LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 02.08.2022 - 11 BA 2492/20
Eine Rechtsanwältin ist nicht versicherungspflichtig beschäftigt, wenn ihre Vergütung ausschließlich über eine Beteiligung
am monatlichen Nettoumsatz der von ihr bearbeiteten Mandate erfolgt und sie vom Kanzleiinhaber nicht mit der Erstellung von
Entwürfen oder gutachtlichen Stellungnahmen beauftragt wird.
Vorinstanzen: SG Konstanz 27.07.2020 S 4 BA 649/18
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 27.07.2020 sowie der Bescheid der Beklagten
vom 29.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2018 aufgehoben und es wird festgestellt, dass die Tätigkeit
der Beigeladenen als Rechtsanwältin in der Kanzlei des Klägers in der Zeit vom 01.01.2010 bis 31.03.2016 nicht der Versicherungspflicht
in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem
Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Kosten des Rechtsstreits im Klage- und im Berufungsverfahren trägt die Beklagte, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten
der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 5.000,00 € festgesetzt.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beigeladene ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin in der Kanzlei des Klägers in der Zeit vom 01.01.2010 bis
zum 31.03.2016 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat und deshalb der Versicherungspflicht in
der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Der Kläger ist als Rechtsanwalt zugelassen. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Familienrecht und Mediator.
Im streitigen Zeitraum betrieb er die "Anwalts- & Mediationskanzlei B". Die Beigeladene war nach ihrer Zulassung als Rechtsanwältin
im Jahre 2003 bis Februar 2005 als angestellte Rechtsanwältin in einer anderen Kanzlei tätig; bis Februar 2008 befand sie
sich in Elternzeit. Im Oktober 2009 richtete die Beigeladene (auf ein entsprechendes Inserat des Klägers) an den Kläger eine
"Bewerbung als freie Mitarbeiterin bei der Kanzlei B-S". Schriftliche Vereinbarungen über die Tätigkeit der Beigeladenen in
der Kanzlei des Klägers wurden nicht getroffen. Die Vergütung erfolgte ausschließlich über eine Beteiligung am Umsatz der
von der Beigeladenen bearbeiteten Mandate; die Beigeladene rechnete 40 % ihres monatlichen Nettoumsatzes ab. Ob sie darüber
hinaus - wie vom Kläger angegeben - Anspruch auf 50 % ab einem monatlichen Nettoumsatz von mehr als 6.000 € gehabt hätte,
ist zwischen dem Kläger und der Beigeladenen streitig. Einen höheren Anteil am Honorarumsatz machte die Beigeladene jedenfalls
zu keinem Zeitpunkt geltend. Gebühren und Auslagen für ihre anwaltliche Tätigkeit forderte die Beigeladene selbst von den
Mandanten an. Die von ihr unterschriebenen Rechnungen an die Mandanten erfolgten unter dem Briefkopf der Kanzlei des Klägers.
Darauf war die Beigeladene als Rechtsanwältin ohne Hinweis auf ein Anstellungsverhältnis aufgeführt; auf die in der Verwaltungsakte
der Beklagten befindlichen (anonymisierten) Schreiben der Beigeladenen (Bl 215/244) wird Bezug genommen. Die Mandanten zahlten
die von ihnen geschuldeten Kosten auf das Kanzleikonto des Klägers ein. Für die Auszahlung des ihr zustehenden Honorars stellte
die Beigeladene dem Kläger monatlich Honorarrechnungen; auf die in der Verwaltungsakte der Beklagten (Bl 62/214 sowie Bl 293/365)
enthaltenen Rechnungen der Beigeladenen und die dazu gehörenden Buchungsvorgänge wird verwiesen. Der Kläger stellte der Beigeladenen
in seiner Kanzlei ein eigenes Zimmer mit einer vom ihm gestellten Ausstattung, darunter ua auch Lizenzen für die Nutzung juristischer
Datenbanken, zur Verfügung. Die Kosten der erforderlichen Berufshaftpflichtversicherung sowie die Kosten der beruflichen Fort-
und Weiterbildungen trug die Beigeladene. Die Aktenführung erfolgte über das Sekretariat der Kanzlei (vgl ua Schreiben der
Beigeladenen vom 30.06.2017, Bl 280 f der Verwaltungsakte der Beklagten).
Zum 31.03.2016 endete die Tätigkeit der Beigeladenen für den Kläger. Über die konkreten Einzelheiten der Trennung und über
(möglicherweise) wechselseitig bestehende Ansprüche herrschte zwischen der Beigeladenen und dem Kläger Streit. Deswegen richtete
der Kläger am 25.10.2016 an die Rechtsanwaltskammer F ein Vermittlungsersuchen, in dem sich der Kläger als Antragsteller und
die Beigeladene als Antragsgegnerin gegenüberstanden (VM/66/2016) und das vom Kläger geltend gemachte offene Gehaltsforderungen
sowie die Abwehr - aus seiner Sicht - unberechtigter Forderungen der Beigeladenen zum Gegenstand hatte. Die Beigeladene hatte
sich im Dezember 2015 bei der Universität K für eine juristische Tätigkeit beworben. Da sie die verbindliche Zusage der Universität
erst am 26.03.2016 erhielt, konnte sie nach eigenen Angaben "Herrn Rechtsanwalt B auch erst am nächsten Werktag, dem 29.03.2016
mitteilen [...], dass ich aus wirtschaftlichen Gründen eine Nebenbeschäftigung im Umfang von 50 % als Volljuristin im Justiziariat
der Universität K aufnehmen werde" (Schreiben der Beigeladenen vom 09.01.2017 an die Rechtsanwaltskammer F). Sie habe, so
die Beigeladene weiter, ihre Tätigkeit beim Kläger keineswegs beenden wollen, sondern insbesondere im Hinblick auf die Verbundenheit
mit den Mandanten fortführen wollen. Da sie im April 2016 vorübergehend Vollzeit habe arbeiten müssen, habe sie in dieser
Zeit vertreten werden und ab Mai ihrer Tätigkeit für den Kläger neben der Anstellung bei der Universität K wieder voll nachgehen
wollen (Schreiben der Beigeladenen vom 09.01.2017 an die Rechtsanwaltskammer F). Demgegenüber zeigte sich der Kläger vollkommen
überrascht ("fiel aus allen Wolken"), als er am frühen Nachmittag des 29.03.2016 von der Beigeladenen erfahren habe, dass
diese ihre Tätigkeit am 31.03.2016 einstellen werde. Er habe die Beigeladene gebeten, ihre Tätigkeit über den 31.03.2016 hinaus
fortzuführen, da er sich nicht der Lage gesehen habe, auch noch das gesamte Referat der Beigeladenen - über 200 Akten - zusätzlich
zu übernehmen. Dies habe die Beigeladene jedoch abgelehnt (Schreiben des Klägers vom 31.01.2017 an die Rechtsanwaltskammer
F). Die Rechtsanwaltskammer F stellte ihre Vermittlungsbemühungen im Juli 2017 ein. In einem an den Kläger gerichteten Schreiben
vom 11.07.2017 (Bl 278 der Verwaltungsakte der Beklagten) führte die Rechtsanwaltskammer aus, die Beigeladene habe sich zu
dem Vermittlungsvorschlag der Rechtsanwaltskammer vom 09.06.2017 trotz mehrmaliger Erinnerung nicht geäußert. Mangels jeglicher
Mitwirkung der Beigeladenen werde keine sinnvolle Veranlassung gesehen, weitere Vermittlungsbemühungen zu unternehmen.
In einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Ulm (6 Ca 4/18) schlossen der Kläger und die Beigeladene den Vergleich vom 27.07.2018. Darin waren sich der Kläger und die Beigeladene einig,
dass das zwischen ihnen bestehende Vertragsverhältnis mit Ablauf des 31.03.2016 geendet hat. Der Kläger verpflichtete sich,
an die Beigeladene als Entschädigung eine Abfindung in Höhe von 11.000 € brutto zu zahlen. Das statusrechtliche Verfahren
sollte durch diesen Vergleich nicht berührt werden.
Bereits am 17.05.2017 hatte die Beigeladene bei der Clearingstelle für sozialversicherungsrechtliche Statusfragen der Deutschen
Rentenversicherung Bund (Beklagte) einen Antrag auf Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status in ihrer Tätigkeit
als Rechtsanwältin für den Kläger gestellt. Auf dem Antragsformular der Beklagten gab sie ua an, sie habe für den Kläger eine
Vollzeittätigkeit mit verantwortlicher vollumfänglicher Mandatsbearbeitung ausgeübt. Die Mandate seien ihr vom Kläger zugewiesen
und ggf wieder entzogen worden. Sie habe zahlreiche detaillierte Weisungen zu Art und Weise der Mandatsbearbeitung und Abrechnung
erhalten. Der Kläger habe durch jederzeitige Zugriffsmöglichkeiten auf sämtliche Schriftsätze und Daten über die obligatorisch
zu nutzende Software die Kontrolle über ihre Tätigkeit gehabt. Eine Kontrolle sei auch durch das Sekretariat erfolgt. Auch
ihr persönlicher Kalender sei vom Kläger kontrolliert worden. Ihre Anwesenheit während der Bürozeiten sei vorausgesetzt worden,
auch sei sie zur Teilnahme an regelmäßigen Bürobesprechungen verpflichtet gewesen.
Der Kläger gab im Verwaltungsverfahren ua an, die Beigeladene sei von ihren Mandanten beauftragt und bevollmächtigt worden.
Er habe ihr keine Aufträge erteilt. Sie habe also nicht für ihn Vorträge, Voten, Aktenspiegel oder Schriftsätze anfertigen
müssen. In jedem einzelnen von ihr bearbeiteten Fall sei von den Mandanten nur ihr Vollmacht erteilt worden. Sie habe auch
selbst entscheiden können, welche Mandate sie annehme und welche nicht. Zu Beginn ihrer Tätigkeit habe er zB der Beigeladenen
angetragen, ein bislang von ihm bearbeitetes Mandat zu übernehmen, dies habe die Beigeladene jedoch abgelehnt, weil ihr der
Mandant zu schwierig gewesen sei. Die Beigeladene sei in der Gestaltung ihrer Arbeitszeit sowie des Tätigkeitsortes frei gewesen.
Sie sei berechtigt gewesen, anderen Rechtsanwälten Untervollmacht zu erteilen und habe ihre Leistungen gegenüber den Mandanten
abgerechnet (Schreiben des Klägers vom 13.07.2017, Bl 34 ff der Verwaltungsakte der Beklagten).
Die Beigeladene nahm hierzu mit Schreiben vom 30.06.2017 Stellung (Bl 280/288 der Verwaltungsakte der Beklagten) und führte
ua aus, Abwesenheitszeiten während der üblichen Bürostunden habe sie dem Sekretariat mitteilen müssen, wo diese in dem dort
geführten zentralen Fristenkalender in einer ihr zugeordneten Spalte mit der genauen Uhrzeit eingetragen worden seien. Abwesenheiten
hätten zudem abgesprochen werden müssen, da immer mindestens ein Anwalt habe anwesend sein sollen. Einige Akten seien ihr
vom Kläger mit der Weisung übergeben worden, die Akten vollumfänglich weiterzubearbeiten. Daneben habe das Sekretariat neu
eingehende Mandate auf Weisung des Klägers verteilt. Dabei habe sie kein Mitspracherecht gehabt, welches Mandat sie habe übernehmen
wollen. Ihre Anwesenheit sei auch gewünscht gewesen, um die kostenlosen telefonischen Beratungen für die Kunden einer Rechtsschutzversicherung
zu leisten, mit der der Kläger eine Kooperationsvereinbarung gehabt habe. Sie habe für die Kanzlei auch Telefondienst leisten
müssen. Beratungstermine seien ohne Rücksprache mit ihr vom Sekretariat für sie vereinbart worden.
Mit formal getrennten, aber inhaltlich identischen an den Kläger und die Beigeladene gerichteten Bescheiden vom 29.09.2017
führte die Beklagte aus, die Prüfung habe ergeben, dass die Tätigkeit der Beigeladenen als Rechtsanwältin in der Anwaltskanzlei
des Klägers vom 01.10.2009 bis zum 31.03.2016 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei.
In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe vom 01.01.2010 bis 31.03.2016 Versicherungsplicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-
und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Versicherungspflicht beginne am 01.01.2010. Vom 01.10.2009
bis 31.12.2009 bestehe in dem Beschäftigungsverhältnis in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht
der Arbeitsförderung Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, am 05.10.2017 Widerspruch ein. Er
ließ ua vortragen (Bl 382/416 der Verwaltungsakte der Beklagten), die Klägerin sei weiterhin als Rechtsanwältin mit eigener
Kanzlei in M bei der Rechtsanwaltskammer in F eingetragen. Die Ausführungen der Beigeladenen gegenüber der Beklagten seien
in hohem Maße interessengerichtet. Es sei nicht richtig, dass auf Wunsch des Klägers kein schriftlicher Vertrag mit der Beigeladenen
geschlossen worden sei. Der Kläger habe dies angeboten, die Beigeladene habe hierauf jedoch keinen Wert gelegt. Es sei mit
der Beigeladenen vereinbart worden, dass diese ihren eigenen Mandantenstamm aufbaue und hieraus Erlöse erziele. Sie habe ihre
Tätigkeit auch nicht in der Kanzlei ausüben müssen, sondern habe auch von zu Hause aus arbeiten können. Auch die juristischen
Datenbanken habe sie von zu Hause aus nutzen können. Sie habe auch nicht dem Sekretariat ihre Abwesenheitszeiten mitteilen
müssen, dies habe sie von sich aus getan, oft aber auch nicht, weshalb das Sekretariat oft nicht gewusst habe, was den Mandanten
mitgeteilt werden solle. Es sei zwar hilfreich für neue Mandate gewesen, wenn ein Anwalt im Büro anwesend gewesen sei, doch
habe eine Pflicht hierzu nicht bestanden. Eine Pflicht zur kostenlosen Erstberatung aufgrund der mit einer Rechtsschutzversicherung
geschlossenen Kooperationsvereinbarung habe es nicht gegeben. Eine solche Beratung sei in jedem Fall pauschal vergütet worden.
Die vorhandene Kanzleisoftware diene nicht der Kontrolle, sondern einer effizienten Arbeitsweise. Die Eintragungen im Fristenkalender
habe die Beigeladene selbst vorgenommen. Der Beigeladenen seien auch keine Akten übergeben worden mit der Weisung, diese vollumfänglich
zu bearbeiten. Da die Beigeladene bei einem Aktenbestand "null" angefangen habe, habe ihr der Kläger angeboten, einige Akten
weiterzubearbeiten. Die Bearbeitung sei jedoch nicht für den Kläger erfolgt, sondern für die Mandanten, denen die Beigeladene
als nunmehr verantwortliche Anwältin vorgestellt worden sei. Das Sekretariat habe auch nicht auf Weisung des Klägers neu eingegangene
Mandate verteilt, selbstverständlich habe die Beigeladene hierüber ein Mitspracherecht gehabt. Der Beigeladenen habe es freigestanden,
Mandate anzunehmen oder nicht. Eine Verpflichtung, jedes Mandat anzunehmen, habe es nicht gegeben. Die Beigeladene habe auch
Mandate ohne Vergütung betreut. Der Kläger habe erst nach dem Weggang der Beigeladenen erkannt, dass bestimmte Tätigkeiten
bei ihr nichts gekostet hätten. Urlaub habe die Beigeladene genommen, wie sie gewollt habe. Bürobesprechungen seien für sie
freiwillig gewesen. Der Kläger habe der Beigeladenen kein einziges Mal eine Weisung erteilt. Was die Zusammenarbeit der Beigeladenen
mit dem Sekretariat betreffe, werde auf die schriftliche Stellungnahme der Mitarbeiterinnen R, R1 und K1 (Bl 417/430 der Verwaltungsakte
der Beklagten) verwiesen.
Zu diesem Schreiben und den vorgelegten Stellungnahmen äußerte sich die Beigeladene mit Schreiben vom 10.11.2017 (Bl 433/436
der Verwaltungsakte der Beklagten). Sie bleibe bei ihren bisherigen Angaben und wolle nicht zu jedem Punkt der Widerspruchsbegründung
Stellung nehmen. Vertragliche Beziehungen hätten nur zwischen Mandant und Kanzlei bestanden. Demzufolge hätten auch Vollstreckungstitel
zB für vom Gericht festgesetzte Vergütungen immer auf die Kanzlei B gelautet. Sie habe während ihrer Tätigkeit für den Kläger
keine eigene Kanzlei in M betrieben. Sie habe auch keinen eigenen Mandantenstamm gehabt und keine Akquise betrieben. Sämtliche
Mandate seien ihr vom Kläger zugeteilt worden. Sie habe keine Mandate abgelehnt.
Die Widerspruchsstelle der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 16.03.2018 als unbegründet
zurück. Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung überwögen die Kriterien, die für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung
sprächen. Dabei seien besonders die Umstände der festen Vergütung, des fehlenden unternehmerischen Risikos und der Eingliederung
in den Betrieb der Kanzlei mit Weisungsabhängigkeit entscheidend. Die Verantwortung für das Qualitätsmanagement liege beim
Kläger als Auftraggeber. Die zugesicherten Abläufe gegenüber den Mandanten könnten nur erfüllt werden, wenn der Kläger diese
Arbeitsabläufe durch eine einheitliche Büroinfrastruktur und Bürohandlungsanweisungen verantwortlich steuere und die Umsetzung
beaufsichtige, was denknotwendig Weisungen gegenüber der Auftragnehmerin voraussetze. Die Beigeladene habe auch inhaltlichen
und fachlichen Weisungen unterlegen, wie sie allenfalls bei einer angestellten Assessorin und Rechtsanwältin denkbar seien.
Ein nennenswerter Kapitaleinsatz der Beigeladenen, der auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt werde, habe nicht vorgelegen.
Räume, Arbeitsmittel und Personal hätte der Beigeladenen unentgeltlich zur Verfügung gestanden. Die Beigeladene habe folglich
kein nennenswertes unternehmerisches Risiko getragen.
Am 19.03.2018 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Er und die Beigeladene haben ihr Vorbringen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft.
Die Beklagte hat auf ihre Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid verwiesen.
Das SG hat den Sachverhalt mit dem Kläger und der Beigeladenen am 19.05.2020 in nichtöffentlicher Sitzung erörtert. Die Beigeladene
hat ua angegeben, sie habe im Prinzip durchgängig von 08:30 Uhr und 09:00 Uhr bis ungefähr 16:45 Uhr in der Kanzlei des Klägers
gearbeitet. Insoweit sei sie von einer Vollzeitstelle ausgegangen. Eine Absprache bezüglich der zeitlichen Regelung habe es
insoweit nicht gegeben. Habe sie einmal die Kanzlei früher als die genannten Zeiten verlassen müssen oder habe sie dies auch
aus sonstigen Gründen getan, so habe sie diese frühere Abwesenheit in einen entsprechenden Kalender selbst eingetragen oder
durch das Sekretariat eintragen lassen, da sie ansonsten immer habe erreichbar sein wollen. Auf den Hinweis des Klägers, die
Beigeladene habe selbständig darüber entscheiden können, wann sie komme und wann sie gehe, hat die Beigeladene erwidert, dass
zwar im Aufnahmegespräch über keine konkrete Arbeitszeit gesprochen worden sei, jedoch habe die Kanzlei des Klägers über feste
Bürozeiten verfügt, in denen eine Erreichbarkeit habe gewährleistet werden sollen. Man habe ihr gesagt, dass sie, sollte sie
nicht im Büro anwesend sein, sich entsprechend in einen Kalender einzutragen habe.
Mit Urteil vom 27.07.2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes könne sowohl in Form einer selbständigen Tätigkeit als auch im Rahmen
eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werden. Soweit der Kläger vortrage, für eine selbständige Tätigkeit
der Beigeladenen spreche, dass diese bei der Ausübung ihrer Tätigkeit keinen Weisungen (seinerseits) - in örtlicher oder fachlicher
Hinsicht - unterlegen gewesen sei, so führe dies nicht zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Dies vor dem Hintergrund,
dass das Merkmal der Weisungsgebundenheit bei der Tätigkeit eines Rechtsanwaltes im Hinblick auf die vorzunehmende Gewichtung
der Umstände des Einzelfalles relativiert werden müsse. Beim Berufsbild eines Rechtsanwaltes handele es sich um eine Tätigkeit
höherer Art. Diese Eigenart der anwaltlichen Berufstätigkeit als Dienstleistung höherer Art, der Status des Rechtsanwaltes
als Organ der Rechtspflege und der weitgehend durch Sachzwänge (Gerichtstermine, mit den Mandanten abzusprechende Beratungstermine,
Umfang der Praxis) bestimmte zeitliche und örtliche Arbeitsablauf vermindere die Trennschärfe des Merkmals der äußeren Weisungsgebundenheit
hinsichtlich Zeit, Ort und Dauer des Arbeitseinsatzes. Auch messe das Gericht dem Vortrag des Klägers, die Beigeladene habe
ihre Akten an jedem beliebigen Ort bearbeiten können, für die hier vorzunehmende sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung
nur eine untergeordnete Rolle bei. Dies vor dem Hintergrund, dass es auch abhängig beschäftigten Rechtsanwälten möglich sei,
ihre Mandatsarbeit außerhalb der Kanzleiräume des Arbeitgebers auszuführen.
Ein (allenfalls geringes) unternehmerisches Risiko sei kein ins Gewicht fallendes Indiz (für die Annahme einer abhängigen
Beschäftigung), wenn es sich bei der zu beurteilenden Tätigkeit um reine Dienstleistungen handele, die im Wesentlichen Know-how
sowie Arbeitszeit und Arbeitsaufwand voraussetze. Insoweit sei dem Kläger noch zuzugeben, dass die Tätigkeit des Rechtsanwaltes
sich als betriebsmittelarm dergestalt darstelle, dass zunächst der Rechtsanwalt mit seinem (Fach-)Wissen das "Hauptarbeitsmittel"
sei. Daneben dürfte zur ordnungsgemäßen Durchführung der Anwaltstätigkeit das Vorhandensein eines Computers sowie eines Telefons
(zur erforderlichen Erreichbarkeit) geboten sein. Da Computer und Telefon allerdings heutzutage in den meisten Privathaushalten
auch abhängiger Beschäftigter ebenfalls anzutreffen seien - mithin (auch) einer privaten Nutzung zugänglich seien - könne
von der Beschaffung und Instandhaltung dieser Gerätschaften kein nennenswertes Unternehmerrisiko ausgehen. Und selbst diesbezüglich
sei das Vorhandensein eines unternehmerischen Risikos bei der Beigeladenen fraglich. Dies vor dem Hintergrund, dass sie innerhalb
der Kanzleiräume des Klägers ein Büro samt Ausstattung inklusive Zugang zur Fachliteratur und juristischen Datenbanken gestellt
bekommen habe. Ein Unternehmerrisiko diesbezüglich wäre nach Auffassung des Gerichts dann anzunehmen gewesen, wenn die Klägerin
für die Nutzung dieser Infrastruktur regelmäßig einen festen Betrag (im Monat) hätte einsetzen müssen, der für die Zurverfügungstellung
dieser Infrastruktur zunächst beim Kläger angefallen ist. Stattdessen sei der "Ausgleich" für die Zurverfügungstellung der
vorbeschriebenen Infrastruktur über eine prozentuale Größe bezogen auf das durch die Beigeladene in einem Monat erwirtschaftete
Honorar erfolgt, was in seiner Höhe für keinen der Beteiligten im Vorfeld abzusehen gewesen sei. Mit dieser Konstruktion verlagere
sich allerdings das Ausfallrisiko für die Infrastruktur auf den Kläger und sei gerade nicht bei der Beigeladenen verblieben.
Dies vor dem Hintergrund, dass in einem Monat, in dem die Beigeladene keine Honorare erwirtschaftet hätte, sie dementsprechend
auch keinen prozentualen Anteil hieran an den Kläger als Kanzleiinhaber hätte abgeben können, um damit die Kosten der von
ihm zur Verfügung gestellten Infrastruktur zu decken. Das Gericht habe keinen Zweifel daran, dass auch in einem Monat ohne
Honorareinnahmen der Beigeladenen diese Zurverfügungstellung an sich finanzielle Mittel des Klägers erforderlich gemacht hätte,
die er in einem solchen Monat nicht zurückerhalten hätte (also das Ausfallrisiko somit bei ihm gelegen habe). Diesem hätte
man damit begegnen können, in dem man - unabhängig von der prozentualen Abgabe der monatlichen Honorareinnahmen der Beigeladenen
- einen festen Betrag hierfür vereinbart hätte, der durch die Beigeladene gleichfalls unabhängig vom erwirtschafteten Honorar
zu zahlen gewesen wäre. Dann wäre das Ausfallrisiko für die Inanspruchnahme der Infrastruktur bei der Beigeladenen verblieben.
Derartige Absprachen seien jedoch vorliegend weder ersichtlich, noch seien sie von den Beteiligten substantiiert vorgetragen
worden. Das Gericht verkenne nicht, dass die Ausgestaltung der Vergütung der Beigeladenen - ausschließlich basierend auf einem
prozentualen Anteil an dem von ihr in einem Monat erwirtschafteten Honorar - untypisch für einen abhängigen Beschäftigten
sei und so ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit darstelle. Dies insoweit, als dass die eigene Arbeitskraft mit der Chance
auf Gewinn aber auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt worden sei. Der Erfolg des Einsatzes der sachlichen und/oder
persönlichen Mittel sei dementsprechend ungewiss gewesen.
Der Umstand, dass die Beigeladene dem Kläger Rechnungen gestellt habe, stehe der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht
entgegen. Insoweit betreffe die Rechnungsstellung allein einen formalen Aspekt der Abrechnung und sei für die Statusfeststellung
- im Sinne einer selbständigen Tätigkeit - nicht konstitutiv. Für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung in diesem Kontext
spreche allerdings die Abrechnungsmodalität. So habe die Beigeladene ihr Honorar nicht direkt über die Abrechnung gegenüber
der Mandantschaft (beziehungsweise deren prozessualer Gegenpartei, soweit diese zur Zahlung verpflichtet gewesen sei) generiert,
sondern habe das ihr hieraus zustehende Honorar zunächst auf das Kanzleikonto des Klägers überweisen lassen. Die finale Abrechnung
ihres ausgehandelten prozentualen Anteils am monatlich erwirtschafteten Honorar sei - arbeitnehmertypisch - nicht bei der
Mandantschaft, sondern beim Kläger als permanent zuständigen Rechnungsadressat (unabhängig von der Mandantschaft, von der
originär die Honorare zunächst bezahlt worden seien) erfolgt. Insoweit enthielten die Rechnungen auch Briefköpfe der gesamten
Kanzlei - und gerade nicht der Beigeladenen solitär - wodurch die Beigeladene auch diese Infrastruktur genutzt habe (respektive
habe nutzen müssen), um später gegenüber dem Kläger ihre Honorarforderungen abrechnen zu können. Möge diese Konstruktion -
so wie der Kläger vortrage - aus Praktikabilitätsgründen gewählt worden sein, um so auch zum Beispiel Fremdgelder an Gerichte
oder Gegenparteien einheitlich und zeiteffizienter verteilen und auszahlen zu können; mit der Annahme einer selbständigen
Tätigkeit sei dieses Modell so nicht zur Gänze kompatibel. Allein der Faktor der Praktikabilität vermöge die Qualifizierung
dieses Merkmals für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht im Sinne eines Merkmals für die Annahme einer selbständigen
Tätigkeit umzuqualifizieren.
Im Lichte der vorstehenden Ausführungen messe das Gericht - nach Prüfung und Gewichtung einer etwaigen Weisungsgebundenheit
und eines möglichen Unternehmerrisikos - der Frage nach der Eingliederung der Beigeladenen in die Arbeitsorganisation des
Klägers und dessen Kanzlei entscheidendes Gewicht bei. In Auswertung der vorliegenden Unterlagen und vor allem den Einlassungen
der beiden Vertragsparteien im Rahmen des Erörterungstermins am 19.05.2020 gehe das Gericht von einer statusbegründenden relevanten
Eingliederung der Beigeladenen in die Arbeitsabläufe der klägerischen Kanzlei aus. Zunächst spreche der Umstand, dass die
Beigeladene an Bürobesprechungen des Klägers teilgenommen habe, für die Annahme einer Eingliederung in seinen Arbeits- und
Organisationsablauf. Dies vor dem Hintergrund, dass an diesen Bürobesprechungen ebenfalls die durch den Kläger festangestellten
Sekretariatsmitarbeiterinnen teilgenommen hätten. Hierbei komme der Frage, in welchem Umfang die Beigeladene tatsächlich hieran
teilgenommen habe und ob sie daran habe teilnehmen müssen oder ihre Teilnahme auf freiwilliger Basis stattgefunden habe, nur
eine untergeordnete Rolle zu. Insoweit bestehe zwischen den Vertragsparteien jedenfalls soweit Übereinstimmung, dass die Beigeladene
jederzeit an den Bürobesprechungen habe teilnehmen dürfen und es - in einem gewissen Umfang - auch getan habe. Bereits durch
die Option, an entsprechenden Bürobesprechungen teilnehmen zu dürfen, manifestiere sich die Eingliederung der Beigeladenen
in die Arbeits- und Betriebsorganisation in der Kanzlei des Klägers. Entsprechend wäre selbst dann, wenn die Beigeladene nicht
(regelmäßig) an den Bürobesprechungen teilgenommen hätte, der Umstand, dass sie hieran jederzeit hat teilnehmen dürfen, bereits
als Indiz für eine statusrelevante Eingliederung der Beigeladenen. Insofern sei es dem Kläger verwehrt, seinen Vortrag, dass
es keine Verpflichtung der Beigeladenen gegeben habe, an Bürobesprechungen teilzunehmen, als Indiz für die Annahme einer selbständigen
Tätigkeit der Beigeladenen im streitgegenständlichen Zeitraum zu werten.
Weitergehend spreche für die Annahme einer Eingliederung der Beigeladenen in den Arbeits- und Organisationsablauf der Kanzlei
des Klägers der Umstand, dass praktisch die Beigeladene das für die Bearbeitung von Akten (in Papier- und elektronischer Form)
in der Kanzlei allgemein angewendete System benutzt habe. Auch hier verfange die Argumentation des Klägers nicht, soweit er
- wie bereits in Bezug auf die Teilnahme an Bürobesprechungen - darauf abzustellen versuche, dass es der Beigeladenen freigestanden
habe, dieses System zu verwenden. Wie bereits einleitend ausgeführt komme der praktischen Ausführung der Vorrang gegenüber
vereinbarten (Vertrags-)Regelungen zu. Unabhängig davon, ob es zur Frage der Aktenführung durch die Beigeladene eine explizite
(mündliche) Absprache gegeben habe, sei zu konstatieren, dass faktisch eine einheitliche Aktenführung auch durch die Beigeladene
betrieben worden sei. Dass dies aus Praktikabilitätsgründen - insbesondere im Hinblick auf die (Zu-)Arbeit durch die seitens
des Klägers festangestellten Sekretariatsmitarbeiterinnen - sachdienlich erscheine, werde durch das erkennende Gericht nicht
in Frage gestellt. Es zeige jedoch erneut den dahinterstehenden Aspekt der Eingliederung der Klägerin in die Arbeits- und
Organisationsabläufe des Klägers innerhalb seiner Kanzlei. Hierfür sei eine entsprechende (vertragliche) Vorgabe nicht zwingend
geboten. Die Eingliederung könne sich - wie vorliegend - auch ohne vertragliche Zwänge aus Praktikabilitätserwägungen begründen,
wenn Arbeitsabläufe so ausgerichtet würden, dass (mitunter) auch andere Personen (hier vor allem die festangestellten Sekretariatsmitarbeiterinnen
des Klägers) aufgrund einer einheitlichen Aktenführung in ihrer eigenen Arbeit eine Erleichterung erführen, sodass hierdurch
für die gesamte Kanzlei Synergieeffekte erzielt werden könnten, die als Eingliederungsmerkmal zu werten seien.
Ergänzend in Kontext des Zusammenwirkens zwischen Beigeladener und den festangestellten Sekretariatsmitarbeiterinnen des Klägers
spreche weitergehend für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses der Beigeladenen der Umstand, dass sie den
festangestellten Sekretariatsmitarbeiterinnen (arbeitsrechtliche) Weisungen habe erteilen können, so unter anderem für Diktate
oder Fristsachen. Die Rechtsmacht, festangestellten Personen Weisungen zu erteilen, ergebe sich aus der Natur der Sache grundsätzlich
im Rahmen einer (betrieblichen) Organisation. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger die Sekretariatsmitarbeiterinnen
eingestellt habe, das Vertragsverhältnis mithin zu ihm - und nicht zur Beigeladenen - bestehe. Es sei untypisch für Selbständige,
arbeitsrechtliche Weisungen gegenüber Personen aussprechen zu dürfen, die nicht mit einem selbst in einem (abhängigen) Vertragsverhältnis
stünden. Dabei sei das Weisungsrecht der Beigeladenen nicht nur projektbezogen auf die (von ihr) zu erbringende Dienst- beziehungsweise
Werkleistung begrenzt gewesen. Es sei (auch) personenbezogen sowie ablauf- und verfahrensorientiert. Die Beigeladene habe
sich mithin zur Erfüllung/Erreichung ihrer Aufgaben nicht eigenen Personals bedient, was charakteristisch für einen Selbständigen
gewesen wäre, sondern habe sich auch hier die Infrastruktur der Kanzlei des Klägers zunutze gemacht. Das Gericht gehe davon
aus, dass zur ordnungsgemäßen Bearbeitungen ihrer Mandate die Beigeladene maßgeblich auf die Zusammenarbeit mit den festangestellten
Sekretariatsmitarbeiterinnen angewiesen gewesen sei. Das "Hand-in-Hand"-Arbeiten mit festangestellten Mitarbeitern sei ebenfalls
als Merkmal eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zu werten. Dabei könne im Lichte der vorstehenden Ausführungen offenbleiben,
ob durch den prozentualen Anteil, den der Kläger vom monatlich durch die Beigeladene erwirtschafteten Honorars als Ausgleich
der "Bürokosten" gewollt habe, auch (und gerade) tatsächlich der Lohn der Sekretariatsmitarbeiterrinnen abgedeckt worden sei.
Dadurch, dass - wie zuvor beschrieben - letztendlich das Ausfallrisiko beim Kläger gelegen hat, könne nicht davon ausgegangen
werden, dass es sich bei den Sekretariatsmitarbeiterrinnen (faktisch auch) um weisungsbefugtes Personal der Beigeladenen gehandelt
habe. Soweit der Kläger vortrage, die Beigeladene sei auf dem Briefbogen als selbständig haftende Rechtsanwältin ausgewiesen
gewesen (so vorgetragen im Schriftsatz vom 04.05.2020; Blatt 255 der Gerichtsakte, Punkt 7. "Briefbogen"), so vermöge das
Gericht dem nicht zu folgen. Aus dem Briefkopf der Kanzlei des Klägers (siehe hierzu exemplarisch das Schreiben an die Staatsanwaltschaft
K vom 22.06.2015 [Blatt 92 ff der Gerichtsakte] sowie die Rechnung vom 04.09.2013 [Blatt 72 f der Gerichtsakte] lasse sich
eine entsprechende Deklarierung nicht entnehmen.
Die Annahme einer selbständigen Tätigkeit könnte insoweit nur noch aus der Berufsstellung des Anwalts selbst heraus begründet
werden. Diese Argumentation würde jedoch verkennen, dass die Tätigkeit eines Rechtsanwalts - wie zuvor bereits festgestellt
- sowohl in Form einer selbständigen Tätigkeit als auch im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werden
könne. Für diese statusrechtliche Abgrenzung sei es folglich nicht von Belang, ob die betroffenen (Vertrags-)Parteien ihr
Rechtsverhältnis als "Angestelltenverhältnis" oder "freie Mitarbeit bzw selbständiger Anwalt" auch nach außen deutlich erkennbar
machten. Vielmehr entscheide allein die Abwägung aller Umstände des Einzelfalles über die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung.
Diese sei einer Disposition der Beteiligten etwaig durch Deklarierung als "Angestelltenverhältnis" (im Sinne einer abhängigen
Beschäftigung) respektive "freies Mitarbeiterverhältnis" oder auch ohne weitergehende Bezeichnung (im Sinne einer selbständigen
Tätigkeit) nicht zugänglich. Entsprechend ergebe sich keine Änderung des rechtlichen Ergebnisses dadurch, dass der Kläger
- nach eigener Angabe - damals nach einem Anwalt/ einer Anwältin "in freier Mitarbeit" gesucht habe.
Überdies sei vorliegend zu konstatieren, dass die Beigeladene keine eigene Mandantenakquise betrieben habe. Selbst nach den
Ausführungen des Klägers im Rahmen des Erörterungstermins habe sich die Beigeladene ihre Mandate nicht selbst ausgesucht.
Vielmehr sei es so gewesen, dass neue Mandanten zentral in der Kanzlei des Klägers angerufen hätten. Die Verteilung der Mandate
auf die in der Kanzlei tätigen Rechtsanwälte - insbesondere im Verhältnis zur Beigeladenen - sei danach nicht durch eine eigene
(Akquise-)Tätigkeit der Beigeladenen erfolgt, sondern habe maßgeblich davon abgehangen, ob die seitens des Klägers festangestellten
Sekretariatsmitarbeiterinnen der Beigeladenen einen Fall zugewiesen hätten. Etwaige Möglichkeiten, bereits bei diesem Vergabevorgang
maßgeblichen Einfluss zu nehmen, der als Ausfluss einer selbständigen Tätigkeit hätte gewertet werden können, seien selbst
seitens des Klägers nicht vorgetragen worden. Dabei bedürfe es in diesem Kontext keiner vertieften Auseinandersetzung mit
der Frage, ob es der Beigeladenen im Nachgang zum vorbeschriebenen Vergabeverfahren eröffnet gewesen sei, ihr zugewiesene
Mandate abzulehnen. Allein die Möglichkeit, Mandate abzulehnen, sei dem Berufsbild eines Rechtsanwaltes als solchem immanent
und führe allein nicht zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit.
Abschließend zum Punkt der (statusrelevanten) Eingliederung der Beigeladenen in die Arbeits- und Organisationsstruktur der
klägerischen Kanzlei sei festzuhalten, dass hierfür auch der Umstand spreche, dass ein Kalender geführt worden sei, in dem
die Abwesenheiten der Beigeladenen erfasst worden seien. In diesem Kontext sei noch zu konstatieren, dass im Falle der (urlaubsbedingten)
Abwesenheit der Beigeladenen selbst nach dem Vortrag des Klägers im Rahmen des Erörterungstermins die Fristen durch das Sekretariat
überwacht worden seien. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beigeladene im Falle ihrer (urlaubsbedingten) Abwesenheit gezielt
um eine Vertretung habe kümmern müssen, seien weder substantiiert vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich. Vielmehr
sei es selbst nach Vortrag des Klägers im Erörterungstermin so gewesen, dass im abwesenheitsbedingten Bedarfsfall das Sekretariat
auf einen gerade verfügbaren Anwalt in der Kanzlei zugegangen sei. Damit werde wiederholt deutlich, dass die Beigeladene die
ihr gebotene Infrastruktur (in sachlicher und personeller Hinsicht) in Anspruch genommen habe und damit letztendlich Bestandteil
der Arbeits- und Organisationsabläufe innerhalb der Kanzlei des Klägers geworden sei.
Soweit der Kläger seinen Vortrag noch dahingehend verstanden wissen möchte, dass die Beigeladene habe Urlaub nehmen können,
wann sie gewollt habe, mithin nicht - wie ein Angestellter - Urlaub zunächst habe beantragen müssen, so führe dies im Ergebnis
zu keiner abweichenden Entscheidung. Das Vorenthalten (wie auch die fehlende Inanspruchnahme) von gesetzlichen Arbeitnehmerrechten
- wie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaub - mache einen Arbeitnehmer nicht zu einem selbständig erwerbstätigen
Unternehmer. Insoweit ergäben sich die Rechtsfolgen einer Beschäftigung aus dem Gesetz und seien nicht abdingbar.
Vor dem Hintergrund der vorstehenden rechtlichen Erwägungen sei eine weitergehende Auseinandersetzung mit den noch streitig
gebliebenen Fragen, ob die Beigeladene verpflichtet gewesen sei, Erstberatungen für A-Mandanten zu übernehmen und ob die Beigeladene
darüber hinaus auch "Telefondienst" beziehungsweise "Türdienst" habe übernehmen müssen, nach Dafürhalten des Gerichts nicht
mehr geboten. Dies vor dem Hintergrund, dass selbst bei Unterstellung, die Beigeladene habe in dieser Hinsicht keine Verpflichtungen
gehabt, der Gesamteindruck einer abhängigen Beschäftigung unter besonderer Würdigung und Gewichtung der belegten Eingliederung
der Beigeladenen in den Arbeits- und Organisationsablauf der klägerischen Kanzlei dadurch nicht mehr nachhaltig verändert
werden könne. Die fehlende Verpflichtung zur Übernahme der vorstehenden Dienste wäre dann höchstens als statusneutral zu bewerten.
Die fehlende Verpflichtung im vorstehenden Sinn begründe jedoch - entgegen der Auffassung des Klägers - kein Indiz für die
Annahme einer selbständigen Tätigkeit der Beigeladenen.
Am 08.08.2020 hat der Kläger gegen das Urteil des SG Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und diese mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten
vom 06.01.2021 ausführlich begründet. Er verfolge in der zweiten Instanz weiter das Klageziel, welches er in der ersten Instanz
verfolgt habe. Das die Klage abweisende Urteil des SG sei unrichtig. Tatsächlich sei die Beigeladene als selbständige Rechtsanwältin tätig gewesen.
Der Stand der Begründungssuche nach Ergebnissen in der Unterscheidung abhängige Beschäftigung einerseits und Selbständigkeit
andererseits habe einen Zustand erreicht, der nicht mehr tragbar erscheine. Das gelte schon generell; das gelte aber erst
recht für die Berufsausübung im freien Beruf. Die Begründungen orientierten sich an § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch ( SGB IV). Bekanntermaßen drücke sich der Gesetzgeber aber vor einer Entscheidung und überlasse die Überprüfung dem Einzelfall. Das
sei zwar in einem dynamischen Wirtschaftsgeschehen sicher verständlich; der Rechtsprechung sei es bisher aber nicht gelungen,
hier zu einer klaren Linie zu gelangen. Das vorliegend angefochtene Urteil sei ein deutliches Beispiel dafür. Die übliche
Prüfung bediene sich des immer gleichbleibenden Musters. Es würden Kriterien aufgeführt, die für eine abhängige Beschäftigung
sprächen; danach folge eine Aufzählung der Kriterien für eine Selbständigkeit. Am Ende stehe eine "Gesamtschau". Sie sei willkürlich.
Weder erfolge eine arithmetische Zusammenrechnung der Kriterien beider Seiten, noch erfolge eine Bewertung des Gewichts des
einen oder anderen Arguments. Stattdessen werde am Ende ein Ergebnis statuiert, welches sich einer logischen Nachprüfung entziehe
und letztlich als gerichtlicher Ukas empfunden werden müsse. Es sei üblich geworden, diese Gesamtschau damit zu untermauern,
dass von dem Vorliegen oder Fehlen einer "Eingliederung" gesprochen werde. Damit werde nur die nichtssagende Vorgabe des §
7 SGB IV durch eine neue Leerformel ersetzt. Denn auch dieses Schlagwort entbehre jeglicher Präzision. Eine Tätigkeit ohne Eingliederung
in irgendeinen Zusammenhang sei gar nicht möglich; sie möge allenfalls einem Einsiedler vorbehalten bleiben. Jedwede Tätigkeit
müsse auf Vorgaben und Belange von mit anderen Betroffenen Rücksicht nehmen. Es helfe auch nichts, nach der Eingliederung
in den Betrieb eines Anderen zu fragen. Jede Tätigkeit, die nicht ausschließlich dem eigenen Belang diene, werde für und mit
anderen ausgeübt. Deswegen werde in Wahrheit gar nicht nach der Eingliederung gefragt, sondern nur nach dem Grad und der Intensität
derselben. Und hier werde dann das oben beschriebene Verfahren wieder neu angewandt, das Für und Wider diskutiert und an das
Ende eine Gesamtschau gesetzt. Letztlich drehe sich die Argumentation im Kreis. Das erstinstanzliche Urteil habe mit ihr viele
Seiten befüllt. Dieses Verfahren werde noch dadurch ins Unklare geführt, als Einzelkriterien positiv wie negativ einmal auf
der einen, das andere Mal auf der anderen Seite aufgeführt werden könnten. Ob zB nach Stunden bezahlt oder ein pauschales
Entgelt gewährt werde, könne je nach Belieben für die eine oder andere Position eingesetzt werden.
Sinn der Versicherungspflicht in der abhängigen Beschäftigung sei gewesen und sei der Schutz der Betroffenen. Sie sollten
zu ihrem Vorteil dazu gezwungen werden, Beiträge in das Versicherungssystem der Grundversorgung zu bezahlen, um im Falle des
Alters, der Invalidität und für Hinterbliebene abgesichert zu sein. Dieses Argument entfalle aber für einen Personenkreis,
der genau demselben Schutz bereits unterliege, wie das in der gesetzlichen Rentenversicherung der Fall ist. Dazu gehöre nicht,
was zum Beispiel in der zweiten Säule durch betriebliche Altersversorgung oder gar privat, zum Beispiel durch Lebensversicherung,
in der dritten Säule vorhanden sei. Dazu gehörten aber die beiden anderen in der ersten Säule angesiedelten Versorgungssysteme,
nämlich die Beamtenversorgung einerseits und die Versorgung in den berufsständischen Versorgungseinrichtungen andererseits.
Der Standard dieser Versorgungswerke sei in § 6 SGB VI ausdrücklich festgeschrieben worden. Im vorliegenden Fall sei dieses Argument des sozialen Schutzes also obsolet: Die Beigeladene
sei als Rechtsanwältin Pflichtmitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg. Also bedürfe es nicht des
Mittels, ihr durch die Zuerkennung eines abhängigen Beschäftigungsstatus den entsprechenden Schutz angedeihen zu lassen. Denn
sie sei dort genauso geschützt wie bei der Beklagten. Der Kläger könne nicht bereit sein, an der so beschriebenen Ergebnislotterie
teilzunehmen, die in der Konsequenz nur dazu führe, dass er an die Beklagte verlorene Beiträge bezahle.
Seien schon zur allgemeinen Methodik schwerwiegende Bedenken angebracht, so habe das erstinstanzliche Gericht daher konkret
die Wahrung der ihm obliegenden Amtsermittlungspflicht nicht beachtet. Wer nach einer "Gesamtschau" urteilen wolle, werde
alle in Betracht kommenden Aspekte genau prüfen müssen. Denn es münde in einen unzulässigen Zirkelschluss, wenn zwar jede
Einzelheit als eher unwichtig angesehen, aus zahllosen Einzelheiten aber ein Gesamtbild gemalt werde. Das Gewicht der einzelnen
Aspekte einerseits und des gesamthaften Bildes andererseits werde erst beurteilt werden können, wenn alle Erkenntnismöglichkeiten
genutzt und zur Erzielung eines Ergebnisses herangezogen worden sind. Das sei ersichtlich nicht geschehen. Denn das erstinstanzliche
Urteil führe zwar zahlreiche Gesichtspunkte an. Sie seien aber nur aus den vorgelegten Schreiben und Schriftsätzen entnommen.
Damit ergebe sich möglicherweise ein Gesamtbild in der im vorliegenden Rechtsstreit angesammelten Texte. Darüber zu urteilen
sei aber nicht Aufgabe des Gerichts gewesen. Es hätte ein Gesamtbild der praktizierten Wirklichkeit ermittelt werden müssen,
nicht jedoch ein solches des Akteninhalts.
Der Kläger habe zu jeder der zahlreichen Einzelheiten der praktizierten Wirklichkeit Beweis durch Zeugnis von Personen angeboten,
die diese Wirklichkeit selbst erlebt hätten. Zudem habe er Beweis durch Vorlage von schriftlichen Erklärungen sowie etlichen
weiteren Unterlagen angeboten. Das Gericht sei diesen Beweisangeboten aber nicht nachgekommen. Das allerdings müsse als schwerer
Verfahrensfehler beanstandet werden. Es nütze dem Gerichtsverfahren wenig, wenn das Gericht eine Zusammenstellung des Sachvertrags
der Prozessparteien dazu nütze, ein virtuelles "Ergebnis" zu präsentieren. Wie der wirkliche Sachverhalt gewesen sei, sei
damit in keiner Weise zutage gefördert worden. Diese Verfahrensweise sei vor allem dann zu beanstanden, wenn - wie hier -
erhebliche Interessengegensätze zwischen den Beteiligten zu bedenken sind: Natürlich werde der Kläger nicht gern doppelte
Beitragsleistungen vornehmen müssen. Das wäre aber die Folge, wenn es bei dem angefochtenen Urteil bleibe. Denn die Beigeladene
- dann ungerechtfertigt bereichert - werde ihm § 28g SGB IV entgegenhalten wollen. Die Beklagte sei als Umlagesystem dringend auf Beiträge angewiesen. Da die Beigeladene ihren Versicherungsverlauf
im Versorgungswerk aufbaue, würden diese Beiträge - wenn überhaupt - nicht zu nennenswerten Leistungsansprüchen der Beigeladenen
gegenüber der Beklagten führen. Da die Beklagte als Beitragsgläubigerin selbst über den Beschäftigtenstatus entscheide, sei
ihre Entscheidung von vornherein interessengeleitet und nicht - wie sonst in der öffentlichen Verwaltung - objektiv fundiert.
Die Beigeladene habe ein dringendes Interesse daran, dass der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit unterliege. Es sei deswegen
nicht sachgerecht, einen Rechtsstreit der vorliegenden Art zu entscheiden, ohne zum Sachverhalt Grund zu machen. Die notwendige
Beweisaufnahme werde deswegen nachzuholen sein.
Lediglich beispielhaft werde deswegen nachfolgend auf folgende Einzelkomplexe Bezug genommen:
Die Beigeladene habe ihr eigenes unternehmerisches Risiko getragen: Es habe kein monatliches Festeinkommen gegeben. Die Beigeladene
habe durch ihre Tätigkeit und die Art der Ausführung ihr Einkommen selbst bestimmt. Hierauf habe der Kläger keinerlei Einfluss
gehabt. Damit habe die Beigeladene selbständig entscheiden können, ob und inwieweit sie einem Mandanten finanziell entgegenkommt.
Auch habe die Beigeladene jederzeit die Gefahr getragen, dass Mandanten nicht zahlten oder dass Mandanten sie nicht mehr empfahlen.
Diese Umstände habe die Beigeladene durch ihr Verhalten völlig selbständig beeinflusst. Sie habe die Höhe ihres Honorars bestimmt,
welches sich gegenüber dem Kläger auch nicht etwa nach Stunden gerichtet habe, sondern der aufgezeigte Anteil von 40% bzw
50% ihrer erzielten Umsätze beinhaltet habe. Mit dem auf den Kläger entfallenen Teil seien die Kosten des Sekretariats, Räumlichkeiten,
Büromaterial etc abgedeckt worden. Insbesondere habe ein Wagnis bestanden, das über dasjenige hinausgeht, kein Entgelt zu
erzielen: Die Beigeladene sei persönlich haftbar für die Entscheidungen gewesen, die sie in jedem einzelnen Mandat getroffen
habe, sowie für jede einzelne Frist, die sie verabsäumt habe. Möge hierfür die von ihr abgeschlossene Haftpflichtversicherung
zur Seite stehen, habe zwischen den Parteien eine Freistellungsvereinbarung dergestalt bestanden, dass, sollte es zum Haftungsfall
kommen, letztlich die Beigeladene die von ihr verursachten Kosten einer Inanspruchnahme zahle. Daher gehe der Vortrag der
Beigeladenen zur Haftungsfreistellung im Innenverhältnis an der Wahrheit vorbei, die Beklagte könne sich auf anders lautenden
Vortrag nicht stützen. Möge auch ein Honorarausfall sich nicht nur bei der Beigeladenen, sondern auch beim Kläger ausgewirkt
haben, habe es zum einen nie völligen Honorarausfall gegeben, zum anderen habe die Beigeladene keine gesonderten Kosten verursacht.
Wenn die Beigeladene somit Umsatz erzielt habe, sei das für den Kläger, dessen Umsätze aufgrund seines persönlichen Engagements
deutlich höher gelegen hätten, eine nette Kostenbeteiligung gewesen. Ernsthaft benötigte der Kläger die mangels persönlichen
Einsatzes geringen Umsätze der Beigeladenen jedoch nicht. In jedem Fall habe die Beigeladene bei geringen Umsätzen auch nur
ein geringes Einkommen gehabt. Damit habe sie die Hauptlast des Umsatzrisikos getragen, woraus ihr unternehmerisches Risiko
resultiere.
Es habe insbesondere kein Weisungsrecht - weder in zeitlicher, örtlicher oder fachlicher Hinsicht - vorgelegen und sei auch
nicht ausgeübt worden. Die Beigeladene habe die Tätigkeit von jedem Ort dieser Erde ausüben können, sie habe über die Gestaltung
des Mandats, die Honorargestaltung, die Entscheidung darüber, ob gerichtlich oder nur außergerichtlich vorgegangen werde und
insbesondere, welches gerichtliche Verfahren durchgeführt werde, vollständig selbst entschieden. Aufträge habe sie auch nicht
vom Kläger erhalten, sondern direkt von den Mandanten, die die Beigeladene direkt bevollmächtigt hätten. Anderslautende Angaben
seien unzutreffend. Im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Güteverhandlung vom 06.02.2018 habe die dortige Vorsitzende gefragt,
ob es Weisungen des Klägers gegenüber der Beigeladenen gegeben habe, wonach diese bestimmte Ergebnisse in einer gerichtlichen
Verhandlung oder einem sonstigen Verfahren hätte erzielen sollen, wie beispielsweise einen Vergleich nicht unter einem Betrag
von 5.000 € abzuschließen oder Ähnliches. Die Beigeladene habe auf diese Frage geantwortet, dass es solche Weisungen nie gegeben
habe. Die Beigeladene habe damit selbst entschieden, in welcher Weise die Mandanten betreut würden. Sie habe ohne jegliche
Rücksprache mit dem Kläger entschieden, ob oder mit welchen Anträgen sie Klage erhebt, ob sie Vergleiche abschließt, ob sie
Ansprüche verjähren lässt oder für die Mandanten auf solche verzichtet. Wenn das Gericht erster Instanz noch nicht einmal
positiv festgestellt habe, ob die Beigeladene eine Pflicht zur Teilnahme an Bürobesprechungen gehabt habe, dann selbst davon
ausgehe, dass diese Frage nur von untergeordneter Bedeutung sei, stelle sich die Frage, warum es dieses Kriterium überhaupt
nutze?
Der Beigeladenen habe es jederzeit freigestanden, Mandate anzunehmen oder abzulehnen. Auch habe die Beigeladene Untervollmachten
erteilt; sie habe somit jederzeit eigenständig und eigenmächtig Dritte mit der Wahrnehmung von Gerichtsterminen etc beauftragen
können. Die Beigeladene habe jederzeit von zu Hause arbeiten können und dort über einen PC sowie über einen PKW verfügt. Es
gebe in der Kanzlei keine geregelten Geschäftszeiten für die Anwälte, es gebe lediglich Zeiten der Anwesenheit für das Sekretariat.
So habe die Beigeladene selbst entschieden, wann sie zugegen gewesen sei und wann nicht.
Habe die Beigeladene vollumfänglich über Arbeitszeit und -ort, die Lage etwaiger Anwesenheitszeiten oder Abwesenheiten entscheiden
können, habe keinerlei Eingliederung vorgelegen. Das im Büro verwendete Anwaltsprogramm sei letztlich eine Ablage, die Nutzung
sei nicht Voraussetzung. Die Software sei nicht für die Bearbeitung der Mandate maßgeblich oder erforderlich. Die Beigeladene
habe damit selbständig entscheiden können, wie sie ihre Schriftsätze kreiere. Sie habe entscheiden können, ob sie selbst schreibe
oder diktiere. Hierbei habe es ihr auch freigestanden, wie sie dies mache. Auch habe keine Pflicht zur telefonischen Erreichbarkeit
im Büro bestanden. Die Ausführungen des Gerichts erster Instanz zu dem Termins- und Fristenkalender seien lebensfremd. Möge
sich die Beigeladene wohl an einigen Tagen selbst gestrichen haben - wobei sich die Frage stelle, warum dies in einem Fristenkalender
sein müsse -, sei es auch bei einer sozietär geführten Kanzlei Usus, dass die Sozien ihre jeweilige Abwesenheit zur Vereinfachung
der Abläufe mitteilten. Dies führe sicherlich nicht zu irgendeiner Eingliederung.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 27.07.2020 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 16.03.2018 aufzuheben und festzustellen, dass die Tätigkeit der Beigeladenen als Rechtsanwältin in der Kanzlei des Klägers
in der Zeit vom 01.01.2010 bis 31.03.2016 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen
Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Beklagte beantragt
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 27.07.2020 zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Vor dem 10. Senat, bei dem das Berufungsverfahren zunächst anhängig war, ist am 19.07.2021 ein Erörterungstermin durchgeführt
worden. In diesem Termin hat die Beigeladene ua erklärt, die Vollmachten, die sie verwendet habe, seien ihr so vorgegeben
und von mir übernommen worden. Sie habe auf deren Gestaltung keinen Einfluss gehabt. Zu Einzelheiten über die Mandate könne
sie nicht vortragen, denn die Unterlagen seien weiterhin in der Kanzlei B. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der
Beteiligten in diesem Termin wird auf den Inhalt des hierüber gefertigten Protokolls (Bl 94 ff der Senatsakte) verweisen.
Zu diesem Protokoll hat die Beigeladene mit Schreiben vom 31.08.2021 Stellung genommen und ausgeführt, die Behauptung des
Klägers, er habe sie im März 2016 förmlich "bekniet", dass sie die Mandate weiterführe, und sie habe dies abgelehnt, sei falsch
und stehe auch im Gegensatz zu früheren Aussagen des Klägers. Gegenüber der Rechtsanwaltskammer habe der Kläger damals nämlich
Folgendes behauptet: "Eine anwaltliche Mitarbeiterin habe seine Kanzlei mit einer Frist von 2 Tagen für eine Kündigung verlassen,
um eine Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber aufzunehmen, der ihr keine Freistellung für die Erledigung der
durch sie bearbeiteten Mandate erteile". Er habe sie dabei gegenüber der Rechtsanwaltskammer nicht als selbständige freiberufliche
Rechtsanwältin beschrieben, die ihre eigenen Mandate eigenverantwortlich geführt habe, sondern als seine anwaltliche Mitarbeiterin.
Dieser Umstand spreche für ihre Eingliederung in die Anwaltskanzlei B. Für ihre Eingliederung in die Kanzlei des Klägers spreche
auch, dass dieser die kurze Frist ihres Wegganges als vertragswidrig empfunden habe. Im Falle einer echten freien Mitarbeit
wäre nur für den Fall, dass die Vergütung in Monaten bemessen sei, eine Kündigung bis zum 15. eines Monats zum Monatsende
gemäß § 621 Nr 3 Bürgerliches Gesetzbuch ( BGB) üblich gewesen, bei einer andern Vergütungsweise als in Monaten gäbe es gar keine Kündigunsfrist. Hinzu kämen dann noch
Urlaubsansprüche, die auch einem freien Mitarbeiter zustünden. Mit dem Weggang eines echten freien Mitarbeiters habe daher
sofort oder binnen weniger Tage gerechnet werden müssen. Wäre der Kläger in ihrem Fall von echter freier Mitarbeit ausgegangen,
so hätte er mit dem kurzfristigen Weggang einer freien Mitarbeiterin gerechnet und sich hierüber nicht bei der Anwaltskammer
beschwert. Nur dann, wenn auch der Kläger selbst von einem Arbeitsverhältnis bzw Scheinselbständigkeit ausgegangen sei und
ausgehe, seien die Klagen des Klägers und seine eindrücklich geschilderte Überraschung bzw Enttäuschung und Überforderung
angesichts ihres kurzfristigen Wegganges nachvollziehbar. Der Kläger verhalte sich widersprüchlich, wenn er einerseits die
Rechte eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses in Anspruch nehmen wolle, wie vertragliche Bindung des Mitarbeiters an
arbeitsvertragliche Kündigungspflichten, aber eigene Pflichten als Arbeitgeber negiere. Die Behauptung, die Universität habe
ihr die anwaltliche Tätigkeit untersagt, sei im Übrigen falsch. Diese unwahre Behauptung habe der Kläger dann noch ein zweites
Mal im November 2016 gegenüber der Anwaltskammer wiederholt, nachdem die Kammer nach dem ersten Mal nicht wie vom Kläger gewünscht
tätig geworden sei. Hintergrund dieser unwahren Einlassung des Klägers sei vermutlich gewesen, zu erreichen, dass die Kammer
einen Entzug ihrer anwaltlichen Zulassung in die Wege leite. Die Anwaltskammer habe erkannt, dass die Behauptung des Klägers
falsch sei, und habe von einem Entzug der Anwaltszulassung abgesehen. Die Frage, wer Vertragspartner der Mandanten wurde,
sei nicht allein anhand der Vollmachten zu beurteilen, entscheidend seien auch die Gestaltung des Briefkopfes und des Kanzleischildes.
Nach außen sei der Kläger als Inhaber einer Anwaltskanzlei mit mehreren Anwälten aufgetreten. Vertragspartner der Mandanten
seien stets die Anwaltskanzlei B sowie sämtliche dort tätigen Anwälte geworden. Dies habe auch für von ihr bearbeitete Mandate
gegolten. Der Kläger habe durch seine Gestaltung des Kanzleibriefkopfes, in welchem die Namensnennung sämtlicher Anwälte ohne
Einschränkungen erfolgt sei sowie durch das Kanzleischild, auf welchem ebenfalls sämtliche Anwälte aufgeführt gewesen seien,
für Außenstehende bzw Mandanten den Eindruck einer umfassenden Sozietät erweckt. Ein solcher Anschein ergebe sich regelmäßig
bereits aus dem Briefkopf einer Kanzlei, wenn dort die Namensnennung - auch angestellter Anwälte - ohne jeden Zusatz erfolge.
Denn für einen Außenstehenden müsse so der Eindruck entstehen, dass es sich bei allen im Briefkopf aufgeführten Rechtsanwälten
um Mitglieder der Sozietät Anwaltskanzlei B handele, so die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), in BGH NJW
2001, 156/166, NJW 1986, 1490/1491, NJW 1991, 1225, NJW 1994, 257/258 und NJW 1999, 3040. Vertragspartner der Mandanten sei die Anwaltskanzlei B als Scheinsozietät. Auch nach ihrem Ausscheiden hätte es daher keinesfalls
einer Vollmacht ihrerseits für den Kläger bedurft, um Mandate fortzuführen, der Kläger sei von Beginn an einbezogen und stets
Vertragspartner der Mandanten in sämtlichen von ihr bearbeiteten Mandaten geworden. Auch die Gestaltung des Briefkopfes und
des Kanzleischildes, über deren Gestaltung allein der Kläger entschieden habe, seien Indizien ihrer Eingliederung in die Anwaltskanzlei
B.
Durch Beschluss des Präsidiums des LSG Baden-Württemberg ist das Verfahren zum 01.01.2022 an den 11. Senat abgegeben worden.
Mit Verfügung vom 11.03.2022 hat der Senatsvorsitzende die Beteiligten darauf hingewiesen, von welchen Sachverhalt der Senat
derzeit ausgeht. Hierzu hat sich zunächst der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 11.03.2022 geäußert;
hierauf wird verwiesen. Mit Schreiben vom 28.07.2022 (Bl 181/184 der Senatsakte) hat auch die Beigeladene zu der Verfügung
des Gerichts Stellung genommen und erläutert, welche Vorgaben ihr gemacht worden seien. Der Kläger habe ihr gegenüber klar
und deutlich kommuniziert, dass während der Bürostunden stets ihre Erreichbarkeit für die Mandanten gewährleistet sein müsse
und daher ihre Anwesenheit zu den üblichen Bürozeiten erwartet werde. Sie habe ihre Anwesenheit zu den üblichen Bürozeiten
als verbindliche Anweisung und ausdrückliche Anordnung verstanden und dementsprechend neben allen beruflichen Terminen auch
alle notwendigen privaten Abwesenheiten wegen Arztterminen etc dem Vorzimmer mitgeteilt und in den Bürokalender eintragen
lassen. Der Kläger habe ihr zu keinem Zeitpunkt mehr als einen Anteil von 40 % ausbezahlt. Es habe keinerlei schriftliche
Abmachungen gegeben. Hierauf hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 01.08.2022 erwidert (Bl 185 f
der Senatsakte). Er hat ua daran festgehalten, dass die Beigeladene ab einem Nettoumsatz von monatlich mehr als 6.000 € einen
Anspruch auf 50% gehabt habe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster
und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz ( SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Die Berufung bedurfte insbesondere nicht der Zulassung
nach § 144 Abs 1 Satz 1 SGG, denn die Klage betrifft weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 29.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2018
(§ 95 SGG), mit dem die Beklagte gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen festgestellt hat, dass für die Tätigkeit der Beigeladenen
als Rechtsanwältin in der Anwaltskanzlei des Klägers in der Zeit vom 01.01.2010 bis zum 31.03.2016 Versicherungsplicht in
der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht. Zulässige Klageart
ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs 1, 55 Abs 1 Nr 1, 56 SGG). Da von der Beklagten ausdrücklich verfügt wurde, dass die festgestellte Versicherungspflicht am 01.01.2010 beginnt, wäre
die Zeit davor nicht zulässiger Streitgegenstand einer Feststellungsklage. Gegenstand einer Statusfeststellung nach § 7a SGB IV ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) allein das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Versicherungspflicht. Das Vorliegen einer Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 SGB IV ist, neben der Entgeltlichkeit, lediglich eine von mehreren Voraussetzungen für die Versicherungspflicht und damit nur ein
Element der mit unmittelbaren Rechtsfolgen verbundenen Feststellung von Versicherungspflicht. Demzufolge sind weder die Deutsche
Rentenversicherung Bund als "Clearingstelle" noch die Gerichte befugt, im Rahmen von § 7a SGB IV isoliert das Vorliegen von Beschäftigung festzustellen. Zwar räumt auch das BSG ein, dass für ein zulässiges Begehren auf Feststellung von Beschäftigung ein Bedürfnis besteht, dem aber erst durch die ab
01.04.2022 geltende Neuregelung des § 7a SGB IV Rechnung getragen wurde (BSG 27.04.2021, B 12 KR 27/19 R, Rn 12, juris). Ob für die Zeit vom. 01.10.2009 bis 31.12.2009 in dem (von der Beklagten angenommenen) Beschäftigungsverhältnis
in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit
bestand, bedarf daher keiner Entscheidung.
Die Berufung des Klägers ist auch begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Die Beigeladene unterlag in ihrer Tätigkeit für den Kläger nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-
und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Nach § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV in der bis zum 31.03.2022 geltenden Fassung können die Beteiligten schriftlich (und seit dem 05.04.2017 auch elektronisch)
eine Entscheidung der nach § 7a Abs 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten (Clearingstelle) beantragen, ob Versicherungspflicht aufgrund einer Beschäftigung vorliegt, es sei
denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hat im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur
Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Inhaltlich entscheidet die Clearingstelle gemäß § 7a Abs 2 SGB IV aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände. § 7a Abs 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Das Verwaltungsverfahren
ist in den Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. Die Bekanntgabe der Statusfeststellung gegenüber den Beteiligten erfolgt
seitens der Beklagten durch einen Verwaltungsakt mit Doppelwirkung.
Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Krankenversicherung (§ 5 Abs 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch <SGB V>), der sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Abs 1 Satz
1 und 2 Nr 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch <SGB XI>), der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 25 Abs 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch <SGB III>). Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind
eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen
Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich
bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild
der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild
zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als
Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau
mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander
abgewogen werden.
Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den
die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit
mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit
der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt
der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit
vorzunehmen (stRspr; vgl zum Ganzen BSG 4.6.2019, B 12 R 11/18 R, BSGE 128, 191 = SozR 4-2400 § 7 Nr 42, RdNr 14 f mwN). Diese wertende Zuordnung kann nicht mit bindender Wirkung für die Sozialversicherung
durch die Vertragsparteien vorgegeben werden, indem sie zB vereinbaren, eine selbständige Tätigkeit zu wollen. Denn der besondere
Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Person - als selbständig oder
beschäftigt - allein die Vertragsschließenden entscheiden. Über zwingende Normen kann nicht im Wege der Privatautonomie verfügt
werden. Vielmehr kommt es entscheidend auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der Vertragsverhältnisse an (BSG 19.10.2021, B 12 R 10/20 R, Rn 21 - 22 juris).
Diese gesetzlichen Regelungen und die vom BSG in ständiger Rechtsprechung festgehaltenen Grundsätze, von denen auch der Senat in ständiger Rechtsprechung ausgeht, gelten
auch für die hier vorzunehmende Beurteilung, ob die Tätigkeit einer Rechtsanwältin in der Kanzlei eines anderen Rechtsanwalts
als abhängige Beschäftigung oder als selbständige Tätigkeit (im Rahmen einer sog freien Mitarbeiter) zu werten ist.
Da schriftliche Vereinbarungen nicht bestehen, ist von dem auszugehen, was zwischen dem Kläger und der Beigeladenen mündlich
vereinbart wurde, soweit dies rückwirkend nach fast 12 Jahren überhaupt noch mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden
kann. Nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag des Klägers und der Beigeladenen sollte die Beigeladene nicht als angestellte
Anwältin tätig werden, sondern als freie Mitarbeiterin. Diesem erkennbaren Willen der Beteiligten kommt jedoch - wie bereits
dargelegt - keine oder allenfalls eine sehr untergeordnete Bedeutung zu, da die Versicherungspflicht in den Systemen der sozialen
Sicherheit weder vertraglich vereinbart noch ausgeschlossen werden kann. Übereinstimmend haben der Kläger und die Beigeladene
ferner angegeben, dass damals für die Beigeladene keine festen Arbeitszeiten vereinbart wurden. Im Erörterungstermin vor dem
SG am 19.05.2020 hat die Beigeladene auf den Hinweis des Klägers, die Beigeladene habe selbständig darüber entscheiden können,
wann sie komme und wann sie gehe, erwidert, dass zwar im Aufnahmegespräch über keine konkrete Arbeitszeit gesprochen worden
sei. Jedoch habe die Kanzlei des Klägers über feste Bürozeiten verfügt, in denen eine Erreichbarkeit habe gewährleistet werden
sollen. Man habe ihr gesagt, dass sie, sollte sie nicht im Büro anwesend sein, sich entsprechend in einen Kalender einzutragen
habe. Ausgehend von diesen Angaben der Beigeladenen lässt sich eine vertragliche Vereinbarung über bestimmte tägliche oder
wöchentliche Arbeitszeiten nicht feststellen. Die vom Kläger ausgesprochene Bitte, Abwesenheitszeiten in einem Kalender festzuhalten,
ist noch keine verbindliche Regelung über eine konkrete Arbeitszeit. Für die vertragliche Vereinbarung einer festen (zB wöchentlichen)
Arbeitszeit gab es im Übrigen auch gar keinen Grund, da die Vergütung der Beigeladenen hiervon nicht abhing. Mündlich vereinbart
wurde ferner, dass die Vergütung ausschließlich über eine Beteiligung am Umsatz der von der Beigeladenen bearbeiteten Mandate
erfolgt; die Beigeladene sollte (mindestens) 40 % ihres monatlichen Nettoumsatzes erhalten. Dies wurde während des gesamten
hier streitbefangenen Zeitraums auch so praktiziert. Die Beigeladene erhielt vereinbarungsgemäß also weder einen festen Stundenlohn
noch ein festes Monatsgehalt.
Damit bleibt als Zwischenergebnis festzuhalten, dass keine einzige der zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu Beginn
der Tätigkeit der Beigeladenen mündlich vereinbarten Regelung für eine abhängige Beschäftigung spricht. Die Auffassung des
SG, wonach der Umstand, dass die Beigeladene Urlaub nehmen konnte, wann sie wollte, mithin nicht - wie ein Angestellter - Urlaub
zunächst beantragen musste, als "Vorenthalten" gesetzlicher Arbeitnehmerrechte zu werten sei, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen.
Es handelt sich dabei vielmehr um ein Privileg, das im Allgemeinen nur dem Kanzleiinhaber bzw den Partnern einer Anwaltssozietät
zusteht, ganz sicher aber nicht einer angestellten Anwältin. Dass die Beigeladene auf Bitten des Klägers auf Urlaub verzichtet
hat, hat sie selbst nicht behauptet.
Sprechen - wie im vorliegenden Fall - die (noch zuverlässig feststellbaren) vertraglichen Vereinbarungen nicht für eine abhängige
Beschäftigung, kann sich eine solche dennoch aus den tatsächlichen Umständen ergeben. Die Subsumtion des konkret feststellbaren
Sachverhalts unter den (unbestimmten) Rechtsbegriff der Beschäftigung iSd § 7 SGB IV beschränkt sich nicht auf die Bewertung der vertraglichen Vereinbarungen, sondern muss sämtliche Umstände, unter denen eine
Tätigkeit verrichtet wird, berücksichtigen. Den sich aus den tatsächlichen Verhältnissen ergebenden Schlussfolgerungen kommt
im Zweifel Vorrang vor einer Bewertung (nur) der vertraglichen Vereinbarungen zu. Auch die tatsächlichen Umstände, unter denen
die Beigeladene ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin in der Kanzlei des Klägers ausübte, erlauben jedoch nur den Schluss auf
das Vorliegen einer nicht versicherungspflichtigen, selbständigen Tätigkeit.
Bei der Bearbeitung der von der Beigeladenen übernommenen Mandate bestand kein Weisungsrecht des Klägers, ein solches Weisungsrecht
wurde vom Kläger auch nicht wahrgenommen. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob und inwiefern eine solches Weisungsrecht
mit dem anwaltlichen Berufsrecht vereinbar wäre. Die Beigeladene war nicht verpflichtet, dem Kläger zuzuarbeiten, sie musste
für ihn keine Entwürfe oder Gutachten fertigen. Der Senat geht auch nicht von einer für die Beigeladenen verbindlichen Zuteilung
der Verfahren an die Beigeladene durch das Sekretariat der Anwaltskanzlei aus. Für die Wahrnehmung eines anwaltlichen Mandats
bedarf es einer Vollmachtserteilung durch die Mandanten, und die notwendige Vollmacht wurde ausschließlich der Beigeladenen
und nicht auch dem Kläger erteilt. Dies ergibt sich aus den Angaben des Klägers, denen die Beigeladene nicht widersprochen
hat. In dem Erörterungstermin vor dem 10. Senat am 19.07.2021 hat die Beigeladene hierzu lediglich erklärt, die Vollmachten,
die sie verwendet habe, seien ihr so vorgegeben und von ihr übernommen worden. Sie habe auf deren Gestaltung keinen Einfluss
gehabt.
Die Beigeladene war auch nicht in einer ihre Tätigkeit prägenden Weise in den Betriebsablauf der Kanzlei des Klägers eingegliedert.
Die in § 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV genannten Anhaltspunkte der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung stehen weder in einem Rangverhältnis zueinander noch
müssen sie stets kumulativ vorliegen. Insbesondere bei Hochqualifizierten oder Spezialisten (sog Diensten höherer Art) kann
das Weisungsrecht aufs Stärkste eingeschränkt sein. Dennoch kann die Dienstleistung in solchen Fällen fremdbestimmt sein,
wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in deren Dienst die Arbeit verrichtet wird. Die Weisungsgebundenheit
der Arbeitnehmerin verfeinert sich in solchen Fällen "zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" (BSG 04.06.2019, B 12 R 11/18 R, BSGE 128, 191 = SozR 4-2400 § 7 Nr 42, Rn 29 mwN). Dabei kann jedoch nicht jede Anpassung an eine vorgefundene Organisation als eine die
Tätigkeit prägende Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation gewertet werden (vgl bereits BSG 14.05.1981, 12 RK 11/80, BB 1981, 1581 zu den "Sachgegebenheiten" einer anwaltlichen Tätigkeit in einer Kanzlei). Eine solche fremdbestimmte Eingliederung hat das
BSG zB angenommen, wenn bei einer arbeitsteiligen Zusammenarbeit mit dem Personal des Auftraggebers dessen Organisationstrukturen
sowie dessen personelle und sächliche Betriebsmittel unentgeltlich genutzt werden (BSG 19.10.2021, B 12 R 10/20 R, Rn 28-31 zum Notarzt im Rettungsdienst). Eine solche arbeitsteilige Zusammenarbeit, die einer Tätigkeit ihr Gepräge geben
kann, liegt nicht allein deshalb vor, weil die Beigeladene für die Bearbeitung ihrer Mandate auch das Sekretariat der Anwaltskanzlei
eingesetzt hat. Die Tätigkeit einer Rechtsanwältin erhält ihr Gepräge nicht dadurch, dass sie eine bestimmte Software verwendet,
ihre Diktate durch das Sekretariat schreiben lässt und Termine durch das Sekretariat der Kanzlei vereinbaren oder in Kalender
eintragen lässt. Auch Richter sind zwar auf eine funktionierende Geschäftsstelle bzw Serviceeinheit und eine funktionierende
Software angewiesen, ihre Tätigkeit wird dadurch jedoch (hoffentlich!) nicht maßgeblich geprägt. Nichts anderes kann für die
Tätigkeit einer Rechtsanwältin gelten. Im Übrigen hat die Beigeladene die Büroorganisation des Klägers auch nicht unentgeltlich
genutzt, sondern hierfür bezahlt, indem sie 60 vH des von ihr erzielten monatlichen Nettoumsatzes dem Kläger überlassen hat.
Die Auffassung des SG, bereits durch die Option, an Bürobesprechungen in der Kanzlei teilnehmen zu dürfen, manifestiere sich die Eingliederung
der Beigeladenen in die Arbeits- und Betriebsorganisation in der Kanzlei des Klägers, teilt der Senat nicht.
Bei der Prüfung, ob eine Rechtsanwältin abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, kommt nach Auffassung des Senats
angesichts der berufsrechtlichen Vorgaben für die Tätigkeit einer Rechtsanwältin der Art der Vergütung iR der vorzunehmenden
Gesamtabwägung eine ausschlaggebende Bedeutung zu (vgl zur Bedeutung einer Vergütung nur in Form einer Umsatzbeteiligung Urteil
des Senats vom 13.12.2016, L 11 R 391/15, juris Rn 49 sowie Urteil vom 25.01.2022, L 11 BA 1015/20, Rn 37, juris). Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang davon ausgeht, dass die Beigeladene kein unternehmerisches Risiko
zu tragen hatte, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Festangestellte Rechtsanwälte haben im Gegensatz zu freien
Mitarbeitern bereits dann einen Anspruch auf Vergütung, wenn sie arbeitsbereit sind, dh sich an einem vom Arbeitgeber bestimmten
Ort (innerhalb oder außerhalb des Betriebs) bereithalten, um im Bedarfsfalle die Arbeit aufzunehmen. Die Arbeitsbereitschaft
eines Arbeitnehmers ist vergütungspflichtige Arbeit. Denn dazu zählt nicht nur jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung
eines fremden Bedürfnisses dient, sondern auch eine vom Arbeitgeber veranlasste Untätigkeit, während derer der Arbeitnehmer
am Arbeitsplatz oder an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle anwesend sein muss und nicht frei über die Nutzung des Zeitraums
bestimmen kann, er also weder eine Pause noch Freizeit hat (BAG 19.11.2014, 5 AZR 1101/12, BAGE 150, 82 Rn 16). Der Umstand, dass die Beigeladene nicht schon für eine bloße Arbeitsbereitschaft, sondern nur dann einen Anspruch
auf eine Vergütung hatte, wenn sie durch die Bearbeitung von Mandaten einen Honorarumsatz erzielte, ist nicht nur für eine
abhängige Beschäftigung untypisch. Dies begründet auch ein gewisses unternehmerisches Risiko. So trug die Beigeladene das
Risiko, die Kosten für ihre Berufshaftpflichtversicherung auch dann tragen zu müssen, wenn sie keinen Umsatz erzielt. Auch
bestand die Gefahr, dass sie viel Arbeitszeit für wenig lukrative Mandate aufwenden muss, außerdem trug sie das Risiko einer
mangelnden Zahlungsbereitschaft der Mandanten, wenn sie auf Vorschusszahlungen verzichtet. Soweit bei reinen Dienstleistungen
wie sie hier zu beurteilen sind für die Annahme von Selbständigkeit überhaupt ein unternehmerisches Risiko verlangt wird,
wäre ein solches Risiko auch in diesem Fall zwar nur dann ein Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko
auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder größere
Verdienstchancen gegenüberstehen (BSG 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, BSGE 120, 99-113). Genau dies war hier aber in geradezu klassischer Weise der Fall: Der Beigeladenen stand es frei, so viele Mandate zu
bearbeiten wie sie wollte. Die mit dem Kläger vereinbarte Vergütungsregelung war sogar darauf angelegt, die Beigeladene zur
Erreichung eines möglichst großen Umsatzes anzuhalten. Je höher der Umsatz der Beigeladenen war, desto höher war auch der
dem Kläger zustehend Betrag. Dass die Beigeladene aus eigenem Entschluss auf eine Mandantenakquise verzichtete, kann nicht
dem Kläger angelastet werden. Die Beigeladene stellte zudem die von ihren Mandanten geschuldete Vergütung diesen selbst in
Rechnung, konnte als zumindest in gewissen Umfang darüber befinden, ob sie alle erbrachten Leistungen von den Mandanten tatsächlich
einforderte. Soweit der Kläger die Abrechnungspraxis der Beigeladenen kritisiert haben sollte, vermag dies eine prägende Eingliederung
in die Arbeitsorganisation des Klägers nicht zu begründen. Mit kritischen Anmerkungen durch Kollegen müssen auch Partner einer
Kanzlei rechnen, wenn sie keine oder zu geringe Vorschusszahlungen verlangen oder angefallene Honorare nicht abrechnen.
Die Auffassung der Beigeladenen, der Kläger habe durch seine Gestaltung des Kanzleibriefkopfes, in welchem die Namensnennung
sämtlicher Anwälte ohne Einschränkungen erfolgt sei sowie durch das Kanzleischild, auf welchem ebenfalls sämtliche Anwälte
aufgeführt gewesen seien, für Außenstehende bzw Mandanten den Eindruck einer umfassenden Sozietät erweckt, trifft zu. Die
Beigeladene hat ihre Tätigkeit im Rechtsverkehr (Außenverhältnis) als gleichberechtigtes Mitglied (Sozia) der Anwaltssozietät
des Klägers wahrgenommen. Bei der Erteilung eines Anwaltsmandats handelt es sich in der Regel um ein sog unternehmensbezogenes
Geschäft. Demnach kommt zwar ein Anwaltsvertrag, zumal wenn er in einer Kanzlei geschlossen wurde, grundsätzlich nur mit demjenigen
Berufsträger zustande, der die Stellung des Kanzleiinhabers nach außen hin einnimmt (OLG Bamberg Hinweisbeschluss vom 13.2.2012,
4 U 205/11, BeckRS 2013, 5452). Der Mandatsvertrag kommt jedoch nach Rechtsscheingrundsätzen mit allen Sozien und Scheinsozien zustande.
Selbst der angestellte Anwalt, der nach außen wie ein Sozius agiert, gilt haftungsrechtlich als Sozius (BGH 21.07.2011, IV ZR 43/10, AnwBl 2011, 783). Diese Gestaltung des Kanzleibriefkopfes ist aber kein Indiz für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung mit dem Kläger
(Innenverhältnis). Ohne Erteilung einer Vollmacht, wäre die Bearbeitung eines von der Beigeladenen übernommenen Mandats durch
den Kläger nicht möglich gewesen. Eine Haftung nach Rechtsscheingrundsätzen ersetzt nicht die Erteilung einer Vollmacht durch
den Mandanten. Die Beigeladene hat zu keinem Zeitpunkt darauf hingewirkt, auf dem Briefkopf als angestellte Anwältin gekennzeichnet
zu werden. Daraus könnte allenfalls der Schluss gezogen werden, dass sie selbst von Anfang an - und für die gesamte Dauer
ihrer Tätigkeit beim Kläger - davon ausgegangen ist, eine selbständige Tätigkeit auszuüben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG i.V.m. § 154 Abs 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung ( VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden der Beklagten nicht auferlegt, da die Beigeladene im Berufungsverfahren
keine Anträge gestellt und damit auch kein Prozessrisiko auf sich genommen hat (§ 197a Abs 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs 3, 162 Abs 3 VwGO), im Klageverfahren ist sie mit dem von ihr gestellten Antrag - ebenso wie die Beklagte - letztendlich unterlegen, so dass
aus diesem Grund eine Kostenerstattung ausscheidet.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 2, 47 Gerichtskostengesetz. Die Höhe des Streitwerts entspricht dem Regelstreitwert von 5.000,00 €, da lediglich über das Bestehen eines abhängigen
Beschäftigungsverhältnisses und die hieraus folgende Sozialversicherungspflicht entschieden wurde.
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