LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.10.2015 - 4 KR 3748/13
Vergütung für Leistungen einer stationären Krankenhausbehandlung; Übernahme einer allogenen Blutstammzellentransplantation
als Behandlungsmethode zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen einer grundrechtsorientierten Auslegung einer
Regelung des SGB V
Zum (hier bejahten) Anspruch eines Krankenhauses auf Vergütung bei einer allogene Blutstammzellen Transplantation aufgrund
der grundrechtsorientierten Auslegung der Regelungen des SGB V.
1. Zum (hier bejahten) Anspruch eines Krankenhauses auf Vergütung bei einer allogenen Blutstammzellentransplantation aufgrund
der grundrechtsorientierten Auslegung der Regelungen des SGB V.
2. Die grundrechtsorientierte Auslegung einer Regelung des SGB V über einen Anspruch auf Übernahme einer Behandlungsmethode zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung setzt voraus, dass
drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung
oder wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vor. Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem
Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht
allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung
oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf" (hier: Behandlung einer akuten myeloischen
Leukämie aus myelodysplastischem Syndrom mit der allogenen peripheren Blutstammzelltransplantation). [Amtlich veröffentlichte
Entscheidung]
Normenkette: ,
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KHEntgG § 11 ,
KHEntgG § 2 Abs. 2 S. 1 ,
KHEntgG § 7 S. 1 Nr. 1 ,
KHEntgG § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ,
KHG § 17b Abs. 1 ,
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Vorinstanzen: SG Stuttgart 18.06.2013 S 9 KR 3040/09
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. Juni 2013 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe,
dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin für die stationäre Behandlung der Versicherten Karin Habermehl weitere
€ 59.120,22 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 13. Juni 2008 zu zahlen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf € 59.321,64 festgesetzt.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung für Leistungen der stationären Krankenhausbehandlung des klagenden Hochschulklinikums
für die bei der Beklagten krankenversichert gewesene, 1953 geborene K. H. (im Folgenden: Versicherte) vom 14. November 2005
bis 29. Januar 2006 in Höhe von zuletzt noch € 59.120,22 Euro.
Im Oktober 2005 wurde bei der Versicherten eine akute myeloische Leukämie (AML) aus myelodysplastischem Syndrom (MDS) diagnostiziert.
Bei der Behandlung wurde auf eine Standardinduktionstherapie verzichtet und stattdessen eine allogene Blutstammzelltransplantation
als Therapieansatz verfolgt. Nachdem sich beide Schwestern und die Tochter der Versicherten nicht als HLA-identisch erwiesen,
wurde die Suche nach einem Fremdspender eingeleitet. Der Karnofsky-Index (eine Skala, mit der symptombezogene Einschränkungen
der Aktivität, Selbstversorgung und Selbstbestimmung bei Patienten mit bösartigen Tumoren bewertet werden können) betrug im
Oktober 2005 90% (geringfügig verminderte Aktivität und Belastbarkeit, geringe Krankheitssymptome). Im November 2005 trat
eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes der Versicherten ein. Der nachweisbare Blastenanteil lag bei über 30% bei 9%
Blasten im periferen Blut und Panzytopenie. Die Versicherte wurde am 14. November 2005 erneut stationär zur Einleitung einer
Induktionschemotherapie aufgenommen. Der Karnofsky-Index betrug 80% (normale Aktivität nur mit Anstrengung, einige Krankheitssymptome).
Die Therapie wurde im Rahmen der AML SG 07/04-Studie nach dem ICE-Protokoll mit Valproat und ATRA durchgeführt. Anschließend ergaben die histologischen Untersuchung
eine Blastenpersistenz. Es wurde von einem primären Induktionsversagen ausgegangen und anschließend eine Therapie mit Danupricien
und Arac eingeleitet. Der Allgemeinzustand der Versicherten verbesserte sich. Die Leukämie-Parameter gingen zurück (Bericht
des Prof. Dr. M. vom 15. November 2005 über die vom 14. November 2005 bis 11. Januar 2006 beim Kläger erfolgte stationäre
Behandlung). Am 11. Januar 2006 wurde die Versicherte zur Durchführung einer allogenen Stammzelltransplantation auf eine andere
Station des Klägers verlegt. Der Karnofsky-Index belief sich auf 50% (erhebliche Unterstützung und Pflege, ärztliche Hilfe
erforderlich) (Bericht des Prof. Dr. F. vom 30. Januar 2006 über die vom 11. bis 29. Januar 2006 beim Kläger erfolgte stationäre
Behandlung). Der Allgemeinzustand der Versicherten zum Zeitpunkt der Verlegung wurde im Bericht vom 15. November 2005 als
ordentlich, im Bericht vom 30. Januar 2006 als deutlich reduziert beschrieben.
Nach - von der Versicherten problemlos vertragener - Konditionierung mit dem intensitätreduzierten Konditionierungsprotokoll
FBM (Flurdarabin, BCNU, Melphalan) wurde am 20. Januar 2006 eine allogene periphere Blutstammzellentransplantation durchgeführt.
Wenige Tage danach bildete sich ein septisches Krankheitsbild mit beginnendem Organversagen. Die Versicherte verstarb am 2006
auf Grund respiratorischer Insuffizienz bei Pneumonie und Sepsis (Bericht des Prof. Dr. F. vom 30. Januar 2006). In diesem
Bericht führte Prof. Dr. F. unter anderem aus, aufgrund des schlechten Ansprechens der konventionellen Chemotherapie und der
bestehenden ausgeprägten Hochrisikosituationen mit sekundärer AML bei hochkomplexem aberanntem Karyotyp sei die Indikation
zur allogenen Blutstammzelltransplantationen gestellt worden. Diese Therapieform stelle nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft
in der vorliegenden Situation die einzige kurative Behandlungsoption dar. Nach ausführlicher mündlicher und schriftlicher
Aufklärung über Nutzen sowie Risiken und Nebenwirkungen der geplanten Konditionierung und Transplantation habe die Versicherte
in die Therapie eingewilligt. Die Versicherte und Prof. Dr. F. hatten bereits unter dem 13. September 2005 eine "Aufklärungs-
und Einverständniserklärung über die allogene Knochenmark- bzw. periphere Blutstammzelltransplantation" unterzeichnet.
Für die stationären Behandlungsleistungen vom 14. November 2005 bis 29. Januar 2006 stellte der Kläger unter dem 13. Februar
2006 der Beklagten € 133.596,44 (€ 133.981,80 abzüglich € 385,36 für den Abschlag für die integrierte Versorgung) in Rechnung.
Sie kodierte die Diagnosis related Group (DRG) nach dem Fallpauschalen-Katalog 2005 A04C (Knochenmarktransplantation/Stammzelltransfusion,
allogen, ohne in-vitro-Aufbereitung, HLA-verschieden) und berechnete unter anderem das Zusatzentgelt für Stammzellfremdbezug
76008090. Im der Beklagten übermittelten Datensatz nannte sie als Diagnosen nach dem ICD-10 (Version GM 2005) unter anderem
C 92.00 (AML ohne Angabe einer [kompletten] Remission) sowie für den 20. Januar 2006 die OPS-Prozedur (Version GM 2005) 8-805.30
(Transfusion von peripher gewonnenen allogenen nicht-HLA-identischen hämatopoetischen Stammzellen eines nichtverwandten Spenders
ohne In-vitro-Aufbereitung). Ferner stellte das Zentrale Knochenmarkspenderregister der Beklagten € 6.700,00 unter dem 8.
Juni 2005 in Rechnung. Die Rechnung des Klägers beglich die Beklagte zunächst vollständig und beauftragte den Medizinischen
Dienst der Krankenkassen (MDK) Baden-Württemberg mit einer sozialmedizinischen Begutachtung, worüber der MDK den Kläger mit
Schreiben vom 22. Februar 2006 unterrichtete und in der Folge beim Kläger u.a den Nachweis anforderte, dass die Versicherte
im Rahmen eines Studienprotokolls mit den Anlagen Votum der Ethikkommission, Krankenversicherung und Einverständnis einer
durchgeführten Aufklärung behandelt worden sei. Dr. Dr. E. führte in seinem Gutachten vom 7. September 2006 aus, die Behandlung
der Versicherten im Rahmen einer fremd-allogenen Blutstammzelltransplantation sei nur erstattungsfähig, wenn die Versicherte
im Rahmen eines Studienprotokolls behandelt worden wäre. Ein solcher Nachweis liege auch nach Anforderung nicht vor. Die Granulozytentransfusion,
die einen Tag vor dem Tod der Versicherten stattgefunden habe, sei nicht zu beanstanden. Diese Behandlung sei im Rahmen einer
Studie durchgeführt worden. Eine unterzeichnete Patientenaufklärung mit Ethikvotum und Probandenversicherung liege vor. Insoweit
seien die Vorgaben der Transfusionsrichtlinien der Bundesärztekammer eingehalten worden. Den weiteren Gutachtensauftrag der
Beklagten leitete er an das Kompetenz Centrum Onkologie des MDK Nordrhein weiter.
Internist und Hämatologe Prof. Dr. H. führte als Gutachter des MDK Nordrhein (Gutachten vom 26. Januar 2007) aus, der Nutzen
der durchgeführten fremd-allogenen Stammzelltransplantation sei bei der Versicherten nicht gesichert. Angesichts von sechs
unabhängigen, ungünstigen Prognosefaktoren, die die Versicherte aufgewiesen habe, habe ein maximales Risiko für tödliche Komplikationen
im Rahmen der Transplantationsbehandlung bestanden. Selbst im Falle des Überlebens der Versicherten, hätte noch ein hohes
Risiko für einen Rückfall bestanden. Eine realistische Heilungschance habe nicht bestanden, sodass außerhalb klinischer Studien
die Empfehlung für eine solche Behandlung nicht vertretbar gewesen sei. Bei Behandlungen mit gesichertem Nutzen, insbesondere,
wenn sie mit einem maximalen Risiko für tödliche Komplikationen verbunden seien, müssten die Patientenschutzrechte nach dem
Arzneimittelgesetz (AMG) und den EU-weit anerkannten Good Clinical Practice (GCP)-Standards beachtet werden. Diese sähen u. a. ein klinisches Prüfprotokoll,
welches mit einer Ethikkommission beraten werde, den Abschluss einer Probandenversicherung sowie die Einwilligung der Patienten
zur Teilnahme an der Studie nach ausführlicher Aufklärung vor. Deshalb sei die Voraussetzung im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts
(BVerfG) vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98, in [...]), es müsse eine nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf
bestehen, nicht gegeben. Vielmehr sei genau das Gegenteil richtig. Im Ergebnis schloss sich Prof. Dr. H. der Bewertung des
Dr. Dr. E. an. Zwar habe die Notwendigkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung bestanden; allerdings seien der OPS-Code
für allogene Stammzelltransplantationen zu streichen und die sich dann ergebende DRG-Pauschale für die stationäre Behandlung
vom 14. November 2005 bis 29. Januar 2006 zuzuordnen. Überdies empfahl er das Zusatzentgelt für die Transplantatbeschaffung
nicht anzuerkennen, da diese Leistung nur im Rahmen der allogenen Stammzelltransplantation notwendig gewesen sei und hierfür
ebenfalls die Voraussetzungen des Fünften Buch Sozialgesetzbuchs ( SGB V) nicht erfüllt worden seien.
Mit Schreiben vom 13. Februar 2007 machte die Beklagte eine nicht bezifferte Rückforderung für die stationären Behandlungskosten
sowie für die weiteren € 6.750,00 für Suchkosten nicht verwandter Blutstammzellenspender vom Kläger geltend.
Unter dem 20. März 2007 (bei der Beklagten eingegangen am 19. April 2007) nahm der Kläger Stellung. Der die Versicherte behandelnde
Prof. Dr. F., Leitender Oberarzt der Abteilung Innere Medizin, Schwerpunkt Onkologie, des Klägers, führte aus, die Argumentation
des MDK sei nicht schlüssig. Einzige Chance auf Heilung (wenn auch nicht garantiert) sei die allogene Stammzelltransplantation
gewesen. Die Behandlung sei nach einem etablierten Konditionierungsmodell, das über Jahre bei ihm als Studienprotokoll laufe,
durchgeführt worden. Das Risiko eines septischen Schubs mit letaler Folge bestehe sowohl nach konventioneller als auch nach
einer Transplantationstherapie. Entgegen der Auffassung des Prof. Dr. H. habe eine realistische Chance auf Heilung bestanden.
Es gebe umfangreiche Literatur aus den letzten 20 Jahren, aus der sich ergebe, dass Patienten mit chemorefraktärer Leukämie
durch allogene Transplantation, insbesondere auch von einem nicht verwandten Spender, eine Chance von mehr als 20% Langzeitüberleben
und damit eine Chance auf Heilung hätten.
In einem weiteren Gutachten des MDK Nordrhein (vom 12. November 2007) wiederholte Prof. Dr. H. seine zuvor geäußerte Auffassung.
Zwar sei die von Prof. Dr. F. genannte Heilungschance von 20% oder mehr grundsätzlich zutreffend, allerdings aufgrund der
ungünstigen Konstellation der Prognosefaktoren nicht bezogen auf den vorliegenden Fall. Die allogene Stammzelltransplantation
im Januar 2006 sei außerhalb einer klinischen Studie durchgeführt worden. Schließlich habe ein gravierender Verstoß gegen
Patientenschutzrechte vorgelegen. Im Behandlungskonzept der fremd-allogenen Stammzelltransplantation durch den Kläger seien
nicht zugelassene Medikamente in einer neuen Kombination eingesetzt worden. Nach den Vorschriften des AMG seien entsprechende Erprobungen von Behandlungen und Arzneimitteln nur dann zulässig, wenn die Bestimmungen zum Patientenschutz
nach §§ 40 bis 42a AMG eingehalten würden. Dies sei, wie der Kläger bestätigt habe, nicht der Fall.
Mit Schreiben vom 22. November 2007 teilte die Beklagte dem Kläger daraufhin mit, sie halte an der angekündigten Rückforderung
fest, ohne diese allerdings zu beziffern. Die Beklagte verrechnete den Rechnungsbetrag zunächst vollständig, zahlte dann aber
Teilbeträge in Höhe von € 72.082,69 und € 2.393,53. Die Beklagten kürzte die Rechnung des Klägers um die OPS-Prozedur 8-805.30
und das Zusatzentgelt für Stammzellenfremdbezug 76008090, woraus sich die DRG R60A (AML mit Chemotherapie, mit komplizierender
Diagnose oder Dialyse oder Portimplantation) ergab.
Der Kläger erhob am 1. Dezember 2008 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG), das mit Beschluss vom 27. April 2009 den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Stuttgart (SG) verwies.
Zur Begründung seiner Klage, mit der er die Zahlung von weiteren € 59.321,64 begehrte, trug er vor, ihm stehe ein Anspruch
auf die volle Vergütung entsprechend seiner Rechnung vom 13. Februar 2006 zu. Die von der Beklagten gegen die Abrechnung der
allogenen Blutstammzelltransplantation vorgebrachten Einwendungen griffen nicht durch. Unter Bezugnahme auf seine Ausführungen
vor Klagerhebung verwies er darauf, die von Prof. Dr. H. erstatteten Gutachten seien in sich widersprüchlich. So habe Prof.
Dr. H. in seinem Gutachten vom 26. Januar 2007 dargelegt, die einzige Heilungschance für Patienten mit primärer refraktärer
AML stelle prinzipiell die allogene Stammzelltransplantation dar. Konstant werde über eine krankheitsfreie Überlebensrate
nach fünf Jahren von 10 bis 20% berichtet. In Anbetracht der Tatsache, dass die Patienten ohne allogene Stammzelltransplantation
versterben würden, rechtfertige diese Überlebenschance die finanziellen, emotionalen und psychischen Anstrengungen. Im Gegensatz
hierzu komme er zu dem Ergebnis, der Nutzen der im vorliegenden Fall durchgeführten Behandlung mit allogener Stammzelltransplantation
bei nicht-verwandtem Spender sei nicht gesichert. Vielmehr habe bei der Versicherten im Hinblick auf die ungünstigen Prognosefaktoren
ein maximales Risiko für tödliche Komplikationen im Rahmen der Transplantationsbehandlung bestanden. Eine realistische Heilungschance
sei nicht vorhanden gewesen. Demgegenüber ergebe sich aus der Stellungnahme des Prof. Dr. F. (vom 20. März 2007) die Kernaussage,
bei der allogenen Stammzelltransplantation handelte es sich um die einzig akzeptierte (wenn auch nicht garantierte) Chance
auf Heilung. Im Übrigen seien die von Prof. Dr. H. herangezogenen und zitierten Prognosefaktoren zwischenzeitlich größtenteils
überholt. In diesem Zusammenhang legte er einen Indikationskatalog der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Knochenmark- und
Blutstammzelltransplantation vom 29. November 2004 sowie weitere medizinische Veröffentlichungen vor. Ferner überreichte er
die Patientenakte, die zum Zeitpunkt der Erkrankung der Versicherten geltenden Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie
und Onkologie sowie ergänzende Stellungnahmen des Prof. Dr. F. vom 21. August 2009 nebst Literaturnachweisen. Im Übrigen wies
er unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Februar 2003 (B 1 KR 1/02 R, in [...]) darauf hin, dass die allogene Stammzelltransplantation bei AML nicht ausgeschlossen sei. Dies habe eine Anfrage
beim Gemeinsamem Bundesausschuss (GBA) ergeben. Ferner trug er vor, die Behandlung sei nicht nach § 137c SGB V ausgeschlossen, da die Beurteilung des GBA nach § 135 Abs. 1 SGB V auch Geltung für den stationären Bereich beanspruche. Insofern komme es nicht darauf an, ob es sich um einen individuellen
Heilversuch oder eine Studie gehandelt habe oder Patientenschutzrechte verletzt worden seien. Letztlich stehe ihm ein Anspruch
nach dem genannten Beschluss des BVerfG vom 6. Dezember 2005 zu. Ob in dem der Beklagten übermittelten Datensatz nicht alle
Leistungen zutreffend enthalten seien und die Beklagte diese Einwendungen noch sieben Jahre nach Zugang der Rechnung erheben
könne, könne dahinstehen, da dies keine Relevanz auf die Vergütungshöhe habe. Die Beklagte könne hieraus kein Leistungsverweigerungsrecht
herleiten, weil die Abrechnung formell ordnungsgemäß gewesen sei.
Die Beklagte trat der Klage unter Bezugnahme auf die Gutachten des Prof. Dr. H. und Verweis auf die Bestimmungen zur Unterrichtung
und Einwilligung von Patienten nach den Richtlinien zur Transplantation peripherer Blutstammzellen der Bundesärztekammer entgegen.
Ferner legte sie ein weiteres Gutachten des Prof. Dr. H. vom 28. September 2009 vor. Prof. Dr. H. führte darin aus, die vom
BSG (Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - , in [...]) geforderte größere Wahrscheinlichkeit eines Nutzens gegenüber einem Schaden müsse vorliegend gegen eine Behandlung
mit einer fremd-allogenen Stammzelltransplantation sprechen. Auch der von Prof. Dr. F. vorgelegten Eigenpublikation sei entgegen
zu halten, dass es sich bei der dargestellten Fünf-Jahres-Überlebensrate um einen Mittelwert handele. Selbstverständlich sei
davon auszugehen, dass durch die allogene Transplantation Patienten geheilt worden seien. Allerdings hätten diese eine deutlich
günstigere Risikofaktorkonstellation aufgewiesen als die Versicherte. Des Weiteren vertrat sie die Auffassung, zur Verweigerung
der Zahlung des gesamten Rechnungsbetrags berechtigt gewesen zu sein, weil der Kläger in dem ihr übermittelten Datensatz den
zweimaligen Chemotherapieblock falsch kodiert und sie nicht vollständig und damit nicht ordnungsgemäß über abgerechnete Dialyse-Zusatzentgelte,
Leistungen sowie Umstände und Verlauf der Krankenhausbehandlung informiert habe.
Das SG beauftragte Prof. Dr. Kr. mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens. In seinem Gutachten vom 17. Dezember 2012
führte er aus, eine allogene Blutstammzelltransplantation sei zum Zeitpunkt der Transplantation medizinisch indiziert gewesen.
Diese Indikation habe bereits zum Zeitpunkt der Diagnose im Mai 2005 bestanden. Da zum damaligen Zeitpunkt kein passender
Familienspender vorgelegen habe, sei die Suche nach einem passenden unverwandten Spender begonnen worden. Während dieser Zeit
habe sich die Krankheit weiter fortentwickelt und es sei zu einem Anstieg der unreifen Zellen (Blasten) gekommen, die nun
ca. 30% der Zellen ausmachten. Damit habe definitionsgemäß eine transformierte AML auf dem Boden eines MDS vorgelegen. Anschließend
sei mit einer chemotherapeutischen Behandlung begonnen worden, deren Ziel es gewesen sei, vor der geplanten Transplantation
die Anzahl der Blasten zu reduzieren, um das Rückfallrisiko nach der geplanten Transplantation damit zu senken. Dieses Ziel
sei nicht erreicht worden, obschon zumindest ein Anstieg der Blasten nach den vorliegenden Unterlagen habe verhindert werden
können. Die Lebenserwartung der Versicherten habe sich im Vergleich zur Diagnosestellung signifikant verschlechtert, aber
auch die Erfolgsaussichten einer allogenen Blutstammzelltransplantation. Unter Berücksichtigung der Faktoren nicht voll HLA-passender
Fremdspender, persistierende Blasten und reduzierter Allgemeinzustand der Versicherten, sei die Wahrscheinlichkeit nach einer
sogenannten toxizitäts-reduzierten Konditionierung an den Folgen der Transplantation zu versterben ca. 40% und die Wahrscheinlichkeit,
dass die Krankheit trotz der Transplantation im weiteren Verlauf wieder auftritt, ebenfalls 40 bis 45%. Die Wahrscheinlichkeit,
dass die Versicherte durch die Blutstammzelltransplantation vom unverwandten Spender dauerhaft geheilt werde, habe zu diesem
Zeitpunkt ca. 15% betragen. Dieses habe es abzuwägen gegolten mit der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Therapiealternative,
welche nur noch in einer palliativen Therapie mit 0% Wahrscheinlichkeit dauerhaft geheilt zu werden und einem Sterblichkeitsrisiko
in den nächsten sechs Monaten von nahezu 100% bestanden habe. Unter Abwägung der relativ niedrigen Überlebenschancen und der
Risiken nach Transplantation mit der palliativen Alternative, sei eine Indikation zur Transplantation bei der Versicherten
gegeben gewesen. Eine alternative Standardtherapie habe nicht zur Verfügung gestanden. Allein ein palliativer Ansatz, d. h.
Schmerzlinderung, Infektionsbehandlung, Blutzellersatz mit dem Ziel, die gering verbleibende Lebenszeit möglichst ohne großes
Leiden erträglich zu gestalten, sei möglich gewesen. Ebenfalls weise er darauf hin, dass sich durch verbesserte supportive
Maßnahmen die Ergebnisse der Familien- und der Fremdspendertransplantation in den letzten Jahren weitgehend angeglichen hätten.
Sollte jedoch der Fremdspender einen HLA-mismatch, wie im vorliegenden Fall, ausweisen, seien die transplantationsbedingten
Komplikationen höher als bei einem vollkompatiblen Spender. Die Transplantation von refraktären Leukämien sei umfangreich
dokumentiert und zeige konstante Langzeitüberlebenschancen von 10 bis 20%. Im Ergebnis sei damit die DRG für eine allogene
Blutstammzelltransplantation sowie das Zusatzentgelt für den Stammzellenfremdbezug durch der Kläger abzurechnen gewesen. Grundsätzlich
seien die Gutachten des MDK und der Vortrag des Klägers ähnlich, sie unterschieden sich jedoch substanziell in der Bewertung.
Die Beklagte wandte zu dem Gutachten ein, dieses sei nur eingeschränkt verwertbar, weil es die Vorgaben der maßgeblichen Richtlinien
zur Transplantation peripherer Blutstammzellen der Bundesärztekammer nicht einbeziehe.
Mit Urteil vom 18. Juni 2013 verurteilte das SG die Beklagte, an der Kläger für die stationäre Behandlung der Versicherten weitere € 59.321,46 zuzüglich Zinsen i. H. v.
fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13. Juni 2008 zu zahlen. Die Zahlungspflicht der Krankenkasse
entstehe unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, die
vereinbarten Entgelte zu zahlen, da die vollstationäre Versorgung im Krankenhaus durchgeführt und auch tatsächlich erforderlich
gewesen sei. Die durchgeführte allogene Blutstammzelltransplantation habe bei verfassungskonformer Auslegung der gesetzlichen
Bestimmungen insbesondere dem Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V entsprochen. Ein Recht der Beklagten, den Vergütungsanspruch des Klägers mit der Begründung zu verneinen, die angewandte
Methode sei noch nicht ausreichend erprobt und daher die Teilnahme an einer Studie zwingend nachzuweisen, sei nicht möglich.
Krankenhäuser seien nach der gesetzlichen Regelung des § 137c SGB V in der Methodenwahl der stationären Behandlung jedenfalls zunächst nicht beschränkt. Es bestehe insoweit ein Erlaubnis mit
Verbotsvorbehalt. Innovationen im stationären Bereich kämen solange zulässigerweise zum Einsatz, bis sie durch einen negatives
Votum des GBA ausgeschlossen würden. Der Grund für die Differenzierung über § 135 SGB V für den ambulanten und § 137c SGB V für den stationären Bereich liege darin begründet, dass der medizinische Fortschritt in den Krankenhäusern nicht unterbunden
werden solle. Überdies sei die Gefahr des Einsatzes zweifelhafter oder unwirksamer Maßnahmen wegen der internen Kontrollmechanismen
und anderer Vergütungsstrukturen im Krankenhausbereich als geringer einzustufen, als bei ambulanten Behandlungen durch niedergelassene
Ärzte (unter Verweis auf Landesozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 13. November 2012 - L 11 KR 2254/10 - in [...]). Unter Berücksichtigung des Wortlauts, der Systematik, von Sinn und Zweck sowie des gesetzgeberischen Willens
bei der Auslegung des § 137c SGB V sei es nicht vertretbar, durch die nachträgliche Überprüfung im Einzelfall die Handlungsmethoden im stationären Sektor trotz
fehlenden GBA-Negativ-Votums auf Methoden zu beschränken, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse
entsprächen. Insoweit obliege es nicht dem MDK, den Leistungsumfang für die Versicherten festzulegen. Den Krankenkassen bleibe
es unbenommen, bei Zweifeln über die Wirksamkeit von (neuen) Behandlungsmethoden im stationären Bereich, deren Ausschluss
über ihren Spitzenverband beim GBA zu beantragen. Eine eigene Verwertungskompetenz der Krankenkassen oder der Gerichte komme
hingegen nicht in Betracht und stünde im Widerspruch mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers. Im Ergebnis könne die Vergütung
der Krankenhausbehandlung daher nicht bereits deshalb verweigert werden, weil der Kläger eine entsprechende Studienteilnahme
nicht nachgewiesen habe. Darüber hinaus habe der Kläger auch keine offensichtlich ungeeignete Behandlungsmethode angewandt,
die den Vergütungsanspruch ausschließen könne. Die vom Kläger angewandt Methode sei offensichtlich nicht ungeeignet gewesen,
die Erkrankung der Versicherten wirksam zu behandeln. Vielmehr habe die durchgeführte Behandlung die einzige (dauerhafte)
Heilungschance für die Versicherte dargestellt. Es hätten jeweils keine wissenschaftlichen Daten vorgelegen, die eindeutig
gegen den Erfolg der Behandlung gesprochen hätten (im Gegensatz zum Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 27. Januar 2012 -
L 4 KR 2272/10 - in [...]). Auf Grund der weltweit dokumentierten Erfahrung mit der allogenen Stammzelltransplantation bei AML auch im Zusammenhang
mit Fremdspendern könne dem methodischen Ansatz des behandelnden Arztes auch nicht die Plausibilität abgesprochen werden.
Damit fehle eine offensichtliche Ungeeignetheit und es verbleibe bei dem grundsätzlichen Erlaubnisvorbehalt von Innovationen
für den stationären Bereich. Die Teilnahme an einer klinischen Studie sei darüber hinaus auch deshalb nicht abrechnungsrelevant,
weil es sich um eine Arzneimittelstudie gehandelt haben könnte. Die vom BSG im Urteil vom 22. Juli 2004 (B 3 KR 21/03 R - in [...]) vertretene Rechtsauffassung, die stationäre Krankenhausbehandlung eines Versicherten sei nicht von der gesetzlichen
Krankenversicherung zu vergüten, wenn sie der klinischen Prüfung eines nicht zugelassenen Arzneimittels diene, ohne dass es
darauf ankomme, ob die Arzneimittelstudie im Vordergrund der Behandlung stünde, stehe im Widerspruch zu § 8 Abs. 1 Satz 2 Krankenhausentgeltgesetz (hierzu ausführlich LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. November 2012, a.a.O.). Schließlich sei der Kläger auch nicht verpflichtet
gewesen, weitere Unterlagen zur Prüfung der Voraussetzung einer klinischen Prüfung nach §§ 40 ff. AMG an die Beklagte herauszugeben. Hier bestehe keine eigenständige Zuständigkeitsprüfung seitens der Krankenkasse (LSG Baden-Württemberg,
Urteil vom 13. November 2012, a.a.O.). Ferner seien die vom BVerfG im Beschluss vom 6. Dezember 2005 (a.a.O.) aufgestellten
Kriterien erfüllt. Denn bei der Versicherten habe eine lebensbedrohliche bzw. regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vorgelegen.
Unbehandelt hätte diese Erkrankung innerhalb kürzester Zeit zum Tode geführt. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Sachverständigen
Prof. Dr. Kr.. Darüber hinaus sei unter Auswertung der Ergebnisse des Gutachtens des Prof. Dr. Kr. davon auszugehen, dass
es nach dem gescheiterten Chemotherapieversuch keine alternative Behandlungsmethode mehr gegeben habe, die ebenfalls das Ziel
gehabt habe, die Krankheit zu heilen. Im Zeitpunkt der Durchführung der allogenen Blutstammtransplantation habe keine weitere
kurative Behandlungsmöglichkeit mehr zur Verfügung gestanden. Die Versicherte habe sich allenfalls palliativen Behandlungen
unterziehen können, die jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Versterben der Versicherten in den folgenden
sechs Monaten nicht hätten verhindern können. Wissenschaftlich anerkannte standardisierte Behandlungsmöglichkeiten hätten
unstreitig nicht bestanden. Dies ergebe sich auch aus den Gutachten des MDK. Prof. Dr. H. habe insoweit lediglich die Möglichkeit
einer Behandlung nach experimentellen Studienprotokollen angesprochen. Auf derartige Alternativen habe sich die Versicherte
jedoch nicht verweisen lassen müssen. Die im Urteil des BSG vom 4. April 2006 (B 1 KR 7/05 R - in [...]) aufgestellten Grundsätze und vorgenommenen Abstufungen, je nach Schwere und Stadium der Erkrankung, habe im Rahmen
der Risiko-Nutzen-Abwägung in objektiv nicht zu beanstandender Weise zu Gunsten der Versicherten ausfallen müssen. Unter Berücksichtigung
der gutachterlichen Ausführungen des Prof. Dr. Kr. habe die allogene Blutstammzelltransplantation mit gebotener Wahrscheinlichkeit
den erstrebten Behandlungserfolg für die Krebsbehandlung der Versicherten versprochen. Nachvollziehbar und schlüssig habe
Prof. Dr. Kr. dargestellt, dass trotz der bekannten Risikofaktoren des HLA-mismatch-Spenders und dem fortgeschrittenen Krankheitsstadium
mit der durchgeführten Behandlung eine Heilungschance von ca. 15% bestanden habe. Der Gutachter habe seine Einschätzung dabei
auf verschiedene wissenschaftliche Veröffentlichungen zu stützen vermocht. Ausweislich der Indikationsliste der Deutschen
Arbeitsgemeinschaft für Knochenmark- und Blutstammzelltransplantation vom 29. November 2004 werde die Transplantation bei
sekundärem chemorefraktären Rezidiv sogar als Standardindikation beschrieben. Vor dem Hintergrund der unmittelbar existenzbedrohenden
Situation der Versicherten mit einer Lebenswahrscheinlichkeit von wenigen Wochen ohne die durchgeführte Stammzelltransplantation
und unter Berücksichtigung verschiedener wissenschaftlicher Veröffentlichungen, nach denen bei einer rezipierten und therapierefraktären
AML ein krankheitsfreies Überleben von 15% bis 20% durch eine allogene Stammzellentransplantation erreicht werden könne, genüge
der Evidenzgrad dieser Veröffentlichungen jeweils für "ernsthafte" Hinweise auf einen nicht ganz fern liegenden Behandlungserfolg.
Dem zu Folge seien die Ausführungen des Prof. Dr. H. nicht überzeugend gewesen. Er habe lediglich die Vermutung in den Raum
gestellt, dass die in den Studien beschriebene Überlebensrate mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht auf die
Versicherte anwendbar gewesen sei. Dies habe er mit negativen Risikofaktoren bei der Versicherten beschrieben. Dieser Darstellung
habe Prof. Dr. Kr. jedoch überzeugend widersprochen, in dem er u. a. darauf hingewiesen habe, dass europaweit mehr allogene
Blutstammzelltransplantationen von unverwandten als von verwandten Spendern durchgeführt würden und sich die Transplantationsergebnisse
von Familien- und Fremdspendertransplantationen durch verbesserte subtraktive Maßnahmen weitgehend angeglichen hätten. Über
dies sei entscheidend, dass die Versicherte sich in einer akuten lebensbedrohlichen Situation auf Grund des protrahierenden
Krankheitsverlaufs befunden habe. Auch der Karnofsky-Index von 50% spreche nicht gegen die Transplantation, zumal in den Patientenakten
auch die Eintragung vorhanden sei, dass sich die Versicherte am 11. Januar 2006 in ordentlichem Allgemeinzustand zur Durchführung
einer allogenen Stammzellentransplantation auf die Transplantationsstation begeben habe. Darüber hinaus bestehe auch kein
Leistungsverweigerungsrecht auf Grund etwaiger fehlender Diagnose kurz für die Geltendmachung des Dialysezusatzentgelts ZE
0100. Die Abrechnung sei formal ordnungsgemäß gewesen. Die inhaltliche Richtigkeit sei keine Fälligkeitsvoraussetzung.
Gegen das ihr am 1. August 2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27. August 2013 Berufung beim LSG Baden-Württemberg
eingelegt. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrags führt sie ergänzend aus, die vom der Kläger erbrachte
strittige Prozedur für die Stammzelltransplantation erfülle weder die Voraussetzung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V noch die in § 2 Abs. 1a SGB V geregelten Ausnahmetatbestände. Die Feststellung des SG zum Verständnis des § 137c SGB V im Verhältnis zum Qualitätsgebot nach § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V seien mit der Rechtsprechung des 3. Senat des BSG (Urteil vom 21. März 2013 - B 3 KR 2/12 R - in [...]) nicht mehr vereinbar. Dies habe der 1. Senat des BSG zuletzt in seinem Urteil vom 7. Mai 2013 (B 1 KR 44/12 R - in [...]) bekräftigt. Eine ordnungsgemäße Aufklärung der Versicherten sei nicht erfolgt, da die hochgradigen Risikofaktoren
für den individuellen Fall nicht beschrieben worden, sondern lediglich allgemeingültige Hinweise hinsichtlich des Risikos
einer peripheren Blutstammzelltransplantation erfolgt seien. Auch habe der Zeitpunkt, zu dem das Aufklärungsprotokoll unterschrieben
worden sei, etliche Monate vor der Transplantation gelegen und einige Risikofaktoren noch nicht existent gewesen. Unter Berücksichtigung
der Rechtsprechung des BVerfG (a.a.O.) sei eine konkrete Risiko-Nutzen-Analyse in jedem Einzelfall durchzuführen. Die anzuwendende
Methode müsse allerdings im Allgemeinen wie auch im konkret zu beurteilenden Fall überwiegend positive Wirkungen haben und
es müsse feststehen, dass sie "mehr nützt als schadet". Diese Abwägung sei vom SG fehlerhaft vorgenommen worden. Es habe missverstanden, dass nur eine Abwägung, die im Ergebnis die neue Methode befürworte,
eine Entscheidung zugunsten des Versicherten sein könne. Auch eine Entscheidung, die bei der Abwägung aufgrund der hohen Risiken
und der Beachtung der Doppelfunktion verfassungsrechtlicher Schutzpflichten zu dem Ergebnis komme, dass die neue Methode nicht
bei dem Versicherten angewendet werden solle (so die MDK-Gutachten) sei mithin eine Entscheidung zugunsten des Versicherten,
wenn das Risiko überwiege. Dies sei vorliegend der Fall gewesen. Prof. Dr. Kr. habe die für die Beurteilung maßgeblichen "Richtlinien
zur Transplantation peripherer Blutstammzellen" der Bundesärztekammer nicht zugrunde gelegt und berücksichtigt und somit eine
wesentliche Beurteilung völlig außer Acht gelassen. Der Ansatz, aus rein medizinischer Sicht sei die Erhaltung des Lebens
der größtmögliche Nutzen einer Behandlung und der Tod als größtmöglicher Schaden zu betrachten, gehe fehl, weil sie keine
konkret auf den Einzelfall bezogene Risiko-Nutzen-Abwägung sei. Die Anforderungen an eine sorgfältige Risiko-Nutzen-Abwägung
erfüllten nur die vorgelegten Gutachten des Prof. Dr. H.. Insofern habe Prof. Dr. H. ausschließen können, dass in einer solchen
Situation in einer Leitlinie einer national oder international anerkannten Fachgesellschaft oder staatlichen Institution eine
Behandlung mit allogener Stammzelltransplantation empfohlen worden sei. Es sei auch kein Fall bekannt, der in der Literatur
publiziert worden sei, in der bei dieser Fallkonstellation eine Heilung der Leukämie durch Behandlung mit allogener Stammzelltransplantation
erreicht worden sei. Insoweit habe er auch im Einzelnen ausgeführt, dass die Behauptung des Prof. Dr. F., bei der Versicherten
habe ein partielles Ansprechen auf die Chemotherapie bestanden, nicht mit den Angaben in seinen eigenen Arztberichten übereinstimme.
Insbesondere seien nicht im Ansatz die ungünstigen Prognosefaktoren berücksichtigt worden. Allein der reduzierte Allgemeinzustand
mit einem Karnofsky Index von 50% erhöhe die Wahrscheinlichkeit an behandlungsbedingten Komplikationen zu sterben um das 12-fache.
Zudem sei gegen die Patientenschutzrechte nach dem AMG verstoßen worden, da die Versicherte nicht unter Teilnahme an einer klinischen Studie behandelt worden sei und das vorliegende
Behandlungskonzept des Klägers systematisch den zulassungsüberschreitenden Einsatz verschiedener Medikamente erprobe. Das
eingesetzte Protokoll sei vom Kläger entwickelt worden. Dabei seien mehrere für diese Indikation nicht zugelassene Medikamente
in einer neuen Kombination bei einer anderen Erkrankung und einem neuen Behandlungskonzept eingesetzt worden. Der Abschlussbericht
des GBA zur allogenen Stammzelltransplantation mit nicht-verwandtem Spender bei AML vom 27. März 2012, der zwar in zeitlicher
Hinsicht keine Berücksichtigung finde, bestätige den von Prof. Dr. H. angelegten Maßstab und die angeführten negativen Prognosemerkmale.
Darüber hinaus verkenne das SG die sich aus den Empfehlungen aller Experten und sämtlicher Fachgesellschaften ergebende Pflicht des Klägers, die Stammzelltransplantation
lediglich im Rahmen klinischer Studien durchzuführen, was vorliegend nicht erfolgt sei, und den Versicherten hierüber umfassend
und detailliert aufzuklären.
Die Beklagte hat das weitere Gutachten des Prof. Dr. H. vom 14. September 2015 vorgelegt. Dieser hat sich mit dem Gutachten
des Sachverständigen Prof. Dr. Kr. und den Entscheidungsgründen des SG auseinandergesetzt und insbesondere unter Verweis auf den Karnovsky-Index von 50% seine bisherige Auffassung wiederholt,
die Prognosekriterien bei der Versicherten seien äußerst ungünstig gewesen. Unter anderem hat er weiter ausgeführt, die Angabe
des Prof. Dr. Kr., Patienten mit therapierefraktärer AML hätten eine Langzeitüberlebenschance von 10% bis 20% bei Behandlung
mit allogener Stammzelltransplantation, sei zwar für die Gesamtzahl der in der Literatur veröffentlichen Patienten zutreffend
und werde auch durch eine Untersuchung seiner Klinik bestätigt. Er habe aber unberücksichtigt gelassen, dass in den Publikationen
gezielt Patienten für diese Behandlung ausgesucht worden sein, die sonst günstige Prognosefaktoren für die allogene Stammzelltransplantation
aufgewiesen hätten. Nach Bewertung des Kompetenzzentrums Onkologie sei eine objektive, ergebnisoffene Begutachtung durch an
Transplantationszentren arbeitende oder in Fachgesellschaften engagierter Ärzte aufgrund von Interessenkonflikten nicht zu
erwarten. Wenn aufgrund der verfügbaren Daten in der wissenschaftlichen Fachliteratur von vornherein klar sei, dass ein Behandlungserfolg
mit einer Wahrscheinlichkeit von fast 100% nicht erwartet werden könne, andererseits aber die Wahrscheinlichkeit, den Patienten
durch behandlungsbedingte Komplikationen zu verlieren, über 50% betrage, entspreche eine solche Behandlung weder den Prinzipien
einer wissenschaftlich begründeten Medizin noch den Grundsätzen des SGB V, die für eine Behandlung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung gefordert werde. Damit werde nur das "Prinzip Hoffnung"
bedient und man werde auch dem Patienten nicht gerecht, der in seiner Verzweiflung nach dem angebotenen Strohhalm greife,
letztendlich aber die Enttäuschung vorprogrammiert sei. Sinnvoll sei eine Empfehlung zur Teilnahme an einer Studie zur Erprobung
neuer Medikamente gewesen, die an deutschen Hochschulkliniken sicher auch im Januar 2006 für AML-Patienten verfügbar gewesen
sei.
Mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2015 hat sie die Höhe des von ihr verrechneten Betrags von € 59.120,22 dargelegt..
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. Juli 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hat die Klage zurückgenommen, soweit er mehr als € 59.120,22 gefordert hat, und ausgeführt, zu Recht habe das SG festgestellt, dass er gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Behandlungskosten habe. Es möge
im Einklang mit der jüngsten Rechtsprechung des BSG stehen, wenn die Beklagte meine, dass ein Rückgriff auf § 137c SGB V in vorliegender Fallkonstellation nicht erfolgen könne, da die Regelung - entgegen den Ausführung des SG - nicht als "generelle Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt" zu verstehen sei. Die Frage, ob diese Ausführungen zutreffend seien
und tatsächlich dem gesetzgeberischen Zweck der Regelung entspreche, könne hier jedoch dahinstehen. Denn die finale Entscheidung
des SG sei im Ergebnis nicht angreifbar. Das SG habe mit Recht festgestellt, dass vorliegend die im Beschluss des BVerfG vom 6. Dezember 2005 (a.a.O.) aufgestellten, nunmehr
in § 2 Abs. 1a SGB V kodifizierten Kriterien, erfüllt seien bzw. waren. Ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. Kr. habe eine
anderweitige erfolgversprechende Behandlungsmöglichkeit nicht zur Verfügung gestanden und die hier in Rede stehende Therapie
habe eine jedenfalls auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung bzw. auf eine positive Einwirkung
auf die Krankheit versprochen. Damit seien die vom BVerfG aufgestellten Voraussetzungen gegeben. Nicht nachvollziehbar sei,
wenn die Beklagte meine, das Gutachten des Prof. Dr. Kr. sei nicht verwertbar, da es die maßgeblichen Richtlinien der Bundesärztekammer
nicht in seine Erwägungen einbezogen habe. Insoweit weise die Beklagte nämlich zutreffend darauf hin, dass derartige Richtlinien
Anhaltspunkte bieten könnten. Die gezogene Schlussfolgerung sei mithin bereits inkonsequent. Das Gutachten des Prof. Dr. Kr.
hätte allenfalls dann nicht verwertbar sein können, wenn es die Richtlinien hätte anwenden müssen, was nach eigenem Vortrag
der Beklagten gerade nicht der Fall gewesen sei. Letztlich habe der Sachverständige nachvollziehbar, unzweifelhaft und anhand
das seinerzeit aktuellen Fachwissens (u.a. Verweis auf die Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Blut- und Knochenmarktransplantation)
dargelegt, dass unter Berücksichtigung der zu erwartenden geringen Lebensdauer der Versicherten eine nicht ganz entfernt liegende
Aussicht auf Heilung bestanden habe, die die mit der in Rede stehenden Behandlung einhergehenden Risiken überwiege und damit
"mehr nütze als schade". Vor dem Hintergrund, dass binnen kürzester Zeit bei lediglich palliativer Behandlung der Tod der
Versicherten eingetreten sei, sei nicht ersichtlich, welche "Schutzaspekte" vorliegend ernsthaft in Betracht kommen sollten,
die gegenüber den durch die Behandlung entstehenden Überlebenschancen hätten überwiegen können. Selbst in dem Gutachten des
Prof. Dr. H. vom 12. November 2007, auf das sich die Beklagte u.a. beziehe, werde ausgeführt, dass von im Rahmen einer Studie
getesteten Personen, die wie die Versicherte u.a. einen schlechten Allgemeinzustand aufgewiesen hätten, 13 Personen innerhalb
eines Jahres nach der Transplantation verstorben seien (die Anzahl der getesteten Personen bleibt dabei unerwähnt). Schon
damit seien aber die Voraussetzungen, die das BVerfG aufgestellt habe, erfüllt. Es komme dagegen von vornherein nicht zwingend
darauf an, ob ein dauerhafte Heilung habe erreicht werden können. Im Übrigen verkenne die Beklagte bei Anwendung der Grundsätze
des Urteils des BSG vom 7. Mai 2013 (B 1 KR 26/12 R - in [...]), dass das BSG die Anwendung der Grundsätze des genannten Beschlusses des BVerfG lediglich ablehne, weil eine allgemein anerkannte, dem
medizinischen Standard entsprechende Behandlung in Deutschland zur Verfügung gestanden und nach den getroffenen Feststellungen
lediglich eine ganz fern liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestanden habe.
Im Übrigen weise das BSG klarstellend darauf hin, dass eine grundrechtskonforme bzw. -orientiere Auslegung der einschlägigen SGB-Vorschriften (nur)
nicht dazu führen könne, rein experimentelle Behandlungsmethoden, die nicht durch hinreichende Indizien gestützt seien, anzuerkennen
(BSG, a.a.O.). Es stehe außer Frage, dass es sich bei der angewendeten Behandlungsmethode nicht um eine solche handele. Damit
gehe der Verweis auf die o.g. Rechtsprechung des BSG ins Leere. Auf die Teilnahme einer klinischen Studie komme es zudem im Rahmen der Anwendung der vom BVerfG aufgestellten
Grundsätze nicht an, weswegen auch ein Verstoß gegen die §§ 40ff. AMG nicht ersichtlich sei.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akten des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie die Patientenakte der Versicherten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz ( SGG) form- und fristgerecht erhobene und gemäß § 143 SGG statthafte Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung der Beklagten ist jedoch mit der sich aus dem Tenor ergebenden Maßnahme nicht begründet. Das Urteil des SG ist insoweit nicht zu beanstanden, denn der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung weiterer € 59.120,22
zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 13. Juni 2008, nachdem der Kläger
seine Forderung durch teilweise Rücknahme seiner Klage auf diesen Betrag reduziert hat. Das SG hat zu Recht entschieden, dass in dem vorliegend zu entscheidenden Einzelfall Vergütungsansprüche für die Stammzelltransplantationsprozedur
und das Zusatzentgelt für den Stammzellenfremdbezug entstanden sind.
Der Kläger hat mit der erhobenen echten Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG die richtige Klage gewählt; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten einer Versicherten gerichteten
Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in
dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung
einer Klagefrist nicht geboten (BSG, Urteil vom 13. November 2013 - B 3 KR 33/12 R - in [...]). Der Kläger hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert. Dies gilt gleichermaßen für den geltend gemachten
Zinsanspruch. Insoweit reicht die Bezugnahme auf den Basiszinssatz (vgl. Becker-Eberhard in: Münchner Kommentar zur ZPO, 4. Auflage 2013, § 253 Rdnr. 132).
In der Sache streiten die Beteiligten um die Wirksamkeit der von der Beklagten erklärten Aufrechnung entsprechend §§ 387 ff. Bürgerliches Gesetzbuch ( BGB) mit einem öffentlich rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von € 59.120,22. Die mit der erhobenen Leistungsklage verfolgten
Vergütungsansprüche des Klägers aus späteren Krankenhausbehandlungen von Versicherten der Beklagten sind unstreitig. Die Beteiligten
haben übereinstimmend als selbstverständlich vorausgesetzt, dass dem Kläger gegen die Beklagte - ohne Berücksichtigung der
streitigen Zahlungsforderung - laufende Ansprüche aus Anlass der Krankenhausbehandlung von Versicherten in Höhe von weiteren
€ 59.120,22 erwachsen sind. Der Senat geht aufgrund des übereinstimmenden Vortrags der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung
davon aus, dass die Beklagte zunächst den gesamten Rechnungsbetrag von € 133.596,44 (€ 133.981,80 abzüglich € 385,36 für den
Abschlag für die integrierte Versorgung) - nicht aber den Betrag für die Suchkosten von € 6.700,00 - mit anderen Vergütungsansprüchen
des Klägers aufrechnete, in der Folge dann aber Teilbeträge in Höhe von € 72.082,69 und € 2.393,53 zahlte. Darauf, welche
Vergütungsansprüche der Kläger auf Grund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht, kommt es nicht an (vgl. z.B.
BSG, Urteil vom 28. November 2013 - B 3 KR 33/12 R - , in [...]), sodass insoweit keine nähere Prüfung durch den Senat erforderlich ist (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 - B 1 KR 34/13 R - , in [...]).
Rechtsgrundlage des geltend gemachten restlichen Vergütungsanspruchs des Klägers sind § 109 Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB V i. V. m. § 7 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG), die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2005 vom 16. September 2004 (Fallpauschalenvereinbarung
2005 - FPV 2005 -) und deren Anlage 1 Teil a i.V.m. § 17b Satz 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) sowie der Krankenhausbehandlungsvertrag nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V für das Land Baden-Württemberg in der im Jahr 2005 geltenden Fassung.
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG werden die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern
mit verschiedenen, in den Nummern 1 bis 8 abschließend aufgezählten Entgelten abgerechnet. Hier geht es um die Abrechnung
von Fallpauschalen (DRG) nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 9 KHEntgG).
Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung haben nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr.
1 KHEntgG gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragspartner
(§ 11 KHEntgG i.V.m. § 18 Abs. 2 Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze - Krankenhausfinanzierungsgesetz - [KHG]: Krankenhausträger und Sozialleistungsträger) einen Fallpauschalenkatalog einschließlich der Bewertungsrelationen
sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden
Abschläge zu vereinbaren. Die Grundlage dieser Regelungen des KHEntgG findet sich in § 17b KHG, auf den § 9 KHEntgG auch mehrfach Bezug nimmt. Nach § 17b Abs. 1 Satz 1 KHG ist für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes
Vergütungssystem einzuführen. Dieses hat nach § 17b Abs. 1 Satz 2 KHG Komplexitäten und Comorbitäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein. Mit den Entgelten nach Satz 1
werden nach § 17b Abs. 1 Satz 3 KHG die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet.
Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung zu führen. Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre,
vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (vgl. hierzu
und zum Folgenden: BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R -, a.a.O. m.w.N.).
Das Krankenhaus hat auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen einen
Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Das folgt aus dem Wortlaut
und Regelungssystem sowie aus dem Zweck der Vergütung. Sie dient als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht des zugelassenen
Krankenhauses, Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des Versorgungsauftrags zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses ist nämlich zur Erfüllung
des Leistungsanspruchs des Versicherten bestimmt.
Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der
Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist. Deshalb definiert § 2 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG (in der Fassung des Art 5 Gesetz zur Einführung des Diagnose-orientierten Fallpauschalen Systems für Krankenhäuser
[FPG] vom 23. April 2002 [BGBl. I, S. 1412): "Allgemeine Krankenhausleistungen sind die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung
der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige
und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind." Diese "allgemeinen Krankenhausleistungen" werden nach § 7 Satz
1 Nr. 1 KHEntgG gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern u.a. mit Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten
Entgeltkatalog (§ 9 KHEntgG) abgerechnet (zur Höhe siehe § 8 KHEntgG). Das Fallpauschalensystem lässt keinen Raum dafür, nicht
notwendige Leistungen zu vergüten.
Die Versicherte war im streitgegenständlichen Zeitraum Mitglied der Beklagten. Es bestand aufgrund der Schwere der Erkrankung
der Versicherten die Notwendigkeit der stationären Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 Abs.1 SGB V. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig und wird insbesondere auch nicht von der Beklagten in Abrede gestellt (vgl.
Gutachten des Prof. Dr. H. vom 21. Januar und 12. November 2007).
Auch die u.a. von § 17b KHG erfassten Leistungen müssen grundsätzlich dem Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V genügen, um überhaupt zulasten der GKV abrechenbar zu sein (z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R - a.a.O., m.w.N.). § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V bestimmt, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu
entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben. Den Qualitätskriterien des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entspricht eine Behandlung, wenn die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode
befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens
besteht. Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der Methode - die in ihrer Gesamtheit und nicht
nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist - zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können.
Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit
der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen
erfolgreich gewesen sein (zum Ganzen: BSG, Urteile vom 21. März 2013 - B 3 KR 2/12 R - in [...] und 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R - a.a.O., beide m.w.N.). Eine Abmilderung des Qualitätsgebots kann sich insbesondere daraus ergeben, dass auch bei der Beurteilung
der Behandlungsmethoden im Krankenhaus in einschlägigen Fällen eine grundrechtsorientierte Auslegung der Grenzmaßstäbe nach
Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG im Beschluss vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98, a.a.O.) stattzufinden hat (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R - a.a.O., m.w.N.).
Nach § 137c Abs. 1 Satz 1 SGB V in der seit 1. Januar 2004 unverändert geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 106 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14. November 2003 (BGBl. I, S. 2190) überprüft der GBA auf Antrag eines Spitzenverbandes der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines
Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen
im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende,
zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen
Erkenntnisse erforderlich sind. Ob - wie die Beklagte im Einklang mit dem BSG (Urteil vom 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R -, a.a.O.) ausführt - ein Rückgriff auf § 137c SGB V in vorliegender Fallkonstellation nicht erfolgen kann, da die Regelung nicht als "generelle Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt"
zu verstehen ist (so noch das SG in Einklang mit dem LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. November 2012 - L 11 KR 2254/10 -, in [...]) oder ob der sich durch diese Rechtsprechung ergebende Wertungswiderspruch, wonach jede einzelne Krankenkasse
einem Versicherten die Kostenübernahme für eine Methode mit Potential als erforderliche Behandlungsalternative verwehren kann,
während der GBA die gleiche Methode nicht unmittelbar nach § 137c Abs. 1 SGB V aus der Versorgung ausschließen dürfte, nunmehr durch die Neuregelung des § 137c Abs. 3 SGB V in der Fassung vom 16. Juli 2015 aufgehoben wurde (vgl. hierzu mit weiteren Anmerkungen Bundestags-Drucksache 18/5123, S.
135f.), kann vorliegend dahinstehen. Denn der Senat ist davon überzeugt, dass die im Beschlusses des BVerfG vom 6. Dezember
2005 (1 BvR 347/98, a.a.O.) aufgestellten Kriterien vorliegend erfüllt sind (vgl. nunmehr § 2 Abs. 1a SGB V eingefügt mit Wirkung vom 1. Januar 2012 durch Art. 1 Nr. 1 Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-VStG] vom 22. Dezember
2011 [BGBl. I, S. 2983]), die Versicherte Anspruch auf diese grundrechtsorientierte Auslegung hatte und dem Kläger damit einen
Vergütungsanspruch nach der DRG A04C (Fallpauschalen-Katalog 2005) sowie das Zusatzentgelt für Stammzellenfremdbezug 76008090
zusteht.
Das BVerfG hat mit dem genannten Beschluss zu einer ärztlichen Behandlungsmethode entschieden, dass es mit den Grundrechten
aus Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz ( GG) i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip und aus Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar ist, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung
eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, generell von der Gewährung
einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht
auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
Die grundrechtsorientierte Auslegung einer Regelung des SGB V über einen Anspruch auf Übernahme einer Behandlungsmethode zulasten der GKV setzt daher voraus, dass folgende drei Voraussetzungen
kumulativ erfüllt sind: (1.) Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung oder wertungsmäßig
damit vergleichbare Erkrankung vor. (2.) Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard
entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. (3.) Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein
anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens
auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf" (ständige Rechtsprechung; vgl. hierzu: Beschluss vom 6. Dezember
2005 - 1 BvR 347/98 - a.a.O. m.w.N.; BSG, Urteile vom 7. Mai 2013 - B 1 KR 26/12 R - , in [...] und 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R - a.a.O.).
Eine lebensbedrohliche bzw. regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung lag bei der Versicherten vor. Die Versicherte litt an
einer AML, die unbehandelt zum Tode geführt hätte. Dies entnimmt der Senat den Gutachten des Prof. Dr. H., den Angaben des
damals behandelnden Arztes Prof. Dr. F. sowie den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Kr. in dessen Gutachten vom
17. Dezember 2012. Hieraus folgt zur Überzeugung des Senats außerdem, dass es damals keine alternative Behandlungsmethode
(mehr) gab, die ebenfalls das Ziel hatte, die Krankheit zu heilen, und dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprach.
So führt Prof. Dr. Kr. in Übereinstimmung mit Prof. Dr. H. in dessen Gutachten vom 26. Januar 2007 nachvollziehbar aus, eine
alternative Standardtherapie habe nicht zur Verfügung gestanden. Auch die HLA-identische Stammzelltransplantation stellte
mangels Spender keine Behandlungsalternative dar. Allein ein palliativer Ansatz, d.h. Schmerzlinderung, Infektionsbehandlung,
Blutzellersatz mit dem Ziel, die gering verbleibende Lebenszeit möglichst ohne großes Leiden erträglich zu gestalten, war
möglich, was jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Versterben der Versicherten in den folgenden sechs
Monaten nicht hätten verhindern können. Auch Prof. Dr. H. weist lediglich auf die Möglichkeit einer Behandlung nach experimentellen
Studienprotokollen hin sowie in seinem von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten Gutachten vom 14. September 2015
auf die Teilnahme an einer Studie zur Erprobung neuer Medikamente. Auf derartige Alternativen musste sich die Versicherte
jedoch nicht verweisen lassen.
Zur Überzeugung des Senats bestand mit der allogenen peripheren Blutstammzelltransplantation in dem vorliegend zu entscheidenden
Einzelfall eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine "spürbare
positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf". Eine positive Auswirkung auf den Krankheitsverlauf ist zu bejahen, wenn zumindest
das Fortschreiten der Krankheit aufgehalten oder Komplikationen verhindert werden. Fehlen theoretisch-wissenschaftliche Erklärungsmuster,
kann im Einzelfall bei vertretbaren Risiken auch die bloße ärztliche Erfahrung für die Annahme eines Behandlungserfolgs entscheidend
sein, wenn sich diese Erkenntnisse durch andere Ärzte in ähnlicher Weise wiederholen lassen. Ein Wirkungsnachweis ist nicht
erforderlich. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der zu verlangen ist, um davon ausgehen zu dürfen, dass die behaupteten Behandlungserfolge
mit hinreichender Sicherheit dem Einsatz gerade der streitigen Behandlung zugerechnet werden können und das einzugehende Risiko
vertretbar ist, unterliegt Abstufungen je nach der Schwere und dem Stadium der Erkrankung. Dabei sind Differenzierungen im
Sinne der Geltung abgestufter Evidenzgrade nach dem Grundsatz vorzunehmen "je schwerwiegender die Erkrankung und 'hoffnungsloser'
die Situation, desto geringere Anforderungen an die 'ernsthaften Hinweise' auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg".
Anhaltspunkte zur Entwicklung solcher Abstufungen können die in der Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
der vertragsärztlichen Versorgung (Methoden-Richtlinie), vor dem 1. April 2006 die Richtlinien zur Bewertung medizinischer
Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien) niedergelegten Grundsätze bieten. Es können als Beurteilungsgrundlage
beim Fehlen anderer Studien auch "Assoziationsbeobachtungen, pathophysiologische Überlegungen, deskriptive Darstellungen,
Einzelfallberichte, u.Ä.; nicht mit Studien belegte Meinungen anerkannter Experten und Berichte von Expertenkomitees und Konsensuskonferenzen"
in Betracht kommen (zum Ganzen m.w.N.: BSG, Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 7/05 R -, in [...]). Im Wege der verfassungskonformen Auslegung der Vorschriften des SGB V kann nur dann ein Anspruch auf die begehrte Behandlung bestehen, wenn auch diese den Regeln der ärztlichen Kunst entspricht.
Dies ist nur dann der Fall, wenn die anzuwendende Methode nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft objektiv erfolgversprechend
ist und unter Berücksichtigung des gebotenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes sowohl die abstrakte als auch die konkret-individuelle
Chancen-/Risikoabwägung ergeben, dass der voraussichtliche Nutzen die möglichen Risiken überwiegt (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R -, a.a.O. m.w.N).
Gemessen an diesen Kriterien durfte die konkrete Risiko-Nutzen-Abwägung des behandelnden Arztes in objektiv nicht zu beanstandender
Weise in dem vorliegend zu entscheidenden Einzelfall zu Gunsten der Versicherten ausfallen. Aufgrund des lebensbedrohlichen
Zustandes der Versicherten (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätte das Versterben der Versicherten in den folgenden
6 Monaten nicht verhindert werden können), genügten die Erfahrungen des behandelnden Arztes. Er gehörte einem hochspezialisierten
Behandlungszentrum an, das bereits Erkenntnisse über die allogene periphere Blutstammzelltransplantation gewonnen hatte. Die
allogene Blutstammzelltransplantation war auch aus damaliger Sicht mit gebotener Wahrscheinlichkeit geeignet, das erstrebte
Behandlungsziel für die Krebserkrankung der Versicherten zu erzielen. Nachvollziehbar und schlüssig hat Prof. Dr. Kr. dargestellt,
dass trotz der bekannten Risikofaktoren des HLA-mismatch-Spenders und dem fortgeschrittenen Krankheitsstadium mit der durchgeführten
Behandlung eine Heilungschance von circa 15% bestand. Grundlage der Einschätzung des Prof. Dr. Kr. waren diverse wissenschaftliche
Veröffentlichungen. Ausweislich der Indikationsliste der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Knochenmark- und Blutstammzelltransplantation
vom 29. November 2004 wird die Transplantation im sekundär chemotherapierefraktären Rezidiv sogar als Standardindikation beschrieben.
Vor dem Hintergrund der unmittelbar existenzbedrohenden Situation der Versicherten mit einer Lebenswahrscheinlichkeit von
wenigen Wochen ohne die durchgeführte Stammzelltransplantation und unter Berücksichtigung verschiedener wissenschaftlicher
Veröffentlichungen, nach denen bei einer rezidivierten und therapierefraktären AML ein krankheitsfreies Überleben von 15%
bis 20% durch eine allgone Stammzelltransplantation erreicht werden kann, genügt der Evidenzgrad dieser Veröffentlichungen
jedenfalls für "ernsthafte" Hinweise auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg. Selbst in dem Gutachten des
Prof. Dr. H. vom 12. November 2007, auf das sich die Beklagte u.a. bezieht, wird ausgeführt, dass von im Rahmen einer Studie
getesteten Personen, die wie die Versicherte u.a. einen schlechten Allgemeinzustand aufgewiesen hätten, 13 Personen innerhalb
eines Jahres nach der Transplantation verstorben seien (die Anzahl der getesteten Personen sowie die Dauer des Überlebens
nach der Transplantation bleibt dabei unerwähnt). Schon damit wird der Erfolg der entsprechenden Behandlung unter Berücksichtigung
der positiven Prognose belegt.
Demgegenüber vermögen die Ausführungen des Prof. Dr. H. in seinen Gutachten nicht zu überzeugen. Zwar geht auch er davon aus,
dass Patienten mit fortgeschrittener AML mittels allogener Stammzelltransplantation eine Chance auf Heilung haben. Aus seiner
Sicht waren aber die in den Studien beschriebene Überlebensrate mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht auf
die Versicherte anwendbar. Er begründet dies mit aus seiner Sicht bestehenden negativen Risikofaktoren wie dem Lebensalter
der Versicherten von über 50 Jahren, dem nicht voll kompatiblen Fremdspender, der zuvor erfolglos durchgeführten Chemotherapie
und den schwerwiegenden malignen Veränderungen des Zellkerns sowie dem reduzierten Allgemeinzustand der Versicherten. Nach
seiner Auffassung bestehen bei dem Vorliegen von bereits drei oder mehr ungünstigen Prognosefaktoren nicht mehr hinnehmbare
Risiken, an transplantationsbedingten Komplikationen zu versterben.
Dem widersprechen jedoch die von Prof. Dr. Kr. erwähnten, europaweit durchgeführten allogenen Blutstammzelltransplantationen,
bei denen die sowohl von unverwandten als von verwandten Spendern überwiegen und sich die Transplantationsergebnisse von Familien-
und Fremdspendertransplantationen durch verbesserte subtraktive Maßnahmen weitgehend angeglichen hätten. Zwar ist bei einem
Fremdspender mit einem HLA-mismatch das Risiko transplantationsbedingter Komplikationen höher als bei vollkompatiblen Spendern,
jedoch besteht auch bei diesen ungünstigeren Prognosefaktoren eine konstante Überlebenschance von 10% bis 20%. Prof. Dr. Kr.
nimmt im Hinblick auf den zum Zeitpunkt der Behandlung zur Verfügung stehenden Erkenntnisse, die Prof. Dr. H. in seinen Gutachten
nicht wesentlich anders darstellte, eine andere Bewertung der Risiko-Nutzen-Abwägung des vorliegenden Einzelfalls vor. Diese
von Prof. Dr. H. genannten ungünstigen Prognosefaktoren stellt Prof. Dr. Kr. nicht in Abrede, was Prof. Dr. H. in seinem Gutachten
vom 14. September 2015 auch bestätigt.
Überdies ist für den Senat - wie bereits für das SG - im vorliegenden Fall für das Abwägungsergebnis entscheidend, dass die Versicherte sich in einer akuten lebensbedrohlichen
Situation aufgrund des protrahierenden Krankheitsverlaufs befand. Überdies vermag auch das Argument des Karnofsky-Index von
50% nicht gegen die Transplantation zu sprechen, zumal sich für den Zeitpunkt der Verlegung der Versicherten am 11. Januar
2006 im Bericht des Prof. Dr. F. vom 30. Januar 2006 neben der Einschätzung des Karnofsky-Index von 50% und der Beschreibung
des Allgemeinzustandes der Versicherten als deutlich reduziert im Bericht des Prof. Dr. M. vom 15. November 2005 die Beschreibung
des Allgemeinzustandes der Versicherten als ordentlich findet.
Im Übrigen zeigen die tragenden Gründe zum Beschluss des GBA vom 15. Dezember 2011 (Bundesanzeiger 2012 S. 1140) über die
Änderung der Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus, mit welcher der GBA die allogene Stammzelltransplantation
mit nicht-verwandtem Spender bei AML bei Erwachsenen als Methode, die für die Versorgung mit Krankenhausbehandlung erforderlich
ist, eingestuft hat (Nr. 4.2 der Anlage 1 der Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus) - auch
wenn er nach der vorliegend streitigen Behandlung erging -, dass nicht auszuschließen ist, dass auch ältere Patienten von
einer allogenen Stammzelltransplantation profitieren könnten (2.2 der tragenden Gründe). Für den Senat ist nicht ersichtlich,
dass die dem zu Grunde liegenden Erkenntnisse erst deutlich nach dem Zeitpunkt der hier erfolgten Behandlung zu Tage getreten
sind.
Mit dem Kläger geht der Senat davon aus, die Beklagte mit ihrem Verweis auf das Urteil des BSG vom 7. Mai 2013 (B 1 KR 26/12 R -, in [...]) verkennt, dass das BSG die Anwendung der Grundsätze des Beschlusses des BVerfG vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98, a.a.O.) lediglich ablehnte, weil eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung in Deutschland
zur Verfügung stand und nach den getroffenen Feststellungen lediglich eine ganz fern liegende Aussicht auf eine spürbare positive
Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestand.
Im Übrigen weist das BSG in dieser Entscheidung darauf hin, dass eine grundrechtskonforme Auslegung der einschlägigen Vorschriften SGB V (nur) nicht dazu führen könne, rein experimentelle Behandlungsmethoden, die nicht durch hinreichende Indizien gestützt seien,
anzuerkennen. Ein solcher Fall ist jedoch vorliegend nicht anzunehmen. Dies ergibt sich für den Senat schon aus der genannten
Einstufung des GBA der zwischenzeitlich die allogene Stammzelltransplantation mit nicht-verwandtem Spender bei AML bei Erwachsenen
als Methode, die für die Versorgung mit Krankenhausbehandlung erforderlich ist, eingestuft hat.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Teilnahme des Versicherten an einer klinischen Studie im Rahmen der Anwendung
der vom BVerfG aufgestellten Grundsätze im Beschluss vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98, a.a.O.) nicht erforderlich, weswegen auch ein Verstoß gegen die §§ 40ff. AMG nicht ersichtlich in Betracht kommt.
Die von der Beklagten zuletzt noch gerügte unzureichende Aufklärung der Versicherten vor der durchgeführten allogenen Blutstammzelltransplantation
steht dem Vergütungsanspruch des Klägers nicht entgegen. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Versicherte über die Behandlung
mittels allogener Blutstammzelltransplantation aufgeklärt war und in diese Behandlung einwilligte. Dies ergibt sich schon
aus dem Bericht des Prof. Dr. F. vom 30. Januar 2006, in welchem angegeben ist (Seite 6), nach ausführlicher mündlicher und
schriftlicher Aufklärung über Nutzen sowie Risiken und Nebenwirkungen der geplanten Konditionierung und Transplantation habe
die Versicherte in die Therapie eingewilligt. Die Verlegung am 11. Januar 2006 erfolgte gerade zum Zwecke dieser Behandlung.
Damit war der Versicherten bekannt, dass diese Behandlung erfolgen soll. Es ist nicht erkennbar, dass sie sich dem widersetzte,
zumal diese Behandlung einen erheblichen Eingriff und auch für die Versicherte die einzige Chance für ein Überleben darstellte.
Es ist unschädlich, dass die Aufklärung und die Einwilligung der Versicherten nicht in schriftlicher Form vorliegt, insbesondere
in der vom Kläger vorgelegten Patientenakte für den Zeitpunkt der Stammzellentransplantation im Januar 2006 keine ausdrückliche
schriftliche Erklärung enthalten ist. Ein Schriftformerfordernis für die Aufklärung und Einwilligung besteht nicht.
Deshalb gehen auch die Einwände der Beklagten zum Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Kr., dieser habe die Anforderungen
an die Aufklärung und die Einwilligung des Patienten nach den Richtlinien zur Transplantation peripherer Blutstammzellen der
Bundesärztekammer nicht berücksichtigt, fehl. Im Übrigen ist dieser Einwand auch nicht verständlich, weil sich auf ihn selbst
Prof. Dr. H. nicht beruft.
Fehler in Bezug auf die Höhe der Vergütung sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht geltend gemacht. Die insoweit in erster
Instanz verfolgten Interessen wurden im Berufungsverfahren von den Beteiligten nicht mehr thematisiert.
Der Zinsanspruch des Klägers resultiert aus § 19 Abs. 3 KHBV.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Die endgültige Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 2, § 47 Gerichtskostengesetz.
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