Arbeitslosengeld II
Kosten für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis als Leistung zur Eingliederung in Arbeit
PKH-Verfahren
Hinreichende Erfolgsaussicht
1. Nach §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
114 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht
auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
2. Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden; es reicht für
die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat.
3. Diese gewisse Wahrscheinlichkeit ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten
aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und
in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH- Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen.
Gründe
I.
Streitig ist die Übernahme der Kosten für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis als Leistung zur Eingliederung in Arbeit gemäß
dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der Kläger bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II-). 2009 ist ihm der Führerschein
entzogen worden. 2012 teilte er dem damals zuständigen Jobcenter mit, eine zur Neuerteilung des Führerscheins erforderliche
MPU sei negativ verlaufen. Die Kosten der MPU hatte der Jobcenter übernommen.
Am 24.06.2015 beantragte der Kläger nach Umzug beim nunmehr zuständigen Beklagten erneut die Übernahme der Kosten für eine
MPU und bezüglich aller damit zusammenhängender Maßnahmen zur Erlangung seines Führerscheins. Bei Vorlage eines Führerscheins
mit eingetragener Kennzahl 95 könne eine Spedition S. ihm eine Anstellung als Kraftfahrer anbieten. Mit Bescheid vom 26.06.2015
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2015 lehnte der Beklagte diesen Antrag ab. Es bestünden erhebliche Zweifel
an der erfolgreichen Wiedererlangung der Fahrerlaubnis. Der Kläger habe zwischenzeitlich auch zeitweise im Lagerbereich gearbeitet
und sei hierfür gut qualifiziert. Er habe gute Berufschancen auch außerhalb der Transportbranche. Sein bisheriger Werdegang
lasse an der Wiedererlangung des Führerscheines zweifeln. Eine Forderung im Sinne des Klägers sei daher weder wirtschaftlich
noch notwendig noch geeignet. Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) begehrt. Er hat eine ermessensfehlerfreie Entscheidung beantragt.
Seine persönlichen Verhältnisse und seine Qualifizierung seien nicht ausreichend beachtet worden. Er sei seit ca. 20 Jahren
mit dem Transportwesen verhaftet. Die MPU sei zwar negativ verlaufen, der Verkehrspsychologe sei jedoch recht eigenwillig
mit ihm umgegangen. Seine Belastungsfähigkeit habe sich gebessert. Das SG hat mit Beschluss vom 12.09.2016 die Bewilligung von PKH abgelehnt. Über die Begründung im Widerspruchsbescheid hinaus sei
auszuführen, dass die konkrete Weiterbildung nach §
44 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) i.V.m. § 16 SGB II notwendig für die berufliche Eingliederung sein müsse. Es müsse sich um die einzig mögliche Maßnahme zur Wiedereingliederung
handeln. Die vom Beklagten dabei zu treffende Prognoseentscheidung sei gerichtlich voll überprüfbar. Fehler des Beklagten
seien im Rahmen der vorliegend erforderlichen summarischen Prüfung aber nicht zu erkennen. Die Eingliederungsmaßnahme müsse
zudem erforderlich sein, d. h. ein Wiedereingliederungserfolg müsse mit hinreichender Sicherheit vorhergesagt werden können.
Hier sei aber bereits die Möglichkeit der Wiedererlangung der Fahrerlaubnis zweifelhaft. Eine konkrete Arbeitsstelle werde
zurzeit auch nicht nachgewiesen.
Dagegen hat der Kläger Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Das unterbreitete Stellenangebot sei zwar
nunmehr eingeschränkt worden, die Arbeitsmarktlage im Speditionsgewerbe sei jedoch positiv. Seine persönliche Lage habe sich
konsolidiert (vgl Zeugnis über geleistete gemeinnützige Arbeit) und er gehe daher von einem Bestehen der MPU aus.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz
Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§
172,
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-). Die Kosten für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis incl. MPU und eines hierfür regelmäßig erforderlichen Vorbereitungskurses
übersteigen nach Ermittlungen im Internet (u.a. www.mpu.kosten.org;) als Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR (§
144 Abs.
1 i.V.m. §
172 Abs.
3 SGG). Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Nach §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
114 Zivilprozessordnung (
ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht
auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für
die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R - SozR 3-1500 § 62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt
des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar
hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH- Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein
Unterliegen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl. §
73a Rn.7ff.).
Vorliegend fehlt es an dieser hinreichenden Erfolgsaussicht bereits mangels Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen für
die vom Kläger begehrte Leistung. Zudem hat der Beklagte eine nachvollziehbare Ermessensentscheidung getroffen, eine Ermessensreduzierung
auf Null ist nicht ersichtlich. Insoweit wird auf die Ausführungen des SG gemäß §
142 Abs.
2 Satz 3
SGG Bezug genommen.
Gemäß § 16 SGB II kann der Beklagte Leistungen zur Eingliederung in Arbeit erbringen, wobei die Voraussetzungen und Rechtsfolgen sich vorliegend
aus §
44 SGB III ergeben (§ 16 Abs. 2 SGB II). Hiernach muss die vom Kläger begehrte Leistung - objektiv - notwendig sein. Nur dann kommt es zu einer Ermessensentscheidung
des Beklagten. Vorliegend fehlt es nach summarischer Prüfung bereits an dieser Notwendigkeit, denn der Kläger kann auch im
Lagerbereich tätig sein, er ist dort nach Auffassung des Beklagten - der Kläger hat dem nicht widersprochen, vielmehr durch
das Zeugnis über die im Innenbereich geleisteten gemeinnützigen Arbeitsstunden belegt - gut qualifiziert. Damit aber ist eine
Eingliederung in diesem Bereich möglich. Eine finanzielle Unterstützung bei der Wiedererlangung der Fahrerlaubnis ist damit
nicht notwendig, um den Kläger wieder einzugliedern.
Unabhängig davon hat der Beklagte bei der Ermessensentscheidung gerade die Qualifizierung und die persönlichen Verhältnisse
des Klägers beachtet. Die Stellensituation im Speditionsgewerbe hat hinsichtlich der Frage des Bestehens der MPU keine Bedeutung.
Die Leistung gemeinnütziger Arbeit kann zwar evtl Hinweise für die Konsolidierung der persönlichen Verhältnisse geben, hat
aber keine Aussagekraft bzgl der Eignung, am Straßenverkehr teilzunehmen.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Diese Entscheidung ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§
177 SGG).