Zahlung des Pflegesatzes einer höheren Pflegestufe an den Pflegeheimträger, Zeitaufwand für Behandlungspflege und soziale
Betreuung
Gründe:
I
Die Klägerin ist Trägerin des St. L. in E. . Die bei der beklagten Bundesknappschaft gesetzlich pflegeversicherte
Helga K. (Versicherte) war dort nach einem Schlaganfall vom 3. Dezember 1999 bis zu ihrem Tode am 14. November 2000 vollstationär
untergebracht. Mit Bescheid vom 13. Dezember 1999 gewährte die Beklagte der Versicherten Leistungen der Pflegestufe II für
vollstationäre Pflege. Dem lag ein sozialmedizinisches Gutachten von Dr. H. zu Grunde, der den zeitlichen Hilfeaufwand
für die Versicherte im Bereich der Grundpflege mit 126 Minuten und bei der hauswirtschaftlichen Versorgung mit 60 Minuten
beziffert hatte. Aus Anlass einer Nachuntersuchung durch Dr. S. teilte die Beklagte der Versicherten mit Bescheid vom
30. Mai 2000 mit, dass sich im Vergleich zur Vorbegutachtung keine wesentliche quantitative Änderung des Pflegebedarfs ergeben
habe; das zeitliche Pflegeausmaß habe zwar insbesondere durch das Fortschreiten der Hirnleistungsminderung gegenüber dem Vorgutachten
leicht zugenommen, die Pflegestufe II sei jedoch auf Dauer angemessen. Hiergegen legte die Klägerin sowohl im eigenen Namen
als auch im Namen der Versicherten Widerspruch ein, weil pflegeerschwerend ein Zustand von Demenz bei Koordinationsstörung,
eine starke Inkontinenz sowie eine aufwändige Anleitung bei der Nahrungsaufnahme wegen Sorge um den Flüssigkeitshaushalt zu
berücksichtigen seien. Nach Einholung eines weiteren sozialmedizinischen Gutachtens von Dr. G. , der einen Zeitaufwand
von 200 Minuten bei der Grundpflege ermittelte und die Pflegestufe II weiterhin für angemessen hielt, wies die Beklagte den
Widerspruch mit an die Klägerin gerichtetem Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2000 zurück.
Hiergegen haben die Klägerin und die Versicherte Klage erhoben; die Klage der Versicherten ist nach deren Tod zurückgenommen
worden. Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, auf Grund der schwierigen Pflegesituation bei der Versicherten und des
tatsächlichen Pflegeaufwandes von 376 Minuten liege die Pflegestufe III vor. Durch die Entscheidung der Beklagten sei sie
selbst beschwert, weil sich die Entscheidung über die Einstufung der Versicherten unmittelbar auf die Höhe der Vergütung auswirke
und eine falsche Einstufung ihr Recht auf leistungsgerechte Vergütung verletze. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 29. April 2003), das Landessozialgericht (LSG) die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen
(Urteil vom 18. Dezember 2003). Der Hauptantrag, mit dem eine rückwirkende Höherstufung der Versicherten in die Pflegestufe
III begehrt werde, sei unzulässig, weil die Klägerin insoweit nicht befugt sei, ein eigenes Recht oder ein fremdes Recht im
eigenen Namen geltend zu machen. Zur Geltendmachung eines eigenen Rechts fehle ihr die erforderliche Klagebefugnis, weil das
Gesetz diesbezüglich kein eigenständiges subjektives Recht des Heimträgers gegen die Pflegekasse vorsehe. Zur Geltendmachung
des Anspruchs als fremdes Recht in eigenem Namen fehle es an der Prozessführungsbefugnis, weil weder ein Fall der gesetzlichen
noch der gewillkürten Prozessstandschaft vorliege. Der Hilfsantrag, mit dem eine rückwirkende Einstufung in die Pflegeklasse
III begehrt werde, sei zulässig, aber unbegründet, weil die Voraussetzungen des §
84 Abs
2 Satz 3 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB XI) nicht erfüllt seien. Das dort im 2. Halbsatz vorgesehene Verfahren sei nicht eingehalten worden; es fehle an der gemeinsamen
Beurteilung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) und der Pflegeleitung des Pflegeheims. Die Klägerin hätte
eine Beurteilung des MDK herbeiführen müssen, ob die Zuordnung der Versicherten zu einer anderen Pflegeklasse notwendig sei;
es könne nicht Aufgabe der Sozialgerichte sein, die erforderliche gemeinsame Beurteilung im Nachhinein zu veranlassen oder
Ermittlungen dazu anzustellen, ob die Voraussetzungen für die Einordnung in eine andere Pflegeklasse vorliegen.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§
82 Abs
1 und
84 Abs
2 SGB XI sowie von Art
12 Abs
1, 14 Abs
1 und 19 Abs
4 Grundgesetz (
GG). Im Hinblick auf ihren Hauptantrag sei sie klagebefugt, weil die Zuordnung eines Pflegebedürftigen zu einer der Pflegestufen
des §
15 Abs
1 SGB XI gemäß §
84 Abs
2 Satz 3, 1. Halbsatz
SGB XI unmittelbare Auswirkungen auf die Leistungsgerechtheit der Vergütung habe und sie deshalb berechtigt sein müsse, diese Einstufung
überprüfen zu lassen. Als Trägerin eines Altenheimes sei sie verpflichtet, die Pflege - unabhängig von der Einstufung des
Pflegebedürftigen - an dessen Gesundheitszustand auszurichten. Das LSG hätte deshalb prüfen müssen, ob die Voraussetzungen
für die Gewährung von Leistungen nach der Pflegestufe III gemäß §§
14,
15 SGB XI vorlägen. Die vorgelegte Pflegedokumentation habe einen zeitlichen Pflegeaufwand von über 240 Minuten täglich ergeben, und
zwar wegen starker seniler Alzheimer-Demenz mit Koordinationsstörungen, starker Inkontinenz, aufwändiger Anleitung bei der
Nahrungsaufnahme sowie wegen des erhöhten Aufwands für Behandlungspflege und soziale Betreuung; zumindest hätte das LSG ein
medizinisches Sachverständigengutachten einholen müssen. Die Öffnungsklausel des §
84 Abs
2 Satz 3, 2. Halbsatz
SGB XI lasse zwar beim Abweichen von der Grundregel des 1. Halbsatzes dieser Vorschrift eine gemeinsame Beurteilung von MDK und
Pflegeleitung zu, schließe damit jedoch nicht das behördliche bzw gerichtliche Verfahren zur Überprüfung der Pflegestufenzuordnung
aus. Mangels einer entgegenstehenden Beurteilung des MDK hätte die Beklagte den Antrag auf Höherstufung inhaltlich prüfen
und positiv bescheiden müssen. Durch die Weigerung der Beklagten werde ihr das Recht genommen, ihren Anspruch auf leistungsgerechte
Vergütung gerichtlich klären zu lassen. Dies verletze sie in ihren Rechten auf gleiche Chancen im Wettbewerb und auf Schutz
des Eigentums - Art
12 Abs
1 und 14 Abs
1 GG. Zumindest stehe ihr aber der hilfsweise geltend gemachte Anspruch zu, eine rückwirkende Zuordnung der Versicherten in die
Pflegeklasse/Pflegestufe III verlangen zu können.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 2003 und des Sozialgerichts Duisburg vom 29. April
2003 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.073,73 EUR zu zahlen;
hilfsweise,
unter Aufhebung des Bescheides vom 30. Mai 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2000 festzustellen,
dass die Versicherte Helga K. rückwirkend ab Mai 2000 der Pflegeklasse/Pflegestufe III zuzuordnen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Klage sei unzulässig, soweit die Klägerin eine rückwirkende Zuordnung der Versicherten in die Pflegeklasse/Pflegestufe
III begehre, denn die Zuordnung von Versicherten zu bestimmten Pflegestufen betreffe nicht die rechtlich geschützten Interessen
eines Heimträgers. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, weil das in §
84 Abs
2 Satz 3, 2. Halbsatz
SGB XI vorgeschriebene Verfahren von der Klägerin nicht durchgeführt, sogar noch nicht einmal von ihr initiiert worden sei. Die
Klägerin habe deshalb keinen Anspruch auf den Unterschiedsbetrag zwischen den Pflegesätzen der Pflegeklassen II und III.
II
Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das
LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§
170 Abs
2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz >SGG<). Die Vorinstanzen haben zwar im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Klage mangels Klagebefugnis unzulässig ist,
soweit die rückwirkende Zuordnung der Versicherten zur Pflegeklasse/Pflegestufe III begehrt wird. Im Übrigen ist die Klage
zulässig, jedoch konnte wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des LSG keine abschließende Entscheidung darüber getroffen
werden, ob die Klägerin einen Anspruch auf den Unterschiedsbetrag zwischen den Pflegesätzen der Pflegeklassen II und III für
sieben Monate in der geltend gemachten Höhe besitzt. Ein Anspruch auf Zahlung des Pflegesatzes gemäß der Pflegeklasse III
hätte ihr nur zugestanden, wenn die Versicherte in den letzten sieben Monaten vor ihrem Tode zu Unrecht in die Pflegestufe
II eingeordnet war. Die Beklagte hätte dann den Unterschiedsbetrag zwischen den jeweiligen Höchstbeträgen für die Pflegestufen
II und III in Höhe von monatlich 300 DM (= 153,39 Euro) an die Klägerin nachzuzahlen. Die Entscheidung dieser Frage hängt
davon ab, ob im Falle der Klägerin von Mai bis zu ihrem Tode am 14. November 2000 durchschnittlich ein Pflegebedarf - auch
nachts - von fünf Stunden täglich angefallen ist, wovon auf die Grundpflege mindestens vier Stunden entfallen müssen (§
15 Abs
1 Satz 1 Nr
3, Abs
3 Nr
3 SGB XI). Die hierfür maßgeblichen Tatsachenfeststellungen hat das LSG nachzuholen.
1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor.
a) Die Klägerin hat bei zutreffender Auslegung ihres Klagebegehrens eine Zahlungsklage erhoben, die als echte Leistungsklage
nach §
54 Abs
5 SGG zulässig ist. Die von den Vorinstanzen vertretene Auffassung, es gehe im Wesentlichen um eine von der Beklagten zu treffende
Einstufung der Versicherten in die Pflegeklasse III (was der Sache nach einer Feststellungsklage nach §
55 Abs
1 Nr
1 SGG gleichkäme, weil die "Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses" im Streit wäre), teilt der erkennende Senat nicht.
Schon im Verfahren vor dem SG hat die Klägerin mit hinreichender Deutlichkeit ausgeführt und auch in ihrem Klageantrag zum Ausdruck gebracht, dass sie
von der Beklagten nicht nur die Feststellung verlangt, die Versicherte ab Mai 2000 der Pflegestufe/Pflegeklasse III zuzuordnen,
um anschließend gegenüber dem Rechtsnachfolger der verstorbenen Versicherten aus dem der Heimpflege zu Grunde liegenden und
auf § 5
Heimgesetz (
HeimG) basierenden zivilrechtlichen Heimvertrag die Differenz zwischen den Pflegesätzen der Pflegeklassen II und III geltend zu
machen, sondern von der Beklagten selbst eine leistungsgerechte und dem tatsächlichen Ausmaß der Pflege der Versicherten entsprechende
Vergütung begehrt. Demzufolge hat die Klägerin in der Revisionsinstanz klargestellt, dass sie unmittelbar die aus der Feststellung
der Pflegeklasse III folgende Zahlung des Differenzbetrages des Kostenanteils der sozialen Pflegeversicherung zwischen dem
bereits geleisteten Anteil nach der Pflegestufe II und dem Anteil nach der Pflegestufe III in Höhe von monatlich 300 DM (=
153,39 Euro - die Rundung auf 153 EUR gemäß §
43 Abs
5 Satz 1 Nr
2 und
3 SGB XI gilt erst seit dem 1. Januar 2002) verlangt. Diesem Klagebegehren wird die Leistungsklage nach §
54 Abs
5 SGG gerecht, in deren Rahmen die Frage inzident mitentschieden wird, ob die Versicherte zu Recht der Pflegeklasse II zugeordnet
war oder der Pflegeklasse III hätte zugeordnet werden müssen. Die gesonderte Feststellung der Zuordnung eines/einer Versicherten
zu einer bestimmten Pflegestufe oder Pflegeklasse ist daneben nicht möglich; der Hilfsantrag der Klägerin wäre also unzulässig
(vgl dazu unten 2 c).
Der geänderte Klageantrag verstößt nicht gegen das Verbot von Klageänderungen im Revisionsverfahren (§
168 SGG). Selbst wenn man von einer auf die Feststellungsklage nach §
55 SGG zugeschnittenen Antragstellung in erster und zweiter Instanz ausgehen würde, beruhte dies auf einer zu engen, der Klageschrift
und der Klagebegründung nicht hinreichend gerecht werdenden Auslegung des Klagebegehrens. Die Vorinstanzen hätten insoweit
auf eine konkretisierte und dem wirklichen Klagebegehren entsprechende Antragstellung hinwirken müssen (§
106 Abs
1 SGG). Der in der Revisionsinstanz gestellte und konkretisierte Zahlungsantrag wird dem von Anfang an verfolgten Klageziel gerecht.
Es handelt sich inhaltlich lediglich um eine Klarstellung des eigentlichen Begehrens, die nach §
99 Abs
3 Nr
2 SGG nicht als Klageänderung anzusehen ist. Das Verbot von Klageänderungen im Revisionsverfahren (§
168 SGG) schließt Änderungen, die nach §
99 Abs
3 SGG nicht als Klageänderungen gelten, nicht aus (vgl Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 8. Aufl 2005, §
168 RdNr 2a, 2b mwN).
Da sich die Klägerin als Heimbetreiberin und die Beklagte als Pflegekasse hinsichtlich der Zahlung des Kostenanteils der sozialen
Pflegeversicherung bei Heimpflege in einem auf dem abgeschlossenen Versorgungsvertrag (§§
72,
73 SGB XI) beruhenden Gleichordnungsverhältnis befinden, kam eine Regelung durch Verwaltungsakt und damit eine Anfechtungs- und Leistungsklage
nach §
54 Abs
4 SGG nicht in Betracht. Ein Vorverfahren war deshalb nicht durchzuführen.
b) Eine Sachentscheidung kann nicht ergehen, ohne den Rechtsnachfolger der Versicherten zu dem Verfahren beizuladen; das LSG
wird eine entsprechende Beiladung zu veranlassen haben.
Zu einem Rechtsstreit über eine Leistungsklage der vorliegenden Art ist der Versicherte - bzw nach dessen Tod der Rechtsnachfolger
- gemäß §
75 Abs
2, 1. Alternative
SGG grundsätzlich beizuladen. Nach dieser Vorschrift ist ein Dritter notwendig beizuladen, wenn er an dem streitigen Rechtsverhältnis
in der Weise beteiligt ist, dass die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Das ist hier der Fall.
Die Frage, ob ein Heimträger für die Heimpflege eines Versicherten den Pflegesatz nach der Pflegeklasse III statt der Pflegeklasse
II abrechnen darf und die Pflegekasse deshalb den Kostenanteil der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III zu
leisten hat, kann im Verhältnis des Heimträgers zur Pflegekasse und zum Versicherten zwangsläufig nur einheitlich entschieden
werden. Schuldner der Pflegesätze, die das Entgelt für die Heimpflege bestimmen (§
84 Abs
1 SGB XI), sind bis zu den Höchstbeträgen des §
43 Abs
5 SGB XI die Pflegekassen (§
87a Abs
3 Satz 1
SGB XI) und im Übrigen die Versicherten; soweit diese nicht leistungsfähig - also bedürftig - sind, haben die Sozialhilfeträger
für die vom Versicherten geschuldeten Kosten aufzukommen. Der Pflegesatz gilt für alle Beteiligten gleichermaßen und richtet
sich nach der Pflegeklasse, in welche der Versicherte eingestuft wird (§
84 Abs
2 Satz 2
SGB XI). Die Pflegeklasse wiederum richtet sich grundsätzlich nach der zuerkannten Pflegestufe (§
84 Abs
2 Satz 2 Halbsatz 1
SGB XI). Da die Höchstbeträge des §
43 Abs
5 SGB XI für die monatlichen Kosten der Heimpflege in aller Regel nicht ausreichen, muss der Versicherte deshalb aus eigenen Mitteln
zuzahlen. Eine höhere Einstufung hat durch den dann abrechenbaren höheren Pflegesatz regelmäßig zur Folge, dass der Eigenanteil
des Versicherten trotz höherer Leistung der Pflegekasse wächst. Der Versicherte ist von der Entscheidung über Zahlungsklagen
der vorliegenden Art deshalb unmittelbar betroffen.
Die hiernach notwendige Beiladung des Rechtsnachfolgers der Versicherten ist in den Vorinstanzen unterblieben. Da seine Zustimmung
nicht vorlag, war auch eine Nachholung der Beiladung im Revisionsverfahren nicht möglich (§
168 SGG).
2. Der Senat kann mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen durch das LSG nicht abschließend entscheiden, ob die
Revision der Klägerin begründet ist oder nicht. Ihr steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zu, wenn die Versicherte
zu Recht der Pflegestufe II zugeordnet war und deshalb nur Pflegesätze nach der Pflegeklasse II in Rechnung gestellt werden
durften, die nach Maßgabe des auf sie entfallenden monatlichen Anteils von 2.500 DM (jetzt 1.279 Euro, §
43 Abs
5 Satz 1 Nr
2 SGB XI) von der Beklagten bereits gezahlt worden sind. Ergibt sich jedoch auf Grund der vom LSG noch nachzuholenden Tatsachenfeststellungen,
dass die Versicherte wegen ihrer nach §
14 und §
15 Abs
1 Satz 1 Nr
3, Abs
3 Nr
3 SGB XI anzuerkennenden erhöhten Pflegebedürftigkeit der Pflegestufe III hätte zugeordnet werden müssen, dann hätte dies eine entsprechende
Höherstufung mit der Folge der Abrechenbarkeit von Pflegesätzen nach der Pflegeklasse III und einer Kostentragungspflicht
der Beklagten in Höhe von monatlich 2.800 DM (jetzt 1.432 Euro, §
43 Abs
5 Satz 1 Nr
3 SGB XI) zur Folge; die Differenzbeträge wären der Klägerin nachzuzahlen.
a) Rechtsgrundlage von Klagebegehren der vorliegenden Art ist der jeweilige Versorgungsvertrag (§§
72,
73 SGB XI) iVm der Pflegesatzvereinbarung (§
85 SGB XI). In diesem Fall ist maßgeblich der zum 1. Juli 1996 in Kraft getretene und am 29. August 2000 modifizierte Versorgungsvertrag,
den die Klägerin mit den Landesverbänden der Pflegekassen in Nordrhein-Westfalen im Einvernehmen mit dem Landschaftsverband
Rheinland als überörtlichem Träger der Sozialhilfe abgeschlossen hat (§
72 Abs
2 Satz 1
SGB XI) und der für alle Pflegekassen im Inland unmittelbar verbindlich ist (§
72 Abs
2 Satz 2
SGB XI), sowie die "Vereinbarung gemäß §
85 und §
87 SGB XI über die Vergütung der Leistungen der vollstationären Pflege und der Kurzzeitpflege" vom 25. Februar 1999 (Geltungsdauer:
1. Januar 1999 - 31. Oktober 2000) und vom 24. Oktober 2000 (Geltungsdauer: 1. November 2000 - 30. April 2002), wonach die
Klägerin einen täglichen Pflegesatz von 92,55 DM (ab 1. November 2000: 104,84 DM) in der Pflegekasse II und 138,83 DM (ab
1. November 2000: 138,38 DM) in der Pflegeklasse III berechnen durfte (jeweils §
2 Abs
1 der Vereinbarung). Die Pflegekassen sind nach §
72 Abs
4 Satz 3
SGB XI verpflichtet, die Leistungen der Pflegeeinrichtung nach Maßgabe der Vorschriften des Achten Kapitels (§§
82 bis
92a SGB XI) zu vergüten. Dabei sind die Pflegesatzvereinbarungen (§
85 SGB XI) für das Pflegeheim sowie für die pflegebedürftigen Heimbewohner und deren Kostenträger unmittelbar verbindlich (§
85 Abs
6 Satz 1
SGB XI). Die leistungs- und vergütungsrechtlichen Vorschriften des oa Versorgungsvertrages und der oa Pflegesatzvereinbarungen entsprechen
den Vorgaben des Achten Kapitels des
SGB XI; zu Recht haben die Beteiligten insoweit auch keine Bedenken vorgetragen.
Bis zu den Höchstbeträgen des §
43 Abs
5 SGB XI steht den Heimträgern für die vollstationäre Heimpflege der Versicherten ein unmittelbarer vertraglicher Zahlungsanspruch
gegen die Pflegekassen zu. Die Pflegeeinrichtungen werden insoweit unmittelbar gemäß ihren Verpflichtungen aus dem Versorgungsvertrag
und der Pflegesatzvereinbarung tätig und erfüllen die den Pflegekassen gegenüber den Versicherten bestehende Sachleistungspflicht
(§§
4 Abs
1,
43 Abs
1 SGB XI). Die Beträge nach §
43 Abs
5 SGB XI stehen den Versicherten nicht als Geldleistung der sozialen Pflegeversicherung zu, wie es beim Pflegegeld für selbst beschaffte
Pflegehilfen (§
37 SGB XI) der Fall ist, sondern den Heimträgern als Entgelt der Pflegekassen für erbrachte Sachleistungen. Insofern ist die Formulierung
des §
87a Abs
3 Satz 1
SGB XI, wonach "die dem pflegebedürftigen Heimbewohner nach den §§
41 bis
43 SGB XI zustehenden Leistungsbeträge von seiner Pflegekasse mit befreiender Wirkung unmittelbar an das Pflegeheim zu zahlen" sind,
missverständlich. Eine Zahlung "mit befreiender Wirkung" könnte nur insoweit erfolgen, als in den zivilrechtlichen Heimverträgen,
die von den Heimbewohnern mit den Heimträgern abgeschlossen werden (§ 5
HeimG), im Einzelfall eine Regelung enthalten ist, dass die Heimbewohner von dem Heimträger auf das gesamte Pflegeentgelt (und
nicht nur auf den von der Pflegeversicherung nicht abgedeckten Teil) in Anspruch genommen werden können, die Heimbewohner
also hinsichtlich des Leistungsanteils der Pflegekassen zumindest subsidiär haften.
Pflegesätze sind nach §
84 Abs
1 SGB XI die Entgelte der Heimbewohner und ihrer Kostenträger für die voll- oder teilstationären Pflegeleistungen des Pflegeheimes
sowie für die medizinische Behandlungspflege und die soziale Betreuung. Dabei fallen unter den Sammelbegriff der sozialen
Betreuung alle Betreuungsleistungen, die nicht als Grundpflege, Behandlungspflege und hauswirtschaftliche Versorgung angesehen
werden können. Welcher Pflegesatz im Einzelfall berechnet werden darf, richtet sich nach §
84 Abs
2 SGB XI. Die Pflegesätze müssen leistungsgerecht sein (Satz 1). Dazu werden sie nach dem Versorgungsaufwand, den der Pflegebedürftige
nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit benötigt, in drei Pflegeklassen eingeteilt (Satz 2). Bei der Zuordnung der
Pflegebedürftigen zu den Pflegeklassen sind prinzipiell die Pflegestufen gemäß §
15 SGB XI zu Grunde zu legen (Satz 3, 1. Halbsatz), soweit nicht nach der gemeinsamen Beurteilung des MDK und der Pflegeleitung des
Pflegeheims die Zuordnung zu einer anderen Pflegeklasse notwendig oder ausreichend ist (Satz 3, 2. Halbsatz).
Im vorliegenden Fall war die Versicherte bis zu ihrem Tode der Pflegestufe II zugeordnet, was nach §
84 Abs
2 Satz 3, 1. Halbsatz
SGB XI zur Folge hatte, dass sie in die Pflegeklasse II einzustufen war. Ob eine Höherstufung in die Pflegeklasse III gerechtfertigt
war, wird das LSG unter Berücksichtigung der nachstehenden Erwägungen zu ermitteln haben.
b) Dem Höherstufungsbegehren der Klägerin steht allerdings nicht schon entgegen, dass die Klage der Versicherten gegen die
Ablehnung des Höherstufungsantrages (Bescheid vom 30. Mai 2000; Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2000) nach deren Tod
zurückgenommen worden und der oa Ablehnungsbescheid dadurch bestandskräftig geworden ist. Die im Verhältnis der Versicherten
bzw ihres potentiellen Rechtsnachfolgers zur Beklagten bindend gewordene Einstufung der Versicherten in die Pflegestufe II
entfaltet keine Bindungswirkung im Verhältnis der Klägerin zur Beklagten für die Zeit ab Mai 2000 bis zum Tode der Versicherten,
um die es im vorliegenden Verfahren geht. Die Klägerin hat als Leistungserbringerin aus eigener Rechtsposition - nämlich dem
Versorgungsvertrag iVm der Pflegesatzvereinbarung - und dem auf diesem Vertragsverhältnis beruhenden Anspruch als Pflegeheimbetreiberin
auf leistungsgerechte Vergütung (§
82 Abs
1 Satz 1 Nr
1, §
84 Abs
2 Satz 1
SGB XI) ein Recht auf zutreffende Einschätzung des Pflegebedarfs eines Versicherten und auf Zahlung des sich daraus ergebenden Pflegesatzes.
Im Rahmen der Klage eines Heimträgers auf Zahlung eines höheren Pflegesatzes, begrenzt auf den Kostenanteil der sozialen Pflegeversicherung,
ist demgemäß inzident zu prüfen, ob die Einstufung des Versicherten in die bisherige niedrigere Pflegestufe den tatsächlich
erforderlichen Pflegebedarf korrekt widerspiegelt. Dies gilt unabhängig davon, ob der Versicherte (oder dessen Rechtsnachfolger)
ebenfalls einen Höherstufungsantrag gestellt hat oder sich sogar gegen eine Höherstufung wehrt.
c) Die Vorinstanzen haben zu Recht darauf hingewiesen, dass der Klägerin als Heimträgerin kein eigenes Recht zusteht, bei
der Pflegekasse die Eingruppierung eines Heimbewohners in eine höhere Pflegestufe zu beantragen, und sie ist insoweit auch
nicht klagebefugt (Castendiek in HK-
SGG, 2003, §
54 RdNr 43; Ulmer in Hennig,
SGG, Stand Februar 2004, §
54 RdNr 80; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer aaO § 54 RdNr 14 i; aA Klie/Meysen NZS 2000, 222; Kirchesch NZS 1998, 506). Die Vorschriften über die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und die Einordnung in die Pflegestufen (§§
14,
15 SGB XI) sowie über den Anspruch auf vollstationäre Heimpflege (§
43 SGB XI) dienen allein dem Interesse der Versicherten. Individualinteressen der Heimträger werden durch diese Bestimmungen nicht
geschützt.
Der Gesetzgeber hat deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er dem Heimträger nicht das Recht hat einräumen wollen, das Recht
eines Heimbewohners notfalls gegen dessen Willen im eigenen Namen geltend zu machen. Den Interessengegensatz zwischen dem
Pflegeheim, das zur Durchsetzung seines Anspruchs auf leistungsgerechte Vergütung (§
82 Abs
1 Satz 1 Nr
1, §
84 Abs
2 Satz 1
SGB XI) die Höherstufung eines Heimbewohners erreichen möchte, und vielen Versicherten, die wegen der drohenden höheren Zuzahlung
aus eigenen Mitteln eine Höherstufung vermeiden möchten und deshalb keinen Höherstufungsantrag (§
33 SGB XI) stellen, hat der Gesetzgeber inzwischen erkannt (vgl BT-Drucks 14/5395 S 36) und zum 1. Januar 2002 die - hier noch nicht
anwendbare - Vorschrift des §
87a Abs
2 SGB XI geschaffen (vgl Gesetz vom 9. September 2001, BGBl I S 2320), wonach ein Heimbewohner auf schriftliche Aufforderung des Heimträgers
verpflichtet ist, bei seiner Pflegekasse die Zuordnung zu einer höheren Pflegestufe zu beantragen (Satz 1). Wird der Antrag
nicht gestellt, kann der Heimträger ab dem ersten Tag des zweiten Monats nach der Aufforderung vorläufig den Pflegesatz nach
der nächsthöheren Pflegeklasse berechnen (Satz 3). Erweist sich das Höherstufungsbegehren allerdings später als unberechtigt,
hat das Pflegeheim den überzahlten Betrag unverzüglich und verzinst zurückzuzahlen (Satz 4). Diese Regelung zeigt zwar einen
Weg auf, wie ein Heimträger seinen Anspruch auf leistungsgerechte Vergütung gegenüber dem Versicherten verfolgen kann. Sie
gibt aber keine Antwort auf die Frage, was geschieht, wenn der Versicherte das Verfahren nicht ernsthaft betreibt, einen Bescheid
ohne weiteres bestandskräftig werden lässt oder seinen Antrag sogar zurücknimmt. Die Regelung ist deshalb nur unvollkommen
geeignet, den Interessen des Heimbetreibers gerecht zu werden, weil er weitgehend vom Verhalten des Versicherten abhängig
ist. Deshalb bleibt zur vollen Wahrung der Interessen des Heimbetreibers nur die im vorliegenden Verfahren beschrittene Möglichkeit
einer Vergütungsklage gegen die Pflegekasse, in deren Rahmen die Einstufung des Heimbewohners auf ihre Richtigkeit hin zu
überprüfen ist. Der Gesetzgeber hat diese Möglichkeit mit der von ihm neu geschaffenen - unvollkommenen - Regelung des §
87a Abs
2 SGB XI nicht ausschließen wollen.
Der Überprüfung der Einstufung des Versicherten in die bisherige Pflegestufe im Rahmen einer Zahlungsklage der vorliegenden
Art steht nicht entgegen, dass der Versicherte ggf einer höheren Pflegestufe zugeordnet wird, ohne dies beantragt zu haben.
Ein Verstoß gegen den Grundsatz, dass Sozialleistungen nur auf Antrag gewährt werden, der nach §
16 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil iVm §
33 SGB XI auch im Recht der sozialen Pflegeversicherung gilt und dort sowohl die erstmalige Einstufung und Leistungsgewährung als auch
die spätere Höherstufung erfasst (Schuldzinski in LPK-
SGB XI, 2. Aufl 2003, §
33 RdNr 4, 12 sowie Richter in LPK-
SGB XI aaO §
87a RdNr 11), liegt nicht vor. Der Antragsgrundsatz wird im Bereich der sozialen Pflegeversicherung auch an anderer Stelle durchbrochen.
So sieht schon §
84 Abs
2 Satz 3, 2. Halbsatz
SGB XI mit der Abrechnungsmöglichkeit nach einer höheren Pflegeklasse bei übereinstimmender Beurteilung des Umfangs des Pflegebedarfs
durch die Pflegeleitung des Pflegeheims und den MDK ebenfalls eine - dann in einem entsprechenden Änderungsbescheid zu dokumentierende
- Höherstufung nach den §§
14,
15 SGB XI ohne Antragstellung des Versicherten vor. Auch aus §
87a Abs
2 SGB XI ergibt sich, dass ein Antrag des Versicherten entbehrlich sein kann. Die Pflegekassen sind bei verweigerter Antragstellung
des Versicherten berechtigt, den Pflegebedarf nach §
18 SGB XI - von Amts wegen - durch den MDK überprüfen zu lassen. Bestätigt das Pflegegutachten des MDK die Voraussetzungen der höheren
Pflegestufe, muss aus dieser Regelung gefolgert werden, dass sich das Recht zur vorläufigen Berechnung des höheren Pflegesatzes
in einen endgültigen Anspruch des Heimträgers umwandelt und die Pflegekasse verpflichtet ist, dem Versicherten einen Änderungsbescheid
über die Leistungsbewilligung nach der höheren Pflegestufe zu erteilen, womit seine Mehrbelastung jedenfalls teilweise ausgeglichen
wird. Wenn somit das Antragsprinzip gegenüber dem Recht des Heimträgers in diesen Fällen zurücktreten muss, hat dies ebenso
für die Höherstufung eines Versicherten im Rahmen einer Zahlungsklage der vorliegenden Art zu gelten, zu der es nur kommt,
wenn sich die Pflegekasse vorprozessual der Höherstufung entgegen gestellt hat.
d) Im vorliegenden Fall sind noch tatsächliche Feststellungen zu der Frage zu treffen, ob eine Einstufung der Versicherten
in die Pflegestufe III vom Mai 2000 bis zu ihrem Tode hätte erfolgen müssen, weil ihr Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege
den für die Pflegestufe III erforderlichen täglichen Umfang von 240 Minuten erreichte. Schon in der Klagebegründung vom 10.
Mai 2001 ist unter mehrfachem Beweisantritt vorgetragen worden, dass die Versicherte infolge ihrer Antriebsarmut, ihrem ständigen
Abwehrverhalten und der damit verbundenen depressiven Stimmungslage bei allen Verrichtungen stark verlangsamt gewesen sei
und unter Halluzinationen gelitten habe, was im Bereich der Körperpflege einen deutlich höheren Pflegeaufwand als vom MDK
festgestellt erfordert habe. Zusätzlich habe ein erheblicher Pflegeaufwand durch Hilfen beim häufigen Harn- und Stuhldrang
- auch während der Nacht - bestanden. Bei der Nahrungsaufnahme seien das mundgerechte Zubereiten der Mahlzeiten sowie vereinzelt
auch die Verabreichung von Zwischenmahlzeiten sehr zeitaufwändig gewesen; im Bereich der Mobilität sei wegen der Unsicherheit
und Ängstlichkeit der Verstorbenen ebenfalls ein erheblicher und bis jetzt noch nicht anerkannter Pflegeaufwand zu berücksichtigen.
Insgesamt sei durch die im Heim geführte Pflegedokumentation ein durchschnittlicher Pflegeaufwand von 376 Minuten pro Tag
nachweisbar. Ob diese Behauptungen der Klägerin zutreffen, wird das LSG zu ermitteln haben. Bejahendenfalls ist der Klage
stattzugeben, anderenfalls ist sie abzuweisen. Soweit die Klägerin allerdings einen deutlich gesteigerten Bedarf der Versicherten
an psychischer und psychosozialer Betreuung wegen ihres Verhaltens bei Angst- und Spannungszuständen anführt, der je nach
den Gegebenheiten des Einzelfalls als soziale Betreuung oder als Behandlungspflege qualifiziert werden kann und von ihr ebenfalls
für das Begehren auf Einordnung in die Pflegeklasse III geltend gemacht wird, kann dies bei der Berechnung des Pflegebedarfs
und der Zuordnung zu einer Pflegestufe nicht berücksichtigt werden, weil hierfür auch bei vollstationärer Heimpflege stets
nur der Hilfebedarf bei den Verrichtungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach den §§
14,
15 SGB XI in Ansatz gebracht werden darf, nicht aber der Zeitaufwand für die soziale Betreuung und die Behandlungspflege (BSGE 85,
278, 281 = SozR 3-3300 § 43 Nr 1; stRspr).
e) Die Klägerin stützt ihr Höherstufungsbegehren aber nicht nur auf die unzutreffende Einordnung der Versicherten in die Pflegestufe
II, sondern unabhängig davon auch auf die Möglichkeit der Höherstufung gemäß §
84 Abs
2 Satz 3, 2. Halbsatz
SGB XI. Danach kann ein Pflegebedürftiger einer von der Pflegestufe abweichenden Pflegeklasse zugeordnet werden, wenn dies nach
der gemeinsamen Beurteilung der Pflegeleitung des Pflegeheims und des MDK notwendig (dann Höherstufung) oder ausreichend (dann
Herabstufung) ist. Daraus folgt aber nicht, dass wegen des Aufwands an Behandlungspflege und sozialer Betreuung eine Höherstufung
erfolgen kann. Vielmehr kann auch bei den Pflegeklassen nur der Hilfebedarf bei der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen
Versorgung berücksichtigt werden. Pflegestufe und Pflegeklasse sind insoweit "zwei Seiten derselben Medaille". Für eine Berücksichtigung
von Behandlungspflege und sozialer Betreuung würde es auch an jeglichem Maßstab fehlen, welches Maß erforderlich ist, um im
Einzelfall eine Höherstufung zu rechtfertigen, weil bei nahezu allen Heimbewohnern ein gewisses Maß an solchen Pflegeleistungen
anfällt und eine volle zeitliche Berücksichtigung dieser Pflegeleistungen wie bei Leistungen der Grundpflege regelmäßig zu
einer Höherstufung führen würde, was vom Gesetz aber offensichtlich nicht gewollt ist. Der Regelfall sollte die Koppelung
der Pflegestufe mit der Pflegeklasse sein. Allerdings ist einzuräumen, dass damit der tatsächlich im Heim anfallende Pflegeaufwand
nur unzureichend erfasst wird. Schon für die häusliche Pflege beschreiben die in §
14 SGB XI genannten Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens nur einen Ausschnitt aus dem Alltagsleben, der als Maßstab für den
Umfang der Pflegebedürftigkeit gilt, dem tatsächlichen Pflegebedarf aber dennoch eher gerecht wird als bei der Heimpflege,
weil im Gegensatz zu dieser die Behandlungspflege im häuslichen Bereich im Wesentlichen durch die Krankenversicherung gewährleistet
wird und soziale Betreuung im eigenen Haushalt in geringerem Umfang erforderlich ist. Dies führt aber nicht dazu, dass bei
Heimpflege der für die Pflegestufen gültige Maßstab zur Differenzierung des Pflegeaufwands nach Pflegeklassen gänzlich ungeeignet
und damit willkürlich wäre. Dieser Maßstab hat insbesondere nicht zur Folge, dass damit keine leistungsgerechte Vergütung
des Heimbetreibers für seine Pflegeleistungen mehr ermöglicht würde. Denn damit wird nur die Verteilung der Pflegebedürftigen
auf die einzelnen Pflegeklassen gesteuert, nicht aber festgelegt, wie die Vergütung in den einzelnen Pflegeklassen ausfällt.
Diese richtet sich vielmehr nach den im Einzelnen auszuhandelnden Pflegesätzen, die zwischen den einzelnen Pflegeklassen durchaus
eine andere Spreizung vorsehen können als bei den Pflegestufen und den damit verbundenen Leistungsansprüchen des Versicherten.
Der in den jeweiligen Pflegeklassen insgesamt anfallende Pflegeaufwand lässt sich auf Grund von Erfahrungswerten auch vorausschauend
kalkulieren und in die zur Kostendeckung jeweils erforderlichen Pflegesätze umrechnen.
f) Soweit der erkennende Senat in seinem Urteil vom 10. Februar 2000 - B 3 P 12/99 R - (BSGE 85, 278 = SozR 3-3300 § 43 Nr 1) ausgeführt hat, Behandlungspflege und soziale Betreuung könnten unter bestimmten Voraussetzungen
bei der Einordnung eines Versicherten in eine Pflegeklasse berücksichtigt werden, ist daran nicht festzuhalten. Der damaligen
Entscheidung lag die Erwägung zu Grunde, dass es Pflegesatzvereinbarungen (§
85 SGB XI) geben könnte, bei denen die Pflegesätze entweder noch keinen oder aber einen - gemessen an den Erfahrungswerten - deutlich
zu geringen Anteil für die soziale Betreuung und die Behandlungspflege enthalten, sodass dem Grundsatz der leistungsgerechten
Vergütung (§
82 Abs
1 Satz 1 Nr
2, §
84 Abs
2 Satz 1
SGB XI) im Einzelfall nur unzureichend Rechnung getragen werden könnte (§
84 Abs
2 Satz 3, 2. Halbsatz
SGB XI). Diese Befürchtung besteht aus heutiger Sicht nicht mehr. Seit dem Jahre 2002 sind nach § 80a
SGB XI Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen mit den Pflegeheimen abzuschließen, in denen ua die Struktur und die voraussichtliche
Entwicklung des zu betreuenden Personenkreises, gegliedert nach Pflegestufen, dem besonderem Bedarf an Grundpflege, Behandlungspflege
und sozialer Betreuung (§ 80a Abs 2 Satz 1 Nr 1
SGB XI), Art und Inhalt der erwarteten Leistungen (Nr 2), die personelle und sächliche Ausstattung sowie der Qualifikation der Mitarbeiter
(Nr 3) festzulegen sind. Der Abschluss solcher Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen ist ab 1. Januar 2002, bei zu jenem
Zeitpunkt schon zugelassenen Pflegeheimen ab 1. Januar 2004 Voraussetzung für den Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung (§
80a Abs 1
SGB XI). Im Rahmen des Pflegesatzverfahrens hat das Pflegeheim Art, Inhalt, Umfang und Kosten der Leistungen, für die es eine Vergütung
beansprucht, durch Pflegedokumentationen und andere geeignete Nachweise darzulegen (§
85 Abs
3 SGB XI). Damit ist nunmehr sichergestellt, dass die Pflegesätze auch die auf die soziale Betreuung und die Behandlungspflege entfallenden
Leistungsanteile der Pflegeheime hinreichend abbilden.
Der Einwand, durch die Bindung der Pflegeklasse an die Pflegestufe würden die von der Klägerin zu erbringende Behandlungspflege
und soziale Betreuung nicht vergütet, erweist sich vor diesem Hintergrund als nicht gerechtfertigt. Die Pflegesätze sind Pauschalvergütungen,
die den gesamten Pflegeaufwand abgelten. Die Klägerin hat es - wie jeder Heimträger - in der Hand, den Pflegeaufwand, der
durchschnittlich in den einzelnen Pflegeklassen anfällt, zu kalkulieren und in die Pflegesatzverhandlungen einzubringen. Sofern
ihre kalkulierten Pflegesätze marktgerecht sind, wird sie diese durchsetzen können. Im Wettbewerb wird sie nicht benachteiligt,
weil auch die Mitbewerber gleichen Bedingungen unterliegen. Sofern tatsächlich einmal ein ungewöhnlicher, nicht vorhersehbarer
Mehraufwand bei mehreren Heimbewohnern auftritt und dieser auch in der Zukunft zu erwarten ist, können Mehrkosten bei den
nächsten Pflegesatzverhandlungen geltend gemacht werden. In der Regel ist aber eher davon auszugehen, dass sich Fälle mit
übermäßigem Aufwand an Behandlungspflege und sozialer Betreuung ausgleichen mit Fällen, in denen dieser Aufwand unterdurchschnittlich
gering ist. Der vorliegende Fall ist zudem nicht atypisch, sondern betrifft eine Situation, die in Pflegeheimen bei Demenzpatienten
im Endstadium der Krankheit immer wieder vorkommt und deshalb nicht unvorhersehbar ist.
3. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.