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LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.11.2013 - 9 KR 152/11
Sozialversicherungspflicht bei einer Tätigkeit als freiberuflicher Koch für mehrere Unternehmen; Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit
1. Ist nach den vertraglichen (Rahmen-)Vereinbarungen der Dienst-/Auftraggeber nicht verpflichtet, dem Dienst-/Auftragnehmer Aufträge zu erteilen, und muss letzterer erteilte Aufträge auch nicht annehmen, kommt eine abhängige Beschäftigung nur dann in Betracht, wenn der Dienst-/Auftragnehmer einen Auftrag angenommen hat, mithin nur an solchen Tagen, an denen er tatsächlich für den Dienst-/Auftraggeber tätig wurde.
2. Ansprüche auf Urlaub und Entgeltfortzahlung sowie die Pflicht, Sozialversicherungsbeiträge abzuführen, sind zwingende, nicht abdingbare Rechtsfolgen eines Arbeits-/Beschäftigungsverhältnisses. Daher kommt vertraglichen Vereinbarungen, die einen Verzicht auf diese Elemente vorsehen, allenfalls sehr geringe Bedeutung zu. Werden sie hingegen ausdrücklich vereinbart, spricht dies entscheidend für den Willen der Vertragsparteien, ein Arbeits- und somit auch ein Beschäftigungsverhältnis zu begründen.
3. Äußere Merkmale, wie z.B. Gewerbeanmeldung, Rechnungslegung unter Angabe der Umsatzsteuer, Verzicht auf Urlaub, Entgeltfortzahlung und die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen, sind auch bei vertraglicher Vereinbarung unbeachtlich, wenn zugleich materiell eine Eingliederung des Dienst-/Auftragnehmers in die Arbeitsorganisation des Dienst-/Auftraggebers bei gleichzeitigem weitgehendem Weisungsrechts des letzteren gewollt ist.
4. Nach deutschen Sozialversicherungsrecht kann eine Person - von Ausnahmen wie im Falle geringfügiger Tätigkeiten (§ 8 Abs. 2 SGB IV) abgesehen - in rechtlich zulässiger Weise in mehreren abhängigen Beschäftigungsverhältnissen gleichzeitig stehen und ggf. parallel hierzu eine oder mehrere selbständige Tätigkeiten ausüben. Daraus folgt, dass die Existenz weiterer Dienst-/Auftraggeber für die Beurteilung des einzelnen Rechtsverhältnisses typischerweise ohne Bedeutung ist.
5. Die arbeitsteilige Tätigkeit eines Kochs kann in aller Regel allenfalls dann selbständig ausgeübt werden, wenn er selbst Inhaber des Restaurants oder Catering-Unternehmens ist.
Normenkette:
SGB III § 25 Abs. 1
,
SGB IV § 7 Abs. 1
,
SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1
Vorinstanzen: SG Berlin 07.04.2011 S 72 KR 2732/07
Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. April 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat die dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zur Hälfte zu erstatten. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.

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