Anspruch auf Arbeitslosengeld II im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im sozialgerichtlichen Verfahren; Anwendbarkeit
von § 86 SGG bzw. § 96 SGG bei Bewilligungsbescheiden für Folgezeiträume
Tatbestand
Streitig ist die Ablehnung der Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach
dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab 01.03.2006.
Der 1977 geborene Kläger studierte nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung als Bankkaufmann seit 01.10.2000 Betriebswirtschaftslehre
an der Universität A-Stadt. Gegenüber dem Beklagten gab er an, sein Studium am 31.12.2004 ab- bzw unterbrechen zu müssen.
Daraufhin bewilligte der Beklagte dem Kläger Alg II ab 01.01.2005 (zuletzt mit Bescheid vom 02.12.2005 für die Zeit vom 01.01.2006
bis 30.06.2006). Nach Mitteilung der Universität A-Stadt, der Kläger sei dort seit dem Wintersemester 2000/2001 ununterbrochen
eingeschrieben gewesen und habe am 17.02.2005 die Diplomvorprüfung bestanden, nahm der Beklagte mit Bescheid vom 06.03.2006
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2006 die Bewilligung für die Zeit ab 01.01.2005 zurück und forderte die
Erstattung überzahlter Leistungen von insgesamt 8.860,18 EUR. Die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Bayreuth (SG) mit Gerichtsbescheid vom 12.04.2011 abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt
(Az: L 11 AS 401/11).
Am 28.02.2006 bat der Kläger, das Alg II wie bisher auszuzahlen. Mit Schreiben vom 06.03.2006 legte der Kläger Widerspruch
gegen den Bescheid vom 06.03.2006 ein und forderte die unverzügliche Auszahlung der Leistungen. Unter dem Betreff "Hier: Wiederholung
des Widerspruches und Neuantrag auf Leistungen - Mahnung: Zusendung von Antragsformulare" bat der Kläger am 19.03.2006 um
die "EIL-Zusendung" von Antragsformularen. Schließlich forderte er mit Schreiben vom 21.03.2006 unter demselben Betreff u.a.
die "antragsgemäße Entscheidung der nahtlosen Weiter-Bewilligung". Mit Bescheid vom 23.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 12.06.2006 lehnte der Beklagte die "Anträge vom 28.02.2006, 19.03.2006 und 21.03.2006" auf Alg II ab 01.03.2006 ab.
Am 02.07.2006 beantragte der Kläger die Fortzahlung der Leistungen für die Zeit ab 01.07.2006. Hierüber ist nach Aktenlage
bislang nicht entschieden. Auf einen Antrag vom 09.04.2007 und nach Vorlage einer Exmatrikulationsbescheinigung zum 31.03.2007
bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 24.09.2007 Alg II ab 09.04.2007.
Gegen die Ablehnung der Weiterbewilligung von Alg II ab 01.03.2006 hat der Kläger beim SG Klage erhoben. Er solle ab dem Sommersemester 2006 die Abschlussarbeiten erbringen. Ohne die Bewilligung von Alg II könne
er den Abschluss nicht schaffen. Es drohe Arbeitslosigkeit auf längere Zeit. Bei einem anderen Leistungsträger bestünde kein
Leistungsanspruch. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 12.04.2011 abgewiesen. Vom 01.03.2006 bis 08.04.2007 stehe dem Kläger kein Alg II
zu. Sein Studium sei dem Grunde nach im Sinne des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) förderfähig gewesen, womit der Leistungsausschluss nach § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II greife. Auch ein besonderer Härtefall, bei dem eine darlehensweise Leistungsgewährung in Betracht komme, liege nicht vor.
Es hätten noch wesentliche Vorbedingungen für den erfolgreichen Studienabschluss gefehlt. Ein zügiges kontinuierliches Studium
lasse sich nicht erkennen. Der Kläger verfüge bereits über einen abgeschlossenen Beruf als Bankkaufmann.
Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Mit dem Leistungsausschluss solle nur ein doppelter
Leistungsbezug vermieden werden. Alg II könne auch neben Einkünften aus einer Erwerbstätigkeit bezogen werden. Ihm sei keine
anderweitige Eingliederungsleistung in Arbeit gewährt worden. Er beanspruche keine Leistungen, um Studieren zu können, sondern
für seinen Lebensunterhalt. Dem Arbeitsmarkt habe er zur Verfügung gestanden. Eine Leistungsversagung alleine wegen seiner
Immatrikulation sei rechtswidrig. Zwischenzeitlich habe er auch den Abschluss geschafft. Ob er im April 2007 im Hinblick auf
die Zahlung des Studentenwerksbeitrages noch immatrikuliert gewesen sei, könne derzeit nicht gesagt werden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 12.04.2011 und den Bescheid des Beklagten vom 23.03.2006 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nach dem SGB II ab 01.03.2006 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Akte des Beklagten, die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz
sowie die Akte des SG Az: S 14 AS 472/06 ER Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-) und teilweise begründet. Das SG hat zu Unrecht die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 23.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2006
abgewiesen, soweit der Kläger dessen Aufhebung begehrt. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger
in seinen Rechten. Einen Anspruch auf Leistungen ab 01.03.2006 hat der Kläger jedoch nicht, so dass die Berufung im Hinblick
auf das diesbezügliche Leistungsbegehren unbegründet ist.
Der Senat konnte in der Sache selbst unter Einschluss seines Vorsitzenden entscheiden, obwohl der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten
den Vorsitzenden wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hat, weil sich dieser weigere, alle seine Vorträge ins Protokoll
zu nehmen. Das Ablehnungsgesuch wurde in der mündlichen Verhandlung mit Beschluss des Senats vom 27.03.2013 rechtskräftig
abgewiesen. Auf die Gründe dieses Beschlusses wird verwiesen. Eine Anfechtung des Beschlusses des Senats ist gemäß §
177 SGG nicht möglich, weshalb der Kläger mit seiner "sofortigen Rüge" gegen den Beschluss nicht durchdringen kann. Hierauf ist er
in seinem zuletzt gestellten Antrag auch nicht mehr eingegangen und hat dies insofern nicht mehr zur Entscheidung des Gerichts
gestellt.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 23.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2006, mit dem der Beklagte
die Bewilligung von Alg II ab dem 01.03.2006 abgelehnt hat. Soweit mit Bescheid vom 02.12.2005 bereits Leistungen bis 30.06.2006
bewilligt und diese Leistungsbewilligung mit Bescheid vom 06.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2006
wieder aufgehoben worden ist, ist dies Streitgegenstand des Berufungsverfahrens Az: L 11 AS 401/11.
Der Bescheid des Beklagten vom 23.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2006 erging zu Unrecht, denn
es fehlt an einem entsprechenden Antrag des Klägers. Nach § 37 Abs 1 SGB II werden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nur auf Antrag erbracht. Eine solche Antragstellung, über die der
Beklagte mit Bescheid vom 23.03.2006 hätte entscheiden können, lag nicht vor. Den Schreiben vom 28.02.2006, 06.03.2006, 19.03.2006
und 21.03.2006 ist ein Fortzahlungsantrag nicht zu entnehmen, denn diese standen im Zusammenhang mit den ursprünglich bis
30.06.2006 bewilligten Leistungen (zuletzt mit Bescheid vom 02.12.2005). Die entsprechende Leistungsbewilligung wurde mit
Bescheid vom 06.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2006 für die Zeit ab 01.01.2005 wieder aufgehoben,
so dass sich die genannten Schreiben des Klägers hierauf bezogen. Der Kläger macht in seinen Schreiben alleine die unverzügliche
Auszahlung seiner zunächst bewilligten Leistungen geltend und begehrt die Zusendung von Antragsformularen. Damit kann aber
aus dem Gesamtzusammenhang kein neuer Leistungsantrag iSv § 37 Abs 1 SGB II angenommen werden. Dies ist in der Sache auch zutreffend, da eine erfolgreiche Anfechtung und eine hieraus folgende Aufhebung
des Bescheides vom 06.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2006 direkt zu einem Zahlungsanspruch für
die Zeit vom 01.03.2006 bis 30.06.2006 aufgrund des Bewilligungsbescheides zuletzt vom 02.12.2005 geführt hätte, ohne dass
es eines weiteren Leistungsantrages bedurfte hätte.
Einen Fortzahlungsantrag stellte der Kläger erst am 02.07.2006 für die Zeit ab 01.07.2006. Dieser Antrag, über den nach Aktenlage
bislang nicht entschieden wurde, ist nicht streitgegenständlich. Ein entsprechender neuer Bewilligungs- oder Ablehnungsbescheid
wäre auch nicht Gegenstand des früheren Rechtsschutzverfahren geworden (zur fehlenden Anwendungsmöglichkeit von §
86 SGG bzw §
96 SGG bei Bewilligungsbescheiden für Folgezeiträume vgl die ständige Rechtsprechung des BSG, zB Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 3; Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 9/06 R - SozR 4-4300 § 428 Nr 3; Urteil vom 05.09.2007 - B 11b AS 15/06 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 5).
Somit ist mangels Antrages eine Rechtsgrundlage für den Erlass der die Leistung ablehnenden Bescheides vom 23.03.2006 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2006 nicht gegeben. Er ist daher aufzuheben.
Soweit der Kläger im vorliegenden Verfahren Leistungen ab 01.03.2006 begehrt, ist seine Berufung unbegründet. Wie oben ausgeführt,
fehlt es an einer entsprechenden Antragstellung des Klägers, die nach § 37 Abs 1 SGB II Leistungsvoraussetzung wäre. Bereits deshalb kommt eine Verurteilung des Beklagten zur Leistungsgewährung ab 01.03.2006 (bis
30.06.2006) vorliegend nicht in Betracht.
Unabhängig davon fehlt es auch am Vorliegen der materiellen Leistungsvoraussetzungen für einen Anspruch auf Alg II ab 01.03.2006.
Der Anspruch ist jedenfalls nach § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II (idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, 2999) ausgeschlossen.
Danach haben u.a. Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Das Studium der Betriebswirtschaft
war dem Grunde nach unstreitig förderfähig. Insofern wurden dem Kläger zunächst auch entsprechende Leistungen bewilligt. An
der Förderfähigkeit dem Grunde nach hat sich auch nach dem 01.01.2005 nichts geändert. Gemäß § 2 Abs 1 BAföG (idF des Gesetzes vom 19.06.1992, BGBl I 1062) wird Ausbildungsförderung geleistet für den Besuch von Hochschulen, wenn der
Ausbildungsabschnitt mindestens ein Schul- oder Studienhalbjahr dauert und die Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden
im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt (§ 2 Abs 5 BAföG). Ein Auszubildender besucht dabei eine Ausbildungsstätte, solange er dieser organisationsrechtlich angehört und er die Ausbildung
an der Ausbildungsstätte tatsächlich betreibt. Bei einer Hochschulausbildung begründet der Auszubildende seine Zugehörigkeit
zu der Universität durch die Immatrikulation, die ihrerseits die Einschreibung in eine bestimmte Fachrichtung notwendig macht
(vgl dazu insgesamt BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 102/11 R - NJW 2012, 2221 mwN).
Der Kläger hat die Universität A-Stadt besucht - er war dort nach der Bestätigung der Universität seit dem Wintersemester
2000/2001 ununterbrochen immatrikuliert - und hat dort sein Studium im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch
tatsächlich betrieben. Er hat durch die Immatrikulation seine Zugehörigkeit zur Universität aufrecht erhalten und war berechtigt
an den universitären Veranstaltungen teilzunehmen. In jedem Fall hat er - wie sich auch aus den Bescheinigungen der Universität
ergibt - am 17.02.2005 die Diplomvorprüfung bestanden und auch an weiteren Prüfungen teilgenommen. In seiner eidesstattlichen
Versicherung vom 04.07.2006 hat er selbst angegeben, sich in Sachen Studiumsabschluss in der akuten Phase zu befinden. Hieraus
folgt ebenfalls, dass er sein Studium nach Beginn der Leistungsgewährung ab 01.01.2005 fortbetrieben hat. Dem steht auch nicht
entgegen, wenn er sich im Wesentlichen nur zu Hause für seine Prüfungen vorbereitet haben und den Vorlesungen oder anderen
Veranstaltungen (teilweise) ferngeblieben sein sollte (vgl BSG, Urteil vom 22.03.2012 - aaO). Es bestehen auch keine Zweifel, dass die Arbeitskraft des Klägers von seiner Ausbildung voll
in Anspruch genommen worden ist. Ob es ihm daneben abstrakt möglich gewesen wäre, einer weiteren Tätigkeit nachzugehen, ist
insofern ohne Belang. Er hat das Studium im Jahr 2007 auch abgeschlossen.
Das Studium war gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 6 BAföG grundsätzlich förderungsfähig. Unerheblich ist, dass der Kläger tatsächlich keine Leistungen nach dem BAföG erhalten konnte. Die Gewährung von Leistungen nach dem BAföG ist mithin nicht grundsätzlich, sondern lediglich aus in der Person des Klägers liegenden (individuellen) Gründen - hier
die Überschreitung der Förderungshöchstdauer - nicht möglich gewesen. Das Vorliegen individueller Versagensgründe steht dem
Leistungsausschluss iSd § 7 Abs 5 SGB II jedoch nicht entgegen (BSG, Urteil vom 30.08.2010 - B 4 AS 97/09 R - [...] = SozR 4-4200 § 7 Nr 19 - mwN; BSG, Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 28/07 R - [...] = SozR 4-4200 § 7 Nr 9). Grundsätzlich enthält bereits die Ausbildungsförderung nach dem BAföG oder gemäß dem
Dritten Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) auch die Kosten des Lebensunterhalts. Diese Ausbildungsförderungsmöglichkeiten sind nach der gesetzgeberischen Konzeption
des Sozialleistungssystems abschließend, weshalb auch das Alg II nicht dazu dienen soll, subsidiär die Ausbildung in solchen
Fällen zu fördern, in denen die Leistungsvoraussetzungen nach dem BAföG nicht vorliegen (vgl BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 28/06 R - [...] - mwN). Es ist deshalb auch kein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip oder eine Verfassungswidrigkeit der Regelung
erkennbar.
Da der Kläger von einer BAföG-Förderung nicht nach § 2a BAföG ausgeschlossen gewesen ist und sich sein Bedarf nicht nach § 12 Abs 1 Satz 1 Nr 1 BAföG gerichtet hätte, ergibt sich auch nach § 7 Abs 6 Nr 1 bzw Nr 2 SGB II kein Anspruch auf Alg II.
Es liegt auch kein besonderer Härtefall im Sinne des § 7 Abs 5 Satz 2 SGB II vor, der zu einer darlehensweisen Leistungsbewilligung führen konnte. Bei dem Begriff des "besonderen Härtefalls" handelt
es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Ausfüllung in vollem Umfang der rechtlichen Überprüfung durch das Gericht
unterliegt (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 36/06 R - [...]). Ein solcher Fall ist jedoch nur gegeben, wenn ein atypischer Lebenssachverhalt vorliegt, der es für den Auszubildenden
auch unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses objektiv nicht zumutbar erscheinen lässt, seine Ausbildung zu unterbrechen;
die Folgen des Anspruchsausschlusses müssen deshalb über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung der Leistungen
zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden ist, und es muss auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, die nachrangigen
Fürsorgeleistungen von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart erscheinen, vom
Auszubildenden zu erwarten, von der Ausbildung teilweise, vorübergehend oder ganz Abstand zu nehmen (so bereits BVerwG, Urteil
vom 14.10.1993 - 5 C 16/91 - [...] - zu § 26 Abs 1 Satz 2 BSHG; LSG Hamburg, Beschluss vom 02.02.2006 - L 5 B 396/05 ER AS - [...]). Es ist grundsätzlich auch hinnehmbar, dass im Hinblick auf die vom Gesetzgeber gewollte Folge eines mehrstufigen
Sozialleistungssystems eine Ausbildung nach den speziellen Leistungsgesetzen - wie hier dem BAföG - nicht mehr gefördert werden kann, diese gegebenenfalls aufzugeben oder abzubrechen ist. Wegen der Einheit der Gesamtrechtsordnung
kann der Kläger deshalb seinem möglichen Leistungsausschluss nach dem BAföG nicht einem anderen Sozialleistungssystem, nämlich vorliegend dem SGB II, überbürden. Nach der Stellungnahme der Universität A-Stadt vom 25.07.2006 musste der Kläger zum Studienabschluss noch mehrere
Prüfungen ablegen sowie eine Diplomarbeit bis zum Ablauf des 12. Semesters vorlegen. Eine Verlängerung dieser Frist sei bisher
nicht beantragt worden. Zur Diplomarbeit selbst habe er sich noch nicht angemeldet. Demnach konnte nicht davon ausgegangen
werden, der Kläger stehe kurz vor einem Abschluss seines Studiums, weshalb ein Abbruch keine besondere Härte vorgelegen hat.
Der Zeitpunkt des Abschlusses und ein etwaiger Erfolg waren gerade noch nicht absehbar. Schließlich verfügte der Kläger auch
bereits über eine abgeschlossene Ausbildung als Bankkaufmann.
Auf die Berufung des Klägers war somit der Gerichtsbescheid des SG vom 12.04.2011 teilweise und der Bescheid des Beklagten vom 23.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2006
ganz aufzuheben. Im Übrigen war die Berufung im Hinblick auf den geltend gemachten Leistungsanspruch zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs
2 Nrn 1 und 2
SGG zuzulassen, liegen nicht vor.