Tatbestand
Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach §
7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV) die Versicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 01.12.2013
bis 31.12.2016 in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Die Beigeladene zu 1) ist eine im Handelsregister (HR) des Amtsgerichts (AG) L unter HRB 000 eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), deren Unternehmensgegenstand der Import, Export und der Großhandel
mit Fleisch und Innereien war.
Im Streitzeitraum waren ihre gesamtvertretungsberechtigte und von den Beschränkungen des §
181 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) befreite Geschäftsführer der Kläger und nach den Eintragungen im HR des AG L unter HRB 000 zunächst Herr L T bis zum 01.09.2015 und ab dem 02.09.2015 Herr N T1. Bis zum 12.09.2013 war der Kläger noch einzelvertretungsberechtigter
Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1).
Gesellschafterin der Beigeladenen zu 1) war zunächst allein die N L Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG. Alleiniger Kommanditist
war der Kläger. Ebenso war er alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementärin, der N L Verwaltungs GmbH.
Im Rahmen der Erhöhung des Stammkapitals der Beigeladenen zu 1) auf 1.750.000,00 EUR erfolgte eine Veränderung der Beteiligungsverhältnisse
an deren Stammkapital. An diesem waren sodann die N L Vermögensverwaltungs-GmbH & Co. KG nur noch mit 25,1 % (= 439.250,00
EUR) und die D GmbH (eingetragen im HR des AG L unter HRB xxx) mit 74,9 % (= 1.310.750,00 EUR) beteiligt.
Am Stammkapital der D GmbH, einer Tochtergesellschaft der I AG, war der Kläger nicht beteiligt. Im Streitzeitraum waren deren
gesamtvertretungsberechtigte Geschäftsführer Herr L T und der Kläger, anstelle des Klägers ab dem 28.08.2015 Herr N T1 (vgl.
HRB xxx, AG L).
Der im Streitzeitraum geltende notarielle Gesellschaftsvertrag (GesV) der Beigeladenen zu 1) vom 02.07./27.08.2013 (UR-Nr.
000 und 000/2013, Notar I C mit dem Amtssitz in Bad S) lautete auszugsweise wie folgt:
" ...
§ 5 Gesellschafterversammlung
(1) In der Gesellschafterversammlung gewährt je nominal EUR 1,00 eines Geschäftsanteils eine Stimme.
§ 6 Beschlüsse der Gesellschafterversammlung
(1) Die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung bedürfen der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen, es sei denn, Satzung
oder Gesetz schreiben eine größere Mehrheit vor. (2) Der Beschlussfassung durch die Gesellschafterversammlung unterliegen
- neben den gesetzlich geregelten Fällen - mit einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen folgende Gegenstände:
a) die Änderung oder Aufhebung des Anstellungsvertrags mit dem Geschäftsführer N L b) der Abschluss und die Änderung von Anstellungsverträgen
mit weiteren Geschäftsführern. Dies gilt nicht hinsichtlich eines weiteren Geschäftsführers, wenn dessen Gesamtvergütung die
von Herrn N L bezogene Gesamtvergütung im Zeitpunkt des Abschlusses des Anstellungsvertrags bzw. dessen Änderung - oder falls
Herr N L als Geschäftsführer ausgeschieden sein sollte - seine zuletzt bezogene Gesamtvergütung nicht übersteigt. Satz 2 gilt
nicht, wenn die Gesellschaft gemäß § 7 Abs. 7 die Vergütung eines von der D GmbH bestellten Geschäftsführers trägt. c) die
Änderung der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung einschließlich des Geschäftsverteilungsplans und des Katalogs der zustimmungsbedürftigen
Geschäfte.
§ 7 Geschäftsführung und Vertretung
(1) Die Geschäftsführer werden von der Gesellschafterversammlung mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen bestellt
und abberufen. Abs. 2: Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt
dieser die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer
gemeinschaftlich oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten.
(4) Solange die N L Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG mindestens ein Viertel des Stammkapitals an der Gesellschaft hält,
Herr N L das gesamte Kommanditkapital der N L Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG sowie das gesamte Stammkapital ihrer persönlich
haftenden Gesellschafterin hält und deren Geschäftsführer ist, steht der N L Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG als satzungsmäßiges
Sonderrecht das Recht zu, Herrn N L als von den Beschränkungen des §
181 BGB befreiten Geschäftsführers allein zu bestellen und abzuberufen. Eine Abberufung - auch gegen die Stimmen der N L Vermögensverwaltungs
GmbH & Co. KG - ist nur aus wichtigem Grund zulässig.
(5) Die Geschäftsführer führen die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe des Gesetzes, dieses Gesellschaftsvertrages, der
Geschäftsordnung für die Geschäftsführung und den Weisungen der Gesellschafterversammlung.
(6) Die Gesellschafterversammlung kann in der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung einen Katalog zustimmungsbedürftiger
Maßnahmen und Geschäfte bestimmen sowie die Geschäftsverteilung regeln. "
Auf den weiteren Inhalt des Gesellschaftsvertrages vom 02.07./27.08.2013 wird verwiesen.
Mit notariellem Vertrag vom 31.07.2015 erwarb die Beigeladene zu 1) von der D GmbH selbst Anteile an ihrem Stammkapital in
Höhe von 50.750,00 EUR und 818.990,00 EUR. Die N L Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG war danach weiterhin in Höhe von 439.250,00
EUR und die D GmbH nunmehr noch in Höhe von 441.010,00 EUR am Stammkapital der Beigeladenen zu 1) beteiligt.
Ab dem 01.01.2017 ist die N L Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG alleinige Gesellschafterin der Beigeladenen zu 1). Für die
Zeit ab dem 01.01.2017 ist ein weiteres Statusfeststellungsverfahren anhängig.
Der bereits seit 2007 bestehende Dienstvertrag (DV) zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) wurde zum 01.08.2013 geändert
und neu gefasst. Dieser DV lautete auszugsweise wie folgt:
" ... § 2 Zuständigkeiten und Aufgaben
Herrn L wird die Verantwortung als Geschäftsführer der H & Co. GmbH und deren Tochtergesellschaften übertragen, die Geschäftsführung
anderer Unternehmen kann ohne weitere Änderung des Dienstvertrages hinzukommen. Der Geschäftsführer hat sich bei der Aufgabenwahrnehmung
auch an den Vorgaben der Gesellschafterversammlung auszurichten und deren Weisungen zu befolgen. Änderungen der Berichtsebene
in Folge veränderter Organisationsstrukturen bleiben im Rahmen der vorgegebenen gesellschaftsrechtlichen Regelungen vorbehalten.
Hinsichtlich der Einzelheiten gelten die Regelungen der Geschäftsverteilung und die Festlegung der Geschäftsordnung.
§ 3 Befugnisse, Vollmachten
1. Es ist auf möglichst enge Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung Bedacht zu nehmen. Herr L ist von den Beschränkungen
des §
181 BGB befreit.
2. Die Geschäftsführung ist als Gesamtgeschäftsführung ausgestaltet. Der Kläger ist verpflichtet, seine Funktion in Gemeinschaft
mit einem anderen Geschäftsführer oder Prokuristen auszuüben. Die wesentlichen Geschäftsvorfälle sind in der Geschäftsleitung
zu beraten und zu beschließen.
3. Maßgeblich für alle übertragenen Vollmachten sind § 37 des GmbH-Gesetzes. Maßnahmen von wesentlicher Bedeutung sind in jedem Falle in der Geschäftsführung abzustimmen. Hinsichtlich der Einzelheiten
gelten die Regelungen der Geschäftsordnung einschließlich der Anlage Genehmigungspflichtige Geschäfte vom 2.7.2013.
4. Wegen der Notwendigkeit vorheriger Abstimmung von Handlungen mit den Gesellschaftern gelten die Geschäftsordnung sowie
die Regelung der verabschiedeten genehmigungspflichtigen Geschäfte.
§ 4 Vergütung
1. Herr L erhält für seine Verantwortung monatlich (12 Monate) ein im Nachhinein zahlbares Festgehalt in Höhe von 16.200 Euro
brutto - nach einem handschriftlichen Zusatz - ab dem 1.12.2013.
2. Ab dem 1.1.2015 erhält Herr L monatlich (12 Monate) ein im Nachhinein zahlbares Festgehalt in Höhe von 17.200 Euro brutto.
4. Es wird vereinbart, keine Tantieme zu zahlen.
§ 5 Sonstige Leistungen
1. Das Unternehmen schließt zugunsten von Herrn L für die Dauer des Anstellungsvertrages eine Unfallversicherung mit folgenden
Deckungssummen ab:
2. Der Mitarbeiter wird in die betriebliche Haftpflichtversicherung einbezogen.
3 ... Im Krankheitsfall wird das Krankengeld der Krankenkasse (bzw. bei privater Krankenversicherung ohne Krankengeldzahlung
der Betrag, den eine gesetzliche Krankenkasse zahlen würde) bis zum Ende des 3. Kalendermonats auf den bisherigen Nettoverdienst
aufgestockt.
4. Als Nebenleistung erhält Herr L ein seiner Position angemessenes Dienstfahrzeug. Herr L ist berechtigt, den Wagen auch
für Privatfahrten zu nutzen.
§ 6 Urlaub
1. Herr L hat einen Anspruch auf Jahresurlaub von 28 Arbeitstagen je Kalenderjahr.
2. Der Urlaub ist mit dem Vorgesetzten und der Mitgeschäftsführung abzustimmen.
§ 7 Spesen und Reisekosten
Bei erforderlichen Dienstreisen werden die Reisekosten und Spesen entsprechend den jeweils geltenden betrieblichen Regelungen
bzw. den jeweils gültigen Lohnsteuerrichtlinien gezahlt.
§ 10 Nebentätigkeiten
1. Die Übernahme jedweder Nebentätigkeit, gleichgültig, ob sie auf Gewinn gerichtet ist oder nicht, bedarf der schriftlichen
vorherigen Zustimmung des Unternehmens.
2. Der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Unternehmens bedarf die Beteiligung von Herrn L an anderen Unternehmen sowie
der Eintritt oder die Mitwirkung im Aufsichtsorgan anderer Unternehmungen.
3. Vorträge, Veröffentlichungen von Schriften sowie gutachterliche Tätigkeiten dürfen nur mit der Einwilligung des Unternehmens
erfolgen ...
Anlagen
...
Genehmigungspflichtige Geschäfte Stand 2.7.13 Geschäftsordnung Stand 2.7.2013 Geschäftsverteilungsregelung vom 2.7.2013
..."
Auf den weiteren Inhalt des DV sowie den Inhalt der Anlagen zum DV wird Bezug genommen.
Am 09.01.2014 beantragte der Kläger im Hinblick auf seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) die Feststellung
seines sozialversicherungsrechtlichen Status bei der Beklagten. Nach Auswertung der vom Kläger vorgelegten Unterlagen legte
die Beklagte mit dem Anhörungsschreiben vom 14.01.2014 gegenüber dem Kläger ihre Auffassung dar, die Tätigkeit als Geschäftsführer
bei der Beigeladenen zu 1) werde in abhängiger Beschäftigung ausgeübt, sodass Versicherungspflicht in der Rentenversicherung
sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Der Kläger sei nicht unmittelbar - sondern nur mittelbar durch die N L
Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG - am Stammkapital der Beigeladenen zu 1) beteiligt. Er unterliege den Weisungen der Gesellschafterversammlung.
Es sei ein Dienstvertrag geschlossen worden, der die Mitarbeit und unter anderem auch eine regelmäßige Vergütung regele.
Mit Bescheid vom 12.03.2014 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Beigeladenen
zu 1) ab dem 01.12.2013 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung
unterliege.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 19.03.2014 Widerspruch. Er sei zwar nur Minderheitsgesellschafter bei der Beigeladenen
zu 1), es seien aber umfassende Sonderrechte in Form von Veto- und Gestaltungsrechten vereinbart worden, die nicht mit der
Annahme einer Arbeitnehmerstellung in Einklang gebracht werden könnten. So seien in § 6 GesV zahlreiche Ausnahmen von dem
Prinzip der Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit festgelegt worden. Insbesondere sämtliche Geschäfte und Angelegenheiten,
die seine Stellung beträfen, wie z.B. die Aufhebung und Änderung des Geschäftsführervertrages oder die Änderung der Geschäftsordnung,
könnten nur mit 75 % der abgegebenen Stimmen beschlossen werden. Er könne aufgrund der ihm zustehenden Sonderrechte gegen
seinen Willen nicht abberufen werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2014, dem Kläger zugegangen am 23.06.2014, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers
zurück.
Mit seiner am 22.07.2014 zum Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er sei als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen
zu 1) mit derart umfassenden Sonderrechten ausgestattet, dass er rechtlich nicht als Arbeitnehmer in einem abhängigen Arbeitsverhältnis
eingestuft werden könne. Vielmehr verfüge er über eine Sperrminorität, durch die er maßgeblichen Einfluss auf die Geschäfte
und Geschicke der Beigeladenen zu 1) ausüben könne. Insbesondere Beschlüsse, die seine eigene Stellung beträfen, könnten nur
mit einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen gefasst werden. Gegen seinen Willen könne er nicht abberufen werden. Diese
Möglichkeit, die eigene Kündigung zu blockieren, stehe in eklatantem Widerspruch zu einer typischen (abhängigen) Arbeitnehmerstellung.
Er verfüge als Einziger über die notwendigen handelsspezifischen (Fach-)Kenntnisse und habe ein an ihn persönlich gebundenes
Netzwerk aufgebaut, welches ohne ihn nicht weiter bestehen würde. Er habe ein unternehmerisches Risiko getragen. Er und der
Mitgesellschafter hätten ausweislich der Jahresabschlüsse 2013 bis 2015 zusätzlich zu dem gezeichneten Kapital weitere Einlagen
in Höhe von 6,614 Mio. Euro in Form einer Kapitalrücklage geleistet, die durch Verluste teilweise aufgezehrt worden seien.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 12.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2014 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger
in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 01.12.2013 bis 31.12.2016 nicht der Versicherungspflicht in
der gesetzlichen Rentenversicherung sowie der Arbeitslosenversicherung unterlag.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre Entscheidung aus den im Bescheid genannten Gründen weiterhin für rechtmäßig gehalten und darauf verwiesen, dass
entscheidend auf die Mehrheitsverhältnisse abzustellen sei. Dies bedeute, dass bei einer Minderheitsbeteiligung eine selbstständige
Tätigkeit nur angenommen werden könne, wenn eine umfassende Sperrminorität eingeräumt worden sei, die es ermögliche, jegliche
Weisung zu verhindern. Insbesondere § 2 DV regele, dass der Kläger Weisungen zu befolgen habe. Auch die Darlehensgewährung
sei nicht entscheidend, da sich daraus kein unternehmerisches Risiko ableiten ließe.
Mit Urteil vom 23.01.2018 hat das SG Köln die Klage abgewiesen. Auf dessen Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Gegen das ihm am 13.03.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.03.2018 Berufung eingelegt. Es sei keine ordnungsgemäße
Anhörung gem. § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) durchgeführt worden. Die Begründung des SG im angefochtenen Urteil sei fehlerhaft. Er habe als gesamtvertretungsberechtigter Mit-Geschäftsführer der D GmbH jeden ihn
betreffenden Gesellschafterbeschluss bei der Beigeladenen zu 1) verhindern können, indem er der Stimmabgabe der D GmbH habe
widersprechen können. Dann hätte ein solcher Gesellschafterbeschluss auf Ebene der Beigeladenen zu 1) gar nicht gegen seinen
Willen gefasst werden können. Die reine Möglichkeit der Weisungserteilung und die damit verbundene abstrakte Rechtsmacht hätten
damit nicht bestanden.
Vom SG sei verkannt worden, dass sich aus dem gesellschaftsrechtlich in § 7 Abs. 4 GesV verankerten Sonderrecht zur Geschäftsführung Einschränkungen der vertraglichen Weisungsmöglichkeiten ergäben.
Bei einem derartigen Sonderrecht zur Geschäftsführung wirkten sich im Ergebnis Weisungen nur dann aus, wenn in der Person
des Geschäftsführers gleichzeitig durch die weisungswidrige Durchführung der von ihm beabsichtigten Maßnahme ein Grund für
eine Abberufung aus wichtigem Grund bestehen würde. Sonst würde durch eine den Geschäftsführer beschränkende Weisung dessen
Sonderrecht zur Geschäftsführung ausgehöhlt. Gegen eine solche treuwidrige Verletzung des ihm eingeräumten Sonderrechts zur
Geschäftsführung könne sich der Geschäftsführer dadurch wehren, dass er die rechtswidrige Weisung nicht beachte. Das sei dann
kein Pflichtenverstoß, soweit die Maßnahme von seinem Sonderrecht zur Geschäftsführung gedeckt sei. Ohne Vorliegen eines wichtigen
Grundes sei das hier gesellschaftsvertraglich zu beachtende Sonderrecht zur Geschäftsführung unter Beachtung der Treuepflicht
vom Mehrheitsgesellschafter bei jeder Beschlussfassung zu berücksichtigen. Diese Grundsätze habe der (mittelbare) Mehrheitsgesellschafter
I AG auch beachtet, ihm auf Ebene der Beigeladenen zu 1) bei der Führung der Gesellschaft (trotz Gesamtvertretungsbefugnis)
freie Hand gelassen und keine ihn in der Geschäftsführung beeinträchtigenden Weisungen durch Gesellschafterbeschluss der Gesellschaft
erteilt.
Die Reichweite des Sonderrechts zur Geschäftsführung aus § 7 Abs. 4 GesV sei dem Mehrheitsgesellschafter I AG bekannt gewesen,
auch wenn die Standardregelungen in Dienstvertrag, Geschäftsordnung und die Rahmenrichtlinien der I AG bezüglich bestimmter
Fachentscheidungen für die Unternehmensgruppe dies nicht widergespiegelt habe. Die Standardregelungen des Konzerns seien insoweit
auf Fremdgeschäftsführer zugeschnitten gewesen, denen gerade kein gesellschaftsvertragliches Sonderrecht eingeräumt gewesen
sei. Gesellschaftsvertraglich eingeräumte Sonderrechte begrenzten andere gesellschaftsvertragliche Standardregelungen und
darüber hinaus auch vertragliche Regelungen.
Das SG habe das von ihm - dem Kläger - tatsächlich getragene unternehmerische Risiko unbeachtet gelassen. Es habe dabei nicht die
Wirkungsweise aus dem Sonderrecht zur Geschäftsführung aus § 7 Abs. 4 GesV i.V.m. dessen Stellung als Gesellschafter beachtet.
Beides bedinge sich. Das Sonderrecht zur Geschäftsführung sei ausweislich des GesV daran gebunden gewesen, dass die von ihm
- dem Kläger - zu 100 % beherrschte N L Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG zumindest mit einem Viertel des Stammkapitals an
der Beigeladenen zu 1) beteiligt bliebe. Von dem Mehrheitsgesellschafter I AG sei sowohl eine aktive unternehmerische Geschäftsführertätigkeit
als auch zugleich die Übernahme eines entsprechenden Verlustrisikos auf Gesellschafterebene eingefordert worden als Voraussetzung
für das zugestandene Sonderrecht zur Geschäftsführung. Die Geschäftsführertätigkeit sei damit gesellschaftsrechtlich ganz
eng verknüpft gewesen mit dem gesellschaftsrechtlich zugestandenen Verlustrisiko. Genau hierdurch habe er als Geschäftsführer
die größeren Einwirkungsmöglichkeiten erhalten, sodass hier auch das Merkmal des unternehmerischen Risikos vorliege, das sich
in Gestalt anteilig getragener Verlusten in Höhe von mehreren Millionen Euro realisiert habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23.01.2018 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 12.03.2014 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2014 festzustellen, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen
zu 1) in der Zeit vom 01.12.2013 bis 31.12.2016 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und
nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Aus dem Vorbringen des Klägers ergäben sich keine für die Entscheidung des Rechtsstreits
wesentlichen neuen Tatsachen. Das Vorbringen sei bekannt und vom SG umfassend und zutreffend gewürdigt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakte der
Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) und 3) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit ordnungsgemäßen
Terminmitteilungen auf diese Möglichkeiten hingewiesen hat.
II. Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere nach den §§
143,
144 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthaft und form- und fristgerecht erhoben worden (§§
151 Abs.
1,
3,
64 Abs.
1,
3,
63 SGG). Die vollständig abgefasste Entscheidung ist dem Kläger am 13.03.2018 zugestellt worden. Die Berufungsschrift ist bei dem
Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen am 16.03.2018 eingegangen.
III. Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Das SG hat die für das Rechtsschutzbegehren (§
123 SGG) statthafte (§
54 Abs.
1 Satz 1 Alt. 1, 55 Abs.
1 Nr.
1,
56 SGG) und im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht (§§
87 Abs.
1 Satz 1,
90, 64, 63
SGG) eingelegte Anfechtungs- und Feststellungsklage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Feststellungen beschweren
den Kläger nicht im Sinne des §
54 Abs.
2 Satz 1
SGG, weil sich diese nicht als rechtswidrig erweisen. Die Beklagte hat im Rahmen des §
7a Abs.
1 SGB IV formell (hierzu 1.) und materiell (hierzu 2.) rechtmäßig festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer
der Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 01.12.2013 bis zum 31.12.2016 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
1. Der nach ordnungsgemäßer Anhörung (§
7a Abs.
4 SGB IV i.V.m. §
24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]) des Klägers (Schreiben vom 14.01.2014) ergangene Verwaltungsakt ist formell rechtmäßig.
Abweichend von §
28h Abs.
2 SGB IV war die Beklagte für die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers im Rahmen der Statusfeststellung nach §
7a Abs.
1 Satz 1
SGB IV zuständig (§
7a Abs.
1 Satz 3
SGB IV). Ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Entscheidung am 12.03.2014 ein Verfahren zur Feststellung der Versicherungspflicht
des Klägers in der streitigen Auftragsbeziehung als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) mit der Folge einer nach §
7a Abs.
1 Satz 1 a.E.
SGB IV ausgelösten formellen Sperrwirkung nicht eingeleitet.
2. Die streitgegenständlichen Bescheide sind auch materiell rechtmäßig. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass der
Kläger in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 01.12.2013 bis zum 31.12.2016 der Versicherungspflicht
in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag [hierzu a)]. Tatbestände, die eine
Versicherungsfreiheit des Klägers in diesen Zweigen der Sozialversicherung begründen, bestehen nicht [hierzu b)]. Der Eintritt
der Versicherungspflicht wurde auch nicht nach §
7a Abs.
6 SGB IV aufgeschoben [hierzu c)].
a) Der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegen Personen,
die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch
Drittes Buch [SGB III]).
aa) Der Kläger war in der Zeit vom 01.12.2013 bis zum 31.12.2016 bei der Beigeladenen zu 1) gegen Entgelt (§
14 SGB IV) beschäftigt. Fehlen - wie im vorliegenden Fall - in Bindungswirkung erwachsene (§
77 SGG) behördliche Feststellungen zum sozialversicherungsrechtlichen Status in einer konkreten Auftragsbeziehung, beurteilt sich
das Vorliegen einer Beschäftigung nach §
7 Abs.
1 SGB IV.
Beschäftigung ist gemäß §
7 Abs.
1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind
eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen
Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich
bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild
der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr.; vgl. BSG, Urteil v. 14.03.2018, B 12 KR 13/17 R, BSGE 125, 183 ff.; Urteil v. 16.08.2017, B 12 KR 14/16 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 31; Urteil v. 31.03.2017, B 12 R 7/15 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 30; Urteil v.30.04.2013, B 12 KR 19/11 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger
Tätigkeit vgl. BVerfG, Beschluss v. 20.05.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder
selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt,
in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar,
d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil v. 23.05.2017, B 12 KR 9/16 R, SozR 4-2400 § 26 Nr. 4).
Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom - wahren und wirksamen - Inhalt der zwischen den
Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Auf dieser Grundlage ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses
zum Typus der abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen,
ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil v. 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 29; Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.07.2015, a.a.O.).
Diese Maßstäbe gelten auch für Geschäftsführer einer GmbH (BSG, Urteil v. 14.03.2018, a.a.O.; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 28; Urteil v. 29.07.2015, B 12 KR 23/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 24), und zwar ungeachtet der konkreten Bezeichnung des der Geschäftsführertätigkeit zugrunde liegenden
Vertrags. Eine abhängige Beschäftigung von Geschäftsführern ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil nach § 5 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung
einer juristischen Person berufen sind, nicht als Arbeitnehmer gelten. Diese Regelung beschränkt sich auf das ArbGG und hat keine Bedeutung für das Sozialversicherungsrecht. Der Zugehörigkeit zu den Beschäftigten der juristischen Person
steht auch nicht entgegen, dass Geschäftsführer im Verhältnis zu sonstigen Arbeitnehmern Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen
(BSG, Urteil v. 14.03.2018, a.a.O.; Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20).
Ist ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung
und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung
von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Selbstständig ist nur derjenige Geschäftsführer, der über seine
Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke
der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mehr als 50 v.H. der
Anteile am Stammkapital hält. Ein Geschäftsführer, der nicht über diese Kapitalbeteiligung verfügt und damit als Mehrheitsgesellschafter
ausscheidet, ist grundsätzlich abhängig beschäftigt. Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbstständiger anzusehen, wenn er
exakt 50 v.H. der Anteile am Stammkapital hält oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag
eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist.
Demgegenüber ist eine "unechte", auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die erforderliche Rechtsmacht
zu vermitteln (BSG, Urteil v. 14.03.2018, a.a.O.; Urteil v. 11.11.2015, B 12 R 2/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 27; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 28; Urteil v. 29.06.2016, B 12 R 5/14 R). Der Geschäftsführer, der nicht am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt ist, ist ausnahmslos abhängig beschäftigt (vgl.
BSG, Urteil v. 14.03.2018, B 12 KR 13/17 R, a.a.O.).
Die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit notwendige Rechtsmacht, die den Gesellschafter-Geschäftsführer in die
Lage versetzt, die Geschicke der Gesellschaft bestimmen oder zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung
verhindern zu können, muss gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein. Außerhalb des Gesellschaftsvertrags bestehende Vereinbarungen
über die Ausübung von Stimmrechten, wirtschaftliche Verflechtungen oder tatsächliche Einflüsse kraft familiärer Verbundenheit
oder überlegenen Wissens ("Kopf und Seele") sind nicht zu berücksichtigen. Sie vermögen die sich aus dem Gesellschaftsvertrag
ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben, weil sie nicht dem Grundsatz
der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände genügen (BSG, Urteil v. 14.03.2018, a.a.O. mit umfangreichen weiteren Nachweisen).
bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze war der Kläger im Streitzeitraum für die Beigeladene zu 1) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses
tätig.
(1) Er besaß keine im Gesellschaftsrecht wurzelnde Rechtsmacht, die ihn in die Lage versetzte, eine Einflussnahme auf seine
Tätigkeit, insbesondere durch ihm unter Umständen unangenehme Weisungen, jederzeit zu verhindern. Vielmehr unterlag er nach
§§ 37 Abs. 1, 46 des Gesetzes über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung der Klägerin. Ein maßgebender Einfluss auf diese war ihm verwehrt, da er
keinen Anteil an deren Stammkapital hielt und damit sog. Fremd-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) war. Schon bereits deshalb
war der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) abhängig beschäftigt (vgl. BSG, Urteil v. 14.03.2018, B 12 KR 13/17 R, a.a.O.).
Der Senat kann dahinstehen lassen, ob auf die mittelbare Beteiligung des Klägers an dem Stammkapital der Beigeladenen zu 1)
über die N L Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG überhaupt noch abzustellen ist. Denn auch diese mittelbare Beteiligung verschaffte
ihm keine entsprechende gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht, auch wenn er deren alleiniger Kommanditist sowie alleiniger Gesellschafter
und Geschäftsführer deren Komplementärin, der N L Verwaltungs GmbH, war.
Diese mittelbare Beteiligung war stets nur eine Minderheitsbeteiligung am Stammkapital der Beigeladenen zu 1). Seit dem 01.02.2013
waren die N L Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG am Stammkapital der Beigeladenen zu 1) zu 25,1 %, die D GmbH zu 74,9 % beteiligt.
Soweit die Beigeladene zu 1) mit notariellem Vertrag vom 31.07.2015 selbst Anteile an ihrem Stammkapital in Höhe von 50.750,00
EUR und 818.990,00 EUR erwarb, führte dies zum Ruhen der Rechte aus dieser Beteiligung, also auch der Stimmrechte (vgl. BGH,
Urt. v. 30.01.1995, II ZR 45/94, juris), sodass sich Stimmrechte lediglich aus den Anteilen der N L Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG am Stammkapital der
Beigeladenen zu 1) in Höhe von 439.250,00 EUR (= 49,9 %) und der D GmbH i.H.v. 441.010,00 EUR (= 50,1 %) ergaben (vgl. H.
P. Westermann in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, 2014, 2015 [Bde. 1, 2, 3], § 33 Rdnr. 37).
Die Beschlüsse der Beigeladenen zu 1) wurden gem. § 6 Abs. 1 GesV grundsätzlich mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst, wobei
in der Gesellschafterversammlung jeweils 1,00 EUR eines Geschäftsanteils eine Stimme gewährte (§ 5 Abs. 1 GesV). Mit der mittelbaren
Minderheitsbeteiligung war der Kläger damit nicht in der Lage, jede ihm nicht genehme Weisung der Gesellschafterversammlung
zu verhindern. Dies gilt auch im Hinblick auf seine Stellung als gesamtvertretungsberechtigter Geschäftsführer der D GmbH,
der Mehrheitsgesellschafterin der Beigeladenen zu 1), bis zum 27.08.2015. Denn der Kläger, der am Stammkapital der D GmbH
weder unmittelbar noch mittelbar beteiligt war, war an die Weisungen der Gesellschafterversammlung dieser Gesellschaft gem.
§§ 37 Abs. 1, 46 GmbHG gebunden, insbesondere an Weisungen zur Ausübung des Stimmrechts in der Gesellschafterversammlung der Beigeladenen zu 1)
und damit einer Beschlussfassung zu etwaigen Weisungen an ihn als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1). Diese Bindung des
Klägers an die Weisungen und Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der D GmbH wird eindrücklich dadurch bestätigt, dass
der Kläger als deren Geschäftsführer abberufen wurde (vgl. Eintragung v. 28.08.2015, HRB xxx, AG L).
Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, er sei aufgrund eines gesellschaftsvertraglichen Sonderrechts (§ 7 Abs. 4 GesV)
zur Geschäftsführung berechtigt und deshalb den Weisungen der Gesellschafterversammlung der Beigeladenen zu 1) entzogen gewesen,
ist dies fernliegend. Für diese Annahme finden sich im Gesellschaftsvertrag keine Anhaltspunkte. Dem Kläger als natürliche
Person wurden in § 7 Abs. 4 GesV schon keine Sonderrechte eingeräumt, sondern lediglich der N L Vermögensverwaltungs GmbH
& Co. KG, einem vom Kläger unabhängigen Rechtsträger (§§ 161 Abs. 2, 124 Handelsgesetzbuch). Weisungen der Gesellschafterversammlung der Beigeladenen zu 1) an den Kläger können schon deshalb ein Sonderrecht, das
nicht bestand, nicht "aushöhlen". Darüber hinaus bestimmt § 7 Abs. 5 GesV gerade, dass die Geschäftsführer die Geschäfte der
Gesellschaft nach Maßgabe des Gesetzes, des GesV, der Geschäftsordnung (GO) für die Geschäftsführung und den Weisungen der Gesellschafterversammlung führen, ohne dass der Kläger im Falle der Ausübung
des Sonderrechts der N L Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG nach § 7 Abs. 4 GesV hiervon ausgenommen wird. Damit korrespondierend
ist die Bindung des Klägers an Weisungen der Gesellschafterversammlung schließlich u.a. im DV als auch in der in diesen für
den Kläger verbindlich einbezogenen GO ausdrücklich geregelt worden (z.B. § 2 DV, § 1 Abs. 2 GO).
Soweit der Kläger aufgrund seiner mittelbaren Minderheits-Beteiligung am Stammkapital der Beigeladenen zu 1) die mit einer
qualifizierten Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen zu fassenden Beschlüsse zu den Gegenständen des § 6 Abs. 2 GesV verhindern
konnte, verschaffte dies ihm nur eine partielle, jedoch keine umfassende Sperrminorität, die allein eine Selbstständigkeit
begründen würde (vgl. BSG, Urteil v. 14.03.2018, B 12 KR 13/17 R, a.a.O.).
(2) Darüber hinaus weist auch der zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) geschlossene DV maßgebliche Gesichtspunkte
einer abhängigen Beschäftigung auf.
So hatte der Kläger sich bei der Aufgabenwahrnehmung auch an den Vorgaben der Gesellschafterversammlung auszurichten und deren
Weisungen zu befolgen (§ 2 Satz 2 DV). Innerhalb der Geschäftsführung war der Kläger verpflichtet, die wesentlichen Geschäftsvorfälle
in der Geschäftsleitung zu beraten und zu beschließen (§ 3 Abs. 2 Satz 3 DV). Maßnahmen von wesentlicher Bedeutung waren in
jedem Fall in der Geschäftsführung abzustimmen (§ 3 Abs. 3 Satz 2 DV). Der Kläger erhielt eine feste monatliche Vergütung,
hingegen keine Tantieme (§ 4 DV), weitere Leistungen (Unfall- und Haftpflichtversicherungsschutz, ein Dienstfahrzeug auch
zur privaten Nutzung, § 5 DV), einen Anspruch auf Gehaltsfortzahlung (§ 5 Abs. 3 Satz 2 DV), auf bezahlten Jahresurlaub von
28 Arbeitstagen (§ 6 DV) und auf Spesen und Reisekostenerstattung (§ 7 DV).
Zudem enthalten die in den DV einbezogenen Regelungen der Anlage "Genehmigungspflichtige Geschäfte" vielfältige Zustimmungserfordernisse
zu den Rechts- und Geschäftshandlungen der Geschäftsführung. Die ebenfalls in den DV einbezogenen Regelungen der Anlage "Geschäftsverteilungsplan
nach Aufgabenbereichen" für die Geschäftsführung bestimmen die Aufgabenbereiche beider Geschäftsführer und grenzen diese voneinander
ab. Sie enthalten schließlich Regelungen zu den Geschäften, die von den Geschäftsführern einvernehmlich wahrzunehmen sind
("grundsätzliche Personalangelegenheiten") oder von beiden Geschäftsführern in Abstimmung zu verantworten sind ("kaufmännische
Themen sowie der IT-Bereich").
(3) Auf dieser vertraglichen Grundlage war der Kläger in der streitigen Zeit in einem für ihn fremden Betrieb, nämlich dem
der Beigeladenen zu 1) tätig. Alleinige Unternehmensträgerin ist die als juristische Person des Privatrechts mit eigener Rechtspersönlichkeit
ausgestaltete GmbH selbst. Diese ist von den als Gesellschaftern dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen
oder Personengesellschaften unabhängig (vgl. hierzu nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr. 7, Rdnr. 21 m.w.N.) und von verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen getrennt zu betrachten
(vgl. BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 17 Rdnr. 18). Die Eingliederung des Klägers kommt besonders deutlich darin zum Ausdruck, dass für die
Aufgabenwahrnehmung durch die beiden Geschäftsführer eine Geschäftsverteilung galt und bei der Vertretung der Beigeladenen
zu 1) beide Geschäftsführer bzw. der Kläger als Geschäftsführer mit einem Prokuristen zusammenwirken mussten.
(4) Es kommt hinzu, dass wesentliche für eine selbstständige Tätigkeit des Klägers sprechende Gesichtspunkte ebenfalls nicht
erkennbar sind:
(a) Er verfügte nicht über eine eigene Betriebsstätte, auf die er im Rahmen der hier streitigen Auftragsbeziehung als Geschäftsführer
der Beigeladenen zu 1) zurückgriff.
(b) Ein wesentliches unternehmerisches Risiko bestand für den Kläger im Rahmen der zu beurteilenden Auftragsbeziehungen als
Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) gleichfalls nicht. Maßgebendes Kriterium für ein unternehmerisches Risiko ist nach
den von dem BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. etwa BSG, Urteil v. 25.01.2011, B 12 KR 17/00 R, SozR 2001, 329, 331; BSG, Urteil v. 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris, Rdnr. 27; BSG, Urteil v. 28.09.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125), der sich der Senat in seiner ständigen Rechtsprechung bereits angeschlossen hat (vgl. nur Senat, Urteil
v. 22.04.2015, L 8 R 680/12), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes
der sächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf
eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim
Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl. schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 17 S. 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 13 S. 36 m.w.N.; BSG Urteil v. 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris Rdnr. 27; BSG, Urteil v. 28.09.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125, juris Rdnr. 25 f.) oder größere Verdienstmöglichkeiten gegenüberstehen (etwa BSG, Urteil v. 31.03.2015, B 12 KR 17/13 R, juris-Rdnr. 27).
(aa) Seine Arbeitskraft musste der Kläger angesichts der anstellungsvertraglich vereinbarten Festvergütung nicht mit der Gefahr
des Verlustes einsetzen.
(bb) Die Ausübung der Tätigkeit als Geschäftsführer hat auch einen substanziell relevanten, mit einem Verlustrisiko verbundenen
Kapitaleinsatz nicht erfordert. Es bestand für den Kläger als Geschäftsführer keine Verpflichtung, Kapital für die Beigeladene
zu 1) einzusetzen. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, wie der Kapitaleinsatz des Klägers für ihn zu größeren rechtlichen Einflussmöglichkeiten
im Unternehmen geführt hat.
(c) Die dem Kläger eingeräumte Befreiung von den Beschränkungen des §
181 BGB ist für einen Fremd-Geschäftsführer nicht untypisch und deutet deshalb nicht zwingend auf eine selbstständige Tätigkeit hin
(vgl. BSG, Urteil v. 06.03.2003, B 11 AL 25/02 R; BSG, Urteil v. 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R, a.a.O.; Senat, Urteil v. 17.10.2012, a.a.O.; Senat, Urteil v. 18.06.2014, L 8 R 5/13, juris). Dies gilt vorliegend umso mehr, als dem Kläger noch nicht einmal Einzelvertretungsberechtigung, sondern nur Gesamtvertretungsberechtigung
eingeräumt wurde. Seine Vertretungsbefugnisse im Streitzeitraum waren damit sogar geringer als im Zeitraum davor. Er war damit
ersichtlich nicht in der Lage, sich gegen die Mehrheitsgesellschafterin, die D GmbH, durchzusetzen, und musste eine Verringerung
seiner Vertretungsbefugnisse hinnehmen.
(d) Ebenso wenig ist die behauptete besondere Fachkompetenz und Branchenkenntnis des Klägers geeignet, eine sozialversicherungsrechtlich
relevante Weisungsfreiheit zu begründen. Dieser Aspekt stellt schon keinen besonderen Umstand des Einzelfalles dar. Es liegt
vielmehr in der Natur der Sache, dass jeder Geschäftsführer für seinen Geschäftsbereich ein besonderes Fachwissen und spezielle
Kenntnisse und Erfahrungen einbringt, die ihn befähigen, in seinem Zuständigkeitsbereich für die Gesellschaft erfolgreich
tätig zu sein (Senat, Urteil v. 27.08.2014, L 8 R 728/13, juris).
Dies gilt vorliegend umso mehr, als dass der Kläger mit seinen behaupteten Fach- und Branchenkenntnissen die von ihm zur Begründung
seines unternehmerischen Risikos dargestellten Verluste in Millionenhöhe nicht verhindern konnte.
(5) Es überwiegen damit deutlich die Gesichtspunkte, die für eine abhängige und damit versicherungspflichtige Beschäftigung
sprechen, zumal die dafür maßgeblichen Gesichtspunkte der Eingliederung und der Weisungsgebundenheit des Klägers vorliegen.
Wesentliche für Selbständigkeit sprechende Gesichtspunkte liegen hingegen nicht vor. Im Ergebnis führt die Gesamtabwägung
zu einer abhängigen und versicherungspflichtigen Beschäftigung des Klägers in dem Zeitraum vom 01.12.2013 bis 31.12.2016.
b) Tatbestände, die zur Versicherungsfreiheit des am 05.05.1979 geborenen Klägers in der Rentenversicherung und nach dem Recht
der Arbeitsförderung führen könnten, sind nicht ersichtlich.
c) Die Voraussetzungen eines späteren Beginns der Versicherungspflicht gem. §
7a Abs.
6 SGB IV liegen nicht vor. Die Antragstellung erfolgte nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der entgeltlichen Tätigkeit. Der
Kläger nahm die streitgegenständliche Tätigkeit zum 01.12.2013 auf. Sein Statusfeststellungsantrag vom 06.01.2014 ging am
09.01.2014 und damit außerhalb der 1-Monats-Frist bei der Beklagten ein.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§
183,
193 SGG.
V. Gründe für die Zulassung der Revision gem. §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.