Gründe
I.
Der 1992 geborene Kläger nimmt den Beklagten auf Leistungen nach dem
OEG aus Anlass einer Explosion in Anspruch.
Der Kläger befand sich am Nachmittag des 24.07.2016, einem Sonntag, gemeinsam mit seinen Freunden, der Zeugin G. und dem Zeugen
W. im Garten der Wohnung, die er seinerzeit gemeinsam mit seinem Vater bewohnte. Der Vater des Klägers war zu diesem Zeitpunkt
nicht anwesend. Während sich die Zeugin G. auf einer Liege sonnte, legten der Kläger und der Zeuge W. - dies ist unstreitig
- Äste und Bambusstücke in eine selbst gebaute Feuerstelle im Garten und wollten diese verbrennen. Nachdem sie mit zwei Stücken
Grillanzünder und einem Feuerzeug den in der Feuerstelle befindlichen Inhalt entzündet hatten, kam es zu einer erheblichen
Explosion. Der Kläger wurde nach notfallmedizinischer Versorgung in das Universitätsklinikum E verbracht, wo er zunächst auf
der Intensivstation behandelt werden musste. Insbesondere durch in seinen Kopf eingedrungene Metallsplitter trug er erhebliche
Verletzungen - vor allem in Form eines offenen Schädel-Hirn-Traumas mit intrakraniellen Verletzungen und Einblutungen - davon.
Der Kläger leidet infolge der Verletzungen unter einem Sehkraftverlust auf dem rechten Auge und ist in seinen kognitiven,
motorischen und sprachlichen Fähigkeiten deutlich eingeschränkt. Bei ihm wurde ein GdB von 100 einschließlich der Merkzeichen
G und B festgestellt.
Nach den polizeilichen Ermittlungsergebnissen explodierte eine mit pyrotechnischem Material gefüllte Gaskartusche, wobei ein
eindeutiger Hinweis auf die verwendeten Sprengmittel nicht gefunden werden konnte. Aus welchen Gründen und auf welchem Weg
die Gaskartusche in oder an das Feuer gelangt war, konnte nicht abschließend geklärt werden. Festgehalten wurde indes, dass
der Kläger auch vor dem Explosionsereignis regelmäßig den Garten und die selbst gebaute Feuerstelle genutzt hatte, ohne dass
es jemals zu entsprechenden Vorkommnissen gekommen war. Die Feuerstelle hatten der Kläger und der Zeuge W. selbst gebaut.
In einem ergänzenden Tatortbefundbericht vom 23.02.2017 wurde ferner mitgeteilt, dass die Explosion ihre Ursache in einem
"Selbstlaborat ähnlich einer sog. Rohrbombe" finde, es sich also um einen in irgendeiner Form selbst hergestellten Sprengkörper
gehandelt habe. Im Kellerraum des Vaters des Klägers wurden mehrere pyrotechnische Gegenstände gefunden, u.a. auch ein Fontänenfeuerwerk,
das geöffnet und entleert worden war. Der im Ermittlungsverfahren eingeschaltete Sachverständige für Brand- und Explosionsursachenermittlung
Dipl.-Ing. X schloss ein Verpuffungsgeschehen mit Stichflammenbildung aus. Aufgrund vorgefundener "aufgepilzter" Metallteile
und des entleerten Feuerwerks sprach nach Auffassung des Sachverständigen viel für die Explosion eines Selbstlaborats (Gutachten
vom 25.07.2016). Dieser Einschätzung schloss sich der Sachverständige Dr. I (LKA NRW) an (Gutachten vom 16.09.2016).
Der Zeuge W., der sich am 25.07.2016 gegenüber der Polizei u.a. dahingehend geäußert hatte, dass ihm am Boden der Feuerstelle
kein Fremdkörper aufgefallen sei, machte im weiteren Verlauf der Ermittlungen keine weiteren Angaben zum Sachverhalt mehr.
Die Zeugin G. bekundete, im Hinblick auf das Ereignis nichts weiter zu wissen. Sie habe weder im Vorfeld etwas von einem eventuellen
Bau eines Selbstlaborats mitbekommen noch in der konkreten Situation etwas beobachten oder sehen können.
In seinem Schlussbericht vom 08.03.2017 führte das Polizeipräsidium E u.a. aus, es erscheine absolut unwahrscheinlich, dass
sich eine unbekannte Person in den Garten der T-Straße 00 begeben und dort einen pyrotechnischen Satz abgelegt habe. Der Garten
sei nur durch das Haus oder durch andere Gärten betretbar, die Balkone der Häuserzeile seien auf die Gärten ausgerichtet.
Es sei davon auszugehen, dass der Kläger und der Zeuge W. aus dem Kellerraum ein metallenes Schraubgefäß mit dem Inhalt des
Fontänenfeuerwerks gefüllt und dieses sodann entzündet hätten. Die Staatsanwaltschaft E stellte die gegen den Kläger und den
Zeugen W. eingeleiteten Ermittlungsverfahren gemäß §
170 Abs.
2 StPO ein. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen liege zwar die Vermutung nahe, dass die Beschuldigten gemeinschaftlich gehandelt
hätten. Mit hinreichender Gewissheit sei indes nicht auszuschließen, dass nur einer der Beschuldigten das Selbstlaborat in
die Feuerstelle eingebracht habe. Ein Nachweis, der die Erhebung der öffentlichen Klage gestatte, sei letztlich nicht zu führen
(Einstellungsverfügung vom 09.05.2017).
Am 17.01.2017 beantragte der Kläger die Gewährung von Leistungen nach dem
OEG aus Anlass des Ereignisses vom 24.07.2016. Der Beklagte lehnte den Antrag ab und teilte mit, es sei nicht nachgewiesen, dass
eine andere Person die Explosion herbeigeführt habe. Vielmehr sei es auch möglich, dass der Kläger selbst die Explosion verursacht
habe. Ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff könne daher nicht nachgewiesen werden (Bescheid vom 05.02.2019).
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, es handele sich um eine Konstellation nach §
1 Abs.
2 Nr.
2 OEG, dessen Voraussetzungen erfüllt seien. Danach sei die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben
eines anderen durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen zu beweisen. Dies sei hier der Fall. Auch eine
fahrlässig herbeigeführte Sprengstoffexplosion erfülle den Verbrechenstatbestand.
Den Widerspruch wies der Beklagte zurück. Bereits der schädigende Vorgang könne nicht bewiesen werden, weil der Tathergang
des Ereignisses vom 24.07.2016 nicht habe ermittelt werden können. Die Beteiligten hätten sich zu dem Vorfall nicht eingelassen,
die Staatsanwaltschaft habe das Verfahren ebenfalls wegen mangelnden Tatnachweises eingestellt. Es sei unerheblich, ob es
sich um einen Fall des §
1 Abs.
1 oder 2
OEG handele, da in beiden Fällen der Vollbeweis für den schädigenden Vorgang erbracht werden müsse (Widerspruchsbescheid vom
14.03.2019).
Mit seiner hiergegen am 25.03.2019 bei dem SG Düsseldorf erhobenen Klage hat der Kläger daran festgehalten, einen Anspruch
aus §
1 Abs.
1 Satz 1 i.V.m. Abs.
2 Nr.
2 OEG zu haben. Das von Dr. I erstattete Gutachten habe ergeben, dass es sich um eine Sprengstoffexplosion gehandelt habe. Das
Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion sei nach §
308 StGB unter Strafe gestellt. Hierfür sei eine Mindeststrafe von einem Jahr vorgesehen, was die Qualität als Verbrechen nach §
12 Abs.
1 StGB erfülle. Auf Grundlage des bereits festgestellten GdB sei auch der GdS auf 100 festzusetzen. Durch die Schwere der Schädigungsfolgen
sei neben der Grundrente eine Ausgleichsrente zu zahlen, denn er - der Kläger - könne keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 05.02.2019 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 14.03.2019 zu verpflichten,
dem Kläger aufgrund des Vorfalls vom 24.07.2016 sämtliche in Betracht kommenden Leistungen nach dem
OEG i.V.m. dem BVG rückwirkend zum 24.07.2016 zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat sich auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides gestützt und erwidert: Im Hinblick auf das Tatgeschehen spreche der
Kläger nur von möglichen Geschehensabläufen, solche Möglichkeiten reichten jedoch für eine Anerkennung nach dem
OEG nicht aus. Ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff sei zwingend festzustellen. Diese Feststellung sei hier jedoch
nicht möglich.
Durch Urteil vom 29.09.2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein vorsätzlicher, rechtswidriger Angriff sei nicht festzustellen. Allein aus dem Umstand, dass eine
(nicht autorisierte) Sprengstoffexplosion stattgefunden habe, lasse sich nicht ableiten, dass ein Entschädigungstatbestand
erfüllt sei. Zu berücksichtigen sei, dass §
1 Abs.
2 Nr.
2 OEG zwar eine Erleichterung für Betroffene hinsichtlich des Zugangs zu Leistungen nach dem
OEG schaffe, sich diese Erleichterung jedoch nur auf den Umstand der fahrlässig herbeigeführten Gefahr für Leib oder Leben beziehe.
Da somit auch im Rahmen des §
1 Abs.
2 Nr.
2 OEG der Nachweis eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs erforderlich sei, lasse sich allein aus der Sprengstoffexplosion
kein Entschädigungstatbestand ableiten. Konkret formuliere §
1 Abs.
2 Nr.
2 OEG nämlich, dass einem tätlichen Angriff im Sinne des Abs. 1 die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib
und Leben eines anderen durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen gleichstehe. Bereits dem Wortlaut sei
damit zu entnehmen, dass die Regelung nicht die Merkmale "Vorsatz" und "Rechtswidrigkeit" modifiziere oder suspendiere. Dies
ergebe sich auch daraus, dass §
1 Abs.
2 OEG selbst gar keinen Anspruch normiere, sondern lediglich in Verbindung mit §
1 Abs.
1 OEG einen solchen begründen könne. Es sei auch kein Grund ersichtlich, weshalb eine weitere Privilegierung der von den in Abs.
2 benannten Begehungsmethoden betroffenen Personen anzunehmen sein sollte. Die Erleichterung erfolge dadurch, dass kein vorsätzliches
Verhalten bezüglich der Gesundheitsschädigung verlangt werde. Der Grund der Erleichterung folge daraus, dass der betroffene
Personenkreis bei Verbrechen mit gemeingefährlichen Mitteln für den Täter oft unüberschaubar groß werde und dass insbesondere
häufig Personen geschädigt würden, die nicht unbedingt Ziel der Tatbegehung seien. Ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher
Angriff könne auch deshalb nicht festgestellt werden, weil die Umstände, die zu der Explosion am 24.07.2016 geführt hätten,
nicht hätten aufgeklärt werden können. Es stehe zwar sicher fest, dass es zu einer Explosion unter Verwendung eines Selbstlaborats
gekommen sei und keine Verpuffung oder ähnliches stattgefunden habe. Wer das Selbstlaborat gefertigt und es in die Feuerstelle
oder das bereits brennende Feuer verbracht habe, habe indes nicht geklärt werden können. Angesichts dessen sei völlig unklar,
ob eine vorsätzlich rechtswidrige Tat vorliege. Obwohl wahrscheinlich sei, dass eine Person das Selbstlaborat gefertigt habe,
lasse sich schon nicht feststellen, ob dies ein unbekannter Dritter, der Zeuge W. oder der Kläger selbst gewesen sei. Überdies
lasse sich nicht feststellen, wer das Selbstlaborat in die Feuerstelle bzw. die Nähe des Feuers verbracht habe. Ob Vorsatz
bezüglich dieses Verbringens in die Feuerstelle vorgelegen habe, könne die Kammer nicht abschließend beurteilen. Denkbar sei
auch, dass während des "Hantierens" mit dem Selbstlaborat dieses aufgrund von Fahrlässigkeit in die Feuerstelle gefallen,
also nicht absichtlich dorthin verbracht worden sei.
Gegen das ihm am 22.10.2020 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.11.2020 Berufung erhoben.
Er hält an seiner im Widerspruchs- und Klageverfahren vertretenen Auffassung fest. Der vom SG in dem angefochtenen Urteil hervorgehobene Vorsatz sei im Rahmen des §
1 Abs.
2 Nr.
2 OEG im Gegensatz zu den anderen, in §
1 Abs.
1 Satz und §
1 Abs.
2 Nr.
1 OEG genannten Varianten, nicht erforderlich. Diese Sichtweise finde seine Rechtfertigung im Gesetzeszweck, da sich die Täter
gemeingefährlicher Straftaten häufig nicht ermitteln ließen und daher Entschädigung auch dann zu leisten sei, wenn sich zu
Vorsatz und/oder Fahrlässigkeit keine Aussage treffen lasse. Dem entspreche der Ansatz, dass §
1 Abs.
2 Nr.
2 OEG für sämtliche gemeingefährliche Straftaten in den Vordergrund rücke, dass es im Rahmen der Opferentschädigung in erster Linie
um die Gefährdung von Leib und Leben der Opfer gehe und nicht um die gemeingefährliche Straftat oder die von solchen Straftaten
ausgehenden Gefahren an sich. Ungeachtet dessen, dass aus seiner Sicht der Nachweis des Vorsatzes nicht gefordert werden dürfe,
befinde er - der Kläger - sich in Beweisnot, weil er sich an nichts erinnern könne und die polizeilichen Ermittlungen kein
Ergebnis zur Täterschaft erbracht hätten. Daher sei gemäß §
6 Abs.
3 OEG i.V.m. § 15 Satz 1 KOVVfG die Glaubhaftmachung ausreichend. Soweit das Polizeipräsidium E u.a. vermerkt habe, es sei absolut unwahrscheinlich, dass
sich eine unbekannte Person in den Garten begeben und dort den pyrotechnischen Satz abgelegt habe, sei zu berücksichtigen,
dass der Zugang zum Garten entgegen den Angaben der Polizei über eine Zugangstür etwa 25 Nachbarn, von denen die Polizei lediglich
acht befragt habe, möglich sei. Mehr noch: Im Erdgeschoss des Hauses befinde sich eine physiotherapeutische Praxis. Während
der Öffnungszeiten der Praxis sei die Haustür unverschlossen. Über die für jedermann zugängliche Kellereingangstür sei der
ungehinderte Zugang zum Garten möglich, so dass auch unter diesem Aspekt die Täterschaft Dritter ernsthaft in Betracht komme.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.09.2020 zu ändern und nach den Klageanträgen zu erkennen.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und entgegnet: §
6 Abs.
3 OEG i.V.m. § 15 KOVVfG sei hier bereits deshalb nicht anwendbar, weil der Kläger selbst vortrage, keine eigenen Angaben zum Tatgeschehen machen
zu können.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Berufung gemäß §
153 Abs.
4 SGG zurückzuweisen (Schreiben vom 18.03.2021).
Weiterer Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte.
II.
1. Der Senat hat die Berufung durch Beschluss gemäß §
153 Abs.
4 SGG zurückgewiesen, nachdem die Berufsrichter sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich
halten. Die Beteiligten sind mit Schreiben vom 18.03.2021 gehört worden.
2. Die Berufung ist jedenfalls unbegründet. Das SG hat die Klage sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zutreffend abgewiesen, weil der Kläger gegen den Beklagten keinen
Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus Anlass der Sprengstoffexplosion vom 24.07.2016 hat und durch den angefochtenen Bescheid
nicht im Sinne des §
54 Abs.
2 Satz 1
SGG beschwert wird. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung (§
153 Abs.
2 SGG analog) und sieht von einer weiteren Darstellung der Gründe ab.
3. Auch im Berufungsverfahren haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, die für die Begründetheit des vom Kläger erhobenen Anspruchs
sprechen könnten.
a) Soweit der Kläger mit der Berufung daran festhält, ein vorsätzliches und rechtswidriges Handeln des Schädigers sei im Rahmen
des §
1 Abs.
2 Nr.
2 OEG im Gegensatz zu den anderen, in §
1 Abs.
1 Satz und §
1 Abs.
2 Nr.
1 OEG genannten Varianten, nicht erforderlich, folgt der Senat dem nicht. Wenn der Grundtatbestand des §
1 Abs
1 Satz 1
OEG eine Gewalttat im Sinne eines tätlichen Angriffs in feindseliger Willensrichtung gegen eine bestimmte Person voraussetzt,
muss auch der ihm gleichgestellte Tatbestand des §
1 Abs
2 OEG auf die Verwirklichung einer besonders ausgeprägten, verbrecherisch herbeigeführten Gefahr beschränkt bleiben (vgl. BSG, Urteil v. 27.04.1989 - 9 RVg 1/88, NJW 1989, 2709, juris Rn. 11). Erforderlich ist mithin auch bei der Prüfung des §
1 Abs.
2 Nr.
1 OEG, dass ein Verbrechen feststellbar ist, durch das zumindest fahrlässig eine Gefahrenlage für Dritte geschaffen wurde (LSG
NRW, Beschluss v. 22.02.2010 - L 10 (6) B 8/09 VG, juris Rn. 11).
Wie das SG bereits zutreffend ausgeführt hat, ist eine solche gegen den Kläger gerichtete Straftat nicht mit der erforderlichen Sicherheit
festzustellen. Soweit der Kläger geltend macht, dass auch Dritte Zugang zu dem "Tatort" gehabt haben könnten und die Möglichkeit
bestehe, dass ein solcher Dritter die Explosion herbeigeführt haben könnte, folgt daraus nichts anderes. Der Kläger zeigt
hier lediglich Möglichkeiten auf, wobei die Anforderungen an den erforderlichen Vollbeweis für eine Schädigung durch einen
Dritten nicht erfüllt werden. Der Senat schließt insbesondere einen Zugang durch den Hausflur "über" die sich im Erdgeschoss
befindliche physiotherapeutische Praxis aus, weil nicht davon auszugehen ist, dass diese am Sonntag, den 24.07.2016, für den
Publikumsverkehr geöffnet war.
Im Übrigen hat der Zeuge W., dessen Aussage voll verwertet werden kann (vgl. z.B. Huber, in: BeckOK-
StGB, §
55 Rn. 11, 13 m.w.N.), vor Inanspruchnahme seines Auskunftsverweigerungsrechts (§
55 Abs.
1 StPO) noch bekundet, vor der Sprengstoffexplosion lediglich Zweige bzw. Bambus wahrgenommen zu haben und die Sicht auf den Boden
der Feuerstelle noch möglich gewesen sei. Über die Anwesenheit eines "unbekannten Dritten" hat er ebenso wenig Angaben gemacht,
wie über die Frage, ob er schon vor dem Einbringen von Bambus und Zweigen Gegenstände in der Feuerstelle wahrgenommen hat,
die dort nicht hingehören.
b) Sofern eine fahrlässige Begehung durch einen Dritten, z.B. den Zeugen W., in Betracht zu ziehen sein sollte, ist zu berücksichtigen,
dass sich auch diesbezüglich keine Feststellungen treffen lassen, die das Erfordernis des Vollbeweises erfüllen. Unabhängig
davon stellt das fahrlässige Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion im Sinne von §
308 Abs.
5 und
6 StGB kein Verbrechen (§
12 Abs.
1 StGB), sondern lediglich ein Vergehen (§
12 Abs.
2 StGB) dar (vgl. Wolff, in: LK-
StGB, 12. Aufl. 2008, §
308 Rn.22; Weiler, in: Dölling/Duttge/König/Rössner, Gesamtes Strafrecht, §
308 StGB Rn. 7 a.E.). Daraus folgt wiederum, dass der Tatbestand des §
1 Abs.
2 Nr.
2 OEG, der seinem eindeutigen Wortlaut nach ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen voraussetzt, nicht erfüllt sein kann.
c) Die Voraussetzungen des §
6 Abs.
3 OEG i.V.m. § 15 Satz 1 KOVVfG sind in der vorliegenden Konstellation entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung ebenfalls nicht erfüllt. Aus § 15 Satz 1 KOVVfG kann von vornherein keine Beweiserleichterung abgeleitet werden, wenn ein Verfahrensbeteiligter keine Angabe aus eigenem
Wissen machen kann (vgl. BSG, Urteil v. 28.06.2000 - B 9 VG 3/99 R; Rademacker, in: Gesamtes soziales Entschädigungsrecht, §
1 OEG Rn. 50). Der Beklagte hat zu Recht darauf verwiesen, dass der Kläger keine eigenen Angaben zum Tatgeschehen machen könne.
Auch der Kläger selbst hat mit der Berufung vorgetragen, sich an nichts erinnern zu können, so dass im Ergebnis kein Tatsachenvortrag
existiert, den der Kläger glaubhaft machen könnte. Sofern sich ein Geschädigter nicht an den schädigenden Vorgang erinnern
kann, ist eine erweiternde Auslegung des § 15 Satz 1 KOVVfG im Übrigen selbst dann ausgeschlossen, wenn der Erinnerungsverlust gerade auf dem schädigenden Vorgang beruht (BSG, Urteil v. 28.06.2006 - B 9 VG 3/99 R; Gelhausen/Weiner,
OEG, 6. Aufl. 2015, §
6 Rn. 8 m.w.N.).
4. Ob der im Klage- und Berufungsverfahren gestellte Antrag, "sämtliche in Betracht kommenden Leistungen nach dem
OEG i.V.m. dem BVG" zu gewähren, hinreichend bestimmt ist, lässt der Senat offen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
6. Anlass, die Berufung zuzulassen, hat nicht bestanden (§
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG).