Zahlung des Pflegesatzes einer höheren Pflegestufe an den Pflegeheimträger, Zeitaufwand für Behandlungspflege und soziale
Betreuung
Gründe:
I
Die 1911 geborene, bei der beklagten Pflegekasse versicherte B.E. befand sich von März 1999 bis zu ihrem Tode am 22. April
2001 vollstationär in einem von der Klägerin betriebenen Pflegeheim in E. Die Versicherte erhielt zunächst Leistungen der
Pflegestufe I und ab Juli 1999 Leistungen der Pflegestufe II (Bescheid vom 26. Oktober 1999). Pflegebegründend war vor allem
eine fortschreitende Demenz vom Typ Alzheimer mit Angst- und Spannungszuständen sowie vollständiger Inkontinenz.
Ein vom Betreuer der Versicherten gestellter Antrag vom 26. Mai 2000 auf Höherstufung in die Pflegestufe III ergab nach Einholung
eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 4. Oktober 2000 einen Hilfebedarf im Bereich
der Grundpflege von täglich durchschnittlich 143 Minuten, woraufhin die Beklagte den Antrag ablehnte, weil der nach §
15 Abs
3 Nr
3 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB XI) für die Pflegestufe III erforderliche tägliche Grundpflegebedarf von 240 Minuten nicht erreicht sei (Bescheid vom 26. Oktober
2000). Dagegen legten sowohl der Betreuer der Versicherten als auch die Klägerin Widerspruch ein, wobei letztere zusätzlich
beantragte festzustellen, dass die Versicherte ab 1. Oktober 2000 der Pflegeklasse III zuzuordnen sei. Nachdem ein weiteres
MDK-Gutachten vom 7. Februar 2001 einen Grundpflegebedarf von nunmehr 178 Minuten ergeben hatte, bestätigte die Beklagte gegenüber
der Versicherten mit Schreiben vom 14. Februar 2001 die Ablehnung der Höherstufung und kündigte für den Fall der Aufrechterhaltung
des Widerspruchs dessen Zurückweisung an. Der Klägerin sandte sie dieses Schreiben zur Kenntnis zu, weigerte sich aber, dieser
einen Widerspruchsbescheid zu erteilen, weil sie als Leistungserbringer nicht am Verwaltungsverfahren über die Einstufung
eines Versicherten in eine Pflegestufe beteiligt sei. Sie lehnte darüber hinaus den Antrag der Klägerin auf Feststellung der
Pflegeklasse III ab, weil es bisher an Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen über einheitliche Beurteilungskriterien
zur Einstufung in die Pflegeklassen nach §
84 Abs
2 Satz 3 Halbsatz 2
SGB XI fehle und der MDK deshalb keine entsprechende Begutachtung vornehmen könne (Schreiben vom 15. Mai 2001). Der Betreuer (und
Rechtsnachfolger) nahm nach dem Tod der Versicherten seinen Widerspruch zurück.
Mit der Klage hat die Klägerin beantragt, "die Beklagte zu verurteilen, die Versicherte rückwirkend zum 1. Oktober 2000 gemäß
§
84 Abs
2 Satz 3
SGB XI in die Pflegeklasse III einzustufen". Zur Begründung hat sie geltend gemacht, die festgesetzte Pflegestufe II entspreche
zwar den für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und die Einordnung in die Pflegestufen maßgeblichen Eingruppierungskriterien
der §§
14 und
15 SGB XI, führe hier aber zu einer unzureichenden Vergütung, weil die nach der Pflegestufe II zu zahlenden Pflegesätze der Pflegeklasse
II ab 1. Oktober 2000 nicht mehr den tatsächlichen Pflegeaufwand für die Versicherte gedeckt hätten. Die Versicherte habe
in erhöhtem Maße psychischer Betreuung bedurft, weil sie wegen ihrer Ängste und Spannungszustände sehr häufig geschrien habe
und deshalb sehr zeitaufwändig habe beruhigt und betreut werden müssen. Zudem habe sie wegen ihres Abwehrverhaltens teilweise
nur von zwei Pflegekräften gleichzeitig versorgt werden können.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30. Mai 2003): Es könne offen bleiben, ob die Klägerin überhaupt klagebefugt sei. Die
Klage sei jedenfalls unbegründet, weil die Pflegeklasse an die Pflegestufe gebunden sei. Die Einstufung der Versicherten in
die Pflegestufe II sei bestandskräftig und werde von den Beteiligten auch nicht in Zweifel gezogen. Für eine von der Pflegestufe
abweichende Festsetzung einer höheren Pflegeklasse nach §
84 Abs
2 Satz 3 Halbsatz 2
SGB XI gebe es seit der zum 1. Januar 2002 erfolgten Einfügung der Regelungen der §§ 80a und 87a
SGB XI in das Gesetz keinen praktischen Anwendungsbereich mehr. Erhöhte Pflegeaufwendungen im Einzelfall seien durch die nach Durchschnittskosten
kalkulierten Pflegesätze mit abgedeckt.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 8. März 2004). Es sieht zwar die Klägerin
als klagebefugt an und hält §
84 Abs
2 Satz 3 Halbsatz 2
SGB XI auch für weiterhin anwendbar. Die Berufung sei jedoch unbegründet, weil die Voraussetzungen für die Feststellung der Pflegeklasse
III nicht erfüllt seien. Wenn es - wie hier - nicht zu einer übereinstimmenden Beurteilung der Pflegeleitung des Pflegeheimes
und des MDK über die Höherstufung komme, könne das Gericht nicht von sich aus eine höhere Pflegeklasse festsetzen, weil es
an gesetzlichen Kriterien bzw Richtlinien dafür fehle. Solange es Richtlinien zu §
84 Abs
2 Satz 3 Halbsatz 2
SGB XI nicht gebe, könne die Pflegeklasse allein nach §
84 Abs
2 Satz 3 Halbsatz 1
SGB XI bestimmt werden, wonach bei der Zuordnung der Pflegebedürftigen zu den Pflegeklassen die Pflegestufen (§
15 SGB XI) zu Grunde zu legen seien. Der Aufwand an Behandlungspflege und sozialer Betreuung, der hier von der Klägerin für eine höhere
Einstufung geltend gemacht werde, sei bei der Bemessung des Pflegebedarfs nach den §§
14 und
15 SGB XI nicht zu berücksichtigen, weshalb die von der Beklagten festgestellte Pflegestufe II - und damit die Pflegeklasse II - zutreffend
sei.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des §
84 Abs
2 Satz 3 Halbsatz 2
SGB XI. Sie macht geltend, es könne nicht zu ihren Lasten gehen, wenn es der Gesetzgeber unterlassen habe, Beurteilungskriterien
für die Berücksichtigung von Behandlungspflege und sozialer Betreuung bei der Einstufung in eine höhere Pflegeklasse aufzustellen.
Die Versagung einer dem hohen Pflegeaufwand angemessenen Vergütung verletze die Grundrechte der Pflegeheimbetreiber nach Art
12 Abs
1 und Art
14 Grundgesetz (
GG).
Im Revisionsverfahren hat die Klägerin klargestellt, dass sie - wie bereits in der Klageschrift vom 4. Juli 2001 ausgeführt
- von der Beklagten in erster Linie die Zahlung des Kostenanteils der sozialen Pflegeversicherung bei vollstationärer Pflege
nach der Pflegestufe III (monatlich 2.800 DM, jetzt 1.432 Euro) verlange, wobei die bereits geleisteten Zahlungen nach der
Pflegestufe II (monatlich 2.500 DM, jetzt 1.279 Euro) anzurechnen seien. Den Differenzbetrag für die Zeit vom 1. Oktober 2000
bis zum 22. April 2001 (monatlich 300 DM = 153,39 Euro) beziffert die Klägerin auf 1.073,73 Euro.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. März 2004 und des Sozialgerichts Duisburg vom 30. Mai 2003
zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.073,73 Euro zu zahlen,
hilfsweise
festzustellen, dass die Versicherte ab 1. Oktober 2000 in die Pflegestufe III bzw Pflegeklasse III einzustufen sei.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend.
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Der Klägerin hätte ein Anspruch auf Zahlung des Pflegesatzes gemäß der Pflegeklasse
III nur zugestanden, wenn die Versicherte in den letzten sieben Monaten vor ihrem Tode zu Unrecht in die Pflegestufe II eingeordnet
war. Die Beklagte hätte dann den Unterschiedsbetrag zwischen den jeweiligen Höchstbeträgen für die Pflegestufe II und III
in Höhe von monatlich 300 DM (= 153,39 Euro) an die Klägerin nachzuzahlen. Im vorliegenden Fall war jedoch die Einstufung
der Versicherten in die Pflegestufe II bis zu ihrem Tode rechtmäßig. Deshalb haben die Vorinstanzen die Klage im Ergebnis
zu Recht abgewiesen.
Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor.
Die Klägerin hat bei zutreffender Auslegung ihres Klagebegehrens eine Zahlungsklage erhoben, die als echte Leistungsklage
nach §
54 Abs
5 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zulässig ist. Die von den Vorinstanzen vertretene Auffassung, es gehe nur um eine von der Beklagten zu treffende Einstufung
der Versicherten in die Pflegeklasse III (was der Sache nach einer Feststellungsklage nach §
55 Abs
1 Nr
1 SGG gleichkäme, weil die "Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses" im Streit wäre), teilt der erkennende Senat nicht.
Schon in ihrer Klageschrift vom 4. Juli 2001 hat die Klägerin mit hinreichender Deutlichkeit ausgeführt (und auch einen entsprechenden
Klageantrag angekündigt), sie verlange von der Beklagten nicht nur die Feststellung, die Versicherte sei ab 1. Oktober 2000
der Pflegeklasse III zuzuordnen, um anschließend gegenüber dem Rechtsnachfolger der verstorbenen Versicherten aus dem der
Heimpflege zugrunde liegenden, auf § 5
Heimgesetz (
HeimG) basierenden zivilrechtlichen Heimvertrag den Differenzbetrag zwischen den Pflegesätzen der Pflegeklassen II und III geltend
zu machen (und ggf auch den seit dem Jahre 2000 ergänzend eintretenden Sozialhilfeträger in Anspruch zu nehmen), sondern sie
begehre von der Beklagten unmittelbar auch die aus der Feststellung der Pflegeklasse III folgende Zahlung des Differenzbetrages
des Kostenanteils der sozialen Pflegeversicherung zwischen dem bereits geleisteten Anteil nach der Pflegestufe II und dem
Anteil nach der Pflegestufe III in Höhe von monatlich 300 DM (= 153,39 Euro; ab 2002 genau 153 Euro, vgl §
43 Abs
5 Satz 1 Nr
2 und
3 SGB XI). Diesem Klagebegehren wird die Leistungsklage nach §
54 Abs
5 SGG gerecht, in deren Rahmen die Frage, ob die Versicherte zu Recht der Pflegeklasse II zugeordnet war oder der Pflegeklasse
III hätte zugeordnet werden müssen, inzident mitentschieden wird. Einer gesonderten Feststellung der Zuordnung zur Pflegeklasse
III bedurfte es daneben nicht.
Der geänderte Klageantrag verstößt nicht gegen das Verbot von Klageänderungen im Revisionsverfahren (§
168 SGG). Die auf eine Feststellungsklage nach §
55 SGG zugeschnittene Antragstellung in erster und zweiter Instanz beruht auf einer zu engen, der Klageschrift und der Klagebegründung
nicht hinreichend gerecht werdenden Auslegung des Klagebegehrens. Die Vorinstanzen hätten insoweit auf eine umfassende, an
den in der Klageschrift angekündigten Klageantrag sich anlehnende Antragstellung hinwirken müssen (§
106 Abs
1 SGG). Der in der Revisionsinstanz gestellte Zahlungsantrag wird dem von Anfang an verfolgten Klagebegehren gerecht. Er stellt
sich inhaltlich lediglich als eine Klarstellung des eigentlichen Begehrens dar, die nach §
99 Abs
3 Nr
2 SGG nicht als Klageänderung anzusehen ist. Das Verbot von Klageänderungen im Revisionsverfahren (§
168 SGG) schließt Änderungen, die nach §
99 Abs
3 SGG nicht als Klageänderungen gelten, nicht aus (vgl Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 8. Aufl 2005, §
168 RdNr 2a, 2b mwN).
Da sich die Klägerin als Heimbetreiberin und die Beklagte als Pflegekasse hinsichtlich der Zahlung des Kostenanteils der sozialen
Pflegeversicherung bei Heimpflege in einem auf dem abgeschlossenen Versorgungsvertrag (§§
72,
73 SGB XI) beruhenden Gleichordnungsverhältnis befinden, kam eine Regelung durch Verwaltungsakt und damit eine Anfechtungs- und Leistungsklage
nach §
54 Abs
4 SGG nicht in Betracht. Ein Vorverfahren war deshalb nicht durchzuführen.
Eine Sachentscheidung konnte ergehen, ohne den Rechtsnachfolger der Versicherten zu dem Verfahren beizuladen.
Zu einem Rechtsstreit über eine Leistungsklage der vorliegenden Art ist der Versicherte - bzw nach dessen Tod der Rechtsnachfolger
- gemäß §
75 Abs
2, 1. Alternative
SGG grundsätzlich beizuladen. Nach dieser Vorschrift ist ein Dritter notwendig beizuladen, wenn er an dem streitigen Rechtsverhältnis
in der Weise beteiligt ist, dass die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Das ist hier der Fall.
Die Frage, ob ein Heimträger für die Heimpflege eines Versicherten den Pflegesatz nach der Pflegeklasse III statt der Pflegeklasse
II abrechnen darf und die Pflegekasse deshalb den Kostenanteil der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III zu
leisten hat, kann im Verhältnis des Heimträgers zur Pflegekasse und zum Versicherten zwangsläufig nur einheitlich entschieden
werden. Schuldner der Pflegesätze, die das Entgelt für die Heimpflege bestimmen (§
84 Abs
1 SGB XI), sind bis zu den Höchstbeträgen des §
43 Abs
5 SGB XI die Pflegekassen (§
87a Abs
3 Satz 1
SGB XI) und im Übrigen die Versicherten; soweit diese nicht leistungsfähig (bedürftig) sind, haben die Sozialhilfeträger für die
vom Versicherten geschuldeten Kosten aufzukommen. Der Pflegesatz gilt für alle Beteiligten gleichermaßen, und er richtet sich
nach der Pflegeklasse, in welche der Versicherte eingestuft wird (§
84 Abs
2 Satz 2
SGB XI). Die Pflegeklasse wiederum richtet sich grundsätzlich nach der zuerkannten Pflegestufe (§
84 Abs
2 Satz 3 Halbsatz 1
SGB XI). Da die Höchstbeträge des §
43 Abs
5 SGB XI für die monatlichen Kosten der Heimpflege in aller Regel nicht ausreichen, muss der Versicherte deshalb aus eigenen Mitteln
zuzahlen. Eine höhere Einstufung hat durch den dann abrechenbaren höheren Pflegesatz regelmäßig zur Folge, dass der Eigenanteil
des Versicherten trotz höherer Leistung der Pflegekasse wächst. Der Versicherte ist von der Entscheidung über Zahlungsklagen
der vorliegenden Art deshalb unmittelbar betroffen.
Die hiernach notwendige Beiladung des Rechtsnachfolgers der Versicherten ist in den Vorinstanzen unterblieben. Da seine Zustimmung
nicht vorlag, war auch eine Nachholung der Beiladung im Revisionsverfahren nicht zulässig (§
168 SGG). Dennoch kam eine Aufhebung des Berufungsurteils und eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG nicht in Betracht,
weil die Klage abgewiesen werden musste und deshalb feststand, dass der Rechtsnachfolger der Versicherten durch die Entscheidung
keiner neuen Zahlungspflicht ausgesetzt wird. Einer Beiladung zur Herstellung der Bindungswirkung der Entscheidung bedurfte
es deshalb nicht (vgl BSGE 66, 144, 146 = SozR 3-5795 § 6 Nr 1; BSGE 67, 251, 253 = SozR 3-2500 § 92 Nr 2; BSGE 69, 138, 140 = SozR 3-2500 § 106 Nr 6; BSG SozR 3-1500 § 55 Nr 34; BVerwGE 74, 19, 21; 80, 228, 230; Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer aaO § 75 RdNr 13c, 13d).
Von einer Beiladung des zuständigen Sozialhilfeträgers haben die Vorinstanzen zu Recht abgesehen. Sie war unabhängig vom Ausgang
des Rechtsstreits nicht notwendig. Es fehlt an der nach §
75 Abs
2, 1. Alternative
SGG erforderlichen Identität des Streitgegenstandes im Verhältnis zwischen den am Rechtsstreit Beteiligten und dem Sozialhilfeträger
als Drittem. Allein der Umstand, dass der - seit dem Jahre 2000 gemäß dem Pflegesatz nach der Pflegeklasse II ergänzend leistende
- Sozialhilfeträger durch die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Kostenanteils nach der Pflegestufe III in der Weise
betroffen sein könnte, dass sich die ihn treffende ergänzende Leistung im Hinblick auf den dann abrechenbaren Pflegesatz nach
der Pflegeklasse III erhöht, reicht insoweit nicht aus. Es handelt sich lediglich um eine mittelbare Folge der Entscheidung
in diesem Rechtsstreit. Von dieser wird der Sozialhilfeträger nicht, wie es nach §
75 Abs
2, 1. Alternative
SGG erforderlich wäre, unmittelbar in eigenen Rechten berührt (so bereits BSGE 85, 278, 279 = SozR 3-3300 § 43 Nr 1 für die Klage eines sozialhilfebedürftigen Versicherten gegen die Pflegekasse auf Leistungen
der vollstationären Heimpflege nach den §§
14,
15,
43 SGB XI; ähnlich BSGE 71, 237, 238 = SozR 3-2500 § 240 Nr 12). Insbesondere wird ein Sozialhilfeträger bei Übernahme des vom sozialhilfeberechtigten Heimbewohner nach dem Heimvertrag
geschuldeten, von der Pflegekasse nicht abgedeckten Teils der Pflegekosten nach den Vorschriften des - hier noch anwendbaren
- Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) nicht selbst zum Schuldner gegenüber dem Heimträger.
In der Sache ist die Revision der Klägerin unbegründet. Ihr steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zu, weil die
Versicherte zu Recht der Pflegestufe II zugeordnet war und deshalb nur Pflegesätze nach der Pflegeklasse II in Rechnung gestellt
werden durften, die nach Maßgabe des auf sie entfallenden monatlichen Anteils von 2.500 DM (jetzt 1.279 Euro, §
43 Abs
5 Satz 1 Nr
2 SGB XI) von der Beklagten bereits gezahlt worden waren. Eine Höherstufung der Versicherten in die Pflegestufe III mit der Folge
der Abrechenbarkeit von Pflegesätzen nach der Pflegeklasse III und einer Kostentragungspflicht der Beklagten in Höhe von monatlich
2.800 DM (jetzt 1.432 Euro, §
43 Abs
5 Satz 1 Nr
3 SGB XI) kam nicht in Betracht.
Rechtsgrundlage von Klagebegehren der vorliegenden Art ist der jeweilige Versorgungsvertrag (§§
72,
73 SGB XI) iVm der Pflegesatzvereinbarung (§
85 SGB XI). In diesem Fall ist maßgeblich der zum 1. Januar 1998 in Kraft getretene Versorgungsvertrag, den die Klägerin mit den Landesverbänden
der Pflegekassen Nordrhein-Westfalen im Einvernehmen mit dem Landschaftsverband Rheinland als überörtlichem Träger der Sozialhilfe
abgeschlossen hat (§
72 Abs
2 Satz 1
SGB XI) und der für alle Pflegekassen im Inland unmittelbar verbindlich ist (§
72 Abs
2 Satz 2
SGB XI), sowie die für die Zeit vom 1. August 2000 bis zum 31. März 2002 geltende "Vereinbarung gemäß §
85 und §
87 SGB XI über die Vergütung der Leistungen der vollstationären Pflege und der Kurzzeitpflege" vom 25. Juli 2000, wonach die Klägerin
einen täglichen Pflegesatz von 106,29 DM in der Pflegeklasse II und 159,43 DM in der Pflegeklasse III berechnen durfte (§
2 Abs 1 und §
5 der Vereinbarung). Die Pflegekassen sind nach §
72 Abs
4 Satz 3
SGB XI verpflichtet, die Leistungen der Pflegeeinrichtung nach Maßgabe der Vorschriften des Achten Kapitels (§§
82 bis
92a SGB XI) zu vergüten. Dabei sind die Pflegesatzvereinbarungen (§
85 SGB XI) für das Pflegeheim sowie für die pflegebedürftigen Heimbewohner und deren Kostenträger unmittelbar verbindlich (§
85 Abs
6 Satz 1
SGB XI). Die leistungs- und vergütungsrechtlichen Vorschriften des Versorgungsvertrages und der Pflegesatzvereinbarung entsprechen
den Vorgaben des Achten Kapitels des
SGB XI; zu Recht haben die Beteiligten insoweit auch Bedenken nicht vorgetragen.
Bis zu den Höchstbeträgen des §
43 Abs
5 SGB XI steht den Heimträgern für die vollstationäre Heimpflege der Versicherten ein unmittelbarer vertraglicher Zahlungsanspruch
gegen die Pflegekassen zu. Die Pflegeeinrichtungen werden insoweit unmittelbar gemäß ihren Verpflichtungen aus dem Versorgungsvertrag
und der Pflegesatzvereinbarung tätig und erfüllen die den Pflegekassen gegenüber den Versicherten bestehende Sachleistungspflicht
(§
4 Abs
1, §
43 Abs
1 SGB XI). Die Beträge nach §
43 Abs
5 SGB XI stehen den Versicherten nicht als Geldleistung der sozialen Pflegeversicherung zu, wie es beim Pflegegeld für selbst beschaffte
Pflegehilfen (§
37 SGB XI) der Fall ist, sondern den Heimträgern als Entgelt der Pflegekassen für erbrachte Sachleistungen. Insofern ist die Formulierung
des §
87a Abs
3 Satz 1
SGB XI, wonach "die dem pflegebedürftigen Heimbewohner nach den §§
41 bis
43 SGB XI zustehenden Leistungsbeträge von seiner Pflegekasse mit befreiender Wirkung unmittelbar an das Pflegeheim zu zahlen" sind,
missverständlich. Eine Zahlung "mit befreiender Wirkung" könnte nur insoweit erfolgen, als in den zivilrechtlichen Heimverträgen,
die von den Heimbewohnern mit den Heimträgern abgeschlossen werden (§ 5
HeimG), im Einzelfall eine Regelung enthalten sein könnte, dass die Heimbewohner von dem Heimträger auf das gesamte Pflegeentgelt
(und nicht nur auf den von der Pflegeversicherung nicht abgedeckten Teil) in Anspruch genommen werden können, die Heimbewohner
also hinsichtlich des Leistungsanteils der Pflegekassen zumindest subsidiär haften.
Pflegesätze sind nach §
84 Abs
1 SGB XI die Entgelte der Heimbewohner und ihrer Kostenträger für die voll- oder teilstationären Pflegeleistungen des Pflegeheimes
sowie für die medizinische Behandlungspflege und die soziale Betreuung. Dabei fallen unter den Sammelbegriff der sozialen
Betreuung alle Betreuungsleistungen, die nicht als Grundpflege, Behandlungspflege und hauswirtschaftliche Versorgung angesehen
werden können.
Welcher Pflegesatz im Einzelfall berechnet werden darf, richtet sich nach §
84 Abs
2 SGB XI. Die Pflegesätze müssen leistungsgerecht sein (Satz 1). Dazu werden sie nach dem Versorgungsaufwand, den der Pflegebedürftige
nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit benötigt, in drei Pflegeklassen eingeteilt (Satz 2). Bei der Zuordnung der
Pflegebedürftigen zu den Pflegeklassen sind prinzipiell die Pflegestufen gemäß §
15 SGB XI zugrunde zu legen (Satz 3 Halbsatz 1), soweit nicht nach der gemeinsamen Beurteilung des MDK und der Pflegeleitung des Pflegeheims
die Zuordnung zu einer anderen Pflegeklasse notwendig oder ausreichend ist (Satz 3 Halbsatz 2).
Hier war die Versicherte bis zu ihrem Tode der Pflegestufe II zugeordnet, was nach §
84 Abs
2 Satz 3 Halbsatz 1
SGB XI zur Folge hatte, dass sie in die Pflegeklasse II einzustufen war. Eine Höherstufung in die Pflegeklasse III war nicht gerechtfertigt.
Dem Höherstufungsbegehren der Klägerin steht nicht schon entgegen, dass der Rechtsnachfolger der Versicherten seinen Widerspruch
gegen die Ablehnung des Höherstufungsantrages (Bescheid vom 26. Oktober 2000) nach dem Tode der Versicherten auf Grund der
negativ ausgefallenen MDK-Gutachten zurückgenommen hat und der Ablehnungsbescheid dadurch bestandskräftig geworden ist. Die
im Verhältnis der Versicherten bzw ihres Rechtsnachfolgers zur Beklagten bindend gewordene Einstufung der Versicherten in
die Pflegestufe II für die Zeit von Juli 1999 bis zum 22. April 2001 entfaltet keine Bindungswirkung im Verhältnis der Klägerin
zur Beklagten für die Zeit ab 1. Oktober 2000, um die es im vorliegenden Verfahren geht. Die Klägerin hat als Leistungserbringer
aus eigenem Recht, nämlich dem Versorgungsvertrag iVm der Pflegesatzvereinbarung, und dem auf diesem Vertragsverhältnis beruhenden
Anspruch des Pflegeheimbetreibers auf leistungsgerechte Vergütung (§
82 Abs
1 Satz 1 Nr
1, §
84 Abs
2 Satz 1
SGB XI) ein Recht auf zutreffende Einstufung des Pflegebedarfs der Versicherten und auf Zahlung des sich daraus ergebenden Pflegesatzes.
Im Rahmen der Klage eines Heimträgers auf Zahlung eines höheren Pflegesatzes, begrenzt auf den Kostenanteil der sozialen Pflegeversicherung,
ist demgemäß zu prüfen, ob die Einstufung des Versicherten in die bisherige niedrigere Pflegestufe den tatsächlich erforderlichen
Pflegebedarf korrekt widerspiegelt. Dies gilt unabhängig davon, ob der Versicherte (oder dessen Rechtsnachfolger) ebenfalls
einen Höherstufungsantrag gestellt hat oder sich sogar gegen eine Höherstufung wehrt.
Die Beklagte hat sich allerdings zu Recht geweigert, der Klägerin auf ihr Begehren vom 23. November 2000 einen Bescheid zu
erteilen. Heimträgern steht kein eigenes Recht zu, bei der Pflegekasse die Eingruppierung eines Heimbewohners in eine höhere
Pflegestufe zu beantragen, und sie sind insoweit auch nicht klagebefugt (Castendiek in HK-
SGG, 2003, §
54 RdNr 43; Ulmer in Hennig,
SGG, Stand Februar 2004, §
54 RdNr 80; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer aaO § 54 RdNr 14 i; aA Klie/Meysen NZS 2000, 222; Kirchesch NZS 1998, 506). Die Vorschriften über die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und die Einordnung in die Pflegestufen (§§
14,
15 SGB XI) sowie über den Anspruch auf vollstationäre Heimpflege (§
43 SGB XI) dienen allein dem Interesse der Versicherten. Individualinteressen der Heimträger werden durch diese Bestimmungen nicht
geschützt.
Der Gesetzgeber hat deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er dem Heimträger nicht das Recht hat einräumen wollen, das Recht
des Heimbewohners notfalls gegen dessen Willen im eigenen Namen geltend zu machen. Den Interessengegensatz zwischen dem Pflegeheim,
das zur Durchsetzung seines Anspruchs auf leistungsgerechte Vergütung (§
82 Abs
1 Satz 1 Nr
1, §
84 Abs
2 Satz 1
SGB XI) die Höherstufung eines Heimbewohners erreichen möchte, und vielen Versicherten, die wegen der drohenden höheren Zuzahlung
aus eigenen Mitteln eine Höherstufung vermeiden möchten und deshalb keinen Höherstufungsantrag (§
33 SGB XI) stellen, hat der Gesetzgeber inzwischen erkannt (vgl BT-Drucks 14/5395, S 36) und zum 1. Januar 2002 die - hier noch nicht
anwendbare - Vorschrift des §
87a Abs
2 SGB XI geschaffen (vgl Gesetz vom 9. September 2001, BGBl I S 2320), wonach ein Heimbewohner auf schriftliche Aufforderung des Heimträgers
verpflichtet ist, bei seiner Pflegekasse die Zuordnung zu einer höheren Pflegestufe zu beantragen (Satz 1). Wird der Antrag
nicht gestellt, kann der Heimträger ab dem ersten Tag des zweiten Monats nach der Aufforderung vorläufig den Pflegesatz nach
der nächsthöheren Pflegeklasse berechnen (Satz 3). Erweist sich das Höherstufungsbegehren allerdings später als unberechtigt,
hat das Pflegeheim den überzahlten Betrag unverzüglich und verzinst zurückzuzahlen (Satz 4). Diese Regelung zeigt zwar einen
Weg auf, wie ein Heimträger seinen Anspruch auf leistungsgerechte Vergütung gegenüber dem Versicherten verfolgen kann. Sie
gibt aber keine Antwort auf die Frage, was geschieht, wenn der Versicherte das Verfahren nicht ernsthaft betreibt, einen Bescheid
ohne weiteres bestandskräftig werden lässt oder seinen Antrag sogar zurücknimmt. Die Regelung ist deshalb nur unvollkommen
geeignet, den Interessen des Heimbetreibers gerecht zu werden, weil er weitgehend vom Verhalten des Versicherten abhängig
bleibt. Deshalb bleibt zur vollen Wahrung der Interessen des Heimbetreibers nur die im vorliegenden Verfahren beschrittene
Möglichkeit einer Vergütungsklage gegen die Pflegekasse, in deren Rahmen die Einstufung des Heimbewohners auf ihre Richtigkeit
hin zu überprüfen ist. Der Gesetzgeber hat diese Möglichkeit mit der von ihm getroffenen unvollkommenen Regelung nicht ausschließen
wollen. Sie ergibt sich auch aus dem Verfassungsgebot der Gewährung gerichtlichen Rechtsschutzes gegen Maßnahmen der öffentlichen
Gewalt (Art
19 Abs
4 GG).
Der Überprüfung der Einstufung des Versicherten in die bisherige Pflegestufe im Rahmen einer Zahlungsklage der vorliegenden
Art steht nicht entgegen, dass der Versicherte ggf einer höheren Pflegestufe zugeordnet wird, ohne dies beantragt zu haben.
Ein Verstoß gegen den Grundsatz, dass Sozialleistungen nur auf Antrag gewährt werden, der nach §
16 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil iVm §
33 SGB XI auch im Recht der sozialen Pflegeversicherung gilt und dort sowohl die erstmalige Einstufung und Leistungsgewährung als auch
die spätere Höherstufung erfasst (Schuldzinski in LPK-
SGB XI, 2. Aufl 2003, §
33 RdNr 4, 12 sowie Richter in LPK-
SGB XI aaO §
87a RdNr 11), liegt nicht vor.
Der Antragsgrundsatz wird im Bereich der sozialen Pflegeversicherung teilweise durchbrochen. So sieht schon §
84 Abs
2 Satz 3 Halbsatz 2
SGB XI mit der Abrechnungsmöglichkeit nach einer höheren Pflegeklasse bei übereinstimmender Beurteilung des Umfangs des Pflegebedarfs
durch die Pflegeleitung des Pflegeheims und den MDK ebenfalls eine - dann in einem entsprechenden Änderungsbescheid zu dokumentierende
- Höherstufung nach den §§
14,
15 SGB XI ohne Antragstellung vor. Auch aus §
87a Abs
2 SGB XI ergibt sich, dass ein Antrag des Versicherten entbehrlich sein kann. Die Pflegekasse ist bei verweigerter Antragstellung
des Versicherten berechtigt, den Pflegebedarf nach §
18 SGB XI - von Amts wegen - durch den MDK überprüfen zu lassen. Bestätigt das Pflegegutachten des MDK die Voraussetzungen der höheren
Pflegstufe, muss aus dieser Regelung gefolgert werden, dass sich das Recht zur vorläufigen Berechnung des höheren Pflegesatzes
in einen endgültigen Anspruch des Heimträgers umwandelt und die Pflegekasse verpflichtet ist, dem Versicherten einen Änderungsbescheid
über die Leistungsbewilligung nach der höheren Pflegestufe zu erteilen, womit seine Mehrbelastung jedenfalls teilweise ausgeglichen
wird. Wenn somit das Antragsprinzip gegenüber dem Recht des Heimträgers in diesen Fällen zurücktreten muss, hat dies ebenso
für die Höherstufung eines Versicherten im Rahmen einer Zahlungsklage der vorliegenden Art zu gelten, zu der es nur kommt,
wenn sich der Versicherte und seine Pflegekasse vorprozessual der Höherstufung entgegengestellt haben.
Im vorliegenden Fall scheidet die Höherstufung der Versicherten in die Pflegestufe III mit der Folge der Abrechenbarkeit der
Pflegesätze nach der Pflegeklasse III gemäß §
84 Abs
2 Satz 3 Halbsatz 1
SGB XI aus. Es steht nach den nicht angefochtenen und damit für den erkennenden Senat bindenden (§
163 SGG) Feststellungen des LSG fest und ist nach dem Vorbringen der Beteiligten auch unstreitig, dass die seit Juli 1999 bestehende
Einstufung der Versicherten in die Pflegestufe II bis zu ihrem Tode zutreffend war, weil ihr Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege
nicht den für die Pflegestufe III erforderlichen täglichen Umfang von 240 Minuten erreichte. Der deutlich erhöhte Bedarf der
Versicherten an psychischer Betreuung wegen ihres Verhaltens bei Angst- und Spannungszuständen, der je nach den Gegebenheiten
des Einzelfalls als soziale Betreuung oder als Behandlungspflege qualifiziert werden kann und von der Klägerin für das Begehren
auf Einordnung in die Pflegeklasse III geltend gemacht wird, kann nicht bei der Berechnung des Pflegebedarfs und der Zuordnung
zu einer Pflegestufe berücksichtigt werden, weil hierfür auch bei vollstationärer Heimpflege stets nur der Hilfebedarf bei
den Verrichtungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach den §§
14,
15 SGB XI in Ansatz gebracht werden darf, nicht aber der Zeitaufwand für die soziale Betreuung und die Behandlungspflege (BSGE 85,
278, 281 = SozR 3-3300 § 43 Nr 1; stRspr).
Die Klägerin stützt ihr Höherstufungsbegehren auch nicht auf eine unzutreffende Einordnung der Versicherten in die Pflegestufe
II, sondern unabhängig von der insoweit bestandskräftigen Einstufung in die Pflegestufe II auf die Höherstufung in die Pflegestufe
III gemäß §
84 Abs
2 Satz 3 Halbsatz 2
SGB XI. Danach kann ein Pflegebedürftiger einer von der Pflegestufe abweichenden Pflegeklasse zugeordnet werden, wenn dies nach
der gemeinsamen Beurteilung der Pflegeleitung des Pflegeheims und des MDK notwendig (dann Höherstufung) oder ausreichend (dann
Herabstufung) ist. Daraus folgt aber nicht, dass wegen des Aufwands an Behandlungspflege und sozialer Betreuung eine Höherstufung
erfolgen kann. Vielmehr kann auch bei den Pflegeklassen nur der Hilfebedarf bei der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen
Versorgung berücksichtigt werden. Pflegestufe und Pflegeklasse sind insoweit "zwei Seiten derselben Medaille". Für eine Berücksichtigung
von Behandlungspflege und sozialer Betreuung würde es auch an jeglichem Maßstab fehlen, welches Maß erforderlich ist, um im
Einzelfall eine Höherstufung zu rechtfertigen, weil bei nahezu allen Heimbewohnern ein gewisses Maß an solchen Pflegeleistungen
anfällt und eine volle zeitliche Berücksichtigung dieser Pflegeleistungen wie bei Leistungen der Grundpflege regelmäßig zu
einer Höherstufung führen würde, was vom Gesetz offensichtlich nicht gewollt ist. Der Regelfall sollte die Koppelung der Pflegestufe
mit der Pflegeklasse sein. Es ist allerdings einzuräumen, dass damit der tatsächlich im Heim anfallende Pflegeaufwand nur
unzureichend erfasst wird. Schon für die häusliche Pflege beschreiben die in §
14 SGB XI genannten Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens nur einen Ausschnitt aus dem Alltagsleben, der als Maßstab für den
Umfang der Pflegebedürftigkeit gilt, dem tatsächlichen Pflegebedarf aber dennoch eher gerecht werden als bei Heimpflege, weil
dort die Behandlungspflege im Wesentlichen durch die Krankenversicherung gewährleistet wird und soziale Betreuung im eigenen
Haushalt in geringerem Umfang erforderlich ist. Dies führt aber nicht dazu, dass bei Heimpflege der für die Pflegestufen gültige
Maßstab zur Differenzierung des Pflegeaufwands nach Pflegeklassen gänzlich ungeeignet und damit willkürlich wäre. Dieser Maßstab
hat insbesondere nicht zur Folge, dass damit keine leistungsgerechte Vergütung des Heimbetreibers für seine Pflegeleistungen
mehr ermöglicht würde. Denn damit wird nur die Verteilung der Pflegebedürftigen auf die einzelnen Pflegeklassen gesteuert,
nicht aber festgelegt, wie die Vergütung in den einzelnen Pflegeklassen ausfällt. Diese richtet sich vielmehr nach den im
Einzelnen auszuhandelnden Pflegesätzen, die zwischen den einzelnen Pflegeklassen durchaus eine andere Spreizung vorsehen können
als bei den Pflegestufen und den damit verbundenen Leistungsansprüchen des Versicherten. Der in den jeweiligen Pflegeklassen
insgesamt anfallende Pflegeaufwand lässt sich auf Grund von Erfahrungswerten auch vorausschauend kalkulieren und in die zur
Kostendeckung jeweils erforderlichen Pflegesätze umrechnen.
Soweit in dem Urteil des erkennenden Senats vom 10. Februar 2000 - B 3 P 12/99 R - (BSGE 85, 278 = SozR 3-3300 § 43 Nr 1) ausgeführt worden ist, Behandlungspflege und soziale Betreuung könnten unter bestimmten Voraussetzungen
bei der Einordnung eines Versicherten in eine Pflegeklasse berücksichtigt werden, ist daran nicht festzuhalten. Der damaligen
Entscheidung lag die Erwägung zugrunde, dass es Pflegesatzvereinbarungen (§
85 SGB XI) geben könnte, bei denen die Pflegesätze entweder noch keinen oder aber einen gemessen an den Erfahrungswerten deutlich zu
geringen Anteil für die soziale Betreuung und die Behandlungspflege enthalten, so dass dem Grundsatz der leistungsgerechten
Vergütung (§
82 Abs
1 Satz 1 Nr
2, §
84 Abs
2 Satz 1
SGB XI) im Einzelfall nur unzureichend Rechnung getragen werden könnte (§
84 Abs
2 Satz 3 Halbsatz 2
SGB XI).
Diese Befürchtung besteht aber aus heutiger Sicht nicht mehr. Seit 2002 sind nach § 80a
SGB XI Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen mit den Pflegeheimen abzuschließen, in denen ua die Struktur und die voraussichtliche
Entwicklung des zu betreuenden Personenkreises, gegliedert nach Pflegestufen, besonderem Bedarf an Grundpflege, Behandlungspflege
und sozialer Betreuung (§ 80a Abs 2 Satz 1 Nr 1
SGB XI) sowie Art und Inhalt der erwarteten Leistungen (Nr 2) nebst personeller und sächlicher Ausstattung sowie der Qualifikation
der Mitarbeiter (Nr 3) festzulegen sind. Die Leistungs- und Qualitätsvereinbarung ist ab 1. Januar 2002, bei zu jenem Zeitpunkt
schon zugelassenen Pflegeheimen ab 1. Januar 2004 Voraussetzung für den Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung (§ 80a Abs 1
SGB XI). Im Rahmen des Pflegesatzverfahrens hat das Pflegeheim Art, Inhalt, Umfang und Kosten der Leistungen, für die es eine Vergütung
beansprucht, durch Pflegedokumentationen und andere geeignete Nachweise darzulegen (§
85 Abs
3 SGB XI). Damit ist nunmehr sichergestellt, dass die Pflegesätze auch die auf die soziale Betreuung und die Behandlungspflege entfallenden
Leistungsanteile der Pflegeheime hinreichend abbilden.
Der Einwand der Klägerin, durch die Bindung der Pflegeklasse an die Pflegestufe würden die von ihr zu erbringende Behandlungspflege
und soziale Betreuung nicht vergütet, erweist sich vor diesem Hintergrund als nicht gerechtfertigt. Die Pflegesätze sind Pauschalvergütungen,
die den gesamten Pflegeaufwand abgelten. Die Klägerin hat es - wie jeder Heimträger - in der Hand, den Pflegeaufwand, der
durchschnittlich in den einzelnen Pflegeklassen anfällt, zu kalkulieren und in die Pflegesatzverhandlungen einzubringen. Sofern
ihre kalkulierten Pflegesätze marktgerecht sind, wird sie diese durchsetzen können. Im Wettbewerb wird sie nicht benachteiligt,
weil auch die Mitbewerber gleichen Bedingungen unterliegen.
Sofern tatsächlich einmal ein ungewöhnlicher, nicht vorhersehbarer Mehraufwand bei mehreren Heimbewohnern auftritt und dieser
auch in der Zukunft zu erwarten ist, können Mehrkosten bei den nächsten Pflegesatzverhandlungen geltend gemacht werden. In
der Regel ist aber eher davon auszugehen, dass sich Fälle mit übermäßigem Aufwand an Behandlungspflege und sozialer Betreuung
ausgleichen mit solchen Fällen, in denen dieser Aufwand unterdurchschnittlich gering ist. Der vorliegende Fall ist zudem nicht
atypisch, sondern betrifft eine Situation, die in Pflegeheimen bei Demenzpatienten im Endstadium der Krankheit immer wieder
vorkommt und deshalb nicht unvorhersehbar ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG in seiner hier noch anwendbaren, bis zum 1. Januar 2002 gültigen Fassung (vgl §
197a SGG iVm Art 17 Abs 1 Satz 2 des 6.
SGG-ÄndG vom 17. August 2001, BGBl I, 2144).