Übernahme von Reparaturkosten für eine beschädigte Brille im Rahmen von Leistungen nach dem SGB XII
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Zwischen den Beteiligten steht die Übernahme von Reparaturkosten wegen einer im September 2011 beschädigten Brille im Streit.
Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG) Osnabrück vom 21.4.2015, mit dem die Klage auf Erstattung der Reparaturkosten gegen die Beklagte abgewiesen wurde, zurückgewiesen.
Leistungen der sozialhilferechtlichen Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs 3 iVm den §§ 53 54 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) kämen nicht in Betracht, weil die Klägerin nicht wegen ihrer Sehschwäche behindert sei. Eine Leistungsberechtigung nach
§ 19 Abs 2 iVm §§ 41, 42 Nr 2 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB XII komme nicht in Betracht, weil im vorliegenden Fall der Bedarf an neuen Brillengläsern nicht wesentlich ursächlich auf einer
Beschädigung beruhe, sondern auf einer zugleich vorliegenden relevanten Veränderung der Sehstärke der Klägerin. Einen Anspruch
auf Gewährung eines Darlehens nach §§ 19 Abs 2 iVm §§ 41, 42 Nr 5 und § 37 Abs 1 SGB XII aF habe die Klägerin nicht geltend gemacht. Zudem habe die Klägerin die geltend gemachten Kosten im Wege der Ratenzahlung
bereits aus eigenen Mitteln bestritten.
Die Klägerin hat selbst mit einem am 24.2.2021 beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangenen Schreiben Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen
vom 26.1.2021 eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt F in L beantragt.
II
Der Klägerin kann PKH nicht bewilligt werden. Es kann dahinstehen, ob der PKH-Antrag der Klägerin überhaupt wirksam gestellt
worden ist. Für die Klägerin wurde ein besonderer Vertreter (§
72 Sozialgerichtsgesetz <SGG>), Rechtsanwalt K in O, bestellt, der diese bereits im Verfahren vor dem Berufungsgericht vertreten hat. Die Bestellung zum
besonderen Vertreter wirkt für den Rechtsstreit einschließlich Nebenverfahren auch für die weiteren Instanzen (BSG vom 19.9.1979 - 9 BV 61/79 - SozR 1500 § 160 Nr 37 - juris RdNr 4; BSG vom 8.9.1982 - 5b BJ 170/82 - SozR 1500 § 72 Nr 2 - juris RdNr 2) und endet grundsätzlich erst mit dem Ende des Rechtsstreits (Roller in jurisPK-
SGG, §
72 RdNr 41). Rechtsanwalt K hat sich zum PKH-Antrag der Klägerin nicht geäußert. Dass die Voraussetzungen für die Notwendigkeit der Bestellung
eines besonderen Vertreters entfallen sein könnten, ist nicht ersichtlich. Soweit die Antragstellerin prozessunfähig ist,
ist sie gemäß §
71 Abs
1 SGG nicht in der Lage, Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen oder entgegenzunehmen. Die Prozessfähigkeit ist insoweit Prozessvoraussetzung
und Prozesshandlungsvoraussetzung, dh sie ist Voraussetzung für die Zulässigkeit für die Wirksamkeit jeder einzelnen Prozesshandlung,
die von, für oder gegenüber den Prozessbeteiligten vorgenommen wird und damit auch für einen Antrag auf Gewährung von PKH
(vgl Bundesfinanzhof <BFH> vom 2.9.2011 - II S 5/11 <PKH> - juris).
Ob die Klägerin prozessunfähig ist, kann im Ergebnis offenbleiben, weil die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde nach der
gebotenen summarischen Prüfung ohnehin keine Aussicht auf Erfolg hätte. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte
Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
114 Zivilprozessordnung <ZPO>); daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in §
160 Abs
2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§
73 Abs
4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte, denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Dies ist vorliegend
nicht der Fall.
Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG). Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus
- aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
ist. Dies ist angesichts der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Abgrenzung von aus dem Regelsatz zu zahlenden Anschaffungs-
und als einmaliger Bedarf zu wertenden Reparaturkosten bei Sehhilfen nicht der Fall (BSG vom 18.7.2019 - B 8 SO 13/18 R - SozR 4-3500 § 31 Nr 1 RdNr 10). Auch ist nicht erkennbar, dass insoweit eine Divergenzrüge (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte. Soweit sich aus der unklaren Bescheidlage ein Verfahrensmangel herleiten
ließe, ist nicht erkennbar, dass dies zu einem Erfolg in der Sache führen kann (so).
Nach Aktenlage lässt sich auch kein Verfahrensmangel (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 1
SGG) bezeichnen. Die Klägerin hat der Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ausdrücklich zugestimmt (§
124 Abs
2 SGG). Eine Rücknahme dieser Zustimmung ist durch Schriftsatz vom 24.11.2020 nicht erfolgt.
Kann der Klägerin PKH nicht bewilligt werden, kommt auch nicht die Beiordnung eines Rechtsanwaltes in Betracht.
Die von der Klägerin eingelegte Beschwerde entspricht unabhängig von der Frage der Prozessfähigkeit nicht den zwingenden gesetzlichen
Vorschriften. Sie muss sich vor dem BSG gemäß §
73 Abs
4 SGG durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Sie selbst kann eine Prozesshandlung rechtswirksam nicht
vornehmen, folglich nicht selbst Beschwerde einlegen. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem nach §
73 Abs
4 SGG zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Hierauf wurde die Klägerin ausdrücklich hingewiesen. Die nicht formgerecht
eingelegte Beschwerde ist schon deshalb nach §
160a Abs
4 Satz 1
SGG iVm §
169 SGG ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 SGG.