Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit; Verweisbarkeit eines Baufachwerkers auf die Tätigkeit
eines Pförtners
Tatbestand:
Streitig ist der Rentenanspruch wegen Erwerbsminderung, insbesondere die Erfüllung der erforderlichen beitragsrechtlichen
Voraussetzungen.
Der 1960 in Bosnien-Herzegowina geborene Kläger hat im Herkunftsland vom 18.02.1980 bis 01.05.1992 versicherungspflichtige
Beschäftigungen (als sogenannter "hochqualifizierter Elektromonteur-Spezialist") ausgeübt und nach seinem Zuzug nach Deutschland
von Juni1992 bis Oktober 1999 Rentenpflichtbeiträge entrichtet. Hier war er als Bauarbeiter und Baufachwerker beschäftigt.
Laut Auskunft der Insolvenzverwaltung des letzten Arbeitgebers besaß der Kläger die praktischen Fertigkeiten eines Baufachwerkers
nach einer Ausbildung von zwei Jahren; er wurde seiner Leistung entsprechend mit einem Stundenlohn von (umgerechnet) 11,66
Euro entlohnt. Die Tätigkeit war mit Heben und Tragen schwerer Lasten, häufigem Bücken sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten
und bei Nässe, Kälte oder Zugluft verbunden. Im Oktober 1999 musste der Kläger mit seiner Familie Deutschland verlassen und
in sein Heimatland zurückkehren.
Der Kläger leidet seit 1994 an Diabetes mellitus. Im Jahre 1995 wurden erstmals sogenannte "Akromegalie-Veränderungen" (Anwachsen
der Füße und Hände sowie Verdickung der Zunge) festgestellt. Als Ursache wurde ein Tumor der Hypophyse diagnostiziert, der
dann im April 1999 operativ entfernt wurde.
Auf Antrag vom 08.06.2005 hat der zuständige Rentenversicherungsträger in Bosnien-Herzegowina dem Kläger Invaliditätspension
zuerkannt, wobei zunächst der 10.05.2005, der Tag einer dort stattgefundenen Untersuchung, als Eintrittsdatum der Invalidität
zu Grunde gelegt wurde. Der in S. gestellte Antrag ist - entsprechend dem zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen
- an den Deutschen Rentenversicherungsträger weitergeleitet worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 21.12.2005 lehnte die Beklagte den Rentenantrag - nach Auswertung des vom bosnischen Versicherungsträger
erstellten med. Gutachtens vom 26.09.2005 - mit der Begründung ab, im Anrechnungszeitraum vom 08.06.2000 bis 07.06.2005 seien
keine maßgeblichen Rentenversicherungszeiten zurückgelegt worden.
Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde damit begründet, dass die "volle Erwerbsminderung" seit der Tumoroperation bzw. seit
Ende 1998 vorliege. Ein weiteres Gutachten des bosnischen Versicherungsträgers vom 17.01.2006 bestätigte neben einem "unter
2-stündigem Leistungsvermögen" ab 10.05.2005 nunmehr "ohne Zweifel völlige Berufs- und Erwerbsunfähigkeit bereits am 10.05.2001".
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2006 wies die Widerspruchstelle der Beklagten den Widerspruch mit der Begründung zurück,
für einen Eintritt der Erwerbsminderung vor dem 10.05.2005 ergäben sich - mangels entsprechender Befundberichte - keinerlei
Anhaltspunkte. Zudem liege auch nach "bosnisch-herzegowinischen Maßstäben" Invalidität erst seit 10.05.2005 vor.
Die hiergegen am 26.04.2006 erhobene Klage wurde unter Hinweis auf das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit "bereits seit Mai
2001" begründet. Dies sei auch dem Formblatt (BOH-D 207) zum Abkommen über Soziale Sicherheit zu entnehmen.
Das Sozialgericht holte Befundberichte ein und beauftragte von Amts wegen den Internisten Dr. R. mit Erstellung eines Gutachtens
nach Aktenlage. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 02.01.2007 Diabetes seit 1994 fest. Die Blutzuckerwerte hätten sich
nach der Hypophysenoperation weitgehend normalisiert. Seit 2003 seien wieder erhöhte Blutzuckerwerte als Hinweis auf unzureichende
Therapie festgestellt worden. Als Komplikation habe sich eine diabetische Netzhautveränderung der Augen und eine Nervenschädigung
(Polyneuropathie) entwickelt. Die Leistungsfähigkeit werde hierdurch eingeschränkt. Dabei sei aber hervorzuheben, dass im
Gutachtenbefund vom Mai 2005 Haltung, Gang und Bewegungen als normal bezeichnet worden seien. Objektiv sei nur eine Verspannung
der Lendenmuskulatur mit Bewegungseinschränkung festzustellen gewesen. Bis 2005 sei die allgemeine körperliche Leistungsfähigkeit
"mittelgradig" eingeschränkt gewesen; leichte Arbeiten hätten ohne zeitliche Einschränkung zugemutet werden können. Ab Mai
2005 habe sich der Zustand verschlechtert. Der Kläger sei seit Mai 2005 weder als Bauarbeiter noch in gleichwertigen Berufen
oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einsetzbar. Bis Mai 2005 habe Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit auf andere Berufsbereiche
bestanden. Bis zu diesem Termin habe der Kläger unter arbeitsmarktüblichen Bedingungen eingesetzt werden können, zusätzliche
Arbeitspausen oder Einschränkungen der Arbeitswege seien nicht erforderlich gewesen.
Eine hierauf anberaumte mündliche Verhandlung vom 27.06.2007 führte zur Vertagung des Rechtsstreits. Der gerichtsärztliche
Sachverständige Dr. R. wurde ergänzend gehört (Stellungnahmen vom 08.12.2007 und vom 24.01.2008). Im Ergebnis bestätigte Dr.
R. - auch unter Auswertung weiterer Befundunterlagen - seine im Gutachten bereits erstellte Leistungsbeurteilung.
Auf die mündliche Verhandlung vom 14.07.2008 hat die 7. Kammer des Sozialgerichts Landshut die Klage im Wesentlichen mit der
Begründung abgewiesen, beim Kläger habe - nach dem Ergebnis der gerichtsärztlichen Begutachtung - zum maßgeblichen Zeitpunkt,
als die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch erfüllt gewesen seien, nämlich im September 2001, noch keine Erwerbsminderung
vorgelegen. Als un- bzw. allenfalls einfach angelernter Bauarbeiter sei der Kläger uneingeschränkt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt
verweisbar, so dass es auch nicht der Benennung eines konkreten Verweisungsberufes bedürfe.
Die hiergegen am 19.08.2008 eingelegte Berufung hat der Kläger - vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte - wiederum damit
begründet, dass die vorliegenden Atteste den Eintritt der vollen Erwerbsminderung bereits im Mai 2001 bestätigten. Ferner
ist ein "Urteil" des Abteilungsdirektors der Renten- und Invalidenversicherung in Bosnien und Herzegowina vom 27.08.2008 eingereicht,
wonach das "Recht auf Invalidenrente" ab 10.05.2001 erfüllt gewesen sei.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme von Dr. R. eingeholt. Dieser hat unter dem 27.12.2008 ausgeführt, dass "diabetische
Komplikationen" - auch nach den vorgelegten medizinischen Unterlagen - erst seit 2003 bzw. Mai 2005 bestätigt seien. Die Neuropathie
habe seit dem letztgenannten Zeitpunkt die Verschlechterung des Leistungsvermögens bewirkt. Ferner hat das erkennende Gericht
vom Insolvenzverwalter des letzten Arbeitgebers des Klägers die eingangs erwähnte Auskunft zur Qualität des zuletzt in Deutschland
ausgeübten beitragspflichtigen Berufes beigezogen.
Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage am 27.04.2010 hat das Gericht auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 01.07.2010
das Ruhen des Verfahrens bis zum Abschluss weiterer Erhebungen der Beklagten beim Versicherungsträger in Bosnien und Herzegowina
angeordnet. Weitere Abkommenszeiten, insbesondere Pflichtbeitragszeiten aufgrund Arbeitslosigkeit, sind jedoch nicht bestätigt
worden.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger - vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte - Berufsschutz geltend gemacht
und ausgeführt, aufgrund der unveränderten Vergrößerung seiner Hände, könne er seit seiner Tumorerkrankung Tätigkeiten - insbesondere
zumutbarer Art - nicht mehr verrichten.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte, unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 14.07.2008 und des Bescheides der Beklagten vom
21.12.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2006, zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung,
hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen weiterhin als nicht erfüllt. Zum Berufsschutz macht sie geltend, dass
hier eine Anlernzeit von zwei Jahren zum Beruf des Baufachwerkers zu hoch bemessen sei. Zudem sei im maßgeblichen Jahr 2001
die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit des Klägers auf Berufe eines Pförtners, Sortierers, Montierers oder Verpackers noch
vorgelegen.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akte des Sozialgerichts Landshut und der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch
auf Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbminderung. Denn die erforderlichen beitragsrechtlichen Voraussetzungen
sind nicht erfüllt.
Versicherte haben gemäß §
43 Abs.
2 Satz 1 bzw. Abs.
1 Satz 1
SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung
oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter
den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert
sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Anspruch auf Rente wegen teilweiser
Erwerbsminderung haben Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersrente auch Versicherte, die
1. vor dem 01.01.1961 geboren und
2. berufsunfähig sind.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit
von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten
auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu
beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der
Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Beruftätigkeit
zugemutet werden können (§
240 Absätze 1 und 2
SGB VI).
Nach §
241 Abs.
1 SGB VI verlängert sich der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufunfähigkeit (§ 240), in dem Versicherte
für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit
haben müssen, u.a. um Ersatzzeiten. Nach Abs. 2 sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor
Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine
Wartzeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder
Berufsunfähigkeit mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist. Nach dem zwischen Deutschland und Bosnien-Herze-gowina geltenden
zwischenstaatlichen Abkommen steht eine Pflichtbeitragsleistung im Herkunftsland einer entsprechenden Beitragleistung in Deutschland
gleich.
Der Kläger erfüllt diese versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht. Denn nach dem Ergebnis der weiteren Beweiserhebungen
im Berufungsverfahren hat der Kläger zuletzt bis 25.04.1999 seine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt und anschließend
nur noch bis 31.10.1999 Lohnersatzleistungen, für die Rentenpflichtbeiträge entrichtet worden sind, bezogen. Zur Überzeugung
des Senats steht fest, dass der Kläger im November 2001, als somit die hinreichende Belegung mit Rentenbeiträgen nach den
vorgenannten Bestimmungen letztmals erfüllt war, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes und auch zumutbare Verweisungstätigkeiten
noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten konnte.
Maßgebend für die soziale Zumutbarkeit von Verweisungstätigkeiten ist grundsätzlich die Qualität der zuletzt ausgeübten beitragspflichtigen
Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls wenn sie zugleich die qualitativ höchste gewesen ist (Bundessozialgericht - BSG -
in SozR 2200 § 1246 Nr. 66 m.w.N.). Der bisherige Beruf des Klägers war hiernach der eines Baufachwerkers. In diesem Beruf
hatte der Kläger die praktischen Fertigkeiten eines Baufachwerkers mit einer Ausbildung von zwei Jahren, jedenfalls laut Auskunft
der Insolvenzverwaltung des letzten Arbeitgebers, erlangt. Für einen vollwertigen Facharbeiterberufschutz wäre es jedoch erforderlich,
dass der Kläger sich innerhalb der Dauer dieser Berufsausübung auch die theoretischen Kenntnisse einer Fachkraft angeeignet
hätte. Angesichts seiner artfremden Ausbildung im Herkunftsstaat und der relativ kurzzeitigen Berufsausübung im Inland ist
auszuschließen, dass der Kläger auch über die theoretischen Kenntnisse verfügt hat, welche in seiner Berufsgruppe gemeinhin
erwartet werden. Nicht entscheidend ist, dass er ggf. eine seinem individuellen Arbeitsplatz entsprechende Leistung erbracht
hat. Vielmehr hätte eine Wettbewerbsfähigkeit im Verhältnis zu anderen Versicherten der gleichen Berufsgruppe bestehen müssen
(vgl. BSGE 41, 129, 133), wofür keinerlei Anhaltspunkte vorliegen.
Neben dem beruflichen Werdegang ist auch die tarifliche Einstufung für die qualitative Bewertung des bisherigen Berufes sowie
des in Betracht kommenden Verweisungsberufes maßgebend (vgl. u.a. BSG SozR 3-2200, § 1246 Nr. 13). Die Verweisungstätigkeiten
stehen dabei in einer Wechselwirkung zum bisherigen Beruf. Von diesem aus bestimmt sich, welche Verweisungstätigkeiten als
zumutbar in Betracht kommen. Ein wesentlicher sozialer Abstieg ist nicht gegeben, wenn ein Versicherter auf die Gruppe unter
der sich aus der Wertigkeit des Hauptberufes ergebenden Berufsgruppe verwiesen wird (vgl. z.B. BSGE 57, 291). Hiernach beschränkt sich die Verweisbarkeit nicht auf die nächst niedrige Vergütungsgruppe des Tarifvertrages und ist nicht
an den zuletzt ausgeübten Fachzweig gebunden. Denn das Berufsgruppenschema umfasst im Wesentlichen fünf Stufen (für Ungelernte,
Angelernte mit einer Ausbildung von drei Monaten bis zu einem Jahr, qualifiziert Angelernte mit einer Ausbildung bis zu zwei
Jahren, Gelernte mit einer Ausbildung von mindestens zwei Jahren und leitende Angestellte in der Spitzengruppe der Gehaltsskala),
während tarifvertraglich regelmäßig eine wesentlich differenziertere Untergliederung erfolgt. Selbst eine Umstellung auf einen
anderen Fachzweig ist jedenfalls dann zumutbar, wenn die erforderliche Einarbeitung innerhalb von drei Monaten möglich erscheint.
Die tarifliche Einstufung ist für die Bewertung des Hauptberufes zudem nur dann maßgeblich, wenn sie den Leistungskriterien
des Tarifvertrages objektiv entspricht und nicht durch qualitätsfremde Merkmale bestimmt ist (BSG SozR 2200 §1246 Nr. 101,
BSG SozR 3-2200 §1246 Nr. 13). Eine konkrete Zuordnung in die Berufsgruppe der Facharbeiter ist für den Kläger auch hiernach
ausgeschlossen. Denn Aufzeichnungen über die tarifliche Einstufung konnte die Konkursverwaltung nicht vorlegen und die Höhe
des bescheinigten Arbeitsentgeltes reicht unter den gegebenen Umständen als Nachweis für eine der Leistung entsprechende Facharbeiterentlohnung
nicht aus (BSG SozR3-2200 §1246 Nr. 18).
Demgemäß ist die Beklagte - unter Zugrundelegung eines Berufsschutzes als (gehoben) Angelernter - zu Recht davon ausgegangen,
dass als zumutbarer Beruf der Pförtnerberuf in Betracht kommt (vgl. z.B. Urteil des 14.Senats des Bayerischen Landessozialgerichts
vom 19.03.2009, L 14 R 576/07und Beschluss des 3. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 14.10.2009, L 3 R 948/08). Sozial zumutbar war und ist vorliegend beispielsweise auch der Beruf eines Serien- oder Bestandskontrolleurs (vgl. zum
Tätigkeitsbild Bayer. LSG Urteil v. 12.03.2009, Az. L 18 R 836/07). Grundsätzlich reicht es aus, einen (gehoben) Angelernten auf einen konkreten Beruf, der durch Qualitätsmerkmale herausgehoben
ist (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45) und der in hinreichender Anzahl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommt, zu verweisen,
sofern dieser auch objektiv zumutbar ist.
Maßgebend für die Beurteilung des Leistungsvermögens des Klägers sowie der objektiven Zumutbarkeit der benannten Verweisungsberufe
ist das Ergebnis der gerichtärztlichen Begutachtung. Der bereits im sozialgerichtlichen Verfahren gehörte Internist und Radiologe
Dr. R. hat - aufgrund der Entwicklung der diabetischen Neuropathie - ab Mai 2005 körperliche Berufsbetätigungen nur noch unter
zwei Stunden täglich für zumutbar erachtet. Begründet sei dies durch die Polyneuropathie. Der Hypophysentumor sei seit 1999
nicht mehr rezidiviert. Zum gefragten Zeitpunkt im September 2001 sei nach gutem Operationserfolg keine gravierende Befundverschlechterung
objektiviert worden. Ein Versicherungsfall zu diesem Zeitpunkt könne nicht begründet werden. Nach Aufforderung durch den Senat
hat der gerichtsärztliche Sachverständige dahingehend ergänzend Stellung bezogen, dass sich aus den im Berufungsverfahren
vorgelegten Unterlagen eine abweichende Einschätzung der gutachterlichen Bewertung nicht ergebe. Insbesondere sei die Hypophysenoperation
vom April 1999 erfolgreich gewesen, so dass kein Restbefund des Tumors und keine hormonelle Reststörung in der Folgezeit bestätigt
werden musste. Der Diabetes war laut Befunden vom Dezember 2003 und Januar 2004 zunächst nur mäßig ausgeprägt und hinsichtlich
der Blutzuckerwerte noch ausreichend therapiert. Erst seit Mai 2005 waren wieder stark überhöhte Werte sowie diabetische Augenhintergrund-
Veränderungen dokumentiert worden. Auch die neurologische Störung (Neuropathie) war zu diesem Zeitpunkt als Verschlechterung
zu werten. Zusammenfassend ergibt sich auch unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen keine
abweichende Einschätzung der gutachtlichen Bewertung, die Dr. R. sowohl in seinem Fachgutachten als auch in seinen ergänzenden
Stellungnahmen dargelegt hat. Ein Leistungsfall der Erwerbsminderung, zu dessen Eintritt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen
noch erfüllt gewesen wären, lässt sich nach dem Ergebnis der medizinischen Begutachtung damit nicht begründen.
Der Einwand der Bevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung, dass letzterem Tätigkeiten bereits seit seiner
Hypophysenerkrankung aufgrund seiner vergrößerten Hände nicht mehr möglich gewesen seien, findet keine Bestätigung im gerichtsärztlichen
Gutachten und den vorliegenden medizinischen Unterlagen. Der Tumor als Ursache der schleichenden Gliedmaßenvergrößerung wurde
vollständig und rezidivfrei entfernt. Es bestehen daneben keine Anhaltspunkte dafür, dass die bis zu diesem Zeitpunkt eingetretenen
Gliedmaßenveränderungen eine maßgebliche Erwerbsminderung bedingt hätten. Zwar ist in den Befunden der neurochirurgischen
Universitätsklinik B. aus dem Jahr 1999 von einem "ausgeprägten akromegalen Habitus" die Rede, der Kläger selbst schildert
in diesem Zusammenhang in den letzten vier Jahren eine Zunahme der Schuhgröße um drei Größen sowie eine Vergrößerung und Verplumpung
der Hände mit morgendlichen Fingerschmerzen. In der jeweiligen Befunderhebung der Uni-Klinik wie auch von allen anderen behandelnden
Ärzten wird jedoch eine über die vom Kläger stets geschilderte Schwellung hinausgehende, außergewöhnliche Vergrößerung der
Hände bzw. Finger nicht beschrieben. Der Entlassungsbericht der Universitätsklinik B. vom 29.04.1999 weist vielmehr ein deutlich
nachlassendes Spannungsgefühl in Gesicht, Händen und Füßen aus, die Leistungsfähigkeit des Klägers wird in der präoperativen
Anamnese als normal beschrieben. Ausschlaggebend ist aus Sicht des Senats in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass der
Kläger bis unmittelbar vor der operativen Entfernung des Hypophysentumors seiner Tätigkeit als Baufachwerker ohne bekannte
Einschränkungen nachgegangen ist.
Auch unter den Gesichtspunkten einer "schweren spezifischen Leistungsbehinderung" bzw. "der Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen"
lässt sich ein rechtzeitig eingetretener Leistungsfall der Erwerbsminderung nicht begründen. Denn für die konkret benannten
Verweisungsberufe ist nicht davon auszugehen, dass der Arbeitsmarkt dem Kläger aufgrund der Vergrößerung seiner Extremitäten
keine hinreichende Anzahl von Arbeitsplätzen bereitgestellt hätte (vgl. z.B. Urteil des 5. Senats des BSG vom 20.10.2004,
B 5 RJ 48/03 R).
Im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung ist auch zu beachten, dass der Kläger erst Jahre nach der Rückkehr in seine
Heimat den Rentenantrag gestellt hatte. Dieser Zeitpunkt der Rentenantragstellung (im Jahr 2005) ist durchaus Indiz für das
subjektive Leistungsempfinden des Klägers, was wiederum den Rückschluss auf eine objektive Verschlechterung des Gesundheitszustandes
und des Leistungsvermögens nahelegt. Nicht überzeugend ist dagegen die nachträgliche Korrektur des festgestellten Leistungsfalls
durch den Rentenversicherungsträger in A-Stadt. Diese Annahme stützt sich - unbeschadet der unterschiedlichen rechtlichen
Voraussetzungen - auf die Behauptung, bereits am 17.10.1999 sei durch die Ärzte des Universitätsklinikums B. Arbeitsunfähigkeit
attestiert worden. Daraus lassen sich jedoch keine Rückschlüsse auf das Bestehen einer Erwerbsminderung ziehen. Die postoperativ
bestehende Arbeitsunfähigkeit bezieht sich - unbeschadet ihrer tatsächlichen Dauer - insoweit auf die letzte Berufstätigkeit
und gerade nicht auf zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Im Übrigen hat nach den Grundsätzen der objektiven
Beweislast der Kläger die Folgen zu tragen, die sich daraus ergeben, dass nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten
der erforderliche Vollbeweis für die den Anspruch begründenden Tatsachen nicht - mehr - geführt werden konnte.
Die Berufung war nach alledem mit der Kostenfolge des §
193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
2 Ziffern 1 und 2
SGG sind nicht ersichtlich.