Tatbestand:
Streitig ist, ob bei der 1965 geborenen und am 01.04.2004 verstorbenen E. K. (im Folgenden: die Versicherte) eine Berufskrankheit
(BK) nach der Ziffer 1302 der
Berufskrankheitenverordnung (
BKV) - Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe - vorgelegen hat. Der Kläger ist der Witwer der Verstorbenen; er hat zum
Zeitpunkt ihres Todes mit ihr in einem Haushalt gelebt.
Die Versicherte war vom 16.01.1984 bis 31.08.2001 in der Kunststofffertigung des Brillenherstellers R. in R. beschäftigt.
Ab 01.09.2001 bis zur krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ab 29.01.2003 arbeitete sie in der Rezeptglasfertigung dieser
Firma.
Am 10.02.2003 wurde bei ihr im Krankenhaus D. ein wenig differenziertes Adenokarzinom der rechten Lunge mit Lymphangiosis
carcinomatosa der Bronchialmukosa im Oberlappensegment II festgestellt. Die Versicherte verstarb an den Folgen dieser Erkrankung
am 01.04.2004.
Am 01.08.2003 zeigte der Lungenfacharzt Dr. B. die Erkrankung der Versicherten als mögliche Berufskrankheit an. Sie sei mit
Dichlormethan der Firma M. in Kontakt gekommen. Aus dem Sicherheitsdatenblatt ergebe sich der Verdacht auf eine krebserzeugende
Wirkung dieser Substanz.
Zur Exposition der Versicherten mit Gefahrstoffen holte die Beklagte eine Stellungnahme ihres Technischen Aufsichtsdienstes
(TAD) ein. Methylenchlorid sei bei der Firma R. bis 8/1995 verwendet worden, danach nicht mehr. Bis 1990 seien Horden per
Hand einmal wöchentlich für ca. zwei Stunden gereinigt worden; die Reinigungsbehälter seien mit Methylenchlorid gefüllt und
während des Arbeitsvorgangs offen gewesen; eine Absaugung am Behälter habe nicht bestanden. Eine Raumluftabsaugung habe vorgelegen.
In der restlichen Zeit sei die Versicherte mit Entformen beschäftigt gewesen. Ihr Arbeitsplatz sei ca. drei bis fünf Meter
von der Grobreinigung der Gießformen entfernt gewesen. Über den einzelnen Behältern hätten sich Kühlschlangen und Absaugungen
befunden, der automatische Badwechsel der Formen sei über diese Einrichtungen erfolgt. Die Anlage sei fünf Tage die Woche
im Dreischichtbetrieb gelaufen und mit Methylenchlorid gefüllt gewesen. Im Zeitraum von 1990 bis 1992 habe auf Grund direkter
Tätigkeit der Versicherten kein Kontakt zu Methylenchlorid bestanden, der ständige Arbeitsplatz habe sich jedoch in räumlicher
Nähe befunden. Von 1993 bis 1995 seien Kleinteile per Hand in offenen Behältern gereinigt worden in ähnlichen Arbeitsvorgängen
wie jene bis 1990. Der Arbeitsplatz habe sich in unmittelbarer Nähe der Abfüllstation befunden. Absaugeinrichtungen seien
am Arbeitsplatz vorhanden gewesen; es seien permanent Isocyanat-Messungen am Arbeitsplatz durchgeführt worden. Es wurde auf
den Untersuchungsbericht des TAD von 11/1993 jährlich bis 27.06.2001 Bezug genommen. Eine Röntgenaufnahme der Lunge der Versicherten
von 1992 sei als unauffällig bewertet worden.
Der Gewerbeärztliche Dienst beim Gewerbeaufsichtsamt R. führte in seiner Stellungnahme vom 09.12.2003 aus, dass der Nachweis
einer Tumorentstehung durch Methylenchlorid nicht geführt werden könne. Derzeit gebe es keinen ausreichenden Zusammenhang
zwischen Dichlormethaneinwirkung und Tumorentstehung bei Menschen (International Agency for Research on Cancer). Die Anerkennung
einer Berufskrankheit werde nicht empfohlen.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.01.2004 die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Ziffer 1302 ab. Auch
die Anerkennung einer "Wie-Berufskrankheit" nach §
9 Abs.2
Sozialgesetzbuch VII (
SGB VII) sei ausgeschlossen. Hiergegen legte die Versicherte Widerspruch ein. Prof. Dr. D. von der Universität E. erstellte im Auftrag
der Beklagten ein Zusammenhangsgutachten. Es sei nicht wahrscheinlich, dass die Exposition der Versicherten mit Dichlormethan
eine wesentliche Ursache für die Entstehung des Lungenkrebses gewesen sei. Aus epidemiologischen Studien hätten sich keine
eindeutigen Ergebnisse bezüglich der Kanzerogenität von Dichlormethan bei Menschen gewinnen lassen. Die Entstehung von Lungenkrebs
sei auf verschiedene Ursachen zurückzuführen. So hätte bei der Klägerin möglicherweise eine genetische Disposition für ein
erhöhtes Krebsrisiko bestanden. Mit Bescheid vom 22.11.2004 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Hiergegen legte der Kläger als Witwer der zwischenzeitlich verstorbenen Versicherten mit Schreiben vom 01.12.2004 Klage beim
Sozialgericht (SG) Landshut ein.
Das SG beauftragte den Arbeitsmediziner Prof. Dr. N., M., mit der Erstellung eines Zusammenhangsgutachtens nach Aktenlage. Er vertrat
die Auffassung, dass die Entstehung des Lungenkrebses bei der Versicherten durch die Exposition mit Dichlormethan wesentlich
beschleunigt und verschlimmert worden sei. Dieser Gefahrstoff habe durch seine erhebliche Ätz- und Reizwirkung chronisch entzündliche
Prozesse im Lungengewebe der Versicherten hervorgerufen. Diese hätten als mindestens gleichwertiger Faktor zur Krebsentstehung
beigetragen.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme bei der Arbeitsmedizinerin Dr. W. ein. Diese kam am 19.05.2006 zum Ergebnis, dass ein
wahrscheinlicher Zusammenhang zwischen der Exposition mit Dichlormethan und dem Lungenkrebs nicht nachzuweisen sei. Zum einen
seien bei den arbeitsplatzbezogenen Schadstoffmessungen im Jahr 1992 für Dichlormethan Werte gemessen worden, die sich weit
unterhalb des zulässigen Grenzwertes befunden hätten. Zudem sei in der medizinischen Wissenschaft nicht ausreichend gesichert,
ob Dichlormethan auch Krebs bei Menschen erzeugen könne.
In einer weiteren Stellungnahme vom 15.07.2006 führte Prof. Dr. N. aus, die Klägerin sei auch anderen gewebereizenden Gefahrstoffen
(in niedriger Konzentration) ausgesetzt gewesen. Gerade diese Mischexposition habe zu einer besonderen Gefahr im Hinblick
auf die Krebsentstehung geführt.
Das SG verpflichtete die Beklagte durch Urteil vom 16.01.2007, die Krebserkrankung der Verstorbenen ab 10.02.2003 als Berufskrankheit
nach der Ziffer 1302 der Anlage zur
BKV anzuerkennen. Es stützte sich hierbei im Wesentlichen auf das Gutachten des Prof. Dr. N ...
Hiergegen legte die Beklagte am 21.02.2007 Berufung ein. Zur Begründung legte sie eine weitere Stellungnahme des Prof. Dr.
D. vor. Dieser führte am 19.03.2007 aus, dass es sich bei den im Jahr 1992 gemessenen Werten nicht um Schichtmittelwerte,
sondern um punktuelle Messwerte mit einer Messdauer von 5 bzw. 30 Minuten gehandelt habe, die bei den konkreten Reinigungstätigkeiten
erhoben worden seien. Es seien Maximalwerte, die kurzzeitig während der Durchführung der relevanten Reinigungsarbeiten auftraten.
Des Weiteren wies er darauf hin, dass Dichlormethan nach der aktuellen Klassifizierung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
lediglich als Stoff der Gruppe 3A und nicht der Gruppe 4 oder 5 eingestuft sei, da ein Grenzwert der krebserzeugenden Wirkung
für Dichlormethan derzeit nicht abgeschätzt werden könne. Des Weiteren sei die Übertragbarkeit der in Tierversuchen erhobenen
Befunde auf den Menschen derzeit wissenschaftlich nicht gesichert.
Daraufhin wurde der Arbeitsmediziner Prof. Dr. N. zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt. Dieser kam in seinem Gutachten
vom 11.02.2008 zum Ergebnis, dass kein ursächlicher Zusammenhang im Sinne der Entstehung oder der Verschlimmerung zwischen
der Krebserkrankung und der Tätigkeit der Verstorbenen bei der Firma R. bestehe. Zur Begründung wies er darauf hin, dass die
MAK-Kommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft Dichlormethan unter Aussetzung eines MAK-Wertes in die Kategorie 3A eingestuft
habe, obwohl eigentlich nur die Voraussetzungen für die Kategorie 5 erfüllt seien. Die Kategorie 5 bezeichne Stoffe mit gentoxischer
Wirkung, deren Wirkstärke als so gering erachtet werde, dass unter Einhaltung eines MAK-Wertes kein nennenswerter Beitrag
zum Krebsrisiko für den Menschen zu erwarten sei. Auf Grund der derzeitig unklaren Datenlage hinsichtlich des Entstehens von
Tumoren bei Menschen wurde Dichlormethan jedoch in der Kategorie 3 belassen.
Der Kläger wies darauf hin, Prof. Dr. N. forsche unter anderem zum Problem der Kausalität zwischen den im Krebsverdacht stehenden
Werkstoffen und der Entstehung von Krebserkrankungen verschiedenster Natur. Weiter führte er aus, dass bei der Firma R. hoch
giftige Stoffe verwendet worden seien, die in der Nacht und am Wochenende in einem Stahlschrank verschlossen worden seien.
Dieser Stahlschrank sei bei der Überprüfung der Berufsgenossenschaft nicht geöffnet worden. Auch sei die Verstorbene viel
länger hoch giftigen Stoffen ausgesetzt gewesen, als dies die Firma R. angebe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 16. Januar 2007 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 14. Januar 2004
in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2004 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß §
136 Abs.2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§§
143,
151 SGG) und begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 16.01.2007 war aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Frage, ob dem Kläger als Sonderrechtsnachfolger der verstorbenen Versicherten im
Sinne des §
56 Abs.1 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch (
SGB I) Leistungen der Beklagten zustehen. Die ist zu verneinen. Die Versicherte hatte keinen Anspruch auf Leistungen wegen des
bei ihr aufgetretenen Lungenkrebses. Die Voraussetzungen einer Berufskrankheit gemäß §
9 Abs.1 Satz 1
SGB VII i.V.m. Nr. 1302 der Anlage 1 zur
BKV sind nicht erfüllt. Nach §
9 Abs.1
SGB VII sind Berufskrankheiten solche Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates
als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versuchungsschutz nach §§
2,
3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Als solche Berufskrankheiten werden in der Ziffer 1302 der
BKV Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe genannt.
Zwar ist Methylenchlorid ein Halogenkohlenwasserstoff (HKW), jedoch ist nicht nachgewiesen, dass die Erkrankung der Verstorbenen
rechtlich wesentlich durch den Kontakt mit Methylenchlorid verursacht wurde. Die HKW weisen eine unterschiedliche Schädigungspotenz
auf verschiedene Körperorgane auf. Die meisten HKW wirken neurotoxisch auf das zentrale Nervensystem (ZNS). Durch spezifische
metabolische Mechanismen ist die Leber von allen Organen am meisten durch HKW-Expositionen gefährdet. Hohe Dosen von HKW können
jedoch auch an anderen Organen, in der Regel verzögert, Schäden anrichten. Als Lösungsmittel verwendete HKW haben dagegen
normalerweise keine ausgeprägte bronchialreizende und lungenschädigende Potenz (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall
und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 1312 ff.). Bei bronchopulmonalen Vorerkrankungen und unspezifischer bronchialer Überempfindlichkeit
können jedoch durch hohe Luftkonzentrationen bronchospastische Reaktionen induziert werden. Eine solche Erkrankung lag bei
der Versicherten nicht vor, sondern ein Lungenkarzinom.
Die Lungenkrebserkrankung kann nicht als BK anerkannt werden. Der Senat hält das Gutachten des von ihm beauftragten Sachverständigen
Prof. Dr. N. vom 11. Februar 2008 für überzeugend. Dieser führt aus, dass das Bronchialkarzinom mit 1,2 Millionen Fällen weltweit
die häufigste Tumorerkrankung ist. Die Mortalität wird mit 921.000 Fällen pro Jahr angegeben. Das Bronchialkarzinom ist bei
Männern der weltweit häufigste bösartige Tumor und steht bei Frauen nach dem Mammakarzinom an zweiter Stelle der malignen
Tumorerkrankungen. Bei Männern sind bis zu 90 % und bei Frauen bis zu 60 % der Lungenkrebserkrankungen auf das inhalative
Zigarettenrauchen zurückzuführen. Das Risiko an Lungenkrebs zu erkranken, ist um das zehnfache erhöht bei lebenslangen Rauchern
gegenüber lebenslangen Nichtrauchern. Daraus ergibt sich allerdings im Umkehrschluss, dass auch Nichtraucher an Lungenkrebs
erkranken können.
Prof. Dr. N. führt weiter aus, dass ca. 8 % der Krebsfälle auf berufliche Einflüsse zurückgeführt werden. Ein krebserzeugender
Kausalzusammenhang für Tumore des Atemtraktes aufgrund beruflicher Einwirkungen gilt danach für folgende Stoffe als gesichert:
Asbest, Arsen, Chrom-6-Verbindungen, Dichlor-D-Methylsulfit, Haloäther, ionisierende strahlende Stoffe, Nickelmetall, polyzyklische
aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und silikogene Stäube. 5 % der Krebsfälle werden auf Luftverschmutzung zurückgeführt.
17 % der Bronchialkarzinomfälle treten bei Nichtrauchern auf. Aus epidemiologischen Studien ist weiterhin bekannt, dass der
Anteil von Frauen bei den Nichtraucherkarzinomen besonders hoch ist. Nicht genau bekannt ist in diesem Zusammenhang der Anteil
und der Einfluss des Passivrauchens in den Kollektiven.
Nach Prof. Dr. N. ist das Auftreten der Tumorerkrankung im früheren Erkrankungsalter und bei einem Nichtraucherstatus, wie
bei der Versicherten im klinischen Alltag zwar selten, aber gut bekannt und durch epidemiologische Studien belegt, und zwar
auch ohne Einfluss karzinogener Berufstoffe. Das klinische Bild der Erkrankung spiegelt keinen ungewöhnlichen Krankheitsverlauf
wieder. Die positive Familienanamnese ist zu berücksichtigen. Ein ursächlicher Zusammenhang im Sinne der Entstehung oder der
Verschlimmerung zwischen der Dichlormethanexposition am Arbeitsplatz der Versicherten und der Tumorerkrankung lässt sich nicht
begründen. Prof. Dr. N. weist darauf hin, dass Dichlormethan im Jahr 2000 unter Aussetzung eines MAK-Wertes in die Kategorie
3a eingestuft wurde. Dabei sah die MAK-Wert-Kommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft eigentlich nur die Voraussetzungen
für die Kategorie 5 erfüllt. In dem System der MAK-Werte bezeichnet die Kategorie 5 Stoffe mit gentoxischer Wirkung, deren
Wirkstärke als so gering erachtet wird, dass unter Einhaltung eines MAK-Wertes kein nennenswerter Beitrag zum Krebsrisiko
für Menschen zu erwarten ist. Es wurde in der MAK-Wert-Kommission zur Begründung ausgeführt, dass aufgrund der gentoxischen
Wirkung in vitro und in vivo und der derzeitig unklaren Datenlage hinsichtlich des Entstehens von Tumoren bei Menschen Dichlormethan
in der Kategorie 3 verbleibe. Eine Umstufung in die Kategorie 2 sei nicht angebracht, da die im Mausmodell nachgewiesene Häufung
von Tumoren der Lunge und der Leber bedingt durch hohe Enzymaktivitäten als speziesspezifische Effekte erklärt würden.
Entgegen den Ausführungen des Prof. Dr. N. im erstinstanzlichen Verfahren sind deshalb die Erkenntnisse aus dem Tiermodell
nicht 1: 1 auf den Menschen übertragbar. Damit entfällt eines der Hauptargumente, auf die das SG sein Urteil gestützt hat. Prof. Dr. N. führte nämlich aus, dass je nach Dosierung des Dichlormethans in Tierversuchen Entzündungsvorgänge
im Bereich der Atemwege beobachtet wurden, welche die Häufigkeit von spontan auftretenden Lungentumoren im Tierversuch steigerten.
Dass die Auslösung solcher entzündlicher Prozesse die Zellproliferation im Gewebe (d.h. den Zellnachwuchs) steigere und damit
die Tumorgenese entscheidend fördere, sei auch bei Menschen eine gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis. Dieser These widerspricht
Prof. Dr. N. unter Hinweis auf die Speziesunterschiede. Die Aussage von Prof. Dr. N. hinsichtlich der Übertragbarkeit der
Stoffwechselvorgänge vom Tiermodell auf den Menschen ist deshalb nicht ausreichend, um den Kausalzusammenhang wahrscheinlich
zu machen. Die Hauptthese des Gutachters wird durch die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. N. in ihrer Aussagekraft
widerlegt. Prof. Dr. N. bezieht sich zur Beurteilung der Karzinogenität von Dichlormethan auf neueste Studien. Dem Gutachten
des Prof. Dr. N. konnte deshalb nicht gefolgt werden.
Auch im Weiteren schließt sich der Senat der Auffassung von Prof. Dr. N. an. Dieser weist darauf hin, dass die von Prof. Dr.
N. vertretene Ansicht des Zusammenwirkens von Dichlormethan und weiteren Gefahrstoffen mit erheblicher Ätz- und/oder Reizwirkung
im Sinne einer Synkanzerogenese durch wissenschaftliche Daten nicht belegbar und somit spekulativ ist. Gleiches gilt für die
Argumentation von Prof. Dr. N. hinsichtlich einer Verstärkung der kanzerogenen Effekte von Dichlormethan durch Auslösung zellproliferativer
Veränderungen durch Exposition gegenüber reizenden/ätzenden Gefahrstoffen.
Zumindest nach derzeitigem Erkenntnisstand ist der Kausalzusammenhang zwischen der Exposition gegenüber dem Gefahrstoff Methylenchlorid
und der Krebserkrankung der Versicherten nicht zu beweisen. Das Gericht folgt den überzeugenden und übereinstimmenden Gutachten
von Prof. Dr. N. und Prof. Dr. D ... Auch letzterer weist darauf hin, dass die Ergebnisse bei Mausversuchen nicht auf den
Menschen 1: 1 übertragen werden können.
Gibt es demnach in der neueren Forschung keine Hinweise auf eine erhöhte berufsspezifische Gefährdung der Versicherten, so
kommt auch eine Anerkennung ihrer Erkrankung wie eine Berufskrankheit (§
9 Abs.2
SGB VII), nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Der Senat sieht keine Veranlassung, die Revision gemäß §
160 Abs.2 Nrn.1 und 2
SGG zuzulassen.