Aufhebung der Festsetzung eines Ordnungsgeldes im sozialgerichtlichen Verfahren; Ermessen des Gerichts
Gründe:
I. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen das ihm auferlegte Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 Euro.
In einem Schwerbehindertenverfahren nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX) ersuchte das Zentrum Bayern Familie und Soziales, Region Oberbayern (ZBFS) am 13.04.2011 das Sozialgericht München, den
Beschwerdeführer als Zeugen vorzuladen. Dieser sei wiederholt aufgefordert worden, über seine Patientin L. S., der Antragstellerin
im Verfahren nach dem
SGB IX, einen Befundbericht vorzulegen.
Das Sozialgericht informierte den Beschwerdeführer am 21.04.2011 über das vom ZBFS gestellte Rechtshilfeersuchen. Es kündigte
an, ihn als Zeugen vorzuladen, damit er den Bericht abgebe und stellte ihm anheim, bis spätestens 24.05.2011 den schriftlichen
Befundbericht zu übersenden. Bei rechtzeitigem Eingang könne der Beweistermin abgewendet werden. Zugleich wies das Sozialgericht
darauf hin, im Falle unentschuldigten Fernbleibens müsse Ordnungsgeld verhängt werden. Da der Befundbericht nicht einging,
verfügte das Sozialgericht am 24.05.2011 die Ladung des Beschwerdeführers als Zeuge auf den 22.06.2011. Im Beweisaufnahmetermin
vom 22.06.2011 erschien der Beschwerdeführer nicht. Das Sozialgericht setzte gegen ihn 200,00 Euro Ordnungsgeld fest.
Da der Befundbericht nicht einging, verfügte das Sozialgericht am 24.06.2011 die Ladung des Beschwerdeführers als Zeuge auf
den 22.07.2011. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer anheim gestellt, den Befundbericht bis 20.07.2011, 24.00 Uhr beim
Sozialgericht München einzureichen. Dann könne der Beweistermin abgewendet werden. In der dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde
vom 25.06.2011 zugestellten Ladung wies das Sozialgericht erneut auf die Festsetzung von Ordnungsgeld im Falle unentschuldigten
Fernbleibens hin. Die Ladung sei aber gegenstandslos, wenn der Befundbericht bis 22.07.2011 bei Gericht eingehe.
Im Beweisaufnahmetermin vom 22.07.2011 erschien der Beschwerdeführer erneut nicht. Das Sozialgericht setzte gegen ihn 500,00
Euro Ordnungsgeld fest. Der Beschwerdeführer sei trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne Entschuldigung nicht erschienen.
Der Ordnungsgeldbeschluss wurde dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde am 26.07.2011 zugestellt.
Am 12.08.2011, eingegangen beim Sozialgericht am 16.08.2011, legte der Beschwerdeführer gegen den Ordnungsgeldbeschluss vom
22.07.2011 Beschwerde ein. Er habe den Ladungstermin wegen Arbeitsüberlastung, krankheitsbedingten Personalengpass und Aktenstau
verpasst. Deswegen habe er den Bericht auch nicht rechtzeitig erstellt und auch nicht eine Fristverlängerung beantragt. Seine
finanzielle Situation sei nicht gut. Er werde den Bericht nach seinem Praxisurlaub, das heißt Mitte September 2011, umgehend
erstellen.
Am 16.09.2011 hat das Sozialgericht die Akten angefordert, da erneut versucht werde, den Zeugen zu laden. Am 03.11.2011 hat
der Senat beim Beschwerdeführer angefragt, ob der Befundbericht inzwischen erstellt sei und dem Sozialgericht übermittelt
wurde. Darauf ist keine Antwort erfolgt.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts München vom 22.07.2011 aufzuheben, hilfsweise, das Ordnungsgeld auf 100,00 Euro
zu ermäßigen oder den Betrag ganz zu erlassen.
II. Die Beschwerde ist zulässig (§§
172,
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG), aber unbegründet. Die Verhängung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 500,00 Euro ist rechtmäßig.
Im Wege der Rechtshilfe kann eine Behörde gemäß § 22 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ein Gericht ersuchen, eine Person als Zeugen bzw. als sachverständigen Zeugen einzuvernehmen, wenn diese ohne Rechtfertigungsgründe
eine nach § 21 Abs. 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - SGB X erbetene Aussage verweigert. Nach §
118 Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
380 Abs.
1 Zivilprozessordnung (
ZPO) sind einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten und zugleich
ein Ordnungsgeld aufzuerlegen. Die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt nach §
381 Abs.
1 Satz 1
ZPO, wenn das Ausbleiben des Zeugen rechtzeitig genügend entschuldigt wird. Erfolgt die genügende Entschuldigung nachträglich,
werden die getroffenen Anordnungen nach §
381 Abs.
1 Satz 3
ZPO aufgehoben. Für die Höhe des Ordnungsgeldes setzt Art. 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum
Strafgesetzbuch (EGStGB) einen Rahmen zwischen 5,00 Euro und 1.000,00 Euro. Voraussetzung für die Verhängung von Ordnungsgeld ist demnach, dass der
Beschwerdeführer ordnungsgemäß geladen und auf die Folgen seines Nichterscheinens hingewiesen worden ist. Dies trifft hier
zu. Die Ladung zum Termin wurde dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde vom 25.06.2011 in den zu seiner Wohnung gehörenden
Briefkasten eingelegt. Dass er sein Fernbleiben vor dem Termin rechtzeitig entschuldigt hätte, behauptet der Beschwerdeführer
nicht. Seine nachträgliche Erklärung in der Beschwerdeschrift enthält keine genügende Entschuldigung, die zur nachträglichen
Aufhebung des Ordnungsmittels reichen könnte.
Die Festsetzung eines Ordnungsgeldes kann nur dann aufgehoben werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass den Zeugen an der
Verspätung kein Verschulden trifft. Was als Entschuldigungsgrund gilt, entscheidet das Gericht nach freiem Ermessen unter
Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles. Für die genügende Entschuldigung müssen Umstände vorliegen, die das Ausbleiben
nicht als pflichtwidrig erscheinen lassen (Thomas Putzo,
ZPO, 30. Aufl., §
381 Rn. 2).
Die vom Beschwerdeführer angeführten Gründe für sein Ausbleiben können dieses nicht hinreichend entschuldigen. Zwar macht
er geltend, dass er den Termin wegen Arbeitsüberlastung und krankheitsbedingtem Personalengpass versäumt habe. Außerdem sei
seine finanzielle Situation nicht gut. Der Ladung zum Beweisaufnahmetermin vom 25.06.2011 ist jedoch bereits eine Ladung zum
Beweisaufnahmetermin vom 28.05.2011 vorausgegangen sowie mehrfache Anforderungen des ZBFS. Dem Beschwerdeführer wurde auch
jedes Mal die Möglichkeit eingeräumt, den Befundbericht rechtzeitig bei Gericht vorzulegen. Die Festsetzung von Ordnungsgeld
ist damit rechtmäßig.
Das Ordnungsgeld war auch nicht abzusenken. Zwar weist der Beschwerdeführer auf einen finanziellen Engpass hin. Dies kann
jedoch nicht zu einer Absenkung oder gar einem Erlass des Ordnungsgeldes führen, da der Beschwerdeführer bereits den zweiten
Termin zur Einvernahme als Zeuge unentschuldigt versäumt hat. Beim ersten Mal wurde ihm ein Ordnungsgeld in Höhe von 200,00
Euro auferlegt. Dies hatte jedoch weder zur Folge, dass der Beschwerdeführer den Befundbericht schriftlich erstellt hätte,
noch dass er persönlich bei Gericht erschienen wäre. Nach der Rechtsprechung ist eine eingehende Begründung der Ermessensentscheidung
zur Höhe des Ordnungsgeldes nicht erforderlich, wenn sich das Ordnungsgeld - wie hier - im mittleren Bereich hält (Meyer-Ladewig,
Keller, Leitherer,
SGG, 9. Aufl., §
111 Rn. 6 b). Deshalb war die Höhe des Ordnungsgeldes insgesamt rechtmäßig. Hinzukommt, dass der Beschwerdeführer die Anfrage
des Gerichts nicht beantwortet hat, ob inzwischen der Befundbericht erstellt worden ist.
Die Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf analoger Anwendung des §
197 a SGG i.V.m. §
154 Abs.
1 und
2 Verwaltungsgerichtsordnung. Danach sind demjenigen, der unterliegt bzw. der ohne Erfolg ein Rechtsmittel eingelegt hat, die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
§
197 a SGG findet hier Anwendung, weil der Beschwerdeführer nicht zu den kostenprivilegierten Personen des §
183 SGG gehört. Ihm waren daher die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§
177 SGG).