Anhörungsrüge zu einer Richterablehnung
Besorgnis der Befangenheit
Querulatorische Eingaben
Erfordernis einer dienstlichen Äußerung
Gründe
I.
Der Senat entscheidet in der Besetzung des Beschlusses vom 01.09.2014. Zwar trifft die Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch
grundsätzlich das Gericht, dem die oder der abgelehnte Richterin oder Richter angehört, ohne deren bzw. dessen Beteiligung
(§
60 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) i.V.m. §
45 Abs.
1 Zivilprozessordnung (
ZPO)). Anderes gilt jedoch, wenn sich der Befangenheitsantrag als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts darstellt, wovon
auszugehen ist, wenn ein die Annahme der Besorgnis der Befangenheit rechtfertigender Grund weder vorgetragen noch glaubhaft
gemacht wird, sondern das Vorbringen des Klägers keinen Bezug zu der jeweiligen Person der abgelehnten Richterin oder des
abgelehnten Richters aufweist und von vornherein ungeeignet ist, das Misstrauen in die Unparteilichkeit der jeweiligen Richterin
oder des jeweiligen Richters zu rechtfertigen (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 07.01.2004 - 4 PKH 5.03 -; Verwaltungsgerichtshof Bayern, Beschluss vom 25.09.2014 - 23 A 13.1623 -). Eine vernünftige Rechtsauffassung erlaubt und
verlangt ggf. zur Ressourcenschonung, dass querulatorisch einzuordnende Eingaben nach einer vorherigen sachlichen Bescheidung
und einer entsprechenden Ankündigung unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs unbeachtet bleiben (Oberlandesgericht Braunschweig,
Beschluss vom 05.09.2013 - 6 SchH 267/13 -; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann,
ZPO, 70. Auflage, 2012, Einl III Rdn. 66).
Der Ablehnungsantrag vom 19.09.2014 ist nach diesen Maßstäben zu verwerfen. Er ist offensichtlich ungeeignet, eine Befangenheit
darzulegen. Er ist auch deswegen missbräuchlich, weil eine querulatorisch getragene Richterablehnung ohne neue Gesichtspunkte
wiederholt wird (hierzu BSG, Beschluss vom 29.03.2007 - B 9a SB 18/06 B -; Senat, Beschluss vom 24.10.2011 - L 11 SF 329/11 AB -).
Das Vorbringen des Klägers, der Beschluss vom 01.09.2014, mit dem der Senat das Ablehnungsgesuch gegen Richter am LSG Wendler
abgelehnt hat, bestehe nur aus "nichtssagenden Floskeln", ist schon im Ansatz untauglich, ein Ablehnungsgesuch zu begründen.
Mit einem solchen Vorbringen kann offenkundig nicht glaubhaft gemacht werden (§
44 Abs.
2 Satz 1
ZPO), dass der nunmehr abgelehnte Senatsvorsitzende befangen ist. Soweit der Kläger moniert, der abgelehnte Richter müsse sich
in seiner zur dienstlichen Stellungnahme zum Ablehnungssachverhalt äußern, trifft auch dies aus Rechtsgründen offenkundig
nicht zu. Es bedurfte keiner weitergehenden dienstlichen Stellungnahme des seinerzeit abgelehnten Richters. §
44 Abs.
3 ZPO bestimmt, dass sich der abgelehnte Richter über den Ablehnungsgrund dienstlich äußert. Der Umfang der dienstlichen Äußerung
steht grundsätzlich im Ermessen des Richters. Er kann zu den für das Ablehnungsgesuch entscheidungserheblichen Tatsachen Stellung
nehmen, soweit ihm das notwendig und zweckmäßig erscheint. Inhalt und Umfang der dienstlichen Äußerung sollen sich nach dem
jeweils geltend gemachten Ablehnungsgrund richten. Steht - wie hier - der für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch erhebliche
Sachverhalt unstreitig fest, bedarf es jedenfalls keiner im Einzelnen begründeten dienstlichen Äußerung (Senat, Beschlüsse
vom 22.10.2012 - L 11 AS 1240/12 B -, 11.01.2010 - L 11 AR 98/09 AB - und 19.07.2010 - L 11 SF 198/10 AB -; LSG Niedersachsen, Beschluss vom 26.09.2001 - L 4 B 202/01 KR - m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.11.2006 - L 10 AR 79/06 AB -).
Soweit der Kläger sich auf die mündliche Verhandlung vom 26.05.2010 (L 11 KA 24/09) bezieht, scheitert das Ablehnungsrecht - wiederum offenkundig - an §
43 ZPO. Er hat sich in die Verhandlung eingelassen und Anträge gestellt.
Im Übrigen gilt: Das Vorbringen des Klägers im Ablehnungsgesuch vom 19.09.2014 deckt sich weitgehend mit jenem des Gesuchs
vom 14.04.2014. Auf diese Schriftsätze wird verwiesen. Der Kläger wendet sich seit Jahren gegen Entscheidungen des Landessozialgerichts,
denen nahezu regelhaft Befangenheitsanträge und Anhörungsrügen folgen. Sein Vorbringen ist querulatorisch geprägt. Er ist,
wie der Senat schon im Urteil vom 26.05.2010 - L 11 KA 24/09 - festgestellt hat, in hohem Maße uneinsichtig. Sein Vorbringen reduziert sich auf Wiederholungen und Variationen des bekannten
Sachverhalts. Es ist nicht die Aufgabe, der von der staatlich verfassten Gemeinschaft zur Verfügung gestellten Gerichte, offenkundig
unsinnige Befangenheitsgesuche in der Sache zu bescheiden (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 42 Rdn. 7 und
Einl III Rdn. 54 f.).
Nach alledem ergibt sich, dass Vorbringen des Klägers von vornherein ungeeignet ist, das Misstrauen in die Unparteilichkeit
des abgelehnten Richters zu rechtfertigen, mithin ist es zu verwerfen.
II.
Über die Anhörungsrüge entscheidet der Senat in der Besetzung des Beschlusses vom 01.09.2014, mit dem der Senat das gegen
Richter am LSG Wendler gerichtete Ablehnungsgesuch durch die Richter G, Q und Dr. D abgelehnt hat. Die Frage, ob ein als befangen
abgelehnter Richter nach der ohne seine Mitwirkung erfolgten Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs in einem hierauf bezogenen
Anhörungsrügeverfahren mitwirken darf, ist umstritten (Entscheidung unter Mitwirkung des abgelehnten Richters: Bundesfinanzhof,
Beschluss vom 12.03.2009 - XI S 17-21/08 -; Musielak, in: Musielak,
ZPO, 11. Auflage, 2014, §
321a Rdn. 10; Utermark, in: Beck-OK/ZPO, § 321a Rdn. 30; andererseits Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 15.06. 2010 - XI ZB 33/09 -).
Der Senat sieht vorgenannte Entscheidung des BGH als zutreffend an. Dieser hat ausgeführt:
"Gemäß §
45 Abs.
1 ZPO entscheidet über ein Ablehnungsgesuch das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. Gericht im Sinne
dieser Regelung ist der durch seine geschäftsplanmäßigen Vertreter ergänzte Spruchkörper (BGH, Beschluss vom 5. März 2001-
I ZR 58/00, BGH-Report 2001, 432, 433; Zöller/Vollkommer,
ZPO, 28. Aufl., §
45 Rn. 2 m.w.N.). Dass die Richter, die an dem angefochtenen Beschluss mitgewirkt haben, die geschäftsplanmäßigen Vertreter
der Richter des 6. Zivilsenats sind, hat das Oberlandesgericht rechtsfehlerfrei und von der Rechtsbeschwerde unangegriffen
angenommen. Auch die von der Rechtsbeschwerde angegriffene Auffassung des Oberlandesgerichts, die Richter, die an der Zurückweisung
der Berufung mitgewirkt hätten, seien gemäß §
47 Abs.
1 ZPO an der Mitwirkung an der angefochtenen Entscheidung verhindert gewesen, weil gegen die rechtskräftige Zurückweisung der gegen
sie gerichteten Ablehnungsgesuche eine Anhörungsrüge erhoben worden sei, hält rechtlicher Überprüfung stand. Eine Erledigung
des Ablehnungsgesuches im Sinne des §
47 Abs.
1 ZPO ist dem Wortsinn nach erst gegeben, wenn seine Behandlung endgültig abgeschlossen ist. Diese Auslegung ist auch zur Sicherung
des verfassungsmäßigen Ranges (Art.
101 Abs.
1 Satz 2
GG) des Ablehnungsrechts geboten (Zöller/Vollkommer,
ZPO, 28. Aufl., §
47 Rn. 1). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist deshalb geklärt, dass ein Richter grundsätzlich nicht vor rechtskräftiger
Zurückweisung eines Ablehnungsgesuches tätig werden darf (BGH, Beschluss vom 15. Juli 2004 - IX ZB 280/03, ZVI 2004, 753, 754; vgl. auch Stein/Jonas/Bork,
ZPO, 22. Aufl., §
47 Rn. 1 Fn. 3; MünchKommZPO/Gehrlein, 3. Aufl., § 47 Rn. 3, jeweils m.w.N.). Ebenso wird das Ende der Wartepflicht gemäß §
47 Abs.
1 ZPO durch Einlegung einer zulässigen Anhörungsrüge hinausgeschoben (Zöller/Vollkommer,
ZPO, 28. Aufl., §
47 Rn. 2). Gegen die Zulässigkeit der im vorliegenden Fall erhobenen Anhörungsrüge bestehen keine Bedenken (vgl. BVerfG, NJW
2009, 833, 834). Solange diese Rüge nicht beschieden ist, ist die Behandlung des Ablehnungsgesuches nicht endgültig abgeschlossen.
Die Anhörungsrüge hindert zwar nicht den Eintritt der Rechtskraft. Falls die Rüge sich als begründet erweist, wird die Rechtskraft
aber durchbrochen und das Verfahren gemäß §
321a Abs.
5 ZPO fortgeführt (BGH, Beschluss vom 24. Februar 2005 - III ZR 263/04)."
Dem ist für die zulässige Anhörungsrüge zu folgen. Für eine unzulässige Anhörungsrüge kann nichts anderes gelten. Lediglich
für eine infolge Rechtsmissbrauchs gegen einen negativen Ablehnungsbeschluss gerichtete unzulässige Anhörungsrüge könnte erwogen
werden, dass der Senat unter Mitwirkung des abgelehnten Richters entscheidet. Das kann hier dahinstehen, die Anhörungsrüge
erweist sich zwar als unzulässig, indessen nicht als rechtsmissbräuchlich. Demnach entscheidet der Senat durch die Richter
G, Q und Dr. D.
Die Anhörungsrüge ist unzulässig. Nach §
178a Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ist das Verfahren auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten fortzuführen, wenn ein
Rechtsmittel oder anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten
auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Die gegen den Beschluss des Senats vom 01.09.2014 erhobene Anhörungsrüge ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht in
der gesetzlichen Form erhoben worden ist (§
178a Abs.
4 Satz 1
SGG). In der Begründung einer Anhörungsrüge ist schlüssig auszuführen, inwiefern der behauptete Verstoß des Gerichts sich auf
dessen Entscheidung ausgewirkt haben kann, der Anhörungsfehler für die Entscheidung also rechtlich kausal gewesen sein soll
(Senat, Beschluss vom 23.12.2011 - L 11 SF 182/11 AB -). Diesen Anforderungen genügt die Rüge des Klägers nicht. Er hat bereits nicht dargelegt, dass der Senat seinen Anspruch
auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§
178a Abs.1 Satz 1 Nr. 2
SGG). Wird die Rüge als zulässig angesehen, ändert dies nichts am Ergebnis. Eine Gehörsverletzung ist nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
197a Abs.
1 SGG.
III.
Die Beschlüsse zu 1. und 2. sind mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§
177 SGG).