Tatbestand
Streitig ist, ob für die Bemessung von Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung gleichzeitig Kapitalerträge aus einer
Kapitallebensversicherung und Renteneinkommen aus einer damit finanzierten Sofortrentenversicherung zu berücksichtigen sind.
Der 1947 geborene Kläger ist bei der Beklagten freiwillig krankenversichert und bei der Beigeladenen pflegeversichert. Seine
Arbeitgeberin hatte im Jahr 1975 zu seinen Gunsten eine Kapitallebensversicherung als Direktversicherung abgeschlossen. Am
16.04.2013 wurde der Beklagten von der Lebensversicherung AG mitgeteilt, dass am 06.03.2013 die Kapitalisierung der Lebensversicherung
in Höhe von 115.698,65 € eingetreten sei. Mit Bescheid vom 03.05.2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass Versorgungsbezüge
grundsätzlich beitragspflichtig seien. Für die Beitragsberechnung würden für die Dauer von 10 Jahren monatlich 1/120 der Kapitalleistung,
mithin 964,16 € berücksichtigt. Ab dem 01.04.2013 betrage der monatliche Beitrag zur Krankenversicherung 149,44 €, der Beitrag
zur Pflegeversicherung 19,77 € (insgesamt 169,21 €). Der Bescheid erging auch im Namen der Pflegeversicherung. Mit Bescheid
vom gleichen Tag wurde der monatliche Gesamtbeitrag ab dem 01.04.2013 auf 404,34 € festgesetzt. Dabei wurden Beiträge aus
einer gesetzlichen Rente in Höhe von 1.339,79 € mit 207,67 €, Beiträge aus Versorgungsbezügen in Höhe von 964,16 € mit 149,44
€ sowie Beiträge zur Pflegeversicherung mit 47,23 € berechnet. Gegen diese Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein und
machte geltend, er habe die Kapitalleistung in Höhe von 115.698,54 € nicht ausgezahlt bekommen. Er beziehe aus der fälligen
Lebensversicherung eine monatliche Rentenleistung in Höhe von 493,81 € und sei bereit, hieraus Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge
zu entrichten. Er legte einen Versicherungsschein der vor, wonach er seit dem 01.04.2013 eine Sofortrente erhält. Als Versicherungsbeginn
ist der 01.03.2013 angegeben. Die Sofortrente beruht auf einer Einmalprämie in Höhe von 112.845,54 €. Mit Schreiben vom 30.07.2013
teilte die Beklagte dem Kläger mit, sowohl die Kapitalleistung in Höhe von 115.698,65 € als auch die monatliche Sofortrente
in Höhe von 493,81 € unterlägen der Beitragspflicht. Eine telefonische Rückfrage bei der Versicherung habe ergeben, dass der
Kläger einen Teil des erhaltenen kapitalisierten Betrags, nämlich 112.845,54 €, sofort wieder als Einmalbetrag in einen zweiten
Versicherungsvertrag investiert habe. Für die Sofortrente sei zusätzlich ein Beitrag von monatlich 73,58 € für die Krankenversicherung
zu berechnen. Hiergegen wandte der Kläger ein, aus den Versicherungsleistungen der Lebensversicherung AG könnten nicht zweimal
Beiträge erhoben werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.10.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte aus,
der Zahlbetrag von 115.698,65 € sei in voller Höhe beitragspflichtig, auch wenn dem Kläger hiervon nur ein Teil überwiesen
worden sei und der überwiegende Teil für den Bezug der Sofortrente offensichtlich bei der Lebensversicherung AG verblieben
sei. Daneben unterliege die Sofortrente als sonstige Einnahme der Beitragspflicht zur freiwilligen Krankenversicherung. Aus
rechtlicher Sicht handele es sich um Einnahmen aus verschiedenen Quellen. Für die beitragsrechtliche Bewertung der Kapitalleistung
als Versorgungsbezug sei es nicht von Belang, was der Versicherte mit dem (ausgezahlten) Betrag anschließend "anstelle". Ebenso
wenig spiele es für die Qualifizierung als sonstige Einnahme eine Rolle, mit welchem Startkapital der Versicherte seine Sofortrente
finanziert habe.
Hiergegen hat der Kläger am 30.10.2013 Klage beim Sozialgericht Koblenz erhoben. Auf Anfrage des Gerichts hat die Lebensversicherung
AG mitgeteilt (Schreiben vom 01.04.2014 und 12.12.2014, Bl. 42 und 57 Prozessakte - PA), bei dem im Jahr 1975 geschlossenen
Vertrag (Bl. 44 PA) habe es sich um eine Direktversicherung gehandelt, die zwingend eine einmalige Kapitalleistung vorgesehen
habe; ein Wahlrecht zwischen Rente und Kapital habe nicht bestanden. Die Versicherung sei zum 01.12.2012 fällig geworden.
Hierüber sei der Kläger mit Schreiben vom 23.10.2012 informiert worden. Am 08.02.2013 habe die Lebensgefährtin des Klägers
gebeten, das Schreiben erneut zu versenden. Am 12.02.2013 habe der Kläger um ein Beratungsgespräch gebeten. Der Antrag für
den Neuabschluss einer Versicherung sei dann am 26.02.2013 unterzeichnet worden und am 28.02.2013 eingegangen. Die Restkapitalleistung
in Höhe von 2.853,11 € sei mit Gutschrift auf dem Konto des Klägers mit dem Zieldatum 16.05.2013 erfolgt. In der mündlichen
Verhandlung beim Sozialgericht haben sich die Beteiligten darüber geeinigt, dass Streitgegenstand allein die Frage ist, ob
die Beklagte berechtigt ist, Beiträge sowohl aus der fällig gewordenen Kapitalleistung als auch aus der monatlichen Sofortrente
zu erheben.
Durch Urteil vom 18.03.2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, Grundlage für die Beitragseinstufung
von freiwillig Versicherten sei §
240 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V). Der Beitragspflicht unterlägen neben gezahlten Renten auch rentenvergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge). Zu den Versorgungsbezügen
gehörten Renten der betrieblichen Altersversorgung, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zu Alters-
oder Hinterbliebenenversorgung erzielt würden (§
229 Abs.
1 Satz 1 Nr.
5 SGB V). Seit dem 01.01.2004 unterlägen auch kapitalisierte Leistungen der Beitragspflicht, wobei dann ein 1/120 der Versicherungsleistung
als monatlicher Zahlbetrag anzusetzen sei (§
229 Abs.
1 Satz 3
SGB V). Streitig sei, ob solche Kapitalleistungen auch dann als Einnahmen herangezogen werden dürften, wenn der kapitalisierte
Betrag unmittelbar in eine Sofortrentenversicherung einbezahlt werde, ohne dass es zu einer Auszahlung der Kapitalleistung
komme. Hinsichtlich der Beitragspflicht für die ausgezahlte Sofortrente bestehe zwischen den Beteiligten kein Streit. Vorliegend
sei entscheidend, dass es sich um zwei selbstständige Versicherungsverträge handele. Die fällig gewordene Kapitalleistung
ergebe sich aus der Lebensversicherung, die der Kläger bei der Lebensversicherung AG am 15.12.1975 abgeschlossen habe. Die
Sofortrentenzahlung ergebe sich dagegen aus dem Rentenversicherungsvertrag, den der Kläger am 26.02.2013 bei der Rentenversicherung
abgeschlossen habe. Die Leistungen aus diesen unterschiedlichen Verträgen würden mit unterschiedlichen Beitragssätzen veranschlagt.
Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 17.03.2010 (B 12 KR 4/08 R) seien Kapitalerträge auch dann beitragspflichtig, wenn die Lebensversicherung zur Sicherung einer Darlehensforderung abgetreten
gewesen sei und die Kapitalleistung zur Tilgung des Darlehens direkt an das Kreditinstitut ausgezahlt werde. Die Zahlung der
Kapitalleistung an das Kreditinstitut als Dritten erfolge zur Tilgung von Verbindlichkeiten des Versicherten. Wirtschaftlich
und steuerrechtlich sei jedoch der Versicherte Inhaber der Forderung gegen den Lebensversicherer. Diese Grundsätze seien auch
für den vorliegenden Sachverhalt entscheidend. Mit dem Fälligwerden der Kapitalleistung aus dem Lebensversicherungsvertrag
zum 01.12.2012 sei der Kläger Inhaber einer Forderung gegen den Lebensversicherer in Höhe von 115.698,65 € geworden. In wirtschaftlicher
Sicht habe sich damit für ihn die Entscheidungsoption eröffnet, wie dieses Kapital genutzt werden könne. Unabhängig von der
Tatsache, ob der Betrag an ihn tatsächlich ausgezahlt werde, bestehe für den Versicherten die Möglichkeit, wirtschaftliche
Entscheidungen zu treffen. Als Möglichkeiten würden dabei nach den Erfahrungen des Gerichts insbesondere die Auszahlung zum
Verbrauch im Alltag, die Anschaffung von Gebrauchsgütern, eine Verwendung für Reisen, die Investition in eine Immobilie oder
die Anlage in andere Versicherungen gewählt. Dass der Kläger hier entschieden habe, den Großteil der Kapitalleistung ohne
Auszahlung direkt in eine weitere Versicherung zu investieren, lasse den Einnahmecharakter der Forderung aus den genannten
Gründen allerdings nicht entfallen. Es handele sich auch nicht um eine doppelte Verbeitragung. Vielmehr seien die "Früchte",
die der Einmalbetrag aus der Kapitalleistung trage, ein wirtschaftlicher Vorteil, der zu berücksichtigen sei. So habe der
Kläger vorliegend die Sofortrentenversicherung nur deshalb zu diesen Konditionen abschließen können, weil ihm der hohe Kapitalleistungsbetrag
auf einmal zur Verfügung gestanden habe. Als Ertrag sei insoweit der Zinsanteil anzusehen, der - abhängig von der Lebenserwartung
des Klägers - als monatliche Rente ausgezahlt werde. Gleiches würde im Übrigen gelten, wenn ein Versicherter den Kapitalleistungsbetrag
in eine Immobilie investiere, aus der ihm anschließend Mieteinnahmen erwüchsen. Auch diese Erträge würden bei freiwillig Versicherten
als Einnahmen berücksichtigt werden. Insofern seien keine Anhaltspunkte für eine unzulässige Doppelverbeitragung zu erkennen.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 28.03.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.04.2015 Berufung eingelegt.
Er macht geltend, eine Doppelinanspruchnahme hätte nicht erfolgen dürfen. Es habe nie ein Zufluss des Kapitalertrags stattgefunden,
dieser sei vielmehr unmittelbar in eine Rentenleistung geflossen. Allenfalls die Rentenleistung hätte bei der Beitragsbemessung
Berücksichtigung finden dürfen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 18.03.2015 sowie die Bescheide der Beklagten vom 03.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 09.10.2013 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands nimmt der Senat Bezug auf die Prozessakte und die Verwaltungsakte
der Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung war.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind
rechtmäßig.
Gemäß §
240 Abs.
1 Satz 1
SGB V wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt.
Nach § 3 Abs. 1 der vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen erlassenen Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler sind beitragspflichtige
Einnahmen das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag
der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden
können, ohne Rücksicht auf die steuerliche Behandlung. Die Einnahmen sind nach § 3 Abs. 1 Satz 3 der Beitragsverfahrensgrundsätze
Selbstzahler nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten abzugrenzen; eine die beitragspflichtigen Einnahmen mindernde Berücksichtigung
von Zwecksetzungen einzelner Einnahmen findet nicht statt. Auf dieser Grundlage sind bei der Berechnung der Beiträge zur Krankenversicherung
sowohl die Kapitalerträge aus der Lebensversicherung des Klägers als auch die monatlichen Einnahmen aus seiner Sofortrente
zu berücksichtigen. Zur Begründung nimmt der Senat gemäß §
153 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts. Im Berufungsverfahren wurden keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen.
Die Verbeitragung sowohl der Kapitalerträge aus der Lebensversicherung als auch der Sofortrente steht im Übrigen auch in Einklang
mit dem Ergebnis der "Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Deutschen Rentenversicherung Bund zur Kranken-
und Pflegeversicherung der Rentner - Beitragspflicht von Versorgungsbezügen - hier Sofort beginnende Leibrente gegen Zahlung
eines Einmalbetrages, erbracht aus einem Versorgungsbezug in Form einer Kapitalleistung" ([...]). Für die Bemessung der Beiträge
zur sozialen Pflegeversicherung gelten die gleichen Grundsätze wie für die Bemessung der Beiträge zur Krankenversicherung
(§
57 Abs.
4 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB XI).