Übernahme der Kosten für eine Dachreparatur als Leistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende
Begriff der Angemessenheit von Wohnraum
Tatbestand
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Dachreparatur als Leistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende
nach den Vorschriften des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB II).
Der am 1956 geborene, alleinstehende, erwerbsfähige (vgl. den eine Erwerbsminderungsrente ablehnenden Bescheid der Deutschen
Rentenversicherung Berlin-Brandenburg vom 5. Mai 2015) Kläger bewohnt ein in seinem Eigentum stehendes Hausgrundstück. Die
Wohnfläche des Hauses beträgt 129,70 m .Im Juni 2017 wandte der Kläger für die Versorgung mit Wasser 28,12 €, für die Abwasserentsorgung
26,88 €, für die mit dem Heizungsbetrieb verbundenen Stromkosten wohl 5,62 € und für den Schornsteinfeger 54,50 €, mithin
insgesamt 115,12 € auf; im Juli 2017 fielen nur die mit dem Heizungsbetrieb verbundenen Stromkosten in Höhe von 5,62 € an.
Der Kläger ging ab März 2017 einer geringfügigen Beschäftigung als Kraftfahrer bzw. Ladehelfer bei einem monatlichen, am 13.
des Folgemonats ausgezahlten Festlohn von 100,00 € nach, wobei die mit dem eigenen Pkw zurückgelegten Kilometer mit 0,30 €/km
erstattet wurden.
Mit Bescheid vom 5. April 2017 in der Fassung der sog. Aufhebungsbescheide vom 26. Juni 2017 und vom 7. Juli 2017 gewährte
der Beklagte ihm für Mai 2017 bis April 2018 Leistungen nach dem SGB II einschließlich Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Zugrundelegung der o.g. jeweils anfallenden Wohnnebenkosten.
Der Kläger stellte beim Beklagten mit Schreiben vom 6. April 2017 einen Antrag auf Übernahme der Kosten für eine Reparatur
loser Dachfirsten und fügte hierzu drei Kostenvoranschläge über 680,23 €, 644,99 € bzw. 583,77 € bei. Für den vorangegangenen
Bewilligungszeitraum waren Kosten für die Reparatur einer Heizung in Höhe von 265,37 € im Februar 2017 als Unterkunftskosten
anerkannt worden (vgl. sog. „Aufhebungsbescheid“ des Beklagten vom 9. Februar 2017). Der Beklagte errechnete (intern), dass
ausgehend von einer im Fall des Klägers angemessenen 50 m großen Mietwohnung eine Nettokaltmiete von 2.658,00 € zuzüglich
660,00 € Betriebskosten jährlich und Heizkosten mit Warmwasser in Höhe von 1.005,00 € plus 84,00 € jährlich angemessen wären.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 5. Mai 2017 ab. Er führte zur Begründung aus, es könnten gemäß § 22 Abs. 2 SGB II unabweisbare Aufwendungen für die Instandhaltung und Reparatur bei selbstbewohntem Wohneigentum im Sinne von § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II anerkannt werden, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den elf darauffolgenden Kalendermonaten anfallenden
Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Gemäß § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II seien ein selbstgenutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung nicht als Vermögen
zu berücksichtigen. Die Wohnfläche des Klägers betrage 129,70 m .Angemessen sei für eine Person im Eigenheim eine Wohnfläche
von 90 m und damit die Wohnfläche des Klägers unangemessen hoch. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 16. Mai 2017
Widerspruch, mit welchem er auf die seiner Meinung nach angemessenen Gesamtaufwendungen verwies.
Zwischenzeitlich ließ der Kläger das Dach für 583,77 € reparieren. Die Rechnung vom 29. Juni 2017 reichte der Kläger am 7.
Juli 2017 beim Beklagten ein.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 2017 mit im Wesentlichen gleichbleibender Begründung
und unter Verweis auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 7. November 2006 – B 7b AS 2/05 R – zurück.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 25. Oktober 2017 zum Sozialgericht Cottbus (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Er hat zur Unabweisbarkeit des Reparaturbedarfs vorgetragen und hierzu Lichtbilder des schadhaften
Daches vorgelegt. Er hat die Meinung vertreten, dass es für die Frage der Angemessenheit im Wesentlichen darauf ankomme, auf
einen Kostenvergleich zwischen den Kosten der jetzigen Unterbringung und den Kosten einer angemessenen Mietwohnung abzustellen.
So gesehen fahre der Beklagte mit den jetzt aufzubringenden Kosten wesentlich günstiger. Zudem wäre das Hausgrundstück wegen
seiner Lage nur verlustbringend zu verkaufen, was dem Kläger nicht zuzumuten sei. Zudem dürfte der Verkehrswert des Hauses
die Vermögensfreibeträge des Klägers nicht übersteigen. Zu verweisen sei auf den Beschluss des Landessozialgerichts (LSG)
Mecklenburg-Vorpommern vom 8. Januar 2016 – L 8 AS 578/15 B ER -, wonach eine Übernahme von Instandhaltungs-/Reparaturkosten bei selbst bewohntem Wohneigentum, das nicht angemessen
im Sinne von § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II sei, dann nicht ausgeschlossen sei, wenn das Wohneigentum nach § 12 SGB II bereits aus anderen Gründen nicht als Vermögen berücksichtigt werden könne. Der Beklagte hat demgegenüber auf den Beschluss
des LSG Sachsen-Anhalt vom 26. Oktober 2011 – L 7 AS 893/11 B ER – verwiesen, wonach die Frage nach der wirtschaftlichen Unverwertbarkeit bzw. besonderen Härte einer Verwertung bereits
nach dem Wortlaut des § 22 Abs. 2 SGB II keine Rolle spiele.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 6. September 2019 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, nach dem Wortlaut von § 22 Abs. 2 SGB II sei es unerheblich, ob das Grundstück verwertet werden könne oder nicht. Für eine teleologische Reduktion sei kein Raum.
Vielmehr wolle der Gesetzgeber mit der Regelung des § 22 Abs. 2 S. 1 SGB II verhindern, dass durch den Alg II-Leistungsbezug unangemessenes Wohneigentum gefördert werde. Dies sei nur zu erreichen,
wenn auch unangemessenes, jedoch nicht verwertbares Wohneigentum unter die Begrenzung falle. Denn mit der Größe des Grundstücks
erhöhten sich naturgemäß auch die Anzahl und der Umfang von Reparatur- und Instandsetzungsbedarfen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 26. September 2019 zugestellte Urteil am 18. Oktober 2019 Berufung eingelegt. Er hat zu Begründung
ausgeführt, dass § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II bei Aufwendungen für die Instandhaltung und Reparatur in Fällen unangemessenen Wohnraums nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II teleologisch zu reduzieren sei, wenn die Wohnung nicht verwertbar sei.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 6. September 2019 und die Bescheide des Beklagten vom 5. April, 26. Juni und 7.
Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm
für Juli 2017 weitere Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende in Höhe von 583,77 € zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Mit Schreiben vom 24. Februar 2020 und vom 9. April 2020 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer gerichtlichen
Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen
Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Entscheidung kann gemäß §
124 Abs.
2 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) ohne mündliche Verhandlung ergehen, weil die Beteiligten hierfür ihr Einverständnis erklärt haben.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Rechtsgrundlage für die vom Kläger geltend gemachten Dachreparaturkosten sind §§ 7, 22 SGB II in der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum (Juli 2017) maßgeblichen Fassung vom 31. Juli 2016. Denn in Rechtsstreitigkeiten
über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden (vgl. etwa Bundessozialgericht
<BSG>, Urteil vom 18. September 2014 – B 14 AS 48/13 R –, zitiert nach juris Rn. 13).
Es kann dahinstehen, ob der Kläger die Grundvoraussetzungen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfüllte, um Leistungen nach dem SGB II zu erhalten. Der Kläger war zwar gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II über 15 Jahre alt, gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II erwerbsfähig und hatte gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt. Es jedoch kann offen bleiben, ob der Hilfebedürftigkeit des Klägers nach §
7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 SGB II entgegensteht, dass er Eigentümer eines selbst genutzten Hausgrundstücks ist und dieses womöglich nach § 12 Abs. 1 SGB II als Vermögen zu berücksichtigen war. Die Aufwendungen für die Dachreparatur im Juli 2017 in Höhe von 583,77 € führten jedenfalls
nicht zu einem höheren Bedarf für die Unterkunft. Die Voraussetzungen der hierfür einzig in Betracht zu ziehenden Regelung
in § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der ab dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung liegen nicht vor. § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II bestimmt: Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst
bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden
Aufwendungen insgesamt angemessen sind. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II in der hier maßgeblichen Fassung ist ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung
nicht als Vermögen zu berücksichtigen. § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II bestimmt: Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz
1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden
soll.
Bei den Reparaturkosten für die losen Dachfirste handelt es sich um grundsätzlich von der Anspruchsnorm erfasste Aufwendungen.
Instandhaltung bedeutet nach der zivilrechtlichen Rechtsprechung, der sich das Bundessozialgericht (BSG) angeschlossen hat, die Erhaltung des vertrags- und ordnungsgemäßen Zustandes des Wohnobjekts, also die Beseitigung der durch
Abnutzung, Alter und Witterungseinwirkungen entstehenden baulichen und sonstigen Mängel. Bei den Instandsetzungskosten handelt
es sich in der Regel um Kosten aus Reparatur und Wiederbeschaffung. Instandsetzung und Instandhaltung betreffen deshalb Mängel
an der baulichen Substanz der Immobilie oder ihrer Teile, wobei es sich um weitgehend inhaltsgleiche Begriffe handelt. Eine
mit diesen Instandhaltungs- und Instandsetzungsaufwendungen verbundene Wertsteigerung der Immobilie ist nur eine Folge der
notwendigen Erhaltung und schließt deren Berücksichtigungsfähigkeit etwa nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II als Kosten für Unterkunft und Heizung nicht aus (vgl. BSG, Urteil vom 18. September 2014 – B 14 AS 48/13 R –, zitiert nach juris Rn. 18 m.w.N.).
Eben so liegt es hier. Die Reparatur der losen Dachfirsten führte zu grundsätzlich übernahmefähige Aufwendungen i.S.v. § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II.
Auch an der gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II – im Unterschied zu § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II – erforderlichen Unabweisbarkeit bestehen keine Zweifel. Unabweisbar sind nach der Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache
<BT-Drs.> 17/3404, S. 98) nur zeitlich besonders dringliche Aufwendungen, die absolut unerlässlich sind und nicht zu einer
Verbesserung des Wohnstandards führen (vgl. Landessozialgericht <LSG> Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26. Oktober 2010 – L 5 AS 345/09 B ER -, Beck-Rechtssache (BeckRS) 2010, 75640), d.h. der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist besonders zu
beachten; nur das zur Sicherung der Substanz Notwendige, was die Bewohnbarkeit aufrechterhält, wird von der Vorschrift erfasst
(Luik in: Eicher/Luik, 4. Aufl. 2017, SGB II § 22 Rn. 162). Darunter fallen zum Beispiel Dachsanierungen im Sinne einfacher Instandhaltungsarbeiten, die – wie hier etwa ausweislich
der vom Kläger vorgelegten Fotodokumentation und der Rechnung vom 29. Juni 2017 - erforderlich sind, um die Bewohnbarkeit
des Anwesens zu erhalten, also etwa einfache Reparaturen schadhafter Stellen, die etwa das Eindringen von Wasser verhindern.
Nicht erfasst wäre eine aufwändige und wertsteigernde Vollsanierung des Daches (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 18. März
2010 – L 11 AS 455/09 -, BeckRS 2010, 71005, Rn. 17; Luik, a.a.O., Rn. 166).
Die Reparatur ist auch nach § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II angemessen. Die Vorschrift regelt einerseits die Übernahme von unabweisbaren Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur
bei selbst bewohntem Wohneigentum, begrenzt die zu berücksichtigenden Aufwendungen aber andererseits auf die innerhalb von
zwölf Monaten insgesamt als angemessen übernahmefähigen Unterkunftskosten, die auch bei Mietern berücksichtigt werden könnten
(vgl. BT-Drs. 17/3404, S. 98). Liegen die tatsächlichen Aufwendungen für laufende Kosten der Unterkunft bereits oberhalb der
für Mieterinnen und Mieter geltenden Obergrenzen, werden keine Zuschüsse nach Abs. 2 Satz 1 erbracht (vgl. –, zitiert nach
juris Rn. 122 ff.; Luik, a.a.O., Rn. 167). Fallen innerhalb der Jahresfrist weitere unabweisbare Aufwendungen an, sind für
die Berechnung, ob die angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft überschritten werden, bereits gewährte Zuschüsse zu berücksichtigen
(Berlit in: Münder/Geiger, SGB II – Grundsicherung für Arbeitsuchende, Lehr- und Praxiskommentar, 7. Aufl. 2020, § 22 Rn. 169).
Dafür, dass die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers bereits oberhalb der für Mieterinnen und Mieter geltenden Obergrenzen
liegen, bestehen keine Anhaltspunkte und nimmt dies insbesondere auch der Beklagte nicht an. Vielmehr liegen nach seinen eigenen
Berechnungen die Reparaturaufwendungen am Haus des Klägers selbst einschließlich derjenigen für die Heizung im Februar i.H.v.
265,37 €, mithin von insgesamt 849,14 € deutlich unter der von ihm für einen Einpersonenhaushalt zugrunde gelegten Mietobergrenze
von jährlich 2.658,00 €.
Beim vom Kläger selbst bewohnten Hauseigentum handelt es sich jedoch nicht um Schoneigentum i.S.v. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II, weil das Hausgrundstück unangemessen groß ist. Der Tatbestand des § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II ist nicht auf den Fall eines unangemessen großen Hauseigentums anzuwenden (vgl. etwa LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 2.
Juni 2020 – L 4 AS 167/20 B ER –, zitiert nach juris Rn. 32; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. Oktober 2011 – L 7 AS 893/11 B ER –, zitiert nach juris Rn. 13).
Dies zugrunde gelegt ist das Hausgrundstück des Klägers unangemessen groß. Hierfür muss sich im Grundsatz weiterhin an den
Wohnflächengrenzen des 2. Wohnungsbaugesetzes (WoBauG) orientiert werden, welches auf Grund von Art. 2 des Wohnungsbaureformgesetzes
vom 13. September 2001 (BGBl. I 2376) außer Kraft trat. Ausgehend von 130 m bei einem von vier Personen bewohnten Eigenheim
(vgl. § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. WoBauG) ist entsprechend der in § 82 Abs. 3 Satz 1 2. WoBauG in Bezug genommenen Größe von
20 m ein Abzug von jeweils 20 m pro Person vom Ausgangswert sachgerecht (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 2/05 R –, zitiert nach juris Rn. 21 f.). Bei der Belegung eines Eigenheims mit bis zu zwei Personen ist die Grenze allerdings
typisierend auf 90 m festzusetzen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, ebd.; Geiger in: Münder, SGB II - Grundsicherung für Arbeitsuchende, § 12 Rn. 66). Hiervon ausgehend ist das Wohneigentum des Klägers mit 129,70 m deutlich zu groß und so offensichtlich kein Schoneigentum
i.S.v. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II, also als Vermögen zu berücksichtigen und damit einer Anwendung von § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II nicht zugänglich.
Soweit vertreten wird, dass die Übernahme der Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur nach § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II bei selbst bewohntem Wohneigentum, das nicht angemessen i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II ist, dann nicht ausgeschlossen sei, wenn das Wohneigentum bereits aus anderen Gründen nicht als Vermögen zu berücksichtigen
und § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II dementsprechend teleologisch zu reduzieren sei (so etwa LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 8. Januar 2016 – L 8 AS 578/15 B ER –, zitiert nach juris Rn. 23; Berlit a.a.O., § 22 Rn. 161), folgt der Senat dem nicht. Einer solchen Auslegung steht
schon der klare Wortlaut in § 22 Abs. 2 S. 1 SGB II entgegen (so ausdrücklich auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 2. Juni 2020 – L 4 AS 167/20 B ER –, zitiert nach juris Rn. 32 und Beschluss vom 22. Oktober 2015 – L 4 AS 431/15 B ER –, zitiert nach juris Rn. 27).
Bei der Auslegung der Norm bildet der aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, dem besonderen Sprachgebrauch des Gesetzes und
dem allgemeinen juristischen Sprachgebrauch zu entnehmende Wortsinn den Ausgangspunkt und bestimmt zugleich die Grenze der
Auslegung (vgl. Bundesverfassungsgericht <BVerfG>, Stattgebender Kammerbeschluss vom 31. Oktober 2016 – 1 BvR 871/13 –, zitiert nach juris Rn. 22; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Auflage 2007, S. 163 ff.). Dabei gehen
dem allgemeinen Sprachgebrauch der besondere Sprachgebrauch des Gesetzes und der allgemeine juristische Sprachgebrauch vor
(Larenz/Canaris, a.a.O., S. 145, 164). Hiervon ausgehend kommt die vorbeschriebene Auslegung in der Tat schon wegen der Wortlautgrenze
nicht in Betracht. Die Frage nach der wirtschaftlichen Unverwertbarkeit bzw. besonderen Härte einer Verwertung spielt nach
dem Wortlaut des § 22 Abs. 2 SGB II keine Rolle. § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II bezieht sich unmissverständlich nur auf § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 und nicht auch etwa auf § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II, wonach Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere
Härte bedeuten würde, nicht als Vermögen zu berücksichtigen sind. Dessen ungeachtet läge mit einer Erstreckung der in § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II enthaltenen Regelung etwa auf § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II nicht eine teleologische Reduktion vor. Voraussetzung für die Vornahme einer teleologischen Reduktion ist das Vorliegen einer
Norm, die nach ihrem Wortlaut eine Vielzahl von Sachverhalten erfasst, obwohl einige dieser Sachverhalte aufgrund des Normzwecks
nicht erfasst werden sollten. Dabei ist nicht allein der Sinn und Zweck der Norm, sondern auch ihre Entstehungsgeschichte
sowie der Berücksichtigung der Gesetzessystematik maßgeblich (vgl. BVerfG, ebd.). Dies wäre hier etwa der Fall, wenn sich
§ 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II nicht nur auf § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II, sondern etwa auch auf weitere Fälle des § 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II bezogen hätte, aber zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen die Anwendung etwa auf § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II zu beschränken gewesen wäre. Aber selbst einen Fall teleologischer Reduktion angenommen, setzt eine solche eben voraus, dass
Rechtssätze im Rahmen ihres möglichen Wortlautes so ausgelegt werden können, dass Wertungswidersprüche vermieden werden (vgl.
Larenz/Canaris, a.a.O., S. 155).
Soweit hiernach allenfalls eine analoge Anwendung in Betracht kommt, liegen die Voraussetzungen für eine solche nicht vor.Eine
Analogie setzt das Bestehen einer unbewussten planwidrigen Regelungslücke voraus (vgl. etwa BSG, Urteil vom 30. Juli 2019 – B 1 KR 15/18 R –, zitiert nach juris Rn. 19).Hieran fehlt es. Der Gesetzgeber beschränkt bewusst die Anwendbarkeit von § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II auf den Fall des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II. Der Gesetzgeber betont das Kriterium der Angemessenheit bereits im Wortlaut des § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II, indem die Anerkennung als Bedarf für die Unterkunft unter die Voraussetzung gestellt ist, dass die unabweisbaren Aufwendungen
für Instandhaltung und Reparatur unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden
Aufwendungen insgesamt „angemessen“ sind. Der Gesetzgeber zieht allein hierdurch einen Vergleich zu den als angemessen übernahmefähigen
Unterkunftskosten, die auch bei Mietern berücksichtigt werden könnten (vgl. BT-Drs. 17/3404). Mithin entspricht es seinem
Kalkül, § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II auf den Fall des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II, mithin auf ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung zu beschränken.
Soweit betont wird, dass Sinn und Zweck des § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II es gerade ist, die Leistungsrechte eines Eigentümers eines „kleinen Hausgrundstücks“ im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II zu erweitern (so ausdrücklich LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 8. Januar 2016 – L 8 AS 578/15 B ER –, zitiert nach juris Rn. 27), ist es im Hinblick auf die Erreichung dieses Zwecks eben auch erforderlich, dass Instandhaltungen/Reparaturen
an unangemessen großem, wenngleich nicht verwertbarem Wohneigentum nicht als Kosten der Unterkunft anerkannt werden können,
zumal es in der Natur der Sache liegt, dass mit Größe des Wohneigentums auch Anzahl und Umfang des Reparatur- und Instandhaltungsbedarfs
steigen.
Auch die Gewährung eines Darlehens zur Deckung der nicht übernommenen Reparaturaufwendungen nach § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II kommt nicht in Betracht. Insoweit kann dahinstehen, ob es bereits an einem darauf gerichteten ausdrücklichen Antrag des Klägers
fehlt. Jedenfalls kommt eine Darlehensgewährung nach § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift und dem Willen des Gesetzgebers (vgl. nochmals BT-Drs. 17/3404, S. 98) – unter Beibehaltung
der übrigen Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II – nur dann in Betracht, wenn die tatsächlichen Aufwendungen bereits oberhalb der für Mieterinnen und Mieter geltenden Obergrenzen
liegen und die übrigen – hier wie gezeigt insgesamt nicht gegebenen – Voraussetzungen vorliegen, also wenn ein Zuschuss nach
Abs. 2 S. 1 überhaupt in Betracht kommt (vgl. etwa Luik, a.a.O., Rn. 168).
Ein Anspruch auf eine Übernahme höherer Kosten für Unterkunft für Juli 2017 ist auch unabhängig von den Reparaturkosten für
die Dachfirsten nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision ist mangels Zulassungsgrundes gemäß §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG nicht zuzulassen.