Feststellung eines Grades der Behinderung
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Die Klägerin beansprucht in der Hauptsache die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 und wendet sich zugleich
gegen die Herabsetzung des GdB von 30 auf 20. Das SG hat nach Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage dem Begehren der Klägerin nicht entsprochen und die Entscheidung der Beklagten
bestätigt (Urteil vom 20.9.2019). Die Berufung der Klägerin hat das LSG zurückgewiesen. Zudem hat es ihr Verschuldenskosten in Höhe von 225 Euro auferlegt.
Die Klägerin habe im Berufungsverfahren in der Sache nichts weiter vorgetragen. Anhaltspunkte für eine weitere Sachaufklärung
bestünden nicht. Diese sei im Übrigen aufgrund der nachhaltigen Verweigerung durch die Klägerin auch nicht möglich (Urteil vom 21.8.2020).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. Sie rügt ausschließlich Verfahrensmängel.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil
der ausschließlich geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) nicht ordnungsgemäß bezeichnet worden ist (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG).
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von §
160 Abs
2 Nr
3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Danach ist die Darlegung
erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen
kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 Satz 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist. Diese Voraussetzungen verfehlt die Beschwerdebegründung.
Die Klägerin hat den von ihr gerügten Gehörsverstoß (Art
103 Abs
1 GG, §
62 SGG) nicht in der gebotenen Weise bezeichnet. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs ist anzunehmen, wenn das Gericht seiner Pflicht,
das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist oder sein
Urteil auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützt, zu denen sich die Beteiligten nicht haben äußern können (stRspr; zB Senatsbeschluss vom 1.4.2021 - B 9 V 45/20 B - juris RdNr 7). Soweit die Klägerin sich zur Begründung der von ihr geltend gemachten Gehörsverletzung darauf beruft, vom SG weder die Ladung des mit der Begutachtung beauftragten Sachverständigen K vom 20.7.2017 noch das Gerichtsschreiben vom 15.8.2017
erhalten zu haben, weil der Wohnkomplex H, in dem die Klägerin damals gewohnt habe, am 21.9.2017 zwangsgeräumt worden sei,
ist ihr Vortrag - worauf die Beklagte in ihrer Beschwerdeerwiderung zu Recht hinweist - nicht schlüssig. Die Klägerin trägt
selbst vor, dass die Räumung zeitig später erfolgt sei. Dass und aus welchen Gründen es bereits vor der Räumung des Wohnkomplexes
zu Schwierigkeiten mit der Postzustellung bei ihr gekommen sei, zeigt sie nicht hinreichend auf.
Im Übrigen legt die Klägerin aber auch nicht hinreichend dar, weshalb der behauptete Verfahrensfehler des SG in der Berufungsinstanz noch fortgewirkt haben und damit zugleich einen Mangel des Verfahrens vor dem LSG sein könnte. Sie
räumt selbst ein, von dem vom SG nach Aktenlage erstellten Gutachten des K bereits im sozialgerichtlichen Verfahren Kenntnis erlangt und Gelegenheit zur (schriftlichen
und mündlichen) Stellungnahme erhalten zu haben. Die Klägerin behauptet nicht, dass sie vom LSG gehindert worden sei, ihre
Einwände gegen die Form und den Inhalt des Gutachtens vorzutragen und ggf Anträge zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zu stellen.
Soweit die Klägerin rügt, das LSG habe keine eigene Sachverhaltsermittlungen iS des §
103 SGG angestrengt, um Ausführungen der Klägerin bezüglich behandelnder Ärzte und Krankenanstalten zu erhalten, hat sie einen Verstoß
des Berufungsgerichts gegen seine Amtsermittlungspflicht nicht aufgezeigt. Denn sie hat bereits nicht dargetan, einen ordnungsgemäßen
Beweisantrag iS des §
160 Abs
2 Nr
3 SGG gestellt zu haben. Ein Beweisantrag muss grundsätzlich in prozessordnungsgerechter Weise formuliert sein, sich regelmäßig
auf ein Beweismittel des
SGG (iVm der
ZPO) beziehen, das Beweisthema möglichst konkret angeben und insoweit auch wenigstens umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben
soll (stRspr; zB Senatsbeschluss vom 7.10.2016 - B 9 V 28/16 B - juris RdNr 14; BSG Beschluss vom 3.2.2020 - B 13 R 295/18 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 8.8.2019 - B 5 R 248/18 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 24.1.2018 - B 13 R 377/15 B - juris RdNr 10). Nur dies versetzt die Vorinstanz in die Lage, die Entscheidungserheblichkeit des gestellten Antrags zu prüfen und ggf seine
Ablehnung iS des §
160 Abs
2 Nr
3 SGG ausreichend zu begründen. Unbestimmte oder unsubstantiierte Beweisanträge brauchen dem Gericht dagegen keine Beweisaufnahme
nahezulegen (stRspr; zB Senatsbeschluss vom 6.4.2017 - B 9 V 89/16 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 12.12.2019 - B 5 R 148/19 B - juris RdNr 6).
Zwar sind an Form, Inhalt, Formulierung und Präzisierung eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags verminderte Anforderungen
zu stellen, wenn der Beschwerdeführer - wie hier die Klägerin - im Berufungsverfahren durch keinen rechtskundigen Prozessbevollmächtigten
vertreten war (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 7.3.2018 - B 5 R 28/17 BH - juris RdNr 9 mwN). Ein nicht vertretener Beteiligter muss einen konkreten Beweisantrag aber zumindest sinngemäß gestellt haben, dh angeben,
welche konkreten Punkte er am Ende des Verfahrens noch für aufklärungsbedürftig gehalten hat und auf welche Beweismittel das
Gericht hätte zurückgreifen sollen, um diese weiter aufzuklären. Zudem muss er wenigstens kurz umreißen, was die Beweisaufnahme
ergeben soll. Denn §
160 Abs
2 Nr
3 SGG nennt einen Beweisantrag als Voraussetzung für eine Rüge des §
103 SGG ohne Einschränkung (Senatsbeschluss vom 23.4.2020 - B 9 V 56/19 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 31.7.2013 - B 5 R 53/13 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 22.7.2010 - B 13 R 585/09 B - juris RdNr 11). Die Klägerin zeigt in ihrer Beschwerdebegründung jedoch nicht auf, einen entsprechenden Antrag gestellt zu haben.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2, §
169 Satz 2 und
3 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.