Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II
Rechtmäßigkeit eines Erstattungsbescheides
Anforderungen an das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft
Tatbestand
Streitig ist die endgültige Festsetzung der Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1.10.2016 bis zum 31.3.2017 sowie die Rechtmäßigkeit des für diesen Zeitraum erlassenen Erstattungsbescheids
in Höhe von (noch) 1.557,94 €.
Im streitigen Zeitraum lebte der am 00.00.1955 geborene Kläger in dem seinerzeit im Eigentum seiner Mutter, A S (im Folgenden:
Mutter), stehenden Einfamilienhaus L-Straße 10 in Bergisch Gladbach. Das Haus hat eine Wohnfläche von ca. 80qm und der Kläger
bewohnte das Haus (bzw. bewohnt dieses auch weiterhin) mit Frau J U (im Folgenden: Zeugin). Der Kläger und die Zeugin sind
seit dem 2.11.1983 unter denselben (wechselnden) Adressen und seit dem 4.12.1995 L-Straße 10 in Bergisch Gladbach gemeldet.
Mit der Zeugin hat der Kläger eine im Jahr 1989 geborene Tochter, die seit ca. 2008/2009 nicht mehr im Haushalt des Klägers
lebt.
Der Erwerb des Hauses L-Straße durch die Mutter erfolgte im Jahr 1995 und wurde zum Teil aus Eigenmitteln des Klägers und
der Zeugin finanziert, die der Mutter hierfür zur Verfügung gestellt wurden. Zudem nahmen der Kläger und die Zeugin auf eigene
Kosten Renovierungsmaßnahmen im Haus vor. Insgesamt stellten der Kläger und die Zeugin der Mutter hierfür je 50.000 DM zu
Verfügung. Nach der Renovierung wohnten der Kläger und die Zeugin in dem Haus und übernahmen die Hausnebenkosten.
Am 15.1.2001 schlossen der Kläger, die Zeugin und die Mutter einen Erbvertrag, in dem die Mutter das in ihrem Eigentum stehende
Haus im L-Straße 10 in Bergisch Gladbach je zur Hälfte ihrer Enkelin (Tochter des Klägers und der Zeugin) und der Zeugin vermachte.
Das Vermächtnis zugunsten der Zeugin wurde mit einem Ankaufsrecht zugunsten des Klägers beschwert, wonach der Sohn/Kläger
u.a. dann berechtigt sei, den Anteil der Zeugin kaufweise zu erwerben, sofern die Lebensgemeinschaft aufgelöst würde. Hintergrund
des Vermächtnisses sei, dass die Anschaffung des Hauses und des Grundbesitzes durch die Mutter teilweise aus Eigenmitteln
ihres Sohnes und seiner Lebensgefährtin erfolgt sei, die das Haus gemeinsam ihrer Tochter gegen Zahlung einer Miete bewohnen
würden. Die nach Anschaffung durchgeführten Maßnahmen, die erforderlich gewesen seien, um das Haus in einen bewohnbaren Zustand
zu versetzen, und künftige wertverbessernde Maßnahmen seien auf Kosten des Klägers und der Zeugin erfolgt. Die Mutter schulde
insofern ihrem Sohn und seiner Lebensgefährtin je einen Betrag i. H. v. 50.000 DM.
Bis zum 15.6.2015 war der Kläger als Polier bei der Firma T-Bau beschäftigt und bezog im Anschluss daran in der Zeit vom 16.6.2015
bis zum 9.10.2016 Arbeitslosengeld i. H. v. 38,01 € pro Tag. Dieses Arbeitslosengeld wurde im streitigen Zeitraum auf das
Girokonto der Zeugin gezahlt, welches sowohl in der Vergangenheit als auch im weiteren Verlauf durch den Kläger als Bankverbindung
genutzt wurde. Die Zeugin besitzt zudem ein Auto, welches über den Kläger versichert ist. Nach der diesbezüglichen Absprache
darf auch der Kläger dieses Auto zumindest gelegentlich nutzen.
Nach dem Tod der Mutter im Jahr 2019 schlossen u.a. der Kläger, die Zeugin und die gemeinsamen Tochter am 24.8.2020 einen
notariellen Vertrag zur Regelung des Nachlasses der Mutter. Darin schlug die - im Vertrag als "Lebensgefährtin" des Klägers
bezeichnete -Zeugin das Vermächtnis in Hinblick auf ihren Anteil zu 1/2 an dem Haus L-Straße aus und die gemeinsame Tochter
wurde (Allein-)Erbin des Hauses. Gleichzeitig wurde sowohl dem Kläger als auch der Zeugin ein lebenslanges und unentgeltliches
Nießbrauchrecht eingeräumt. Zudem verpflichtete sich der Kläger gegenüber seiner Tochter und der Zeugin, umfangreiche Um-
und Anbauarbeiten an dem Haus vorzunehmen, wonach sich die Wohnfläche des Hauses von derzeit 80 qm auf etwa 120 qm vergrößere.
Am 27.10.2016 beantragte der Kläger die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II bei dem Beklagten. In dem Antrag gab der Kläger u.a. an, dass er mit der Zeugin länger als ein Jahr in einem gemeinsamen
Haushalt lebe. Es handele sich dennoch nicht um eine Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft. Nach der gemeinsamen Renovierung
des von ihnen bewohnten Mietshauses mit hohem Material- und Arbeitsaufwand sei nur ein sehr geringer Mietzins vereinbart worden.
Wirtschaftlich sei er zudem nicht in der Lage, einen gleichwertigen Wohnraum anzumieten. Aus diesem Grund habe man sich für
eine Wohngemeinschaft entschlossen. Vorgelegt wurden hierzu die an die Zeugin adressierten Gas-, Strom- und Wasserabrechnungen
und die gegenüber der Zeugin ausgestellte Mietbescheinigung der Mutter vom 13.11.2016, wonach allein die Nebenkosten vom Kläger
und der Zeugin für das Haus zu bezahlen seien. Die ebenfalls übermittelte Rechnung zur Gebäudeversicherung und der Bescheid
über Grundbesitzabgaben waren an die Mutter des Klägers adressiert.
Auf Nachfrage führte der Kläger aus, dass er mit der Zeugin keine Beziehung führe. Sie würden in dem ca. 80 qm großen Haus
nur die Küche und das Bad gemeinschaftlich benutzen, da sie als Wohngemeinschaft erhebliche Kosten sparen könnten. Der Kläger
schlafe im Wohnzimmer auf der Wohnzimmercouch und die Zeugin im ersten Stock in einem separaten Schlafzimmer. Er selbst habe
noch Schulden beim Finanzamt, so dass sein Konto durch eine Kontenpfändung gekündigt worden sei. Daher würden sein Lohn und
sein Arbeitslosengeld mit Einverständnis der Zeugin auf deren Konto überwiesen. Sein Kostenanteil für Telefon, GEZ, Strom,
Wasser, Heizung und andere Nebenkosten (entsprechend der vorliegenden Belege) seien mit diesem Geld verrechnet worden. Weitere
Gelder habe er nach Bedarf in bar erhalten (150 € bis 500 €), da er nicht zu viel Bargeld zu Hause haben wolle. Eine Abrechnung
sei monatlich erstellt worden. Die Restsumme zu seinem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.350 € habe er am 18.11.2016 ausgezahlt
bekommen.
Am 18.1.2017 forderte der Beklagte daraufhin die Zeugin auf, Angaben und Unterlagen zu ihrem Einkommen zu tätigen sowie Kontoauszüge
und Gehaltsabrechnungen der letzten sechs Monate vorzulegen. Die Zeugin lebe in einem gemeinsamen Haushalt im Sinne von §
7 Abs. 3 Nr. 3 c SGB II und führe mit dem Kläger eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft. Die Beklagte gehe aktuell davon aus, dass sie gemeinsam
mit dem Kläger auch eine Partnerschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 SGB II führe. Die Mitwirkung sei erforderlich, da ohne die erbetenen Angaben nicht festgestellt werden könne, ob dem Kläger bzw.
der Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zustehen würden. Es werde darum gebeten, die angeforderten Unterlagen spätestens bis zum 8.2.2017 bei dem Beklagten einzureichen.
Diese Anforderung an die Zeugin übersandte der Beklagte dem Kläger zur Kenntnisnahme.
Mit Bescheid vom 10.2.2017 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II vorläufig für die Zeit vom 1.10.2016 bis zum 31.3.2017. Hierbei legte der Beklagte die Regelleistungen der Regelbedarfsstufe
2 zugrunde und einen Mehrbedarf für die dezentrale Warmwasseraufbereitung. Gleichzeitig verwies der Beklagte darauf, dass
der Kläger mit der Zeugin seit 1985 zusammenwohne. Das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft werde vom
Kläger bestritten, obwohl nach objektiven Maßstäben eine eheähnliche Gemeinschaft bestehe. Die Zeugin sei persönlich angeschrieben
worden und zur Vorlage der notwendigen Unterlagen aufgefordert worden. Wenn diese vorliegen würden, werde eine Neuberechnung
des Leistungsanspruchs der Bedarfsgemeinschaft auf die Leistungen nach SGB II erfolgen. Bei der abschließenden Entscheidung würden die bis dahin gezahlten vorläufigen Leistungen auf die tatsächlich zustehenden
Leistungen angerechnet. Soweit im Bewilligungszeitraum in einzelnen Kalendermonaten vorläufig zu hohe Leistungen erbracht
worden seien, seien die sich daraus ergebenden Überzahlungen auf die abschließend bewilligten Leistungen anzurechnen, die
für andere Kalendermonate dieses Bewilligungszeitraums nachzuzahlen wären. Überzahlungen, die nach der Anrechnung fortbestehen,
seien zu erstatten (§ 41a Abs. 5 S. 1 SGB II).
Am 13.2.2017 erinnerte der Beklagte die Zeugin an die Vorlage der angeforderten Unterlagen bis zum 2.3.2017 und übersandte
dem Kläger diese Aufforderung zur Kenntnis. Ohne vollständige Unterlagen könne nicht festgestellt werden, ob und inwieweit
ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II bestehe. Sollte die Zeugin bis zum genannten Termin nicht reagieren oder die erforderlichen Unterlagen nicht einreichen,
könnten die Geldleistungen versagt werden, bis die Mitwirkung nachgeholt werde(§§
60 Abs.
1 Nr.
3, Abs.
4,
66, 67
SGB I).
Gegen den vorläufigen Bewilligungsbescheid erhob der Kläger über seinen Bevollmächtigten am 3.3.2017 Widerspruch. Der Kläger
und die Zeugin seien in der Vergangenheit ein Paar gewesen, hätten sich aber vor etwa 18 Monaten dazu entschieden, ihre Partnerschaft
aufzulösen. Seitdem bestehe nur noch eine Wohngemeinschaft, nicht aber eine Einstehensgemeinschaft. Bereits in der Vergangenheit
habe der Kläger angeboten, die Wohnung durch den Bedarfsfeststellungsdienst überprüfen zu lassen. Der Beklagte könne im Übrigen
nur dann Unterlagen durch die Zeugin im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten anfordern, wenn das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft
positiv festgestellt worden sei. Eine Bedarfsgemeinschaft sei aber nicht allein aus der gesetzlichen Vermutung nach § 7 Abs. 3 SGB II herzuleiten. Insbesondere seien die Wohnbereiche des Klägers und der Zeugin voneinander getrennt. Lediglich die Küche und
das Bad würden gemeinsam genutzt. Darüber hinaus würden der Kläger und die Zeugin nicht zusammen wirtschaften. Das Arbeitslosengeld
und die Leistungen nach dem SGB II für den Kläger seien zwar auf das Konto der Zeugin gezahlt worden. Dies liege aber daran, dass der Kläger seit vielen Jahren
kein eigenes Bankkonto besitze. Die an die Zeugin gezahlten Leistungen seien nach Verrechnung der anfallenden Kosten an den
Kläger ausgezahlt worden. Der Kläger verfüge somit allein über diese ihm zustehenden Leistungen, umgekehrt verfüge die Zeugin
ausschließlich über ihr Einkommen und ihr Vermögen. Unabhängig davon seien aber auch die - bislang von dem Beklagten nicht
berücksichtigten - anteiligen Kosten an der Wohngebäudeversicherung von 166,09 €, den Grundbesitzabgaben von 280,56 sowie
der Heizkosten durch den Erwerb von Briketts in Höhe von 59,70 € als Bedarf bzw. als Kosten der Unterkunft anzuerkennen.
Am 7.3.2017 beantragte der Kläger die Weiterbewilligung der Leistungen nach dem SGB II. Hierzu forderte der Beklagte erneut Auskünfte und Unterlagen zum Einkommen und zum Vermögen der Zeugin an und verwies sowohl
gegenüber dem Kläger als auch gegenüber der Zeugin auf Mitwirkungspflichten nach §
60 SGB I.
Mit Bescheid vom 22.3.2017 setzte der Beklagte die Leistungen für die Zeit vom 1.10.2016 bis zum 31.3.2017 auf 0 € fest. Der
Kläger und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen seien nach Ablauf des Bewilligungszeitraums verpflichtet,
die von den Trägern der Grundsicherung zum Erlass einer abschließenden Entscheidung geforderten leistungserheblichem Tatsachen
nachzuweisen. Trotz Aufforderung vom 18.1.2017, die darin genannten Unterlagen bis zum 8.2.2017 einzureichen, seien insbesondere
die Einkommensangaben, Gehaltsabrechnungen, Kontoauszüge und ein eventueller Rentenbescheid der Zeugin nicht eingereicht worden.
Mit weiterem Bescheid vom 22.3.2017 machte der Beklagte gegenüber dem Kläger die Erstattung der bereits erbrachten Leistungen
für die Zeit vom 1.10.2016 bis zum 31.3.2017 in Höhe von 1.934,40 € geltend. Im Rahmen der endgültigen Entscheidung über den
Leistungsanspruch sei festgestellt worden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
habe, so dass die erfolgten Zahlungen zu erstatten seien.
Mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 4.5.2017 wies der Beklagte den gegen beide Bescheide erhobenen Widerspruch des Klägers
vom 31.3.2017 zurück. Die nach Ansicht der Beklagten bestehende Bedarfsgemeinschaft sei ihrer Verpflichtung zur Mitwirkung
nicht nachgekommen, so dass festzustellen gewesen sei, dass ein Leistungsanspruch nicht bestehe. Die Aufforderung zur Mitwirkung
mit der Folge des Eintritts der Rechtsfolge des § 41a Abs. 3 S. 3 und 4 SGB II sei zu Recht erfolgt. Nach den Antragsunterlagen lebe der Kläger mit der Zeugin in einer Verantwortungs- und Entstehensgemeinschaft,
so dass auch die Einkünfte der Zeugin bei der Berechnung der Leistungen zu berücksichtigen seien. Der Kläger und die Zeugin
würden bereits seit 34 Jahren zusammenleben und seien insgesamt vier Mal gemeinsam umgezogen. Das Arbeitslosengeld I des Klägers
sei auf das Konto der Zeugin gezahlt worden, was die Wirtschaftseinheit bekräftige. Vor diesem Hintergrund sei die endgültige
Festsetzung zu Recht erfolgt und der Beklagte habe den Anspruch zutreffend mit 0 € beziffert. Ausgehend davon sei der Aufhebungs-
und Erstattungsbescheid rechtmäßig.
Gegen beide Widerspruchsbescheide erhob der Kläger am 6.6.2017 Klage vor dem Sozialgericht Köln.
Der Kläger hat vorgetragen, dass er ursprünglich mit der Zeugin liiert gewesen sei, dann aber Anfang 2013 die Beziehung einvernehmlich
beendet worden sei. Er habe sein Schlafzimmer in das ehemalige Wohnzimmer verlegt und im Jahr 2014 damit begonnen, den Keller
umzubauen, um diesen auch als Wohnraum für sich nutzen zu können. Diese Baumaßnahmen seien aber insbesondere aus Geldmangel
nicht weiter fortgeführt worden. Nun bewohne er die Parterre und den Keller und die Zeugin das Dachgeschoss. Gemeinsam genutzt
würden nur noch das Bad und die Küche. Eine gemeinsame Kasse bestehe nicht, jeder wirtschaftete für sich alleine. Das Haus,
in welchem er wohne, stehe im Eigentum seiner Mutter und werde sowohl ihm als auch der Zeugin mit Ausnahme der Betriebskosten
mietfrei zur Verfügung gestellt. Hintergrund hierfür sei, dass er und die Zeugin das Haus auf eigene Kosten instand gesetzt
hätten. Keiner von beiden würde aktuell über das notwendige Vermögen oder Einkommen verfügen, sich eine neue Bleibe zu suchen,
zumal sie in diesem Haus sehr kostengünstig wohnen könnten. Im Übrigen hätten beide Parteien ihr Geld in die Renovierung des
Hauses gesteckt, weil sie dort wohnen bleiben wollten. Es sei nur schwer bestimmbar, in welcher Höhe Abstandszahlungen zu
leisten wären, für den Fall, dass einer das Haus verlassen würde, um dadurch die getätigten Investitionen finanziell auszugleichen.
Beide Seiten seien aber finanziell ohnehin nicht in der Lage, den jeweils anderen auszuzahlen.
Der Beklagte hat zur Begründung auf die Ausführungen im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid verwiesen. Aus Sicht des Beklagten
stehe fest, dass es sich vorliegend um eine Bedarfsgemeinschaft handele. Dies ergebe sich über die bisher schon vorgetragenen
Umstände hinaus schon daraus, dass bis heute trotz der behaupteten Trennung kein Auszug des Klägers oder der Zeugin aus dem
gemeinsamen Haus erfolgt sei. Es entspreche gängiger Rechtsprechung, dass bei einer eheähnlichen Gemeinschaft mit der Auflösung
der Partnerschaft auch eine räumliche Trennung, also ein Auszug aus der gemeinsamen Wohnung, wenigstens einer Person einhergehe.
Darüber hinaus sei unklar, von welchen finanziellen Mitteln der Kläger seit April 2017 lebe bzw. gelebt habe.
Im Anschluss einen Termin zur mündlichen Verhandlung am 26.6.2018, in dem der Kläger und die Zeugin zu den Hintergründen des
Zusammenlebens befragt worden sind, hat die Zeugin auf Anforderung des Sozialgerichts ihre Kontoauszüge für die Zeit vom Oktober
2016 bis zum März 2017 sowie ihre Gehaltsabrechnungen eingereicht.
Der Beklagte hat ausgehend von diesen Angaben der Zeugin und des Klägers mit Bescheid vom 15.7.2019 die Leistungen nach dem
SGB II für den streitigen Zeitraum neu berechnet, allein für den Monat März 2017 einen Betrag i. H. v. 830,26 € (415,13 € für den
Kläger und 415,13 € für die Zeugin) bewilligt und den Festsetzungsbescheid vom 22.3.2017 aufgehoben. Hierbei hat der Beklagte
den Regelbedarf des Klägers und der Zeugin als Bedarfsgemeinschaft nach der Regelbedarfsstufe 2, den Mehrbedarf für die dezentrale
Warmwassererzeugung, Heizkosten und Nebenkosten in unterschiedlicher Höhe (im Oktober 2016 wurde Heizkosten von 99,70 € und
Nebenkosten von 27,00 € , im November 2016 Heizkosten von 31,12 € und Nebenkosten von 97,04 € und ab Dezember 2016 Heizkosten
von 51,34 € und Nebenkosten von 26,00 € zugrunde gelegt) sowie das bis Februar 2017 bezogene Einkommen der Zeugin unter Anrechnung
der Einkommensfreibeträge zugrunde gelegt. berücksichtigt. Den Erstattungsbetrag gegenüber dem Kläger setzte der Beklagte
unter Abänderung der Erstattungsbescheids vom 22.3.3017 auf den Betrag von 1.557,94 € herab.
Der Kläger hat daraufhin wörtlich beantragt,
den Erstattungsbetrag bei endgültiger Festsetzung vom 22.3.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.5.2017 in der
Gestalt des Änderungsbescheids vom 15.7.2019 aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger unter Aufhebung des
endgültigen Festsetzungsbescheides vom 20.3.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.5.2017 in der Gestalt des
Bescheids vom 15.7.2019 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1.10.2016 bis zum 31.3.2017 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Der Beklagte hat weiterhin beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat nach Durchführung einer weiteren Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugin mit Urteil vom 22.1.2020
"den Erstattungsbescheid bei endgültiger Festsetzung vom 22.3.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 4.5.2017 in
der Gestalt des Änderungsbescheids vom 15.7.2019" aufgehoben und den Beklagten verurteilt, "dem Kläger unter Abänderung des
Bescheids zur endgültigen Festsetzung vom 22.3.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.5.2017 in der Gestalt des
Bescheids vom 15.7.2019 weitere Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1.10.2016 bis zum 31.3.2017 ohne Anrechnung von Einkommen oder Vermögen der Zeugin J U zu gewähren".
Nach Überzeugung der Kammer habe zwischen dem Kläger und der Zeugin im streitgegenständlichen Zeitraum keine Bedarfsgemeinschaft
bestanden.
Die Kammer habe bereits erhebliche Zweifel an dem Vorliegen einer Partnerschaft. Gemeint sei hierbei eine Gemeinschaft, die
nicht durch bloßes Zusammenleben begründet werde, sondern Ausschließlichkeitscharakter im Sinne einer eheähnlichen Zeit aufweise
und keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulasse. Nach einer langjährigen Partnerschaft hätten der Kläger und die
Zeugin bei der Vernehmung aber unabhängig voneinander den Zeitpunkt der Trennung mit vor vier oder fünf Jahren angegeben.
Auch hätten beide als Anlass der Trennung den Verlust des Führerscheins des Klägers benannt und glaubhaft geschildert, dass
sie eine räumliche Trennung vollzogen hätten, soweit dies aufgrund der baulichen Gegebenheiten des bewohnten Hauses möglich
gewesen sei. Im Übrigen sei glaubhaft dargelegt worden, dass lediglich keine neuen Partner aus Rücksicht auf das Befinden
der gemeinsamen Tochter mit in das gemeinsam bewohnte Haus gebracht werden dürften. Hieraus werde deutlich, dass beiden das
Eingehen neuer Lebensgemeinschaften möglich sei, was einer Ausschließlichkeit des Verhältnisses des Klägers und der Zeugin
zueinander entgegenstehe.
Auch ein Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt im Sinne eines gemeinsamen Wirtschaftens aus einem Topf stehe nicht zur
Überzeugung der Kammer fest. Die Anforderungen an das gemeinsame Wirtschaften würden über eine gemeinsame Nutzung von Bad,
Küche und gegebenenfalls Gemeinschaftsräumen hinausgehen. Eine Aufteilung der Haushaltsführung zum Wohle des Zusammenlebens
sei vorliegend nicht ersichtlich. So habe der Kläger angegeben, dass er meist selbst koche oder bei Bekannten esse. Gemeinsame
Mahlzeiten mit der Zeugin gebe es nur selten, etwa wenn die gemeinsame Tochter zu Besuch sei. Tagsüber sei der Kläger viel
unterwegs und wenn er nach Hause komme, sei die Zeugin meist im Obergeschoss. Seine Einkäufe erledige er meist selbst. Nur
selten bringe die Zeugin ihm etwas mit. Seine Wäsche wasche der Kläger selbst und staubsauge im Erdgeschoss. Die Haushaltsführung
des Klägers beschränke sich damit ausschließlich auf seinen eigenen Bereich, wie auch die Zeugin bestätigt habe. Insbesondere
werde das gemeinsame Essen zu Weihnachten oder bei Besuchen der gemeinsamen Tochter oder das seltene Mitbringen von Einkäufen
durch die Zeugin als nicht ausreichend erachtet, um ein gemeinsames Wirtschaften zu begründen
Darüber hinaus habe das Sozialgericht erhebliche Zweifel daran, ob ein gegenseitiger Verantwortungs- und Einstandswille bestehe.
Hierzu sei angegeben worden, dass man bereits seit ca. zehn Jahren eigene Wege gehe. Auch die Zeugin habe erklärt, dass sich
der Kläger um seine eigenen Sachen kümmere. Zu dem Umstand, dass sie dem Kläger ab und an etwas abgegeben habe, als diesem
ab April 2017 Leistungen versagt worden seien, habe die Zeugin anschaulich und bewegt erläutert, dass dies eine schwierige
Situation für sie gewesen sei und sie einem Obdachlosen auch helfen würde. Dies allein dürfte aber für die Annahme einer Verantwortungs-
und Einstandswillens nicht ausreichen. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus der Regelung in § 7 Abs. 3a SGB II, wonach ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und für einander einzustehen, unter anderem vermutet
werde, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben oder befugt seien, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.
Trotz des langjährigen Zusammenlebens bestehe aber keine gegenseitige Befugnis, über Einkommen und oder Vermögen des anderen
zu verfügen. Der Kläger selbst habe keinerlei Befugnis, auf das Konto oder das Einkommen der Zeugin zuzugreifen. Die Zeugin
hätte zwar theoretisch die Möglichkeit gehabt, über das Arbeitslosengeld I des Klägers zu verfügen. Zum einen habe diese theoretische
Möglichkeit aber nur für den Oktober 2016 bestanden, da danach kein Arbeitslosengeld mehr bezogen worden sei. Zum anderen
habe der Kläger der Zeugin im Innenverhältnis keine Befugnis hierfür erteilt. So hätten die Beteiligten ausgeführt, dass die
Zeugin dem Kläger das Arbeitslosengeld nach Abzug seines Anteils an den Nebenkosten ausgezahlt habe, was durch die Aktenlage
belegt sei.
Gegen das Urteil des Sozialgerichts erhob der Beklagte am 17.3.2020 Berufung.
Der Beklagte verweist darauf, dass der Kläger seit 35 Jahren mit der Klägerin zusammenlebe und sie eine gemeinsame erwachsene
Tochter hätten. Das von ihnen bewohnte Haus gehöre der Mutter des Klägers und habe eine Größe von ca. 80 m2. Notariell sei bereits festgelegt worden, dass der Kläger und die Zeugin das Haus zu gleichen Teilen erben würden, wenn die
Mutter des Klägers versterbe. Das Haus sei vom Kläger und der Zeugin gemeinsam in Eigenleistung renoviert worden. Die Zeugin
wolle daher keinesfalls ausziehen und werde nach ihren Äußerungen auf unabsehbare Zeit zusammen mit dem Kläger dort wohnen.
Auch die Leistungen des Klägers nach dem SGB II seien auf das Konto der Zeugin gezahlt worden, was für ein gesteigertes Vertrauensverhältnis spreche, da die Zeugin somit
über die Leistungen des Klägers verfügen könnte. Der Kläger habe sich seit 2016 nicht darum bemüht, ein eigenes Konto einzurichten,
was als Pfändungsschutzkonto ohne Probleme hätte errichtet werden können. Insbesondere die fehlende Privatsphäre und die nicht
mögliche Einhaltung einer gewissen Distanz im gemeinsamen Haus würden nach wie vor für eine innere Verbundenheit sprechen.
Die bestehende Situation, in der nicht einmal beide Personen über ein eigenes abgetrenntes Zimmer verfügen und das Bad und
die Küche gemeinsam nutzen würden, würde sonst nicht dauerhaft hingenommen werden. So habe der Kläger angegeben, im Wohnzimmer
auf der Couch zu schlafen, welches durchquert werden müsse, um in die Küche zu gelangen. Die Zeugin hingegen schlafe im eigentlichen
Schlafzimmer im Obergeschoss. Ihre Kleidung befinde sich im Flur vor dem Schlafzimmer, welcher betreten werden müsse, um ins
gemeinsam genutzte Bad zu gelangen. Ein etwaiger neuer Partner werde im gemeinsamen Haus nicht geduldet. Daher stehe für beide
auch fest, dass keiner der beiden eine neue Partnerschaft eingehen werde. Zudem werden auch das Auto der Zeugin werde vom
Kläger genutzt. Für einen Außenstehenden sei daher eine Trennung keinesfalls zu erkennen. Die beiden Seiten würden somit nach
wie vor in einem besonderen Näheverhältnis stehen und sich vertrauen. Anderenfalls lasse sich nicht erklären, warum selbst
alle Finanzen der beiden über das Konto der Zeugin laufen würden. Nach eigenem Vortrag würden sich beide somit lediglich nicht
mehr das Bett teilen. Es sei zudem eingeräumt werden, dass weiterhin gemeinsame Mahlzeiten zu sich genommen würden und Feiertage
gemeinschaftlich verbracht würden. Ein nach außen tretender Wille, für einander nicht mehr einstehen zu wollen, sei keineswegs
erkennbar. Ganz im Gegenteil dürfe die Form des Zusammenlebens der Wirklichkeit vieler langjähriger Beziehungen entsprechen,
weswegen jedoch eine getrennte Veranlagung bei Beanspruchung von SGB II Leistung nicht gerechtfertigt erscheine. Zudem sei die Zeugin in dem im Rahmen des Berufungsverfahrens vorgelegten Vertrages
zur Regelung des Nachlasses der Mutter als Lebensgefährtin des Klägers beschrieben worden.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 22.1.2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 22.1.2020 als unbegründet zurückzuweisen.
Der Kläger trägt vor, dass er und die Zeugin tatsächlich in einem relativ kleinen Einfamilienhaus auf beengtem Wohnraum wohnen
würden. Eigentlich habe der Keller so hergerichtet werden sollen, dass er dort leben könne und er und die Zeugin sich im Haus
besser aus dem Wege gehen können. Der Ausbau sei aber noch nicht vollendet worden, weil hierfür kein Geld vorhanden sei. Darüber
hinaus habe die Zeugin angegeben, dass sie sich vergleichbaren Wohnraum nicht leisten könne. Sie bleibe also nicht wegen ihm
im Haus wohnen, sondern wohne dort trotz seiner Person. Im Hinblick auf die Zahlungen auf das Konto der Zeugin bestehe die
Abrede, dass die von ihm zu erbringenden Aufwendungen für das Haus vom Konto der Zeugin gezahlt würden und anschließend eine
Abrechnung gegenüber ihm erfolge. Insofern dürfe die Zeugin nicht frei über seine Finanzen verfügen. Die Zeugin und er würden
nicht aus einem Topf wirtschaften, Einkäufe würden getrennt getätigt und die Aufwendungen für das Haus würden von beiden zu
gleichen Teilen erbracht. Insbesondere bestehe eine Abrede, dass über die Aufwendungen für das Haus Buch geführt werde und
die Zeugin ihm nach seinen Bedarf die Leistungen auszahle. Einen direkten Zugriff auf das Konto der Zeugin habe er nicht.
Zudem habe es in der Vergangenheit bereits einen großen Streit darüber geben, als er die Kontoauszüge der Zeugin im Rahmen
der Beantragung seiner SGB II Leistungen weitergeleitet habe. Im Übrigen werde verwiesen auf die glaubhaften Aussagen der Zeugin und seine bestehenden
Einlassungen. Beide Seiten würden lediglich eine Zweckgemeinschaft bilden, da beide Aufwendungen erbracht hätten, um das Haus
instand zu setzen und auszubauen und nicht über finanzielle Mittel verfügen, einen Neuanfang in einer anderen Wohnungsumgebung
starten zu können, welche ein vergleichbares Wohnniveau gewährleisten. Zudem sei keine der beiden Seiten in der Lage, die
andere Seite für die erbrachten Aufwendungen abzufinden und auszuzahlen. Die Zeugin habe nach dem Tod seiner Mutter die Annahme
des Vermächtnisses im Vertrag vom 24.8.2020 ausgeschlagen, da die Zeugin die Erbschaftssteuer nicht habe zahlen können. Ansonsten
sei es zutreffend, dass sowohl das Auto der gemeinsamen Tochter als auch das Auto der Zeugin über ihn versichert seien. Grund
hierfür sei jedoch, dass er in der Schadensfreiheitsklasse 44 eingestuft sei und die Zeugin anderenfalls ein Vielfaches an
Versicherungsbeiträgen für den Versicherungsschutz zahlen müsse.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten
der Beklagten Bezug genommen; diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die durch den Beklagten erhobene Berufung ist zulässig und begründet.
I. Das Urteil des Sozialgerichts Köln war aufzuheben, sofern der Beklagte darin zur Aufhebung des Erstattungsbescheids vom 15.7.2019
verurteilt und verpflichtet worden ist, die endgültige Festsetzung vom 22.3.2017 in der Form des Widerspruchsbescheides vom
4.5.2017 in der Gestalt des Bescheids vom 15.7.2019 abzuändern und weitere Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1.10.2016 bis zum 31.3.2017 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ohne Anrechnung von Einkommen oder
Vermögen der Zeugin J U zu gewähren.
Der Kläger hat insbesondere keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung des Einkommens der Zeugin in dem hier streitigen Zeitraum. Streitgegenstand ist dabei noch (allein) der endgültige
Bewilligungs- und Erstattungsbescheid vom 15.7.2019 (dazu 1), in dem der Beklagte zutreffend von eine Bedarfsgemeinschaft
zwischen dem Kläger und der Zeugin ausgegangen ist (dazu 2).
1. Streitgegenstand des Klage- und damit auch des Berufungsverfahrens ist gemäß §
96 SGG der endgültige Bewilligungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 15.7.2019 geworden, mit dem unter Berücksichtigung
der Einkommensverhältnisse der Zeugin, die im Bescheid vom 22.3.2017 festgestellte Leistung sowie Erstattung endgültig festgesetzt
worden sind.
Der somit streitgegenständliche endgültige Festsetzungs- und Erstattungsbescheid vom 15.7.2019 ist auf der Grundlage von §
41a Abs. 3 S. 1 SGB II und Abs. 6 SGB II rechtmäßig erlassen worden. Hierbei kann dahinstehen, ob für die Aufhebung des Bescheids vom 22.3.2017 aus verwaltungsrechtlichen
Gründen die Aufhebungsvorschriften nach §§ 44 ff. SGB X ergänzend heranzuziehen waren oder ob die mit der Neufestsetzung einhergehende Aufhebung des Bescheids vom 22.3.2017 nach
Vorlage weiterer Unterlagen und nach erfolgter Mitwirkung nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens von § 41a Abs. 3 und Abs. 6 SGB II mit umfasst ist (vgl. zum Fall der zwar nach Fristablauf, aber noch im Verwaltungsverfahren vorgelegten Nachweise BSG, Urteil vom 12.9.2018, B 4 AS 39/17 R). Denn vorliegend waren auch die Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 44 SGB X erfüllt. Der Beklagte hatte im Bescheid vom 22.3.2017 das Recht schon deshalb unrichtig angewandt, da der Beklagte den Kläger
und die Zeugin vor Erlass des Bescheids nur unzureichend zur Mitwirkung unter Fristsetzung aufgefordert bzw. unzureichend
über die Rechtsfolgen aufgeklärt hatte (§ 41a Abs. 3 S. 3 SGB II). So hat hat der Beklagte die Zeugin zwar am 18.1.2017 zur Mitwirkung (u.a. zur Vorlage von Gehaltsabrechnung und Kontoauszügen)
unter Fristsetzung aufgefordert, jedoch wurde darin weder der Kläger noch die Zeugin auf die Regelungen in § 41a SGB II hingewiesen, wobei am 18.1.2017 eine vorläufige Bewilligung von Leistungen nicht einmal erfolgt war. Auch die nach Erlass
des vorläufigen Bewilligungsbescheids vom 10.2.2017 erfolgte Erinnerung an die Übersendung von Unterlagen vom 13.2.2017 enthält
keine Hinweise auf die Regelungen in § 41a SGB II. In der sodann am 22.3.2017 erfolgten (endgültigen) Festsetzung hat der Beklagte im Übrigen allein Bezug genommen auf die
Mitwirkungsaufforderung vom 18.1.2017, mit der eine Frist bis zum 8.2.2017 gesetzt worden ist, mithin bis zu einem Termin,
zu dem die Leistungen nicht einmal vorläufig bewilligt waren.
Nach der damit rechtmäßig erfolgten Aufhebung des Bescheids vom 22.3.2017 war der Beklagte gehalten, die somit noch ausstehende
vollständige Neufestsetzung vorzunehmen. Dem ist der Beklagte im Bescheid vom 15.7.2019 nachgekommen. Hierbei kann vorliegend
dahinstehen, ob die nach Erlass des Widerspruchsbescheides vorgelegten Unterlagen im Rahmen einer endgültigen Festsetzung
noch zu berücksichtigen waren (bejahend LSG NRW, Urteil vom 18.2.2021, L 7 AS 1525/19; vgl. zum Meinungsstand: Grote-Seifert in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, § 41a Rn. 54). Denn jedenfalls hat der Beklagte diese im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens übermittelten Unterlagen tatsächlich
berücksichtigt und auf dieser Grundlage den - nach Aufhebung des endgültigen Bewilligungsbescheides vom 22.3.2017- endgültigen
Bewilligungsbescheid vom 15.7.2019 erlassen, der den Festsetzungsbescheid vom 22.3.2017 ersetzt und daher - ebenso wie der
den Erstattungsbescheid vom 22.3.2017 entsprechend abändernde Erstattungsbescheid vom 15.7.2019 - nach §
96 i. V. m. §
153 Abs.
1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist.
2. Die endgültige Festsetzung der Leistungen mit Bescheid vom 15.7.2019 und der Erstattungsbescheid vom 15.7.2019 sind rechtmäßig.
Der Beklagte ist darin zutreffend von dem Bestehen einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft zwischen dem Kläger und
der Zeugin ausgegangen (dazu a.). Eine darüber hinausgehende Überprüfung der weiteren Berechnungen des Beklagten in den Bescheiden
vom 15.7.2019 war im Rahmen des Berufungsverfahrens zudem nicht mehr vorzunehmen (dazu b.).
a. Der Beklagte ist im Bescheid vom 15.7.2019 zu Recht von dem Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft ausgegangen und hat unter
Berücksichtigung des Einkommens der Zeugin den streitigen Anspruch des Klägers auf Leistungen nach dem SGB II zutreffend berechnet.
Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II gehört zu einer Bedarfsgemeinschaft als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine Person, die mit dem erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille
anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Die Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II normiert für das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft drei Voraussetzungen, die kumulativ vorliegen
müssen: Es muss sich 1. um Partner handeln, die 2. in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben, und zwar 3. so, dass nach
verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen
(BSG, 23.8.2012 - B 4 AS 34/12 R -, m. w. N.). Ob eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft in diesem Sinne vorliegt, ist anhand von Indizien und
im Wege einer Gesamtwürdigung festzustellen (vgl. BSG, 23.8.2012 - B 4 AS 34/12 R). Die dritte Voraussetzung kann nach § 7 Abs. 3a SGB II vermutet werden, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (Nr. 1), mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben (Nr. 2),
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen (Nr. 3) oder befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen
(Nr. 4).
aa. Bei dem Kläger und der Zeugin hat es sich im streitigen Zeitraum nach der Überzeugung des Senats um "Partner" im Sinne von
§ 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II gehandelt. Gemeint ist damit eine Gemeinschaft, die nicht durch bloßes Zusammenleben begründet wird, sondern Ausschließlichkeitscharakter
im Sinne einer Eheähnlichkeit aufweist und keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt (BSG, Urteil vom 23.8.2012, B 4 AS 34/12; Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, Stand: 05.01.2021, § 7 Rn. 222).
Auch wenn der Kläger und die Zeugin nicht mehr im Sinne einer innigen bzw. intimen Beziehung miteinander verbunden sind bzw.
sich nach eigenen Angaben vor 4 oder 5 Jahren "getrennt" haben, besteht zwischen dem Kläger mit der Zeugin jedoch zur Überzeugung
des Senats weiterhin eine Verbundenheit, die einen eheähnlichen Charakter aufweist. So waren der Kläger und die Zeugin unstreitig
über lange Zeit in der Vergangenheit partnerschaftlich verbunden, sind mehrfach zusammen umgezogen und haben eine gemeinsame
Tochter. Die damit einhergehende (familiäre) Verbundenheit wird weiter dadurch deutlich, dass die Zeugin von der Mutter des
Klägers als Vermächtnisnehmerin für das gemeinsam bewohnte Haus zu 1/2 eingesetzt worden ist und selbst nach dem Tod der Mutter
im Notarvertrag vom 24.8.2020 für den Kläger und die Zeugin ein lebenslanges Nießbrauchrecht an dem Haus zu je 1/2 vereinbart
worden ist. Neben diesem Nießbrauchrecht haben der Kläger und die Zeugin auch in ihrem weiteren Vortrag deutlich gemacht haben,
dass niemand aus dem Haus ausziehen wolle bzw. werde. Wenn aber der Kläger und die Zeugin vor diesem Hintergrund nach eigenem
Vortrag eine Vereinbarung getroffen haben, nach der keine neuen Partner mit in das gemeinsam bewohnte Haus gebracht werden
dürfen, erscheint eine neue Partnerschaft mit den bestehenden Wohnverhältnissen von vorneherein nicht vereinbar, wodurch aber
faktisch eine Ausschließlichkeit des Verhältnisses des Klägers und der Zeugin mit einhergeht. Im Übrigen wird auch im alltäglichen
Zusammenleben in dem gemeinsam bewohnten Haus eine räumliche Trennung nicht vollständig vollzogen, selbst wenn diese durch
die baulichen Gegebenheiten bedingt sein mag. Allerdings haben weder der Kläger noch die Zeugin seit mehreren Jahren eine
Privatsphäre, wie sie im Rahmen einer üblichen "Wohngemeinschaft" zu erwarten wäre. So muss die Zeugin das Wohnzimmer, in
dem der Kläger ohne weiteren Abtrennung seines Bereichs schläft, durchqueren, um in die Küche zu gelangen. Der Kläger hingegen
muss den Flur durchqueren, in dem die Zeugin ihre Kleidung aufbewahrt, um ins gemeinsam genutzte Bad zu gelangen. Hierdurch
tritt jedenfalls ein Wille für ein bloßes Zusammenleben nicht erkennbar nach außen, zumal die fehlende Privatsphäre ggf. allein
aufgrund der jahrelangen Vertrautheit des Klägers und der Zeugin hingenommen wird. Der Kläger und die Zeugin sind daher in
der Gesamtschau noch so miteinander verbunden, dass eine Partnerschaft im Sinne von§ 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II anzunehmen ist.
bb. Der Kläger und die Zeugin leben auch in einem gemeinsamen Haushalt. Das "Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt" i.S.
des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II erfordert das Bestehen einer "Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft". Zusätzlich zum eigentlichen Wohnen in einer Wohnung bedarf
es somit des gemeinsamen Wirtschaftens. Die Anforderungen an das gemeinsame Wirtschaften gehen dabei über die gemeinsame Nutzung
von Bad, Küche und ggf. Gemeinschaftsräumen hinaus. Auch der in Wohngemeinschaften häufig anzutreffende gemeinsame Einkauf
von Grundnahrungsmitteln, Reinigungs- und Sanitärartikeln aus einer von allen Mitbewohnern zu gleichen Teilen gespeisten Gemeinschaftskasse
begründet noch keine Wirtschaftsgemeinschaft. Entscheidend insoweit ist, dass der Haushalt von beiden Partnern geführt wird,
wobei die Beteiligung an der Haushaltsführung von der jeweiligen wirtschaftlichen und körperlichen Leistungsfähigkeit der
Partner abhängig ist. Die Haushaltsführung an sich und das Bestreiten der Kosten des Haushalts muss gemeinschaftlich durch
beide Partner erfolgen, was allerdings nicht bedeutet, dass der finanzielle Anteil der Beteiligung am Haushalt oder der Wert
der Haushaltsführung selbst gleichwertig sein müssen. Ausreichend ist eine Absprache zwischen den Partnern, wie sie die Haushaltsführung
zum Wohle des partnerschaftlichen Zusammenlebens untereinander aufteilen (BSG, Urteil vom 23.8.2012, B 4 AS 34/12 R). Hierbei ist unter einem gemeinsamen Haushalt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine "Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft"
zu verstehen, die gegenüber der (bloßen) Wohngemeinschaft dadurch gekennzeichnet ist, dass ihre Mitglieder nicht nur in einer
Wohnung leben, sondern einen gemeinsamen Haushalt in der Weise führen, dass sie aus einem "Topf" wirtschaften (BSG, 12.10.2016, B 4 AS 60/15 R).
Der Kläger und die Zeugin haben hierzu angegeben, selbst zu kochen und einzukaufen und Wäsche zu waschen. Die Haushaltstätigkeit
des Klägers beschränke sich auf "seinen" Hausbereich, so dass er beispielsweise allein im Erdgeschoss sauge. Regelmäßigen
Treffen im Haus, z.B. zum Abend- oder Mittagessen, gebe es nicht, da der Kläger tagsüber viel unterwegs sei und die Zeugin
abends, wenn der Kläger nach Hause komme, meist in der 1. Etage in ihrem Schlafzimmer sei.
Wie bereits dargelegt, werden jedoch Bad und Küche gemeinsam genutzt und es fehlt auch aufgrund der baulichen Gegebenheit
jedenfalls an einer Privatsphäre, wie sie im Rahmen einer üblichen "Wohngemeinschaft" zu erwarten wäre. Zumindest kommt es
hierbei aber zumindest gelegentlich zu gemeinsamen Essen mit der gemeinsamen Tochter und zu seltene Mitbringen von Einkäufen
durch die Zeugin.
Maßgeblich zu berücksichtigen ist aber, dass der Kläger seit Jahren seinen gesamten Zahlungsverkehr über das Girokonto der
Zeugin abwickelt, was von der Zeugin nun ebenfalls seit mehreren Jahren geduldet bzw. hingenommen wird. Unabhängig davon,
dass es sich dem Senat nicht erschließt, aus welchem Grund der Kläger nicht für sich ein Pfändungsschutzkonto eröffnet, sind
über die Dauer des gerichtlichen Verfahrens keinerlei Belege über die genaue Aufteilung der Gelder vorgelegt worden. Wenn
der Kläger und die Zeugin hierzu vortragen, dass die Zeugin dem Kläger die für ihn eingezahlten Beträge nach Abzug der gemeinsam
zu tragenden Kosten an ihn in bar auszahlt, ist zur beiderseitigen Kontrolle dieser Abrechnungen die Erstellung derartige
Belege naheliegend. Zudem konnte auch den vorgelegten Kontoauszügen keine konkrete Abrechnung der Gelder entnommen werden.
So sind im streitigen Zeitraum zwar diverse Bargeldabhebungen erkennbar, ohne dass diese jedoch ggf. nach Abzug von Nebenkosten-
und Hauskosten den für den Kläger erfolgten Ein- oder Auszahlungen zugeordnet werden könnten. Letztlich erfolgt daher eine
Berechnung im Wesentlichen auf gegenseitiger Vertrauensbasis, wenn die konkrete Abrechnung nicht schriftlich fixiert wird,
sondern - nach den Ausführungen der Zeugin - dem Kläger allein mündlich mitgeteilt wird, welche Beträge fällig sind. Mithin
obliegen damit der Zeugin im Wesentlichen die Regelungen der finanziellen Belange der bestehenden Gemeinschaft. Hinzu kommt,
dass der Kläger der Zeugin seine Kfz-Versicherung mit dem entsprechenden Schadensfreiheitrabatt für ihr Auto zur Verfügung
stellt. Auch wenn dies - isoliert betrachtet - nicht für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft ausreichen würde, wird
hierdurch aber in der Gesamtschau das Bild eines Zusammenlebens in einem gemeinsamen Haushalt weiter verstärkt, zumal etwaige
Schadensereignisse über den Namen des Klägers abgewickelt werden und letztlich der Kläger eine Höherstufung im Schadensfreiheitsrabatt
in Kauf nimmt. Da somit in der Gesamtschau weiterhin ein gemeinsames Wirtschaften erfolgt, welches über das übliche Maß einer
gewöhnlichen Wohngemeinschaft hinausgeht, war das Bestehen einer "Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft" zur Überzeugung des Senats
zu bejahen.
cc. Zwischen dem Kläger und der Zeugin besteht zudem ein gegenseitiger Verantwortungs- und Einstandswille. Dabei wird ein wechselseitiger
Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, nach § 7 Abs. 3a Nr. a SGB II vermutet, wenn Partner - wie hier - länger als ein Jahr zusammenleben.
Diese Vermutung hat der Kläger zur Überzeugung des Senats nicht widerlegen können. Hierfür reicht insbesondere der Vortrag
nicht aus, wonach der Kläger und die Zeugin nun seit ca. 10 Jahre eigene Wege gehen würden und jeder sich um seine eigenen
Belange kümmern würde, zumal die Zeugin nach eigenen Angaben den Kläger finanziell und durch Einkäufe unterstützt habe, als
dieser mittellos war. Eine hinreichende räumliche Trennung in dem gemeinsam bewohnten Haus ist nach Auffassung des Senats
nicht erkennbar. Auch der Vortrag des Klägers, dass er sich um eine weitergehende räumliche Trennung durch den Ausbau der
Kellerräume bemühe, dies jedoch an den finanziellen Mittel gescheitert sei, führt zu keiner anderen Beurteilung, da der aktuelle
Zustand ohne den Ausbau der Kellerräume nun seit mehreren Jahren faktisch hingenommen und geduldet wird. Letztlich sind daher
die vom Kläger aufgezeigten Umstände nicht geeignet und haben als Hinweistatsachen kein hinreichendes Gewicht, die gesetzliche
Vermutung in § 7 Abs. 3 Nr. 3a Nr. 1 SGB II zu dem Bestehen eines gegenseitigen Verantwortungs- und Einstandswillens zu widerlegen.
b. Gegenstand des Berufungsverfahrens war im Übrigen nicht, ob der Beklagte auch darüber hinaus die Leistungen nach dem SGB II zutreffend berechnet hat und z.B. die Kosten der Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II) zutreffend in Ansatz gebracht hat.
Der Beschwerdegegenstand ist danach zu bestimmen, was das Sozialgericht dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was von diesem
mit seinen Berufungsanträgen weiter verfolgt wird (Keller in Meyer-Ladewig u.a.,
SGG 2020, §
144 Rn. 14). Aufgrund der allein durch den Beklagten erhobenen Berufung war daher im Rechtsmittelverfahren nur zu prüfen, ob
die im Urteil des Sozialgerichts tenorierten Leistungen zu Recht zugesprochen worden sind. Die Leistungshöhe war daher nicht
zu überprüfen.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
III. Gründe, im Sinne von §
160 Abs.
2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.