Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten für eine stationäre medizinische Behandlung.
Der 1975 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Er beantragte telefonisch bei der Zeugin R. von
der Beklagten am 25.05.2016 die Übernahme der Kosten einer multimodalen Schmerztherapie im Schmerztherapiezentrum B. M. (im
Folgenden STZ). Die Zeugin R. bat um Zusendung der Unterlagen, um eine konkrete Prüfung vornehmen zu können (Bl 57 Senatsakte).
Der Kläger übersandte hierauf noch am selben Tag per E-Mail (Bl 6 Verwaltungsakte) die Krankenhauseinweisung des MVZ S. vom
18.05.2016 (irrtümlich 2017 datiert) sowie einen Kostenvoranschlag des STZ vom 20.05.2016 über einen krankenhausindividuellen
Pflegesatz von täglich 289,44 EUR (Abrechnung nach dem Krankenhausentgeltgesetz, OPS Version 2015 8.918.21).
Die Beklagte reagierte hierauf mit Schreiben vom 30.05.2016 (Bl 7 Verwaltungsakte) in welchem es unter dem fettgedruckten
Betreff "Kostenzusage für Krankenhausbehandlung" heißt:
"Wir bestätigen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen vorliegen.
Die Kosten werden bei Vorliegen der Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung in Höhe der vertraglich vereinbarten Fallpauschale
übernommen.
Voraussetzung hierfür ist, dass zum Zeitpunkt der Aufnahme eine Versicherung bei der m. besteht und die Behandlung in einem
zugelassenen Krankenhaus erfolgt."
Der Kläger trat hierauf am 06.06.2016 die Behandlung im STZ an. Bei der Aufnahme unterschrieb er eine Erklärung, wonach er
bis zur Kostenübernahme durch die Krankenkasse als Selbstzahler geführt werde (Bl 60 Senatsakte). Am 08.06.2016 gab es telefonische
Kontakte zwischen dem STZ und der Beklagten bzw dem Kläger mit der Beklagten (Bl 8-11 Verwaltungsakte) und es wurde offenbar,
dass das STZ die Behandlung als Privatklinik erbrachte. Der Kläger brach die Behandlung am 09.06.2016 ab und beantragte am
gleichen Tag bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für die Behandlung gemäß Rechnung vom 08.06.2016 (Bl 34 Verwaltungsakte)
in Höhe von 692,46 EUR sowie die Erstattung von Fahrtkosten für die An- und Abfahrt in Höhe von 96 EUR sowie für eine W-LAN-Berechtigung
im STZ in Höhe von 12,86 EUR. Außerdem begehrte er Auskunft darüber, weshalb die Kostenzusage widerrufen worden sei.
Mit Bescheid vom 10.06.2016 (Bl 16 Verwaltungsakte) lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten ab. Eine stationäre Behandlung
zu Lasten der Beklagten durch das STZ als Privatklinik sei nicht möglich. Das STZ hätte den Kläger nicht aufnehmen dürfen.
Es handele sich um ein Krankenhaus, das keine Zulassung zu Abrechnungen mit den gesetzlichen Krankenkassen habe. Das STZ hätte
den Kläger vor Aufnahme darüber aufklären müssen, dass es sich um eine reine Privatklinik ohne Zulassung zur Krankenhausbehandlung
im Sinne des §
39 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) handele und dass die Krankenkasse die Kosten der stationären Behandlung nicht übernehme.
Ebenfalls am 10.06.2016 führte die Beklagte beim Dienstleister MD-Medicus elektronisch eine Anfrage nach geeigneten zugelassenen
Kliniken durch, die am selben Tag beantwortet wurde (Bl 17-19 Verwaltungsakte). Mit Schreiben vom 13.06.2016 nannte die Beklagte
dem Kläger drei Kliniken mit Kassenzulassung.
Gegen den Bescheid vom 10.06.2016 erhob der Kläger mit Schreiben vom 14.06.2016 Widerspruch. Für ihn sei es nicht erkennbar
gewesen, dass es sich bei der Zusage der Beklagten vom 30.05.2016 tatsächlich um eine Ablehnung der Kostenübernahme für die
Krankenhausbehandlung in der konkreten Klinik gehandelt habe, da er doch ganz konkret wegen der Behandlung im STZ angefragt
habe. Die Bedeutung der Formulierung "zugelassenes Krankenhaus" im Schreiben der Beklagten vom 30.05.2016 habe er nicht erkennen
können. Natürlich sei er als Laie davon ausgegangen, dass ein Krankenhaus eine Zulassung habe. Im STZ würden im Übrigen nach
seiner Kenntnis auch Kassenpatienten behandelt; auf einer Klinikbewertungsseite im Internet äußerten sich viele Kassenpatienten.
Es bestehe der Anschein, dass seine konkrete Anfrage von der Beklagten nur oberflächlich bearbeitet worden sei.
Die Beklagten beauftragte am 15.06.2016 den Medizinische Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) mit einer
Begutachtung und lehnte mit Bescheid vom 22.06.2016 (Bl 40 Verwaltungsakte) nochmals eine Erstattung der Kosten ab, da es
sich nicht um eine nach §
108 SGB V zugelassene Klinik handele. Ergänzend teilte sie dem Kläger mit Schreiben vom 27.07.2016 mit, dass das STZ nur hinsichtlich
stationärer Krankenhausbehandlungen eine Privatklinik sei, sehr wohl bewillige und zahle die Beklagte hingegen Behandlungen
im Rahmen einer stationären Rehabilitation, da mit dem STZ insoweit Versorgungsverträge bestünden.
Im Gutachten vom 22.06.2016 (Bl 43 Verwaltungsakte) verneinte Dr. S. vom MDK die medizinischen Voraussetzungen für die Erbringung
der Leistung im STZ, weil eine Ausschöpfung aller Möglichkeiten der ambulanten Behandlung unklar sei. Bei Erforderlichkeit
einer stationären Krankenhausbehandlung könnte eine multimodale Schmerztherapie in Vertragskliniken der gesetzlichen Krankenversicherung
erfolgen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2016 (Bl 58 Verwaltungsakte) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid
vom 10.06.2016 zurück. Das STZ sei kein zugelassenes Krankenhaus und habe keinen Versorgungsvertrag für eine stationäre Krankenhausbehandlung
nach §
108 Nr 3
SGB V iVm §
109 SGB V. Die medizinische Notwendigkeit der Behandlung in einer Privatklinik sei anhand der vorliegenden Unterlagen nicht erkennbar.
Ein Notfall habe nicht vorgelegen. Es stünden ausreichend geeignete Kliniken mit Kassenzulassung zur Verfügung, die den Kläger
zur stationären Behandlung aufnehmen könnten. Eine Erstattung von Fahrkosten könne nur bei stationär erbrachten Leistungen
erfolgen, die von der Krankenkasse übernommen würden. Diese Voraussetzungen seien für die Fahrtkosten zum STZ nicht erfüllt.
Eine Erstattung der Zusatzkosten für die W-LAN-Nutzung sei gesetzlich nicht vorgesehen.
Hiergegen hat der Kläger am 29.08.2016 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Die Beklagte habe ihm mit Schreiben vom 30.05.2016 eine Kostenzusage auf der Grundlage des von ihm eingereichten
Kostenvoranschlages und der ärztlichen Einweisung zur stationären Behandlung erteilt. Hierauf habe er vertrauen dürfen, insbesondere
auch darauf, dass die Beklagte den Kostenvoranschlag prüfe. Er habe einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Behandlung
im Schmerztherapiezentrum B. M ... Die Voraussetzungen des §
13 Abs
2 Satz 6
SGB V seien gegeben. Außerdem ergebe sich ein Anspruch aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Die Beklagte habe ihre Hinweispflichten
dadurch verletzt, dass das Schreiben vom 30.05.2016 nicht hinreichend deutlich formuliert habe, dass es gerade keine konkrete
Kostenzusage für das Schmertherapiezentrum B. M. enthalte. Die Beklagte habe pflichtwidrig die Zulässigkeit einer Kostenübernahme
für das konkrete Schmerztherapiezentrum B. M. vor Erlass der Kostenzusage nicht geprüft. Wäre dies erfolgt, hätte die Beklagte
erkannt, dass es sich bei dem STZ nicht um ein zugelassenes Krankenhaus handele.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie ist der Auffassung, nach der Gesetzeslage sei die Erstattung von Kosten stationärer
Behandlung in reinen Privatkliniken durch die gesetzliche Krankenversicherung möglich, wenn der gesetzlich Versicherte den
Kostenerstattungsmodus im Sinne von §
13 Abs
2 SGB V gewählt habe, medizinische oder soziale Gründe, die eine Inanspruchnahme einer reinen Privatklinik rechtfertigten und eine
zumindest gleichwertige Versorgung wie in zugelassenen Einrichtungen gewährleistet sei (vgl. §
13 Abs
2 Satz 4
SGB V). Es handele sich um eine Ermessensentscheidung des jeweiligen Trägers der gesetzlichen Krankenkasse. Im Fall des Klägers
sei die medizinische Notwendigkeit der Behandlung in einer Privatklinik nicht erkennbar. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch
des Klägers liege nicht vor. §
13 Abs
3 SGB V enthalte eine spezielle und abschließende gesetzliche Regelung für den Bereich des Krankenversicherungsrechts. Im Übrigen
habe der Kläger die Entscheidung der Krankenkasse vom 10.06.2016 nicht abgewartet, sondern sich unmittelbar nach Vorlage des
Bescheids vom 30.05.2016 die Behandlung selbst beschafft. Im Bescheid vom 30.05.2016 sei ausdrücklich darauf hingewiesen,
dass sich die Kostenübernahme auf ein zugelassenes Klinikum beschränke.
Mit Urteil vom 21.02.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Behandlung im Schmerztherapiezentrum
B. M ... Die Ablehnung der Kostenübernahme der Beklagten im angefochtenen Bescheid sei rechtmäßig und verletze den Kläger
nicht in seinen Rechten. Er könne sich nicht auf eine Zusicherung berufen, da das Schreiben der Beklagten vom 30.05.2016 lediglich
eine "Kostenzusage für Krankenhausbehandlung" ohne Bezug auf eine konkrete Einrichtung formuliert habe, und mit dem Vorbehalt
versehen gewesen sei, dass die Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolge. Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach
§
13 Abs
3 Satz 1
SGB V bestehe nicht, da die Schmerztherapie nicht unaufschiebbar gewesen sei und die Beklagte eine Leistung zu Unrecht abgelehnt
habe, sondern der Kläger bereits zuvor den Beschaffungsweg nicht eingehalten habe. Er habe sich die Leistung selbst beschafft,
ohne die Entscheidung der Beklagten abzuwarten. Er habe auch keinen Sachleistungsanspruch auf die begehrte Leistung gehabt,
da das Schmerzzentrum nicht zur kassenärztlichen Versorgung zugelassen sei. Die Beklage habe den Kläger auch zeitnah drei
zugelassene Krankenhäuser benannt, in denen er die Schmerztherapie hätte durchführen können. Ein Anspruch aus §
13 Abs
3a SGB V bestehe nicht, da die Beklagte die erforderlichen Fristen eingehalten habe. Der vom Kläger geltend gemachte sozialrechtliche
Herstellungsanspruch greife nicht, da er nicht zur Zuerkennung einer Leistung führen könne, auf die der Kläger ohne Pflichtverletzung
der Beklagten keinen Anspruch gehabt hätte. Überdies regle §
13 Abs
3 SGB V den auf dem Herstellungsgedanken beruhenden Kostenerstattungsanspruch im Krankenversicherungsrecht abschließend. Es könne
offenbleiben, ob ein Beratungsfehler der Beklagten - soweit er überhaupt anzunehmen sei - Ursache für die Entstehung von Behandlungskosten
im Schmerztherapie-Zentrum geworden sei. Ein Anspruch auf Erstattung von Fahrkosten nach §
60 Abs
1 Satz 1
SGB V bestehe nicht.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 27.02.2017 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 21.03.2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat er sein bisheriges
Vorbringen vollumfänglich aufrechterhalten und weiter vertieft. Der Kostenerstattungsanspruch ergebe sich zum einen aus §
13 Abs
2 SGB V. Die Beklagte habe bei Antragstellung gewusst, dass er ambulante Therapiemaßnahmen ausgeschöpft habe und eine stationäre
Maßnahme indiziert gewesen sei. Hierzu hätte die Beklagte ihre Zustimmung erteilen müssen. Das Schreiben vom 30.05.2016 sei
aus seiner Laiensphäre als Kostenzusage anzusehen gewesen. Das Schreiben sei so formuliert, dass aus dem subjektiven Empfängerhorizont
eines Laien eine Kostenzusage enthalten gewesen sei. Er habe zuvor nicht nur eine allgemeine Anfrage an die Beklagte gestellt,
sondern konkret um Kostenübernahme für eine konkrete Leistung in einer konkreten Einrichtung gebeten. Hierauf habe er das
Schreiben mit der Überschrift "Kostenzusage für Krankenhausbehandlung" erhalten. Aufgrund seines konkreten Antrages hätte
die Beklagte prüfen müssen, ob die Voraussetzungen der beantragten Leistung gegeben seien und ihn entsprechend informieren
müssen. Hätte die Beklagte die Angelegenheit ordnungsgemäß geprüft, hätte sie aller Wahrscheinlichkeit nach nicht das Schreiben
vom 30.05.2016 versandt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.02.2017 und den Bescheid der Beklagten vom 10.06.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 12.08.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Kosten für die Behandlung im Schmerztherapiezentrum B. M. in Höhe
von 692,46 EUR, Fahrkosten (An- und Abfahrt) zum Therapiezentrum in Höhe von 96 EUR sowie die Kosten für W-LAN in Höhe von
12,86 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat auf die Entscheidungsgründe des Urteils des SG Bezug genommen. Soweit der Kläger vorbringe, dass der Bescheid vom 30.05.2016 in seinem Wortlaut für den Kläger aus seiner
Laiensphäre eine Kostenzusage enthalte, könne dem nicht gefolgt werden. Im letzten Satz werde ausdrücklich erwähnt, dass die
Voraussetzung für eine Kostenübernahme sei, dass zum Zeitpunkt der Aufnahme eine Versicherung bei der Beklagten bestehe sowie
dass die Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus zu erfolgen habe.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung einer schriftlichen Zeugenauskunft der Frau S. R. vom Schmerztherapiezentrum
B. M. (Blatt 58 Senatsakte).
Die Beklagte hat eine dienstliche Stellungnahme der Mitarbeiter N. R. vom 13.06.2017 vorgelegt (Blatt 57 Senatsakte).
In einem Erörterungstermin am 13.10.2017 hat der Berichterstatter die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten eingehend erörtert
(Bl 70 ff. Senatsakte) und die Mitarbeiterin der Beklagten N. R. als Zeugin gehört. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung
ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die
beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Die Berufung des Klägers hat überwiegend Erfolg.
Bei dem Schreiben vom 30.05.2016 hat es sich nicht um eine bloße Auskunft gehandelt. Auskunft und Genehmigung unterscheiden
sich nach Inhalt und Wirkung voneinander (vgl zur Unterscheidung Auskunft und Zusicherung etwa BSG 08.12.1993 - 10 RKg 19/92, SozR 3-1300 § 34 Nr 2). Bei einer Auskunft handelt es sich um eine "Wissenserklärung", die sich in der Mitteilung des Wissens erschöpft und
sich vom Verwaltungsakt durch das Fehlen eines Regelungswillens unterscheidet. Hingegen hat die Beklagte im Schreiben vom
30.05.2016 ihre Zustimmung "Kostenzusage" zu der beantragten Leistung ("für Krankenhausbehandlung") zum Ausdruck gebracht.