Honorarrechtsstreit in der Vertragsärztlichen Versorgung
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über eine höhere Vergütung vertragsärztlicher Leistungen.
Der Kläger ist im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) als Internist zur vertragsärztlichen Versorgung
zugelassen. In den hier streitigen Quartalen IV/1996 und III/1997 bis III/1998 war er zur Führung der Schwerpunktbezeichnung
"Kardiologie" berechtigt. Ab November 1996 beschäftigte er den Facharzt für innere Medizin Dr. S als angestellten Arzt. Ab
dem Quartal II/1997 betrieb er mit diesem während des streitgegenständlichen Zeitraums eine Gemeinschaftspraxis, die er später
mit anderen Ärzten fortführte. Seit Juli 2004 führt er wieder eine Einzelpraxis.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger für das Quartal IV/1996 bei einer Fallzahl von 1641 Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung
ein Nettohonorar von 267.613,37 DM.
Im Zuge der Einführung von Praxis- und Zusatzbudgets durch den Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen
(EBM-Ä) zum 1. Juli 1997 beschloss die Vertreterversammlung der Beklagten, ab diesem Zeitpunkt in ihrem Honorarverteilungsmaßstab
(HVM) für die Verteilung der Gesamtvergütungen Honorargruppen zu bilden, denen bestimmte Anteile der Gesamtvergütung (Honorarkontingent)
zugewiesen wurden. Für die von den Praxisbudgets nicht erfassten fachärztlich tätigen Internisten standen zwei Untergruppen
zur Verfügung, je nach dem, ob der Internist eine Schwerpunktbezeichnung führte oder nicht. Der Kläger entschied sich dafür,
auf die Schwerpunktbezeichnung "Kardiologie" zu verzichten, und wurde deshalb der Gruppe der "übrigen fachärztlich tätigen
Internisten" zugeordnet.
Für das Quartal III/1997 setzte die Beklagte bei einer Fallzahl der Gemeinschaftspraxis des Klägers von 2.149 das Gesamthonorar
dieser Praxis auf 306.849,64 DM fest. Die Punktwerte beliefen sich auf 6,31 Pf im Ersatzkassen- und auf 5,03 Pf im Primärkassenbereich.
Für das Quartal IV/1997 bewilligte die Beklagte bei einer Fallzahl von 2.097 ein Nettohonorar von 307.888,92 DM. Die Punktwerte
betrugen 6,33 Pf im Ersatzkassen- und 5,00 Pf im Primärkassenbereich. Für das Quartal I/1998 setzte die Beklagte das Nettohonorar
bei einer Fallzahl von 2.252 auf 306.137,47 DM fest. Die Punktwerte betrugen 5,77 Pf im Ersatzkassen- und 4,13 Pf im Primärkassenbereich.
Das Nettohonorar belief sich im Quartal II/1998 bei einer Fallzahl von 2.496 auf 346.117,36 DM. Die Punktwerte betrugen 5,03
Pf im Ersatzkassen- und 4,80 Pf im Primärkassenbereich. Für das Quartal III/1998 setzte die Beklagte das Nettohonorar der
Gemeinschaftspraxis des Klägers bei einer Fallzahl von 2.376 auf 337.648,15 DM fest. Die Punktwerte betrugen 5,70 Pf im Ersatzkassen-
und 4,42 Pf im Primärkassenbereich.
Mit seinen gegen die Honorarbescheide gerichteten Widersprüchen machte der Kläger ua geltend, zahlreiche Regelungen des EBM-Ä
sowohl in der im Quartal IV/1996 wie auch in der seit Juli 1997 geltenden Fassung seien rechtswidrig und für spezialisiert
tätige Ärzte unzumutbar. Kardiologische Leistungen könnten zu den niedrigen Punktwerten insbesondere der Jahre 1997 und 1998
nicht mehr betriebswirtschaftlich sinnvoll erbracht werden. Für Kardiologen, deren Praxen durch eine starke Zunahme aufwändiger
Leistungen und innovativer Untersuchungsmethoden geprägt seien, sei zudem der Zuschnitt des sie betreffenden Honorarkontingentes
nicht hinnehmbar.
Das Sozialgericht (SG) hat die ursprünglichen in getrennten Verfahren erhobenen Klagen abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufungsverfahren
verbunden und die Berufungen insgesamt zurückgewiesen (Urteil vom 12. Februar 2003). Es hat die Bedenken des Klägers gegen
die für die Honorarverteilung maßgeblichen Vorschriften im EBM-Ä und im HVM der Beklagten für nicht gerechtfertigt gehalten.
Auch seien die Einwände gegen die Höhe der von den Primär- und Ersatzkassen an die Beklagte entrichteten Gesamtvergütungen
nicht begründet. Aus dem Umstand, dass die durchschnittlichen Einnahmen der sächsischen Internisten aus vertragsärztlicher
Tätigkeit im Jahre 1998 hinter den durchschnittlichen Einnahmen der Internisten in den neuen Bundesländern insgesamt zurückgeblieben
seien, könne nicht abgeleitet werden, die normativen Grundlagen der Honorarverteilung in den streitigen Quartalen seien fehlerhaft.
Zu Unrecht fordere der Kläger schließlich, die Beklagte hätte das Honorarkontingent der fachärztlich tätigen Internisten erhöhen
müssen, seit aus diesem Kontingent auch nuklearmedizinisch-kardiologische Leistungen honoriert worden seien. Da die Ärzte
der Gemeinschaftspraxis, in der derartige Leistungen erbracht würden, als Ärzte für innere Medizin/Kardiologie zur vertragsärztlichen
Versorgung zugelassen seien, hätten deren entsprechende Leistungen aus dem Fachgruppentopf der Internisten vergütet werden
müssen.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des §
85 Abs
3 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V), eine Verletzung seines Rechtsanspruchs auf angemessene Vergütung sowie eine Missachtung der Verpflichtung der Beklagten,
Honorarverteilungsregelungen zu beobachten und auf erkennbare Fehlentwicklungen zeitnah und angemessen zu reagieren. Die in
den streitbefangenen Quartalen zur Verteilung gelangten Gesamtvergütungen iS des §
85 Abs
4 SGB V seien unangemessen niedrig gewesen. Die von der Beklagten mit ihren Vertragspartnern auf der Grundlage des §
85 Abs
3 Satz 1
SGB V abgeschlossenen Gesamtverträge gewährleisteten keine angemessene Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen der sächsischen
Internisten mehr. Zwar komme den Gesamtvertragspartnern bei der Anpassung der Gesamtvergütungen ein weiter Gestaltungsspielraum
zu, doch enthebe das die Gerichte nicht der Prüfung, ob die vereinbarten Vergütungen "angemessen" seien. Da §
85 Abs
3 SGB V auch gegenüber dem einzelnen Vertragsarzt Rechtswirkungen entfalte, müsse dieser die vereinbarte Höhe der Gesamtvergütung
nicht rechtsschutzlos hinnehmen. Ursache für das unzureichende Vergütungsniveau sei in erster Linie, dass die niedrigen Ausgangswerte
des Jahres 1992 nur fortgeschrieben worden seien; damit habe der in den 90-er Jahren stark gestiegene Bedarf an vertragsärztlichen
Leistungen in den neuen Bundesländern jedoch nicht angemessen vergütet werden können. Entgegen einer vom Bundessozialgericht
(BSG) geäußerten Rechtsauffassung stehe dem einzelnen Vertragsarzt aus §
72 Abs
2 SGB V iVm Art
12 Abs
1 Grundgesetz (
GG) ein Anspruch auf angemessene Vergütung seiner vertragsärztlichen Leistungen zu. Diesem nicht nur objektiv-rechtlichen Gebot
entsprächen die ihm - dem Kläger - von der Beklagten bewilligten Honorare nicht. Schließlich habe die Beklagte das Honorarkontingent
der fachärztlich tätigen Internisten erhöhen müssen, nachdem eine Leistungsverlagerung von der Radiologie in den Bereich der
inneren Medizin dadurch erfolgt sei, dass nuklearmedizinisch-kardiologische Leistungen nunmehr von einer internistischen Gemeinschaftspraxis
erbracht worden seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 12. Februar 2003 und die Urteile des Sozialgerichts Dresden vom 12. Juli
2000 (S 11 KA 330/98, S 11 KA 465/97, S 11 KA 489/98, S 11 KA 67/99 und S 11 KA 160/99) sowie die Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale IV/1996, III und IV/1997 sowie I bis III/1998 in der Gestalt der
Widerspruchsbescheide vom 12. November 1997, 15. Juli 1998, 3. November 1998, 3. Februar 1999 und 21. April 1999 aufzuheben
und die Beklagte zu verurteilen, über seine - des Klägers - Honoraransprüche unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts
neu zu entscheiden,
hilfsweise, das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 12. Februar 2003 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung
und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil sowie ihre Honorarbescheide für zutreffend.
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG hat seine Berufungen gegen die klageabweisenden Urteile des SG zu Recht zurückgewiesen. Die angefochtenen Honorarbescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen ihn nicht in seinen
Rechten.
Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung vertragsärztlichen Honorars ist §
85 Abs
4 Satz 1 bis
3 SGB V (in der maßgeblichen Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes >GSG< vom 21. Dezember 1992, BGBl I 2266). Danach steht jedem
Vertragsarzt ein Anspruch auf Teilhabe an den von den Krankenkassen entrichteten Gesamtvergütungen entsprechend der Art und
dem Umfang der von ihm erbrachten - abrechnungsfähigen - Leistungen nach Maßgabe der Verteilungsregelungen im HVM zu.
Der Kläger sieht die Honorarverteilung durch die Beklagte zunächst deshalb als rechtswidrig an, weil das Volumen der zwischen
den Gesamtvertragspartnern gemäß §
83 Abs
1 Satz 1
SGB V vereinbarten Gesamtvergütungen in den streitbefangenen Quartalen unzureichend gewesen sei. Diesem Einwand kann jedoch bereits
aus Rechtsgründen nicht nachgegangen werden.
Gemäß §
82 Abs
2 Satz 1
SGB V (ebenfalls in der hier anzuwendenden Fassung des GSG) werden die Vergütungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen
von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen mit den KÄVen durch Gesamtverträge geregelt.
Nach §
85 Abs
3 Satz 1
SGB V vereinbaren die Vertragsparteien des Gesamtvertrages die Veränderungen der Gesamtvergütungen unter Berücksichtigung der Praxiskosten,
der für die vertragsärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der ärztlichen Leistungen,
soweit sie auf einer gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsausweitung beruhen. Bei der Vereinbarung der Veränderungen
der Gesamtvergütungen ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität in Bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der
zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen zu beachten (aaO Satz 2). Nach dem gesetzlichen Regelungskonzept ist in einem
Rechtsstreit über den Honoraranspruch eines Vertragsarztes nicht zu entscheiden, ob die Gesamtvertragspartner die gesetzlichen
Vorgaben für die Vereinbarung und Veränderung der Gesamtvergütungen beachtet haben. Die Gesetzesbestimmungen sehen insoweit
andere Überprüfungsmechanismen vor.
Die maßgeblichen Bestimmungen der §
82 Abs
2 Satz 1 und §
83 Abs
1 iVm §
85 Abs
3 SGB V über die Vereinbarung und Anpassung der Gesamtvergütung berechtigen und verpflichten ausschließlich die Vertragspartner der
vertragsärztlichen Versorgung sowie die beteiligten Krankenkassen und nicht - auch nicht mittelbar - den einzelnen Vertragsarzt.
Die gesamtvertraglich zu vereinbarenden Anpassungen der Gesamtvergütungen wirken obligatorisch zwischen den Vertragspartnern
auf Landesebene und normativ nur gegenüber den "beteiligten Krankenkassen" und nicht gegenüber dem einzelnen Vertragsarzt.
Dieses vom Gesetz vorgegebene gesamtvertragliche Vergütungssystem auf kollektiv-vertraglicher Grundlage schließt es aus, dass
sich der einzelne Vertragsarzt im Rahmen eines Rechtsstreits über die Rechtmäßigkeit eines ihn betreffenden Honorarbescheides
darauf berufen kann, die Höhe der zwischen den Kollektivvertragspartnern vereinbarten Gesamtvergütung sei unzureichend.
Ein Gesamtvertrag zur Regelung der Vergütung im Sinne des §
85 Abs
3 Satz 1
SGB V enthält zum einen obligatorische - dh allein zwischen den vertragsschließenden Institutionen geltende -, zum anderen normative
Bestandteile, die auch am Vertragsschluss nicht beteiligte Dritte wie die "beteiligten Krankenkassen" iS des §
85 Abs
3 Satz 1
SGB V und auch Vertragsärzte binden können (vgl Senatsbeschluss vom 25. Mai 2005 - B 6 KA 27/04 B - und Engelmann, NZS 2000, 1, 4). Insoweit gilt für gesamtvertragliche Regelungen, die gegenüber dem einzelnen Vertragsarzt normativ wirken, nichts anderes
als für alle anderen untergesetzlichen Bestimmungen in den vertragsärztlichen Normverträgen und Satzungen. Als Normen sind
sie nur wirksam, wenn sie sich auf eine gültige gesetzliche Ermächtigungsgrundlage stützen können und nicht mit höherrangigem
Recht kollidieren. Das haben die Gerichte im Streit zwischen dem Vertragsarzt und der KÄV hinsichtlich aller für die Vergütung
des Arztes maßgeblichen Normen zu prüfen, wie der Senat in den Urteilen vom 9. Dezember 2004 (ua B 6 KA 44/03 R - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2) exemplarisch aufgezeigt hat. Insoweit kann der einzelne Vertragsarzt die rechtliche Wirksamkeit
der ihn unmittelbar verpflichtenden Regelungen eines Gesamtvertrages gemäß §
83 Abs
1 Satz 1
SGB V, etwa Vorgaben zur Leistungsabrechnung oder zur Begründung von Leistungsansätzen, im Rechtsstreit zwischen ihm und der KÄV
auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht inzident überprüfen lassen.
Für die Vereinbarung der Gesamtvergütung gilt dies indessen nicht. Es handelt sich insoweit um einen obligatorischen Teil
des Gesamtvertrages, der Rechte und Pflichten der Vertragspartner begründet und kraft besonderer Regelung auch für die einzelnen
Krankenkassen gilt, sich aber ansonsten für Dritte - und damit auch für die Vertragsärzte - allenfalls mittelbar bzw faktisch
auswirkt (so bereits Senatsurteil vom 14. Juli 1965, SozR Nr 2 zu § 368h
RVO). Die Rechts(schutz)position des einzelnen Vertragsarztes ist bezogen auf die Gesamtvergütung darauf beschränkt, dass er
bei ihrer Verteilung angemessen berücksichtigt wird (BSG aaO; zum Anspruch auf Teilhabe s auch BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 4 RdNr
12).
Dieser Ausgestaltung des Vergütungssystems entspricht es, dass die Überprüfung der Gesamtvergütungsvereinbarungen auf Rechtsverstöße
in einem objektivierten, nicht von der Geltendmachung subjektiver Rechtsverletzungen abhängigen Verfahren durch die für die
Vertragspartner des Gesamtvertrages zuständige Aufsichtsbehörde vorgenommen wird. Dieser sind die Vergütungsvereinbarungen
nach §
83 Abs
1 und §
85 SGB V vorzulegen (§
71 Abs
2 Satz 1
SGB V idF des GSG). Sie kann und sie hat sie bei Rechtsverstößen zu beanstanden (Satz 2 aaO). Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob bei der
Vergütungsvereinbarung der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§
71 Abs
1 SGB V) beachtet worden ist. Beanstandungen der Aufsichtsbehörde können zulässigerweise nur durch die Vertragspartner der Gesamtverträge
zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden. Weder den "beteiligten Krankenkassen", denen gegenüber Gesamtvergütungsvereinbarungen
rechtliche Wirkungen entfalten, noch den Vertragsärzten steht insoweit eine Klagebefugnis zu (vgl BSG SozR 3-2500 § 71 Nr
1 - zur Klagebefugnis von Kassenverbänden).
Auch das Vertragsersetzungs- und Rechtsschutzsystem, das bei Nichteinigung der Vertragspartner eingreift, sieht Einwirkungsmöglichkeiten
zB durch Anfechtung des Schiedsspruchs durch Dritte wie die Vertragsärzte oder einzelne Krankenkassen nicht vor. Gemäß §
89 Abs
1 und
1a SGB V setzt das Schiedsamt den Inhalt des Gesamtvertrages und ggf auch die Höhe der Gesamtvergütung bzw ihre Berechnung fest. Die
Entscheidungen des Schiedsamtes wiederum können die Partner der Gesamtverträge - und nur diese - einer gerichtlichen Kontrolle
daraufhin unterziehen lassen, ob das Schiedsamt die gesetzlichen Grenzen und Vorgaben der Festsetzung des Inhalts eines Gesamtvertrages
beachtet hat (vgl BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3). Schließlich unterliegen Entscheidungen der Schiedsämter über gesamtvertraglich zu regelnde Vergütungen
ebenfalls der Prüfung seitens der zuständigen Aufsichtsbehörden (§
89 Abs
5 Satz 4 und
5 SGB V). Klagebefugt gegen Entscheidungen der Aufsichtsbehörden, mit denen Beschlüsse eines Schiedsamtes über die "Vergütung der
Leistungen" ua nach §
83 Abs
1, §
85 SGB V beanstandet werden, sind auch hier allein die Parteien der Gesamtverträge und nicht weitere Personen und Institutionen, auch
nicht das Schiedsamt selbst (BSGE 86, 126 = SozR 3-2500 § 85 Nr 37).
Die gesetzlich vorgegebene Beschränkung der Überprüfung der Gesamtvergütungsvereinbarung allein durch die Aufsichtsbehörde
bzw des sie ersetzenden Schiedsspruchs allein auf Anfechtung der Gesamtvertragspartner hin - und nicht im Rahmen eines Honorarstreites
eines Vertragsarztes - beruht vor allem auf Gründen der Funktionsfähigkeit des vertragsärztlichen Vergütungssystems. Nur die
Trennung der Rechtsbeziehungen einerseits zwischen den Partnern der Gesamtverträge unter Einschluss der "beteiligten" Krankenkassen
iS des §
83 Abs
1 Satz 1
SGB V (idF des GSG) und andererseits zwischen der KÄV und dem einzelnen Vertragsarzt sichert die Funktionsfähigkeit des vertragsärztlichen Vergütungssystems.
Wenn in jedem Vergütungsrechtsstreit inzidenter die Rechtmäßigkeit der vereinbarten Veränderungen der Gesamtvergütung geprüft
werden könnte, stünde - wie der hier zu beurteilende Rechtsstreit zeigt - oft nahezu 10 Jahre nach Abschluss des betroffenen
Quartals die Höhe der von der einzelnen Krankenkasse zu leistenden Gesamtvergütung noch nicht fest. Das wäre zunächst nicht
mit der notwendigen Kalkulierbarkeit der Ausgaben der Krankenkassen und der befreienden Wirkung der Entrichtung der Gesamtvergütung
gemäß §
85 Abs
1 SGB V vereinbar.
Die Beschränkung der Überprüfungsbefugnis trägt der Regelung des §
85 Abs
1 SGB V Rechnung, wonach jede einzelne Krankenkasse nach Maßgabe der zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und der KÄV vereinbarten
Gesamtverträge an die jeweilige KÄV mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung
der Mitglieder entrichtet. Die "befreiende Wirkung" iS des §
85 Abs
1 SGB V ist ein zentrales und unverzichtbares Element des gegenwärtigen vertragsärztlichen Vergütungssystems. Die einzelne Krankenkasse
muss ihre Ausgaben kalkulieren können, weil sie die Beiträge ihrer Mitglieder so festsetzen muss, dass diese die Ausgaben
decken (§
220 Abs
1 Satz 2
SGB V). Nachschusspflichten für länger zurückliegende Zeiträume sind in diesem System Fremdkörper, weil wegen der Wechselmöglichkeit
der Versicherten (§
175 SGB V) möglichst vermieden werden muss, dass aus Beiträgen der aktuellen Mitglieder Leistungen für ein anders zusammengesetztes
Versichertenkollektiv eines vergangenen Zeitraums finanziert werden. Nur in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen, wenn
die Krankenkassen über ihre Spitzenverbände unmittelbaren Einfluss auf Vergütungsentscheidungen genommen haben, kann eine
Notwendigkeit nachträglicher Anpassung der Gesamtvergütungen bestehen, wie der Senat zur Vergütung bestimmter psychotherapeutischer
Leistungen ab dem Jahre 2000 entschieden hat (BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr 35). Von dieser einmaligen Sondersituation abgesehen ist die Befreiungswirkung der
Entrichtung der Gesamtvergütung für die Ausgabenkalkulation der Krankenkassen unverzichtbar.
Das Erfordernis der Kalkulationssicherheit gilt auch für die KÄVen. Wenn Gesamtvergütungsvereinbarungen zwischen den Partnern
der Gesamtverträge getroffen und aufsichtsrechtlich nicht beanstandet worden sind, müssen die KÄVen davon ausgehen können,
dass sie die vereinbarten und aufsichtsrechtlich nicht beanstandeten Beträge an ihre Mitglieder verteilen können, ohne der
Gefahr einer späteren Herabsetzung dieser Beträge zB auf Klage einer beteiligten Krankenkasse hin ausgesetzt zu sein. Ebenso
wie Vertragsärzte nicht die Überprüfung der Höhe der vereinbarten Gesamtvergütung beanspruchen können, steht nach der gesetzlichen
Konzeption auch den einzelnen Krankenkassen nicht die Möglichkeit offen, im Verhältnis zur KÄV eine Herabsetzung der vereinbarten
Gesamtvergütung geltend zu machen.
Bezüglich der Vertragsärzte liegt dem Gesetz die Erwartung zu Grunde, dass ihre Rechte gegenüber den Krankenkassen bei der
Aushandlung der Veränderungen der Gesamtvergütungen sachgerecht von den KÄVen wahrgenommen werden (vgl §
75 Abs
2 Satz 1
SGB V). Demgemäß hat der Senat hat bereits mit Urteil vom 14. Juli 1965 entschieden, dass ein Kassen(zahn)arzt nicht berechtigt
ist, unmittelbar auf Feststellung der Nichtigkeit eines Gesamtvertrages über die Berechnung der Gesamtvergütung zu klagen
(SozR Nr 2 zu § 368h
RVO). Entsprechendes gilt auch für andere Leistungserbringer im vertragsärztlichen Versorgungssystem wie etwa Krankenhausträger
(vgl BSGE 76, 48, 49 f = SozR 3-2500 § 120 Nr 5 S 27).
Darin liegt - anders als der Kläger, der im Übrigen als stellvertretender Vorsitzender des Vorstands der Beklagten selbst
an den Verhandlungen für den hier betroffenen Zeitraum teilgenommen hat, nahe legen will - kein Verstoß gegen die Rechtsschutzgarantie
des Art
19 Abs
4 GG. Der einzelne Vertragsarzt kann alle Rechtspositionen, die ihm im Hinblick auf die Höhe seiner Vergütung bzw seinem Anteil
an der insgesamt zu verteilenden Gesamtvergütung nach §
85 Abs
4 Satz 1
SGB V zustehen, im Rechtsverhältnis zur KÄV vorbringen. Stellt sich heraus, dass die Vergütung bestimmter oder aller vertragsärztlichen
Leistungen einer Arztgruppe in einem Quartal dem Gebot der "Angemessenheit" der Vergütung vertragsärztlicher Leistungen (vgl
§
72 Abs
2 SGB V) nicht hinreichend entsprochen hat, kann die KÄV den damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen (dazu zuletzt Urteil des
Senats vom 9. Dezember 2004 - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 140) nicht durch Verweis darauf entgehen, höhere Gesamtvergütungen von den Krankenkassen
nicht erhalten zu haben.
Die Revision des Klägers bleibt auch ohne Erfolg, soweit er geltend macht, die ihm in den angefochtenen Bescheiden gewährten
Vergütungen seiner Leistungen seien unangemessen niedrig gewesen. Der Senat hat in Urteilen vom 9. Dezember 2004 (ua B 6 KA 44/03 R - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 116 ff) im Einzelnen ausgeführt, nach welchen verfassungsrechtlichen und gesetzlichen
Grundsätzen die Angemessenheit der Vergütung vertragsärztlicher Leistungen zu beurteilen ist. Das bedarf hier keiner erneuten
Darlegung. Nach den dort im Einzelnen aufgezeigten Maßstäben sind die angefochtenen Honorarbescheide rechtmäßig.
Im ersten streitbefangenen Quartal IV/1996 bezog der Kläger ein Honorar von 267.613,37 DM. Im Jahre 1996 wurde hinsichtlich
der Ermittlung der Praxiskosten in vielen KÄV-Bereichen noch nicht zwischen hausärztlich tätigen und fachärztlich tätigen
Internisten unterschieden. Die "Grunddaten zur Vertragsärztlichen Versorgung" 1997, 1998, 1999 (Hrsg von der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung, jeweils Tabelle D 6 bzw 1999 D 9) weisen für die Gruppe der Internisten insgesamt mit geringfügigen Schwankungen
Kostensätze zwischen 60,5 und 61,1 % der Einnahmen aus. Der Kläger selbst geht unter Hinweis auf Ermittlungen des Zentralinstituts
für die vertragsärztliche Versorgung von einem Kostensatz von 60,1 % aus. Legt man diesen zu Grunde, ergibt sich ein Überschuss
aus vertragsärztlicher Tätigkeit für das Quartal IV/1996 von 106.777,74 DM. Daraus errechnet sich für jeden Monat des Quartals
ein Überschuss aus vertragsärztlicher Tätigkeit von mehr als 35.000 DM. Dieser Betrag bewegt sich zwischen dem Doppelten und
dem Dreifachen des vom Kläger selbst als angemessen angesehenen Gewinns aus vertragsärztlicher Tätigkeit von jährlich mindestens
150.000 DM pro Arzt und Jahr und erreicht das Dreifache des im EBM-Ä vom 1. Juli 1997 kalkulierten Durchschnittseinkommens
von jährlich 138.000 DM je Arzt (vgl Senatsurteil vom 9. Dezember 2004 - B 6 KA 44/03 R - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 123). Damit erübrigen sich weitere Ausführungen zur Angemessenheit der Vergütung des
Klägers in diesem Quartal.
Auch in den weiteren streitbefangenen Quartalen III/1997 bis einschließlich III/1998 lag eine Unangemessenheit der Vergütung
nicht vor. In diesen Quartalen erzielte die Gemeinschaftspraxis, der der Kläger angehörte, unter Berücksichtigung eines Kostenanteils
von 60,1 % Überschüsse aus vertragsärztlicher Tätigkeit in Höhe von 122.433,01 DM (Quartal III/1997), 122.847,68 DM (Quartal
IV/1997), 122.148,85 DM (Quartal I/1998), 138.100,83 DM (Quartal II/1998) und 134.721,61 DM (Quartal III/1998). Das entspricht
einem Jahresüberschuss der Gemeinschaftspraxis von 520.000 DM. Selbst wenn unterstellt wird, der Kläger und der damalige Partner
der Gemeinschaftspraxis seien gleichberechtigt an der Praxis beteiligt gewesen, sodass auf jeden Arzt die Hälfte dieses Überschusses
entfallen wäre, ergäbe sich ein Jahresüberschuss allein des Klägers aus vertragsärztlicher Tätigkeit von 260.000 DM. Auch
im Hinblick auf diese Summe kann nach den Darlegungen im zitierten Senatsurteil vom 9. Dezember 2004 (BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 123, 141) und auf dem Hintergrund der eigenen Vorstellungen des Klägers von einer angemessenen
Vergütung vertragsärztlicher Leistungen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nicht in Zweifel stehen.
Im Übrigen bestätigen die Angaben der Beklagten über das an die fachärztlichen Internisten in den sechs streitbefangenen Quartalen
gezahlte Durchschnittshonorar je Arzt, dass die fachärztlich tätigen Internisten in Sachsen insgesamt angemessen vergütet
worden sind. Die durchschnittlichen Quartalshonorare haben danach zwischen 92.176,58 EUR im Quartal IV/1996 und 75.275,12
EUR im Quartal III/1998 geschwankt. Selbst in dem "schlechtesten" Quartal III/1998 hat danach der Quartalsüberschuss eines
fachärztlich tätigen Internisten in Sachsen allein aus vertragsärztlicher Tätigkeit 30.000 EUR betragen. Auf ein Jahr hochgerechnet
ergibt das einen Überschuss von 120.000 EUR. Dieser liegt deutlich oberhalb des durchschnittlichen Überschusses aus vertragsärztlicher
Tätigkeit aller Vertragsärzte in den alten Bundesländern im Durchschnitt der Jahre 1996 bis 1998 von 211.900 DM (vgl Senatsurteil
vom 9. Dezember 2004 - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 123). Selbst wenn die in den von der Beklagten mitgeteilten Umsätzen enthaltenen Sachkosten
für Dialyseleistungen in vollem Umfang herausgerechnet werden, ergibt sich ein durchschnittliches Quartalshonorar je zugelassenem
Internist von ca 55.000 EUR. Dem entspräche ein Quartalsüberschuss von 21.945 EUR und ein Jahresgewinn allein aus vertragsärztlicher
Tätigkeit von 87.780 EUR. Dieser bewegt sich in der Größenordnung des vom Kläger als angemessen angesehenen Gewinns von 150.000
DM pro Jahr und liegt noch oberhalb des von den Normgebern des EBM-Ä 1997 - wie dargestellt - kalkulierten fiktiven "Arztlohns"
von 138.000 DM je Jahr.
Angesichts der Größenordnung der Durchschnittshonorare der fachärztlich tätigen Internisten in Sachsen sowie des diese weit
übersteigenden Honorarvolumens des Klägers bedarf es unter dem Aspekt der angemessenen Vergütung keiner näheren Klärung der
von der Revision aufgeworfenen Frage, ob die Beklagte zu einer geringfügigen Veränderung des Honorarkontingents der fachärztlich
tätigen Internisten deshalb verpflichtet gewesen wäre, weil aus diesem Vergütungstopf auch kardiologisch-nuklearmedizinische
Leistungen vergütet wurden. Zutreffend weist das Berufungsgericht darauf hin, dass Leistungen, die von Ärzten für innere Medizin
mit der Schwerpunktbezeichnung "Kardiologie" erbracht werden, aus dem Honorarkontingent der fachärztlich tätigen Internisten
zu vergüten sind, und zwar auch dann, wenn diese Leistungen teilweise auch von Nuklearmedizinern erbracht werden können und
in der Vergangenheit erbracht worden sind. Veranlassung für eine Korrektor von arztgruppenbezogenen Honorarkontingenten besteht
von vornherein nur dann, wenn sich bezogen auf den Referenzzeitraum Verschiebungen von relevanten Anteilen der ärztlichen
Leistungen insgesamt zwischen verschiedenen Arztgruppen ergeben haben, oder in Folge des medizinischen Fortschritts in einem
bestimmten Leistungsbereich die Zahl der Ärzte und der erbrachten Leistungen signifikant ansteigt (BSGE 93, 258 = SozR 4-2500 § 85 Nr 12, jeweils RdNr 32 - zur Strahlentherapie). Eine Korrekturpflicht der KÄV besteht nicht schon immer
dann, wenn eine Arztgruppe Leistungen erbringt, die bisher nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung gewesen, sondern
üblicherweise im Rahmen stationärer Behandlungen erbracht worden sind. Jedenfalls kann aus dem Umstand, dass in einer von
ca 200 internistischen Praxen in Sachsen zu einem bestimmten Zeitpunkt auch nuklearmedizinische Leistungen erbracht worden
sind, nicht abgeleitet werden, dass die Beklagte den Honorartopf, aus dem diese Leistungen honoriert wurden, umgehend hätte
erhöhen müssen. In den streitbefangenen Quartalen hat eine solche Verpflichtung der KÄV jedenfalls nicht bestanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs
1 und 4
Sozialgerichtsgesetz in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff).