Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch um die Frage, ob der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 01. November 1990 bis zum 31. Dezember
2003 aufgrund einer Beschäftigung bei der Klägerin der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach
dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Klägerin ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom 22. Dezember 1988 gegründete Steuerberatergesellschaft in der Rechtsform
einer GmbH, deren Unternehmensgegenstand der Betrieb einer Steuerberatungspraxis einschließlich der für Steuerberatergesellschaften
gesetzlich und berufsrechtlich zulässigen Tätigkeiten ist.
Der 1943 geborene Beigeladene zu 1), ein Rechtsanwalt, betrieb und betreibt in seinem Wohnhaus eine Anwaltspraxis. Unter dem
05. September 1990 schlossen er und die Klägerin einen "Anstellungsvertrag" für eine Tätigkeit als "Niederlassungsleiter"
mit u. a. folgendem Inhalt:
§ 1
Vertretungsbefugnis/Zeichnungsrecht
Der Niederlassungsleiter ist berechtigt und verpflichtet, in den ihm übertragenen steuerlichen Angelegenheiten die Gesellschaft
unter Beachtung der Vorschriften des Gesellschaftsvertrages der Gesellschaft und der Rechte der Gesellschafterversammlung
allein zu vertreten.
Im Hinblick auf die Geschäftsführung obliegt ihm die selbständige Leitung der Niederlassung G nach Maßgabe der Gesetze und
des Gesellschaftsvertrages unter aller Beachtung der im Steuerberatungsgesetz festgelegten Grundsätze.
Der Niederlassungsleiter ist von den Beschränkungen des §
181 BGB befreit.
§ 2
Arbeitsleistung, Wettbewerb
1. Das Anstellungsverhältnis hat am 5.9.90 begonnen.
2. Eine bestimmte Arbeitszeit ist nicht vereinbart. Es besteht jedoch Übereinstimmung darin, dass die wöchentlich Durchschnittsarbeitszeit
mindestens 40 Stunden beträgt und die Einteilung der Arbeitszeit sich nach den betrieblichen Erfordernissen der Gesellschaft
zu richten hat.
3. Der Niederlassungsleiter verpflichtet sich, für die Laufzeit dieses Vertrages seine Arbeitskraft, seine Kenntnisse und
Erfahrungen ausschließlich der Gesellschaft zu widmen.
Er ist mit Rücksicht auf seine hervorragende Stellung als Vertreter der Gesellschaft nicht berechtigt, sonstige aktive Geschäfte
für Eigen- oder Fremdrechnung zu betreiben; er darf auch nicht außerhalb der Gesellschaft in deren Tätigkeitsbereich selbständig
oder unselbständig, beratend, gelegentlich oder mittelbar tätig werden oder sich an Konkurrenzunternehmen beteiligen. Das
Verbot umfaßt auch eine Beteiligung als stiller Teilhaber oder Unterbeteiligter sowie die Beratung von Konkurrenzunternehmen.
Jeder Verstoß gegen dieses Wettbewerbsverbot rechtfertigt eine fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages durch die Gesellschaft.
Die Geltendmachung weitergehender Rechte, insbesondere von Schadenersatzansprüchen durch die Gesellschaft, bleibt vorbehalten.
Die Übernahme einer entgeltlichen und unentgeltlichen Nebentätigkeit, von Ehrenämtern sowie von Aufsichtsrats-, Beirats- und
ähnlichen Mandaten bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Gesellschafter.
§ 4
Bezüge
1. Der Niederlassungsleiter erhält eine Vergütung, die jeweils durch Vereinbarung mit der Geschäftsführung festzulegen ist.
Vom 5.9.90 an wird das Gehalt auf 48.- TDM/Jahr festgelegt. Auf das Jahresgehalt erfolgen monatliche Vorauszahlungen von 4.000.-.
Voraussetzung für den Anspruch auf das volle Jahresgehalt ist die Erzielung eines bereinigten Betriebsergebnisses der Niederlassung
(Jahresgewinn vor Praxiswertabschreibung, Zinsen auf Praxisfinanzierung und Körperschaftssteuer, aber nach Tantieme gem. Abs.
2 a) von 25 % vom Umsatz. Erreicht der so errechnete Gewinn nicht 25 %, so verringert sich das Jahresgehalt im gleichen Verhältnis
wie dieser Prozentsatz unterschritten wird. Das Jahresgehalt beträgt jedoch mindestens 48.- TDM. Ergibt sich nach Anwendung
des Satzes 5 eine innerjährliche Überzahlung, so ist der Differenzbetrag einem Verrechnungskonto gutzuschreiben, das mit 10
% p. a. verzinst wird.
4. Ist der Niederlassungsleiter an der Ausübung seiner Tätigkeit durch Krankheit oder andere unverschuldete Ursachen vorübergehend
gehindert, bleiben ihm seine Bezüge für die Zeit der Behinderung bis zur Dauer von 3 Monaten erhalten.
Die Weiterzahlung der Bezüge vermindert sich jedoch um den Betrag, der dem von einer Krankenkasse gezahlten Krankengeld entspricht.
§ 6
Urlaub
Der Niederlassungsleiter hat Anspruch auf 25 Tage bezahlten Urlaub im Geschäftsjahr. Der Niederlassungsleiter hat den Zeitpunkt
seines Urlaubs in Abstimmung mit der Geschäftsführung so einzurichten, daß den Bedürfnissen der Gesellschaft Rechnung getragen
wird.
§ 9
Schlußbestimmungen
2. Die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ergeben sich erschöpfend aus diesem Vertrag und seinen etwaigen schriftlichen
Anlagen. Vertragsänderungen bedürfen der Schriftform. Eine Befreiung von der Schriftform durch mündliche Vereinbarung ist
unwirksam.
Mündliche Nebenabsprachen sind nicht getroffen worden.
Mit einem Schreiben vom 29. Oktober 1990 teilte die Klägerin dem Beigeladenen zu 1) mit, sie wolle der "guten Ordnung halber
[...] die besprochenen Punkte in dieser Form wiederholen und bestätigen:
[...]
3. Mit Wirkung vom 01.11.1990 werden Sie Ihre Angestelltentätigkeit umwandeln in eine "freie Mitarbeiterschaft". Den Vertrag
hierfür habe ich Ihnen in zweifacher Ausfertigung übergeben und Sie gebeten, den Vertrag kritisch zu prüfen. Wir erwarten
ihren unterschriebenen Vertrag in den nächsten Tagen.
4. Ab 01.11.1990 erhalten Sie kein Gehalt mehr, sondern Sie erhalten gegen Rechnung einen Betrag in Höhe von DM 4 450,00 zuzüglich
14 % MwSt. Diese Rechnung stellen Sie an die GmbH und werden auch für den Ausgleich der jeweiligen Rechnungen sorgen. Eine
entsprechende Information an die Lohnbuchhaltung habe ich weitergegeben.
5. Die Ihnen zufließenden Einnahmen aus Ihrer Rechtsanwaltstätigkeit stehen in vollem Umfang der Niederlassung F & Partner
zu. Ich darf Sie bitten, entsprechende Rechnungen von F & Partner GmbH an Herrn RA E P zu schreiben und die Geldeingänge schnellstmöglich
auf das Firmenkonto umzubuchen.
[...]
In der Hoffnung auf einen weiteren erfolgreichen Aufbau Ihrer Niederlassung verbleiben wir
....
Ferner schlossen diese Beteiligen am selben Tag einen "Vertrag zur Gründung einer stillen Gesellschaft" mit u. a. folgendem
Inhalt:
§ 1
Die F & Partner GmbH unterhält u. a. in G eine auswärtige Beratungsstelle, in der sie Steuerberatung betreibt, dort wird eine
eigene Buchführung erstellt und eigene Bankkonten geführt. Es ist angestrebt, die Beratungsstelle G in Zukunft als handelsrechtliche
Zweigniederlassung zu führen.
Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb einer Steuerberatungspraxis einschließlich der für Steuerberatungsgesellschaften
gesetzlich und berufsrechtlich zulässigen Tätigkeiten gem. § 33 i. V. m. § 57 StBG, wie z. B. bei Wirtschaftsberatung und gutachterliche sowie treuhänderische Tätigkeit.
§ 2
1. Die F & Partner GmbH räumt den Gesellschaftern eine typisch stille Beteiligung nur an der auswärtigen Beratungsstelle G
ein, und zwar
dem Gesellschafter zu 1. in Höhe von 10 % Zehn
dem Gesellschafter zu 2. in Höhe von ...
dem Gesellschafter zu 3. in Höhe von ...
des Gesamtpraxiswertes einschließlich stiller Reserven und Praxiswert ein.
2. Die Niederlassung (stille Gesellschaft) wird mit einem den gesellschaftlichen Bestimmungen dieses Vertrages unterliegenden
Festkapital in Höhe von DM 20.000,-- ausgestattet.
Entsprechend ihrer Beteiligungsquote entfällt auf
den stillen Gesellschafter zu 1. ein Kapitalanteil in Höhe von DM 2 000,--
den stillen Gesellschafter zu 2. ein Kapitalanteil in Höhe von DM ... --
den stillen Gesellschafter zu 3. ein Kapitalanteil in Höhe von DM ... --
Dieser Kapitalanteil ist von den stillen Gesellschaftern in bar einzulegen.
4. Die übrigen Beteiligungs- oder Vertragsverhältnisse am Sitz der Gesellschaft, an deren anderen auswärtigen Beratungsstellen
oder Niederlassungen werden durch diesen Vertrag nicht berührt.
§ 3
Die Gesellschaft beginnt am 5.9.90 und kann frühestens zum 31.12.1995 gekündigt werden.
§ 4
Für die Beratungsstelle ist ein separates Rechenwerk zu führen und jährlich eine Bilanz auf den Schluß des Wirtschaftsjahres
aufzustellen.
Die stillen Gesellschafter haben die Informations- und Kontrollrechte gemäß §§ 119 HGB und
716 BGB. Sie sind berechtigt, die Einsichtnahme der Geschäftsbücher und Geschäftspapiere der auswärtigen Beratungsstelle selbst oder
durch einen beauftragten Buchsachverständigen vornehmen zu lassen, jedoch auf eigene Kosten.
§ 5
Die Gesellschafter fassen ihre Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung oder wenn alle Gesellschafter damit einverstanden
sind, außerhalb der Gesellschafterversammlung in beliebiger Form. Die Gesellschafterbeschlüsse sind, auch soweit sie außerhalb
der Gesellschafterversammlung erfaßt werden, in einem Protokoll, das von allen Gesellschaftern zu unterschreiben ist, niederzulegen.
c) Zur Beschlußfassung müssen mindestens 2 Gesellschafter und 91 % sämtlicher Stimmrechte anwesend oder vertreten sein (s.
unter d).
Kommt eine beschlußfähige Gesellschafterversammlung nicht zustande, so ist unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften
wie unter a) eine zweite Gesellschafterversammlung einzuberufen, die dann ohne Rücksicht auf die vertretenen Stimmen beschlußfähig
ist.
d) Die Abstimmung in der Gesellschafterversammlung erfolgt nach Stimmen. Jeder Prozentpunkt der Beteiligung ergibt eine Stimme.
Die Gesellschafter beschließen mit einer Mehrheit von 91 % der vorhandenen Stimmen über die Änderung dieses Gesellschaftsvertrages
und die Auflösung der Gesellschaft kann nur einstimmig beschlossen werden.
§ 7
Die Gesellschafter der die auswärtige Beratungsstelle G betreibenden stillen Gesellschafter sind am Ergebnis und am Vermögen
- einschließlich der stillen Reserven - dieser stillen Gesellschaft wie folgt beteiligt:
1. die stille Gesellschafterin F & Partner GmbH 90 %
2. der stille Gesellschafter zu 1. 10 %
3. der stille Gesellschafter zu 2. .. %
4. der stille Gesellschafter zu 3. .. %
Eine Beteiligung der stillen Gesellschafter an Verlusten der auswärtigen Beratungsstelle G über ihre Vermögenseinlage hinaus
ist gem. § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB ausgeschlossen.
Sollten dem Geschäftsinhaber wegen der Begrenzung des Abs. 2 höhere Verlustanteile zugerechnet werden, als es seiner Beteiligung
entspricht, werden ihm diese Differenzbetriebe in folgenden Gewinnjahren als Vorabgewinn zugerechnet.
§ 9
Die Ansprüche der stillen Gesellschafter aus einem zwischen ihnen und der F & Partner GmbH evtl. abgeschlossenen Dienstvertrag
bleiben hiervon unberührt.
§ 10
Über seinen Anteil an der Gesellschaft sowie über seine Rechte und Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis kann jeder Gesellschafter
nur mit vorheriger Zustimmung der anderen Gesellschafter durch Abtretung oder Belastung verfügen.
§ 13
1. Die stillen Gesellschafter sind nicht berechtigt, während der Dauer ihrer Beteiligung an der Gesellschaft brancheneinschlägige
Geschäfte zu tätigen, ein brancheneinschlägiges Unternehmen zu errichten oder sich an solchen Konkurrenzunternehmen unmittelbar
oder mittelbar zu beteiligen.
2. Im Falle der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses gilt für die stillen Gesellschaften ein uneingeschränktes Wettbewerbsverbot
hinsichtlich derjenigen Mandanten, die im Zeitpunkt des Ausscheidens Mandanten der Gesellschaft sind. Das Wettbewerbsverbot
gilt auf die Dauer von 3 Jahren.
3. Für den Fall eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot durch die stillen Gesellschafter haben diese eine Vertragsstrafe
an die Gesellschaft zu zahlen. Die Höhe der Vertragsstrafe beläuft sich auf 100 % desjenigen Jahresumsatzes, den die Gesellschaft
in den letzten 12 Monaten vor dem Verstoß mit den Mandanten erzielt hat, die von diesem Verstoß betroffen sind.
§ 14
Nebenabreden zu diesem Vertrag sind nicht getroffen worden. Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform,
die mündlich weder generell noch für den Einzelfall abbedungen werden kann.
Falls eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam wird, so werden die Gesellschafter die unwirksame Bestimmung durch eine Regelung
ersetzen, die dem rechtlichen und wirtschaftlichen Zweck der unwirksamen Bestimmung möglichst nahe kommt. Geschieht dies nicht,
so wird vermutet, dass die Unwirksamkeit der Bestimmungen die Wirksamkeit des Vertrages im übrigen nicht berührt. Entsprechendes
gilt auch für etwaige Lücken des Vertrages.
Die Kosten der Errichtung der Gesellschaft trägt die Gesellschaft.
Als Gerichtsstand für Streitigkeiten aus diesem Vertrag wird E bestimmt.
Bereits am 25. Oktober 1990 hatten diese Beteiligten einen "Dienstvertrag" mit u. a. folgendem Inhalt geschlossen:
§ 1
Herr P [Beigeladener zu 1)] wird ab dem 1.11.90 als freier und selbständiger Mitarbeiter für die Gesellschaft tätig.
§ 2
1. Der Mitarbeiter ist in der Gestaltung seiner Dienstzeit frei. Es besteht jedoch Übereinstimmung darin, daß sich die Einteilung
und der Umfang der Dienstzeit an den betrieblichen Erfordernissen der Gesellschaft orientiert.
2. Ggf. weitere von den Mitarbeitern außerhalb der Gesellschaft ausgeübte freiberufliche Tätigkeiten sind vorher mit der Gesellschaft
abzustimmen. Sie dürfen auf keinen Fall die Erfüllung der im Interesse der Gesellschaft übernommenen Aufgaben beeinträchtigen.
Dem Mitarbeiter ist jede unselbständige Tätigkeit außerhalb der Gesellschaft untersagt; er darf sich nicht an Konkurrenzunternehmen
beteiligen. Das Verbot umfaßt auch eine Beteiligung als stiller Teilhaber oder Unterbeteiligter sowie die Beratung von Konkurrenzunternehmen.
Jeder Verstoß gegen dieses Wettbewerbsverbot rechtfertigt eine fristlose Kündigung des Vertrages durch die Gesellschaft. Die
Geltendmachung weitergehender Rechte, insbesondere von Schadenersatzansprüchen durch die Gesellschaft, bleibt vorbehalten.
§ 3
Honorar für geleistete Tätigkeit
1. Der Mitarbeiter erhält für seine Tätigkeit ein Monatshonorar in Höhe von DM 4 450,-- ohne MwSt. Dieses Honorar wird in
12 gleichen Raten gezahlt.
Die Vertragsparteien gehen dabei davon aus, daß die vom Mitarbeiter für die Gesellschaft aufgewandte Arbeitszeit monatlich
im Durchschnitt 150 Stunden nicht unterschreitet.
2. Bei Benutzung eines eigenen Pkw's erhält der Mitarbeiter für Dienstfahrten eine Kilometerpauschale von DM 0,42. Andere
Reisekosten werden nach den tatsächlichen Aufwendungen, soweit sie angemessen sind, abgerechnet.
3. Der Mitarbeiter erstellt der Gesellschaft zum Monatsende eine Rechnung über die angefallenen Kosten und Aufwendungen.
4. Ist der Mitarbeiter an der Ausübung seiner Tätigkeit durch Krankheit oder andere unverschuldete Ursachen vorübergehend
gehindert, so hat er dies der Gesellschaft unverzüglich mitzuteilen.
§ 7
Schlußbestimmungen
1. Alle Bestimmungen dieses Vertrages sind sowohl innerhalb als auch außerhalb des Firmenbereiches der Gesellschaft streng
vertraulich zu behandeln.
2. Die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ergeben sich erschöpfend aus diesem Vertrag und seinen etwaigen schriftlichen
Anlagen. Vertragsänderungen bedürfen der Schriftform sowie der ausdrücklichen Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Eine
Befreiung von der Schriftform durch mündliche Vereinbarungen ist unwirksam.
Mündliche Nebenabsprachen sind nicht getroffen worden.
3. Sollte eine der Vertragsbestimmungen unwirksam sein, so wird dadurch die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt.
Die Parteien haben die unwirksame Bestimmung durch eine wirksame gültige Klausel zu ersetzen, die dem in dieser Bestimmung
zum Ausdruck gebrachten Willen der Parteien am nächsten kommt.
Ferner vermietete der Beigeladene zu 1) der Klägerin Räume zur Nutzung als Steuerberatungsbüro (Mietvertrag vom 24. Oktober
1991).
In der Folgezeit stellte der Beigeladene zu 1) der Klägerin seine Dienstbezüge monatlich in Rechnung (eingereicht sind exemplarisch
die Rechnungen für die Monate Januar 1999 bis Dezember 2000). Die dem Beigeladenen zu 1) zustehende "Tätigkeitsvergütung und
Tantieme" wurden zwischen ihm und der Klägerin für jedes Kalenderjahr neu vereinbart. Diese Vereinbarungen enthielten regelmäßig
folgende Passage:
"Das Dienstverhältnis des Niederlassungsleiters ist sozialversicherungsfrei. Die Tätigkeitsvergütung beinhaltet die andernfalls
vom Arbeitgeber zu tragenden Beiträge. Die Verantwortung für den Abschluss einer angemessenen Kranken- und Rentenversicherung
und die Zahlung der Prämien trägt der Niederlassungsleiter."
Darüber hinaus gewährte die Klägerin dem Beigeladenen zu 1) ab 1993 eine betriebliche Altersversorgung bei der R AG Überbetriebliche
Unterstützungskasse e.V. . In einem Rechtsstreit des Beigeladenen zu 1) gegen diese Unterstützungskasse gelangte das Landesarbeitsgericht
Mecklenburg-Vorpommern (Beschluss vom 27. März2006) zum Ergebnis, dass seine Tätigkeit für die Klägerin nicht unselbständig
gewesen sei.
Die Einkünfte des Beigeladenen zu 1) aus seiner steuerberatenden Tätigkeit ergeben sich aus der folgenden Übersicht (Angaben
bis 2001 in DM, ab 2002 in €):
Jahr
|
Gehalt
|
private Pkw-Nutzung
|
Zinsen
|
Gewinn-anteil
|
Gesamt
|
1991
|
|
|
|
|
42.296,00
|
1992
|
58.501,73
|
|
- 200,00
|
9.797,57
|
68.099,30
|
1993
|
43.530,14
|
|
773,30
|
- 2.118,42
|
42.185,02
|
1994
|
84.000,00
|
|
1.840,69
|
- 9.225,49
|
76.615,21
|
1995
|
84.000,00
|
1.380,00
|
992,27
|
- 5.090,63
|
81.281,64
|
1996
|
84.000,00
|
4.233,63
|
- 116,05
|
2.306.44
|
90.424,00
|
1997
|
81.000,00
|
4.233,63
|
35,48
|
3.287,84
|
88.556,95
|
1998
|
60.000,00
|
5.348,18
|
70,04
|
2.065,22
|
67.483,44
|
1999
|
62.180,00
|
5.901,70
|
38,63
|
4.935,87
|
72.121,60
|
2000
|
72.476,00
|
5.901,70
|
- 344,36
|
- 10,10
|
76.782,52
|
2001
|
72.000,00
|
7.189,32
|
- 1.718,22
|
6.026,82
|
83.497,92
|
2002
|
36.813,00
|
3,017,45
|
- 514,80
|
1.644,49
|
40.960,14
|
2003
|
36.813,00
|
3.017,52
|
- 90,37
|
- 1.007,58
|
38.732,57
|
Mit Bescheid vom 11. September 1998 stellte die 'Beklagte (unter ihrer damaligen Bezeichnung "Bundesversicherungsanstalt für
Angestellte") fest, dass der Beigeladene zu 1) in seiner selbständigen Tätigkeit (als Rechtsanwalt) ab dem 01. Januar1992
der Versicherungspflicht nach §
229a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) unterliege. Widerspruch, Klage und Berufung des Beigeladenen zu 1) blieben erfolglos (Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern
vom 16. April 2003, Az.: L 4 RA 98/01).
Aus den vom Beigeladenen zu 1) eingereichten Einkommenssteuerbescheiden ergeben sich folgende Einkünfte:
Jahr
|
Einkünfte aus Gewerbebetrieb
|
Einkünfte aus selbständiger Arbeit
|
1993
|
42.185
|
56.150
|
1994
|
76.615
|
58.520
|
1995
|
81.278
|
5.666
|
1996
|
90.424
|
4.195
|
1997
|
88.557
|
- 10.677
|
1998
|
67.483
|
6.199
|
1999
|
72.121
|
57.114
|
2000
|
109.770
|
28.445
|
2001
|
87.901
|
114.354
|
2002
|
40.021
|
20.995
|
Unter dem 22. März 2004 schlossen diese Beteiligten folgende "Aufhebungsvereinbarung zum Niederlassungsleiter - Einstellungsvertrag":
Die Vertragspartner haben mit Datum vom 05.09.1990 einen Niederlassungsleiter-Anstellungsvertrag geschlossen.
Die Vertragspartner vereinbaren hiermit einvernehmlich unter Verzicht auf alle im vorgenannten Anstellungsvertrag genannten
Fristen folgendes:
1. Die Vertragspartner vereinbaren und erklären die Aufhebung des Anstellungsvertrages und aller Ergänzungsvereinbarungen
zum 31.12.2003.
2. Mit dieser Vereinbarung sind alle gegenseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Niederlassungsleiter-Anstellungsvertrag
und Gesellschaftsvertrag abgegolten.
Anfang des Jahres 2005 beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten eine versicherungsrechtliche Beurteilung. Mit Bescheid
vom 19. Oktober 2007 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin fest, dass für den Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit
als stiller Gesellschafter der Klägerin im Zeitraum vom 05. September 1990 bis zum 31. Dezember 2003 ein dem Grunde nach sozialversicherungspflichtiges
Beschäftigungsverhältnis bestanden habe. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies sie zurück (Widerspruchsbescheid
vom 08. Juli 2008).
Während des Klageverfahrens "ergänzte" die Beklagte den Bescheid vom 19. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 08. Juli 2008 dahin, dass in der vom Beigeladenen in der Zeit vom 05. September 1990 bis zum 31. Dezember 2003 ausgeübten
Beschäftigung als Niederlassungsleiter Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung bestanden habe.
Ferner forderte sie für die Zeit ab dem 01. Dezember 1999 Beiträge in Höhe von 73 607,35 Euro nach und wies darauf hin, dass
der Bescheid Gegenstand des "anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens" werde (Bescheid vom 6. Juli 2011).
Das Sozialgericht gab der Klage weitgehend statt. Mit Urteil vom 26. August 2011 hob es den Bescheid der Beklagten vom 19.
Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Juli 2008 für die Zeit vom 01. November 1990 bis zum 31. Dezember
2003 auf und stellte fest, dass der Beigeladene zu 1) in diesem Zeitraum während seiner Tätigkeit als Leiter der Niederlassung
G der Klägerin nicht der Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung unterlegen habe. Im Übrigen
wies es die Klage ab.
Zur Begründung führte das Sozialgericht aus: Der Bescheid der Beklagten vom 06. Juli 2011 sei nicht nach §
96 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Indem dieser Bescheid nach seinem Wortlaut die früheren Bescheide nur ergänze,
sei der Anwendungsbereich des §
96 SGG nicht eröffnet. Auch eine Teilabhilfe liege nicht vor. Der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) ab dem 01. November 1990 liege
nicht der Einstellungsvertrag vom 05. September 1990 zugrunde, sondern der ihn ablösende Dienstvertrag vom 25. Oktober 1990.
Unter dessen Geltung überwögen die gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Umstände. Der Beigeladene zu
1) habe seine Arbeitszeit frei einteilen können und sei an keine Geschäfts- oder Arbeitszeiten gebunden gewesen. Regelungen
zu seinem Urlaub fehlten; vielmehr habe er sich Urlaub nehmen können, wann er wolle, und habe die Klägerin hiervon lediglich
in Kenntnis setzen müssen. Auch eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sei nicht vereinbart gewesen. Dass er der Klägerin
für seine Tätigkeiten Rechnungen gestellt und Umsatzsteuer entrichtet habe, sei ein starkes Indiz für eine selbständige Tätigkeit.
Darüber hinaus habe er durchgehend parallel seine Anwaltskanzlei betrieben, mit der er eigenständig am Markt aufgetreten sei.
Er sei auch nicht den Weisungen der Klägerin unterworfen gewesen. Die regelmäßigen Gespräche zwischen ihm und der Klägerin
hätten nach Auffassung der Kammer primär der Gewährleistung der Zusammenarbeit und dem Interesse der Klägerin an einem erfolgreichen
Wirtschaften der Niederlassung gedient. Damit sei das Verhältnis zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin durch ein
gegenseitiges Miteinander auf Augenhöhe gekennzeichnet gewesen. Die Kammer verkenne aber nicht, dass auch gewichtige Anhaltspunkte
für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses bestünden. Anders als in dem vom Bundessozialgericht (BSG) entschiedenen Fall (Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R) sei nach Abschluss des Dienstvertrages zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin der Anstellungsvertrag auch nicht
faktisch fortgeführt worden. Dies zeige sich insbesondere darin, dass der Beigeladene zu 1) parallel zu seiner Niederlassungsleitertätigkeit
seine Rechtsanwaltskanzlei geführt habe, was ihm nach den Regelungen des Anstellungsvertrages nicht möglich gewesen wäre.
Gegen dieses ihr am 21. September 2011 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 13. Oktober 2011.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte ihren Bescheid vom 19. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 08. Juli 2008 in der Fassung des Bescheides vom06. Juli 2011 insoweit aufgehoben, als darin die Versicherungspflicht des
Beigeladenen zu 1)in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung in der Zeit vom01. November 1990 bis zum
31. Dezember 2003 aufgrund seiner für die Klägerin ausgeübten Beschäftigung festgestellt wird. Dieses Teilanerkenntnis hat
die Klägerin angenommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. August 2011 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor: Die Sichtweise der Beklagten sei verkürzt, wenn sie
behauptet, der Beigeladene zu 1) hafte als atypisch stiller Gesellschafter nur für einen Verlust mit seiner Beteiligung in
Höhe von 2.000,00 DM. Es sei eine Besonderheit der Gewinnermittlung im Personengesellschaftsrecht nach dem Einkommenssteuergesetz,
dass die vom Beigeladenen zu 1) autonom entsprechend dem vorherigen Gesellschafterbeschluss durchgeführte monatliche Vorabentnahme
auf seinen Gewinnanteil diesem ertragssteuerlich als gewerblicher Gewinn zugerechnet würde. Die Veränderungen der Vergütungshöhe
seien im Hinblick auf die beabsichtigte, auf der Gleichordnungsebene stattfindende, gleichberechtigte Kooperation vereinbart
worden. Zwischen ihrer - der Klägerin - Geschäftsführerin und dem Beigeladenen zu 1) seien wie bei den über 70 weiteren von
ihr betreuten Gesellschaften Gespräche geführt worden, in deren Rahmen Umsatzzahlen besprochen, eine behutsame Ergebniskontrolle
durchgeführt, Hilfestellungen in fachlichen Fragenstellungen angeboten und gemeinsame Ziele für die Kanzleientwicklung abgesprochen
und festgelegt worden seien. Unbedeutend sei, ob die Klägerin mit dem Beigeladenen zu 1) eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts
begründet habe oder nicht. Umsatzsteuerlich habe sich der Beigeladene in seinen Vergütungsabrechnungen als Unternehmer geriert.
Der Beigeladene zu 1) sei auch nicht bloßer Kapitalgeber gewesen, sondern der einzige Berufsträger in der gemeinschaftlich
betriebenen Kanzlei in G. Ein Rechtsschutzbedürfnis der Beklagten sei zweifelhaft, wenn man bedenke, dass sie mit bestandskräftigem
Verwaltungsakt aus dem Jahr 1998 unabänderlich festgestellt habe, dass der Beigeladene als selbständig tätiger Rechtsanwalt
der Rentenpflichtversicherung nach §
2 SGB VI unterliege. Es sei nicht denkbar, dass der Beigeladene zu 1) für die Jahre 1993 bis 2003 einerseits Rentenversicherungsbeiträge
aus seiner Tätigkeit als selbständiger Anwalt schulde, andererseits daneben ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis dieses
Beigeladenen bei der Klägerin bestehen solle. Die Stellung des Beigeladenen zu 1) sei aufgrund seiner Mandantenbindung und
seiner Vermieterstellung bezüglich der Kanzleiräume so dominant gewesen, dass sie - die Klägerin - die von ihm beherrschte
Handhabung bei Führung der Bürogemeinschaft zwar wiederholt beanstandet habe, letztlich aber gezwungen gewesen sei, seine
Vorgehensweise zu akzeptieren.
Der Beigeladene zu 1) teilt die Rechtsauffassung der Beklagten und behauptet, dass weitere mit der Kontrolle befugte Geschäftsführer
der Klägerin vor Ort tätig geworden seien.
Die übrigen Beteiligten haben sich in der Sache nicht geäußert.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte
sowie die beigezogenen Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Die Berufung ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Bescheide der Beklagten für den Zeitraum 1.
November 1990 bis 31. Dezember 2003 bezüglich der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung
sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung aufgehoben und festgestellt, dass für diesen Zeitraum keine Versicherungspflicht
bestehe. Insoweit sind die Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden.
Nicht mehr Streitgegenstand ist die Frage, ob der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit für die Klägerin im Zeitraum vom 5.
September bis 31. Oktober 1990 der Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung unterlag. Insoweit
ist das Urteil des Sozialgerichts rechtskräftig geworden.
II. Die in diesem Sinne rechtlich relevanten Beziehungen des Beigeladenen zu 1) und der Klägerin bestimmen sich für den Zeitraum
vom 1. November 1990 bis zum 31. Dezember 2003 zumindest nach dem Dienstvertrag vom 25. Oktober 1990 und nach dem "Vertrag
zur Gründung einer stillen Gesellschaft" vom 5. September 1990. Ob daneben auch die im Anstellungsvertrag vom 5. September
1990 getroffenen Vereinbarungen eingreifen, kann dahinstehen.
Das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) erlaubt unter Zugrundelegung dieser beiden Verträge
eine uneingeschränkte Zuordnung zum Typus der entgeltlichen Beschäftigung. Diese vertraglichen Regelungen sind für die Beurteilung
hier maßgebend. Eine formlose Abbedingung der entsprechenden Abreden beider Verträge durch schlüssiges Verhalten ist schon
nach dem ausdrücklich bekundeten Willen der Vertragsparteien ausgeschlossen, da sich die vertraglichen Vereinbarungen erschöpfend
aus diesen Verträgen ergeben, Vertragsänderungen und -ergänzungen der Schriftform bedürfen und letztere mündlich weder generell
noch für den Einzelfall abbedungen werden kann (§ 14 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages, § 7 Ziffer 2 des Dienstvertrages).
1. Dass der Beigeladene zu 1) auch ab dem 1. November 1990 bei der Klägerin gegen Entgelt abhängig beschäftigt ist, ergibt
sich zunächst aus § 2 Ziffer 2 des Dienstvertrages. Danach unterliegt - und dies geht über die für Arbeitsverträge üblichen
Bedingungen weit hinaus - die gesamte Arbeitskraft des Beigeladenen zu 1) der Verfügungsgewalt der Klägerin. Zwar ist er nach
§ 2 Ziffer 1 des Dienstvertrages in der Gestaltung seiner Dienstzeit frei und muss sich nur an den betrieblichen Erfordernissen
der (stillen) Gesellschaft orientieren. Zugleich ist ihm aber zum einen jede unselbständige Tätigkeit, d.h. Beschäftigung,
außerhalb der Gesellschaft ohne jede Ausnahme, etwa nach ausdrücklicher Gestattung durch die Klägerin, untersagt. Zum Anderen
sind ihm nicht nur - dies ist durchaus üblich - weitere selbständige Tätigkeiten, die mit den Geschäften der Klägerin konkurrieren
könnten, verboten, sondern er muss darüber hinaus jede freiberufliche Tätigkeit außerhalb der Gesellschaft mit der Klägerin
abstimmen, kann also insoweit nicht gegen deren Willen tätig werden. Ungeachtet der Frage, ob das ausnahmslose Verbot unselbständiger
Tätigkeit rechtlich überhaupt zulässig ist, kommt darin in größtmöglicher Deutlichkeit zum Ausdruck, dass der Klägerin eine
umfassende Verfügungsgewalt über die Einsatzmöglichkeiten des Beigeladenen zu 1) eingeräumt werden sollte. Dies alleine schließt
bereits die Annahme einer zumindest gleichberechtigten Leitung der auswärtigen Beratungsstelle durch den Beigeladenen zu 1)
und die Klägerin aus.
2. Der Beigeladene zu 1) hatte seine Arbeitsleistung auch gerade gegenüber der Klägerin als Arbeitgeberin zu erbringen. Denn
allein diese unterhält die auswärtige Beratungsstelle (§ 1 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages). Als stiller Gesellschafter
ist der Beigeladene zu 1) lediglich im Rahmen des Gesellschaftsgegenstandes zu deren Förderung verpflichtet. Dass demgegenüber
in § 7 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages von der "die auswärtige Beratungsstelle betreibenden stillen Gesellschaft" die Rede
ist, fällt nicht ins Gewicht, da dem die Rechtsnatur der stillen Gesellschaft (auch der atypischen) entgegensteht: diese entfaltet
Rechtswirkung ausschließlich im Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern und tritt nach außen, d.h. im Rechtsverkehr,
in keiner Weise in Erscheinung. Sie kann daher auch keine weitere Beratungsstelle i.S.v. § 34 Abs. 2 Steuerberatungsgesetz betreiben (BSG aaO.).
3. Für eine abhängige Beschäftigung gegen Entgelt spricht auch die in § 7 des Gesellschaftsvertrages geregelte Vergütungsvereinbarung.
Danach sollte der Beigeladene zu 1) als Gegenleistung für die von ihm eingebrachte Arbeitskraft eine "Tätigkeitsvergütung"
in Form eines Vorabgewinns erhalten. Wie bei einem klassischen Beschäftigungsverhältnis, z.B. einem Arbeitsverhältnis, kann
er jedoch über die Höhe dieser Vergütung nicht selbst - wie ein selbständiger Unternehmer innerhalb seines Unternehmens -
entscheiden, sondern nur im Einvernehmen mit der Klägerin als der Gläubigerin des Anspruchs auf Arbeitsleistung. Typisch für
ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ist ferner eine Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall (§ 3 Abs. 4 des Dienstvertrages).
4. Unerheblich ist demgegenüber, dass im Dienstvertrag - in Abweichung von dem bis zum 30. November 1990 gültigen Anstellungsvertrag
- keine Regelungen zu einem möglichen Urlaubsanspruch des Beigeladenen zu 1) enthalten sind. Denn ein Urlaubsanspruch ist
nach § 1 Bundesurlaubsgesetz die (nach § 13 Abs. 1 Satz 3 dieses Gesetzes einzelvertraglich nicht abdingbare) gesetzliche Folge eines Beschäftigungs-/Arbeitsverhältnisses.
Daher kommt dem Fehlen von Urlaubsregelungen in einem zu beurteilenden Vertrag regelmäßig allenfalls ganz untergeordnete Bedeutung
für die Unterscheidung zwischen Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit zu. Enthält ein Vertrag in des ausdrücklich Bestimmungen
zu Umfang und ggf. Lage des Urlaubs ist dies ein starkes Indiz für das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses.
a. Zwar ist eine Ausgestaltung der Innengesellschaft als mitgliedschaftliches Organisationsverhältnis nicht ausgeschlossen
(vgl. BSG, Urteil vom 2. Mai 1979 - 2 RU 93/78 -, juris, und den dort zugrunde liegenden Sachverhalt). Ein echter Verband kann insbesondere vorliegen, wenn das stille Beteiligungsverhältnis
z.B. einer "GmbH & Still" nach dem Modell der Kommanditgesellschaft (KG) ausgestaltet ist. Im Blick auf die Vielzahl von u.a.
gesellschafts-, steuer- und arbeitsrechtlichen Zwecken, die mit einer stillen Beteiligung verbunden werden können, hat sich
gegenüber der unverändert als "klassisch" bzw. "typisch" zugrunde gelegten Vorstellung der Gesetzgebung des 19. Jahrhunderts
eine Vielzahl von Gestaltungen herausgebildet. Hatte sich diese unter dem stillen Gesellschafter einen Kapitalgeber vorgestellt,
der sich auf gesellschaftsrechtlicher Basis ohne Publizität, ohne geschäftsleitende Befugnis und ohne das Risiko persönlicher
Haftung gegen Hingabe einer Einlage am Erfolg des Unternehmens eines anderen beteiligt, ohne über diese rein schuldrechtliche
Vereinbarung hinaus irgendwie am Unternehmen beteiligt zu sein, sind auf der Grundlage der mittlerweile in Ausübung der Vertragsfreiheit
eingetretenen Entwicklungen vielfältige "atypische" gesellschaftsrechtliche Gestaltungen denkbar. Diese können - jeweils unter
Wahrung der Mindestvoraussetzungen der stillen Gesellschaft - im Innenverhältnis zu einer den Handelsgesellschaften angenäherten
Organisation führen und insofern sogar die Rollenverteilung zwischen dem "Stillen" und dem Geschäftsinhaber umkehren (Schmidt,
aaO., RdNr 73, 77). Vor diesem rechtlichen Hintergrund haben auch vorliegend die Parteien des hiesigen Gesellschaftsvertrages
eine Reihe "atypischer" Elemente vereinbart. Diese führen indes nicht zu einer Umkehrung der internen Rollenverteilung im
vorstehenden Sinn.
b. Bereits der von der GmbH & Still verfolgte Zweck kann stets nur in der Verfolgung eines (ursprünglich) dem Grunde und (fortlaufend)
dem Umfang nach von der GmbH vorgegebenen übergreifenden Zwecks liegen. Dem entspricht zunächst die Umschreibung der Grundlagen
des Gesellschaftsvertrages, die gerade darauf hinweist, dass (allein) die beigeladene GmbH die Beratungsstelle in G "unterhält"
und "sie" dort "Steuerberatung betreibt" (§ 1 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages). Wenn sie daher nach Abschluss des Gesellschaftsvertrages
ggf. auch grundsätzlich nicht mehr berechtigt ist, ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters das (partiell verselbstständigte)
Unternehmen zu veräußern oder seine Fortführung einzustellen bzw. wesentliche Veränderungen vorzunehmen (vgl. Schmidt, aaO.,
Rd. 137), schweigt der Gesellschaftsvertrag doch zur künftigen operativen Ausgestaltung und deren Organisation, sodass es
auch weiterhin grundsätzlich allein der GmbH vorbehalten bleibt, im Rahmen des ihr zustehenden unternehmerischen Gestaltungsspielraums
Art und Umfang der Tätigkeit in der Niederlassung zu bestimmen. Ausdrücklich allein an einem Teilbereich ihrer eigenen Unternehmenstätigkeit
bzw. ihres Vermögens ("nur an der auswärtigen Beratungsstelle", § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags) hat die GmbH nämlich
dem Beigeladenen zu 1) als stillen Gesellschafter eine Beteiligung "eingeräumt" und bleiben in der Konsequenz allgemein "die
übrigen Beteiligungs- oder Vertragsverhältnisse am Sitz der Gesellschaft, an deren auswärtigen Beratungsstellen oder Niederlassungen"
durch den Gesellschaftsvertrag unberührt (§ 2 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages). Der Beigeladen zu 1) wird deshalb nach diesem
Vertrag, zu dem keine Nebenabreden getroffen wurden und dessen Änderung oder Ergänzung zwingend der Schriftform bedürfte (§
14 des Gesellschaftsvertrags), nur für und aufgrund einer Ermächtigung durch die Klägerin tätig.
c. Dem Beigeladenen zu 1) sind im Gesellschaftsvertrag keine Geschäftsführungsbefugnisse im Innenverhältnis der GmbH & Still,
d.h. eine interne Rechtsmacht, an Stelle der GmbH als Unternehmerin im gemeinsamen Interesse der (aller) Gesellschafter tätig
zu werden, eingeräumt. Nicht einmal der Dienstvertrag sieht eine "geschäftsführende" Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) vor,
sondern nach seinem § 1 lediglich dessen "freie" Mitarbeit. Bei allen durch den Dienstvertrag dem Beigeladenen zu 1) ggf.
eingeräumten Befugnissen kann es von vorn herein nur um die durch die GmbH als Arbeitgeberin eingeräumten gehen. Da alle Rechte
aus dem parallel und gleichrangig die Rechtsbeziehungen der Parteien bestimmenden Dienstvertrag unberührt bleiben, ist der
Beigeladene zu 1) auch Arbeitnehmer, soweit er faktisch, d.h. ohne rechtliche Grundlage, die Geschäftsführung der stillen
Gesellschaft betreibt. Dies gilt auch, soweit die GmbH im Rahmen der GmbH & Still im Interesse ihrer stillen Gesellschafterin
fremdnützig tätig wird. Der Beigeladene zu 1) kann damit auch insofern nur in Vertretung der Klägerin und unter Berücksichtigung
der sonst dieser gegenüber bestehenden rechtlichen Bindungen tätig werden, während für eine unmittelbar gerade ihm selbst
eingeräumte Kompetenz, den Gesellschaftszweck aus eigenem Recht und ggf. entgegen dem Willen und gegen das Interesse der Klägerin
zu führen, eine Grundlage fehlt. Die Geschäftsführung in der GmbH & Still bleibt damit rechtlich auch insoweit allein der
GmbH als Unternehmerin zugeordnet, als sie ihre Ausübung dem Beigeladenen zu 1) übertragen haben sollte (vgl. BSG aaO.).
e. Fehlt es somit an einer vertraglich dem Beigeladenen zu 1) übertragenen Rechtsmacht, die Geschicke der Klägerin maßgeblich
mitzubestimmen, kommt es nicht darauf an, wie sich die Organisation der von des Beigeladenen zu 1) geleiteten Beratungsstelle
tatsächlich gestaltet. Selbst wenn zugunsten der Klägerin deren Vorbringen unterstellt würde, stellte sich dieses tatsächliche
Geschehen allenfalls als rein faktische Einräumung einer vertraglich nicht vorgesehenen Handlungsmacht ein. Ein solcher tatsächlicher
Verzicht der Klägerin auf die ihr rechtlich zustehenden Befugnisse ist für die Beurteilung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses
irrelevant. Mit anderen Worten: die tatsächlichen Verhältnisse sind unerheblich, weil sie sich außerhalb des vertraglich zulässigen
bewegen.