmter Mitgliedstaaten" niedergelegt.
Nach den im Abschnitt D. Deutschland unter Nr 21 Buchst a geregelten Ausnahmen gilt Titel III Kapitel 1 Abschnitte 2 bis 7
EWGV 1408/71 - dies sind Art 19 bis 36 EWGV 1408/71 - hinsichtlich Sachleistungen nicht für solche Personen, die gegenüber einem Versorgungssystem für Beamte oder diesen
gleichgestellte Personen in Bezug auf Sachleistungen anspruchsberechtigt und nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung
versichert sind. Da es sich unter Zugrundelegung der vom EuGH entwickelten Kriterien auch bei den Erstattungsleistungen der
Beihilfe des Landes Bremen um Sachleistungen handelt, sind die Koordinierungsbestimmungen der EWGV 1408/71, die die Sachleistungsaushilfe regeln, im vorliegenden Fall nicht anwendbar.
c) Auch wenn sich der Versicherte bzw die Klägerin als seine Rechtsnachfolgerin hier nicht auf die Vorschriften der EWGV 1408/71 berufen können, steht ihnen als Unionsbürger (Art 17 EGV) zumindest das allgemeine Freizügigkeitsrecht des Art 18 EGV zu. Danach wird jedem Unionsbürger vorbehaltlich der gemeinschaftsrechtlichen Beschränkungen das subjektiv-öffentliche Recht
gewährt, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten; es ist verletzt, wenn ein Mitgliedstaat
seinen Bürgern einen Nachteil auferlegt, weil sie ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat nehmen (Zuleeg, Europarechtliche
Gestaltungsvorgaben für das deutsche Sozialrecht 2000, 103, 117; vgl auch Magiera in: Streinz, EUV/EGV, 2003, Art 18 EGV RdNr 10 mwN; Hilf in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union - Band I, Stand: Januar 2001, Art 18 EGV RdNr 1 mwN). Die Wahrnehmung dieses Rechts auf Freizügigkeit wäre insbesondere in Frage gestellt, wenn Unionsbürger befürchten
müssten, bei einer Verlagerung ihres Wohnsitzes ins EU-Ausland bestimmte Sozialleistungen nicht zu erhalten oder bereits erworbene
Ansprüche zu verlieren (vgl Borchardt "Rechtsschutz im europäischen Sozialrecht" in Fuchs: Europäisches Sozialrecht, 4. Aufl
2005, S 752 RdNr 147 mwN). Ein Transfer deutscher Ansprüche auf Sozialleistungen oder auf Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung
setzt jedoch stets voraus, dass die hierfür maßgeblichen innerstaatlichen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Das Verbot,
einen Wohnortwechsel mit Nachteilen zu verbinden, führt nicht dazu, im Ausland Leistungsansprüche in der sozialen oder privaten
Pflegeversicherung zu begründen, die bei einem Wohnsitz im Inland wegen mangelnder Tatbestandserfüllung nicht gegeben wären.
Im vorliegenden Fall wäre der Beklagte auch bei einem Wohnsitz des Versicherten in Deutschland nicht zur Leistung verpflichtet
gewesen.
d) Nach § 4 Abs 1 Satz 4 MB/PPV 1996 muss die häusliche Pflegehilfe durch geeignete Pflegekräfte erbracht werden, die von
einer Pflegekasse der sozialen Pflegeversicherung oder bei ambulanten Pflegeeinrichtungen angestellt sind, mit denen die Pflegekasse
einen Versorgungsvertrag abgeschlossen hat. Darüber hinaus können unter bestimmten Voraussetzungen auch zugelassene Einzelpflegekräfte
anerkannt werden; dies gilt jedoch nicht für Verwandte und solche Personen, die mit dem Versicherten in häuslicher Gemeinschaft
leben (§ 4 Abs 1 Satz 5 MB/PPV 1996). Der Senat hat diese Klauseln dahin präzisiert, dass der Anspruch auf Kostenerstattung
eine vorherige Anerkennung durch das Versicherungsunternehmen nicht zwingend voraussetzt, sondern lediglich die sachgerechte
Leistungserbringung durch eine Pflegeperson, die über ausreichende Qualifikationen verfügt und ihre Eignung ggf durch eine
qualifizierte einschlägige Ausbildung und eine ausreichende Pflegepraxis nachweist (BSGE 86, 94, 100 = BSG SozR 3-3300 § 77 Nr 3 S 24). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Denn der Versicherte ist nach
den Feststellungen des LSG im fraglichen Zeitraum nicht von Pflegepersonen, die über eine qualifizierte einschlägige Ausbildung
und eine entsprechende Pflegepraxis verfügen, sondern von - nicht fachlich qualifizierten - Angehörigen und Freunden gepflegt
worden. Gerade für diese Fallkonstellation ist aber nicht die häusliche Pflegehilfe, sondern das dem Versicherten gezahlte
Pflegegeld vorgesehen; hierdurch soll der Pflegebedürftige in die Lage versetzt werden, Angehörigen und sonstigen Pflegepersonen
ohne Verwendungsnachweis eine materielle Anerkennung für die im häuslichen Bereich sichergestellte Pflege zukommen zu lassen,
und damit einen Anreiz zur Erhaltung der Pflegebereitschaft durch Angehörige, Freunde und Nachbarn zu schaffen (so die Begründung
des RegE zum Pflegegeld, BT-Drucks 12/5262 S 112). Entgegen der Darstellung der Klägerin erscheint auch die häusliche Pflege
des Versicherten durch qualifiziertes Pflegepersonal immerhin prinzipiell möglich gewesen zu sein, denn zum einen existieren
in Frankreich ebenfalls häusliche Pflegedienste - "Services de Soins Infirmiers a Domiciles" -, die sich mit der häuslichen
Betreuung und Pflege von Senioren befassen (vgl Smida in Kollak: Internationale Modelle häuslicher Pflege, 2001, S 73, 85),
und zum anderen hat der Versicherte ausweislich einer Bescheinigung des behandelnden Arztes Dr. M. vom 15. April 2002
regelmäßige häusliche Krankenpflege durch eine diplomierte französische Krankenschwester erhalten.
Fragen, weshalb dies im vorliegenden Fall nicht möglich gewesen sein sollte, musste der Senat aber nicht weiter nachgehen,
denn der Kostenerstattungsanspruch der Klägerin scheitert des ungeachtet daran, dass sie nicht spezifiziert hat, für welche
Leistungen ihr Kosten entstanden sind. Gemäß § 6 Abs 3 MB/PPV 1996 ist das Versicherungsunternehmen zur Kostenerstattung nur
verpflichtet, wenn die erforderlichen Nachweise erbracht sind. So hätte die Klägerin insbesondere darlegen müssen, für welche
Personen sie in welchem Zeitraum Zahlungen geleistet hat. Zudem wäre zu belegen gewesen, dass es sich um pflegebedingte Aufwendungen
bei der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung gehandelt hat, denn Kosten für den allgemeinen Betreuungsaufwand
sind nicht erstattungsfähig (BSGE 86, 94, 100 f = SozR 3-3300 § 77 Nr 3, S 25). Derartige Nachweise hat die Klägerin nicht vorgelegt, ohne dafür mit dem Auslandsaufenthalt
verbundene Hinderungsgründe anführen zu können.
3. Der Senat hat keine Veranlassung gesehen, der Anregung der Klägerin zu folgen und das Revisionsverfahren zur Einholung
einer Vorabentscheidung des EuGH nach Art 234 Abs 3 EGV auszusetzen. Zwar ist ein nationales Gericht im Rahmen einer letztinstanzlichen Entscheidung grundsätzlich verpflichtet,
den EuGH anzurufen, wenn es sich entscheidungserheblich auf europäisches Gemeinschaftsrecht stützt, an dessen Auslegung Zweifel
bestehen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Die vorliegend relevanten Fragen des Europarechts sind durch die bereits ergangene
Rechtsprechung des EuGH geklärt und die Richtigkeit der Rechtsanwendung ist offenkundig (BSGE 70, 206 = SozR 3-4100 § 4 Nr 3 mwN; vgl auch BSG-Urteil vom 18. Juli 2006 - B 1 A 2/05 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs
1 Satz 1
SGG. Die Regelung des §
197a Abs
1 Satz 1
SGG ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Zwar gehören weder die Klägerin noch der Beklagte zu dem in §
183 Satz 1
SGG genannten - privilegierten - Personenkreis, denn der Beklagte ist ein privates Versicherungsunternehmen und die Klägerin
keine Versicherte und auch keine Sonderrechtsnachfolgerin iS von §
56 SGB I, da eine privatrechtliche Versicherungsleistung ihres verstorbenen Ehemannes und kein Anspruch auf laufende Sozialleistungen
streitbefangen ist. Gleichwohl ist §
183 Satz 2
SGG, der die Kostenfreiheit von sonstigen Rechtsnachfolgen nur auf den jeweiligen Rechtszug der Verfahrensaufnahme beschränkt,
hier nicht einschlägig, weil §
183 Satz 1
SGG entsprechende Anwendung finden muss. Der dort normierten Kostenbegünstigung für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich
Hinterbliebenenleistungsempfänger und Behinderte liegt die Vorstellung des Gesetzgebers zu Grunde, dass diese Personen grundsätzlich
nicht mit Gerichtskosten belastet werden sollen (BT-Drucks 14/5943 S 20). Diese Privilegierung soll auch nach dem Tode des
ursprünglich Berechtigten erhalten bleiben, weil das Schutzbedürfnis des in §
56 SGB I beschriebenen Personenkreises - insbesondere Ehegatten, Lebenspartner, Kinder und Eltern - mit dem des ursprünglichen Klägers
vergleichbar ist (BT-Drucks 14/5943 S 28; vgl auch Meyer-Ladewig/Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 8. Aufl 2005, §
183 RdNr 4; kritisch zur Differenzierung zwischen Rechtsnachfolge und Sonderrechtsnachfolge Knittel in: Hennig,
SGG - Band 2, Stand: Mai 2006, §
183 RdNr 9). Die Klägerin ist als Ehefrau des vormals Versicherten in gleichem Maße schutzbedürftig, weil es im Hinblick auf
die Tragung von Gerichtskosten keinen Unterschied machen kann, ob der vererbte Anspruch aus der sozialen oder aus der privaten
Pflegeversicherung stammt. Dies folgt aus dem Gleichbehandlungsgebot des Art
3 Abs
1 GG, der in §
23 Abs 1 Satz 2
SGB XI eine spezielle Ausgestaltung gefunden hat. Der Gesetzgeber hat nicht nur den gesetzlich, sondern grundsätzlich auch den privat
krankenversicherten Personen die Pflicht zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit auferlegt und gleichzeitig bestimmt,
dass das Leistungsspektrum in beiden Bereichen gleichwertig sein muss. Beide Bevölkerungskreise - gesetzlich sowie privat
krankenversicherte Personen - sind in Systeme der solidarischen Absicherung gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit einbezogen,
in denen es keine leistungsrelevanten Unterschiede geben soll. Dementsprechend gebietet es die verfassungskonforme Auslegung
des sozialgerichtlichen Kostenrechts, auch insoweit keine Ungleichbehandlung zuzulassen, denn hierfür ließe sich angesichts
der Motive des Gesetzgebers ein sachlicher Differenzierungsgrund nicht finden; vielmehr liegt die Annahme nahe, dass der Gesetzgeber
bei der Reform des sozialgerichtlichen Kostenrechts den besonderen Personenkreis der privat Pflegeversicherten übersehen hat,
der nur ausnahmsweise nicht der Zivilgerichtsbarkeit, sondern der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen worden ist.
Bei der Kostenquotelung hat der Senat berücksichtigt, dass der Beklagte sich im Revisionsverfahren bereit erklärt hat, die
zuvor ebenfalls streitigen Kosten für das Pflegebett weitgehend zu erstatten.