Anspruch auf Prozesskostenhilfe; Zulässigkeit der Beschwerde bei fehlerhafter Entscheidung des Gerichts durch einen Gerichtsbescheid
1. Wird fehlerhaft ein Gerichtsbescheid erlassen, eröffnet dies dem Kläger - nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung - die
Möglichkeit das objektiv zutreffende bzw. das subjektiv nach der Rechtsmittelbelehrung für zutreffend gehaltene Rechtsmittel
einzulegen, über das in der zutreffenden Form zu entscheiden ist.
2. Ist ein erstinstanzliches Verfahren vor dem SG bereits durch Gerichtsbescheid beendet und war der Kläger vor dem SG nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten, sind im Verfahren vor dem SG keine Prozesskosten in Form von Gebühren und Auslagen für einen Rechtsanwalt entstanden, für die PKH gewährt werden könnte.
3. Ein Bevollmächtigter für das erstinstanzliche Verfahren kann nicht - mehr - beigeordnet werden. Die Beiordnung ist bereits
von daher nicht - mehr - erforderlich.
Gründe
I.
Strittig ist die Aufhebung der Bewilligung und die Rückforderung von Arbeitslosengeld (Alg) für den Zeitraum vom 18.01.2007
bis 09.02.2007 (Forderung: 925.- EUR) und ab 01.12.2007 (Forderung 74.- EUR).
Dem Kläger war nach seiner Arbeitslosmeldung mit Wirkung am 08.01.2007 für die Zeit ab dem 11.01.2007 mit Bescheid vom 04.04.2007
Alg bewilligt worden. Für den Zeitraum vom 11.01.2007 bis 17.01.2007 ruhe der Alg- Anspruch wegen des Eintrittes einer Sperrzeit
(bestandskräftiger Bescheid vom 04.04.2007 idG des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2007). Nachdem die Beklagte am 18.10.2007
durch den Träger der gesetzlichen Krankenversicherung darüber informiert worden war, der Kläger habe aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit
ab dem 10.01.2007 vom 11.01.2007 bis 09.02.2007 Krankengeld bezogen, nahm die Beklagte nach Anhörung des Klägers mit Bescheid
vom 18.01.2008 idG des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2008 die Alg- Bewilligung für den Zeitraum vom 18.01.2007 bis 09.02.2007
zurück und forderte vom Kläger überzahlte Leistungen in Höhe von 925.- EUR zurück. Der Kläger habe vor der Alg- Bewilligung
am 04.04.2007 keine Angaben zu seiner Arbeitsunfähigkeit und dem Bezug des Krankengeldes gemacht. Hierdurch habe er grob fahrlässig
die rechtswidrige Alg- Bewilligung für den Zeitraum vom 18.01.2007 bis 09.02.2007 verursacht. Ein Anspruch auf Alg habe nicht
bestanden, denn der Kläger habe dem Arbeitsmarkt aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit nicht zur Verfügung gestanden.
Gegen den "Widerspruchs"-Bescheid vom 18.01.2008 (idG des Widerspruchsbescheid vom 19.03.2008) hat der Kläger am 19.01.2009
Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben (S 15/10 AL 11/09 nach Fortsetzung des Verfahrens: S 10 AL 31/12)
Nach einer zwischenzeitlichen Unterbrechung Alg- Bezuges und einer erneuten Arbeitslosmeldung bewilligte die Beklagte dem
Kläger wiederum Alg für die Zeit ab dem 24.08.2007 bis 02.12.2007. Aufgrund eines Datenabgleiches kam der Beklagten im Mai
2008 zur Kenntnis, der Kläger habe ab dem 01.12.2007 eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen gehabt. Nach Anhörung
des Klägers hob die Beklagte mit Bescheid vom 18.06.2008 idG des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2008 die Alg- Bewilligung
für die Zeit ab dem 01.12.2007 auf und forderte vom Kläger überzahlte Leistungen in Höhe von 74.- EUR zurück (Zeitraum 01.12.2007
bis 02.12.2007).
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 11.08.2008 hat der Kläger am 17.11.2008 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben (S 10 AL 281/08 nach Fortsetzung des Verfahrens: S 10 AL 30/12)
Am 18.11.2011 hat der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) in beiden Verfahren beantragt, die das SG mit Beschluss vom 22.09.2014 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat.
Mit Gerichtsbescheid vom 08.10.2014 hat das SG die Klagen als unzulässig abgewiesen (Ziffer II. und III des Tenors). Die Klagen seien nicht fristgerecht erhoben worden.
Der Vortrag des Klägers, er habe die Widerspruchsbescheide erst kurz vor der Klageerhebung innerhalb der Monatsfrist erhalten,
sei nicht glaubhaft. Die Anträge auf Gewährung der PKH hat das SG in Ziffer I des Tenors abgelehnt. Erfolgsaussichten hätten nicht bestanden. Zudem sei der Kläger gerichtserfahren. Die Beiordnung
eines Rechtsanwaltes wäre nicht erforderlich gewesen. Gegen den Gerichtsbescheid sei das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger (insgesamt) Berufung beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt (Az: L 10 AL 237/14).
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und
zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde gegen Ziffer I des Gerichtsbescheides vom 08.10.2014 ist zulässig (§§
172 Abs
1,
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG).
Gegenstand des Verfahrens ist ein Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH im sozialgerichtlichen Verfahren S 10 AL 30/12. Hierüber hätte das SG im Rahmen eines Beschlusses zu entscheiden gehabt (§
73a Abs
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
127 Abs
1 Satz 1, §
128 Abs
4 Zivilprozessordnung -
ZPO). Soweit hier das SG jedoch fehlerhaft einen Gerichtsbescheid erlassen hat, eröffnet dies dem Kläger - nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung
- die Möglichkeit das objektiv zutreffende bzw. das subjektiv nach der Rechtsmittelbelehrung für zutreffend gehaltene Rechtsmittel
einzulegen, über das der Senat als Rechtsmittelgericht allerdings in der zutreffenden Form (vgl. Leitherer in Meyer- Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl., vor §
143 Rn. 14, 14a), d.h. durch Beschluss (§
176 SGG) zu entscheiden hat.
Das als Beschwerde zu behandelnde Rechtsmittel des Klägers ist im Ergebnis jedoch unbegründet.
Gemäß §
73a SGG i.V.m. §
114 Satz
ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht
auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist eine Vertretung durch Anwälte, wie vorliegend, im sozialgerichtlichen
Verfahren nicht vorgeschrieben, wird den Beteiligten zudem auf Antrag hin ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner
Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint (§
121 Abs
2 ZPO).
Nachdem das erstinstanzliche Verfahren vor dem SG bereits durch Gerichtsbescheid vom 08.10.2014 beendet - der Kläger hat Berufung beim LSG eingelegt - und der Kläger vor dem
SG nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten worden ist, sind im Verfahren vor dem SG keine Prozesskosten in Form von Gebühren und Auslagen für einen Rechtsanwalt entstanden, für die PKH gewährt werden könnte.
Ein Bevollmächtigter für das erstinstanzliche Verfahren kann nicht - mehr - beigeordnet werden. Die Beiordnung ist bereits
von daher nicht - mehr - erforderlich (vgl. Beschluss des Senates vom 26.04.2012 - L 11 AS 1041/11 B PKH [...] mwN).
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§
177 SGG).