Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob das Ereignis vom 4. Juli 2013 ein Arbeitsunfall mit dem Erstgesundheitsschaden
einer Ruptur der Achillessehne ist.
Nach dem D-Arztbericht von Prof. Dr. Dr. H., Berufsgenossenschaftliche Kliniken B. H., vom 4. Juli 2013 stellte sich der Kläger
an diesem Tage um 8:51 Uhr vor. Er berichtete über einen Vorfall bei seiner Arbeit um 8:00 Uhr morgens im Lager. Er habe versucht,
eine Kabeltrommel (Gewicht 1.300 kg) zu drehen, habe sich dabei mit dem rechten Fuß/Unterschenkel abgestoßen und mit den Armen
an der Kabeltrommel gedrückt. Plötzlich habe es ein Knallgeräusch im Unterschenkel gegeben. Das Laufen sei bei Schmerzen im
dorsalen Unterschenkel nicht mehr möglich gewesen. Die Untersuchung ergab eine Achillessehnenruptur rechts. Am 5. Juli 2013
erfolgte im Klinikum B. H. eine offene Revision der Achillessehne rechts sowie eine direkte Naht. Dabei entleerte sich ein
frisches Hämatom.
Eine Gewebeuntersuchung durch den Pathologen Dr. T. ergab Hinweise auf eine frische traumatische Läsion. Vorbestehende degenerative
Veränderungen sehe man hier nicht. Es hätten sich frische Einblutungen gezeigt.
Am 1. August 2013 führte das Klinikum B. in H. aus, die Ruptur sei bei einer Gelegenheitsbewegung erfolgt. Da im histologischen
Befund jedoch keine degenerativen Vorschädigungen beschrieben worden seien, könne man zurzeit nicht eindeutig klären, ob die
Verletzungen auf den Unfall zurückgeführt werden könnten. Man empfehle eine Klärung durch ein Zusammenhangsgutachten.
Unter dem 4. Oktober 2013 erstellte Prof. Dr. Dr. H. ein Gutachten zu der Zusammenhangsfrage. Er führte aus, aus seiner Sicht
stelle der Vorfall vom 4. Juli 2013 im Hinblick auf die Achillessehnenruptur rechts eine Gelegenheitsursache dar und stehe
in keinem ursächlichen Zusammenhang mit diesem. Nach vorherrschender Lehrmeinung sei die Zugfestigkeit einer intakten Achillessehne
größer als die vom Muskel aufzubringende Kraft. Da eine geführte Bewegung vorliege, könne entsprechend die auf die Achillessehne
wirkende Kraft nicht größer als die vom Muskel aufzubringende Kraft sein. Die Ursache einer Sehnenruptur bei Gesunden sei
ein Versagen der neuromuskulären Regler und Sicherheitssysteme. Dies setze jedoch plötzlich von außen einwirkende Belastungsspitzen
ohne kompensatorische Gegensteuerung und Koordinierung der vorgeschalteten Muskulatur voraus. Ein solches Ereignis habe hier
nicht bestanden. In der wissenschaftlichen Literatur würden ausdrücklich Abläufe wie Schieben, Entgegenstemmen, Heben und
Tragen im Sinne einer willkürlich gesteuerten Belastung der Sehne als Gelegenheitsanlass bewertet. Das Ergebnis der histologischen
Untersuchung spreche nicht gegen eine solche Bewertung. Insbesondere eine beginnende Degeneration nach stattgehabten Mikrotraumata
bilde sich nicht zwangsläufig histologisch ab.
Mit Bescheid vom 24. Oktober 2013 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung
anlässlich des Ereignisses ab und stützte sich zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen von Prof. Dr. Dr. H ...
Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2014 wies die Beklagte den hiergegen eingelegten Widerspruch zurück und wiederholte
und vertiefte ihre bisherige Begründung.
Hiergegen hat der Kläger am 5. Februar 2014 Klage erhoben und vorgetragen, dass in seinem Falle tatsächlich eine "Belastungsspitze"
vorgelegen habe. Degenerative Vorschäden hätten nicht bestanden.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens gemäß §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) von Dr. K ... Dieser hat unter dem 17. Dezember 2015 ausgeführt, eine frische Zerreißung der Achillessehne könne angesichts
des Herganges als vollbeweislich gesichert angesehen werden. Für das von außen auf den Körper einwirkende, zeitlich begrenzte
Ereignis sei kein besonderes, ungewöhnliches Geschehen erforderlich. Bei einem gewollten Handeln mit ungewöhnlicher Einwirkung
liege eine äußere Einwirkung vor, die dann auch unfreiwillig sei. Ob eine solche Einwirkung vorliege, sei von den Juristen
zu beurteilen. Nach diversen Studien sei es sehr wahrscheinlich, dass unter ungünstigen Belastungssituationen auch eine gesunde
Achillessehne ruptieren könne. So sei in einer Studie nachzulesen, dass sich komplette Achillessehnenrupturen entgegen überkommener
Auffassung zu gut 90 % ohne jegliche Vorboten bei körperlich gesunden Sportlern in der zeitlichen Mitte ihrer sportlichen
Aktivität bei gut durchwärmten Muskeln und Sehnen ereigneten.
Es sei hier auch von einem geeigneten Unfallhergang auszugehen. Eine Texturstörung der Achillessehne vermindere zwar ihre
Strukturfestigkeit abhängig von dem Ausmaß. Dies präjudiziere jedoch keinesfalls automatisch die Beantwortung der Kausalitätsfrage
dahingehend, dass dann eben nur noch diese Texturstörung als ursächlich angesehen werden könne. Diese Argumentation sei nur
dann diskussionswürdig, wenn eine schwerwiegende Texturstörung histologisch gesichert worden sei. Bei einer frischen Ruptur
mit Auffaserungen der Rissenden und einer Einblutung müsse immer eine erhebliche Zugkraft im Spiel gewesen sein, was in aller
Regel auf einen rechtlich wesentlichen Vorgang hinweise. Hier seien in der Histologie keine degenerativen Vorschäden festgestellt
worden.
Die Beklagte hat eingewandt, es habe sich hier nicht um eine unphysiologische Bewegung gehandelt, da die Achillessehne hierfür
gebaut und funktionell vorgesehen sei. Daher sei grundsätzlich der schnelle Antritt bzw. das schnelle Abstoßen für eine Zusammenhangstrennung
unbeachtlich. Ungeplante Änderungen des Bewegungsablaufes seien nicht erkennbar. Insoweit hat die Beklagte ergänzend auf Schönberger/Mehrtens/Valentin,
Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, hingewiesen.
Mit Urteil vom 19. Mai 2016 hat das Sozialgericht Halle die Klage abgewiesen und ausgeführt, der Unfallhergang sei ungeeignet
für eine traumatische Achillessehnenruptur gewesen. Gegen entsprechende Vorschäden an der Sehne spreche auch nicht das Ergebnis
der pathologischen Untersuchung, da dies - wie Prof. Dr. Dr. H. überzeugend dargelegt habe - nicht immer zutreffend sei. Damit
schließe sich die Kammer dem Gutachten von Prof. Dr. Dr. H. an. Das Gutachten von Dr. K. könne nicht überzeugen. Dieser gehe
von einem unrichtigen Unfallhergang aus und stütze sich auf gegenüber Schönberger/Mehrtens/Valentin (a.a.O.) veraltete Literatur.
Gegen das ihm am 27. Juni 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 7. Juli 2016 Berufung eingelegt und seine bisherige Argumentation
vertieft. Da die Kabeltrommel von insgesamt vier Mitarbeitern bewegt worden sei, habe keine gleichmäßige Bewegung vorgelegen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 19. Mai 2016 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
9. Januar 2014 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 4. Juli 2013 ein Arbeitsunfall mit der Folge einer Ruptur
der Achillessehne rechts ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens von Prof. Dr. R. vom 29. Mai 2017. Er hat darauf hingewiesen,
dass nach der histologischen Untersuchung keine Hinweise auf eine degenerative Sehnenschädigung beständen. Es liege auch keine
Stoffwechselerkrankung (z.B. chronische Entzündung, Gicht oder Ähnliches) vor, die eine solche Schädigung begünstigen könnten.
Die hier einwirkende Belastung von rund 433 kg sei eine extreme Belastung. Die Achillessehne sei im Weiteren nicht erneut
gerissen, was gegen starke degenerative Veränderungen spreche. Auch links sei es nie zu einer Achillessehnenruptur gekommen.
Untersuchungen hätten gezeigt, dass im Hochleistungssport durchaus Impulskräfte auf die Achillessehne von 900 kg einwirken
könnten. Diese lägen weit über der Belastbarkeit von rund 500 kg. Damit werde auch die Belastungsgrenze einer gesunden Achillessehne
überschritten. Es komme auch nicht darauf an, ob eine gesunde Sehne nicht gerissen wäre, sondern ob der streitige Vorfall
weggedacht werden könne, ohne dass der Erfolg (die Ruptur) entfiele. Nur dann, wenn sich die Sehne in einem so schadensnahen
Zustand befunden habe, dass die angeschuldigte Einwirkung zur Vollendung des Sehnenrisses nicht erforderlich gewesen sei,
sei in dem zur Diskussion stehenden Ereignis nicht mehr die rechtlich wesentliche Bedingung zu sehen.
Die Beklagte hat diesem Gutachten unter Hinweis auf eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. T. widersprochen. Dieser
hat ausgeführt, ein Achillessehnenriss könne nur durch eine überraschend auftretende und nicht abwendbare Kraftanstrengung
verursacht werden, die zu einer plötzlichen Zugbelastung der Achillessehne bei vorgespannter Muskulatur führe. Dies sei hier
nicht erkennbar.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §
124 SGG einverstanden erklärt.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte
und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §
143 SGG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (§
151 Abs.
1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung hat Erfolg. Darüber konnte der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche
Verhandlung entscheiden (§
124 SGG).
Der Bescheid der Beklagten beschwert den Kläger im Sinne der §§
157,
54 Abs.
2 Satz 1
SGG. Denn das Ereignis vom 4. Juli 2013 ist mit einem Riss der rechten Achillessehne des Klägers als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Arbeitsunfälle sind nach §
8 Abs.
1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (
SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§
2,
3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse,
die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§
8 Abs.
1 Satz 2
SGB VII). Für die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten
zur Zeit des Unfalls seiner versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sachlicher bzw. innerer Zusammenhang; dazu unten 1.),
sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (dazu unten
bei 2.) und dieses Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (siehe nur Bundessozialgericht
[BSG], 5. September 2006, B 2 U 24/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 18, BSG, 4. September 2007, B 2 U 24/06 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 24, m.w.N.; dazu bei 3.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
1. Der Kläger war zum Ereigniszeitpunkt im Rahmen seiner Tätigkeit als Kraftfahrer nach §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII als Beschäftigter versichert. Ebenso ist nicht zweifelhaft, dass sich das Geschehen am 4. Juli 2013, währenddessen sich der
Kläger den klinisch sowie intraoperativ gesicherten Riss der rechten Achillessehne zuzog, innerhalb dieser versicherten Tätigkeit
ereignete, mit ihr also im sachlichen Zusammenhang stand.
2. Das Ereignis vom 4. Juli 2013 erfüllt entgegen der Ansicht der Beklagten auch die Merkmale eines von außen auf den Körper
einwirkenden Geschehens im Sinne des Gesetzes. Dazu reicht es aus, dass der betroffene Fuß des Klägers mit sehr großer Kraftanstrengung
vom Boden weggedrückt wurde (vgl. BSG, 12. April 2005, B 2 U 27/04 R, juris; vgl. Bayerisches LSG, 19. Mai 2011, L 17 U 480/08, Rn. 22, juris). Eine unphysiologische Bewegung ist nicht erforderlich (vgl. speziell zu Achillessehnenrissen Schröter, Trauma
und Berufskrankheit, 2016, S66 f; a. A. in medizinischer Hinsicht Bayerisches LSG, 19. Mai 2011, L 17 U 480/08, Rn. 22, juris; Hempfling/Meyer-Clement/Bultmann/Brill/Krenn/Ludolph, MedSach 2016, 126). Richtig führt der Kläger aus, dass
für die Annahme eines Unfalls kein ungewöhnliches Geschehen vorliegen muss (vgl. BSG, 17. Februar 2009, B 2 U 18/07 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 31). Das von außen auf den Körper einwirkende Ereignis liegt nicht nur bei einem besonders ungewöhnlichen Geschehen,
sondern auch bei einem alltäglichen Vorgang vor, wie es das Stolpern über die eigenen Füße oder das Aufschlagen auf den Boden
darstellt, weil hierdurch ein Teil der Außenwelt auf den Körper einwirkt (vgl. BSG, 18. April 2000, B 2 U 7/99 R, juris, Rn. 25). Auch Verrichtungen, die im Rahmen einer versicherten Tätigkeit "üblich und selbstverständlich" sind, stehen
unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG, 29. November 2011, B 2 U 23/10 R, Rn. 16, juris). Andernfalls würde der Versicherungsschutz in einer den Systemzweck der Unfallversicherung verkürzenden Weise
verengt (so BSG a.a.O.).
Daher ist es unerheblich, ob es sich um eine Bewegung handelt, für den die Achillessehne gebaut und funktionell vorgesehen
ist (a.A. Hempfling/Meyer-Clement/Bultmann/Brill/Krenn/Ludolph, MedSach 2016, 121). Geschützt sind nach dem Zweck des
SGB VII alle Verrichtungen, die in einem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen (vgl. §
8 Abs.
1 Satz 1
SGB VII).
Bereits bei Zugrundelegung des im D-Arztbericht sowie der Unfallanzeige verzeichneten Unfallablaufs handelte es sich jedoch
um einen ungewöhnlichen Vorgang. Das Bewegen einer Last von über 1200 kg ist kein alltäglich vorkommendes Geschehen. Zudem
stellt ein gewolltes Handeln mit ungewollter Einwirkung durch eine Fehlbelastung einen Unfall dar (vgl. nochmals BSG, 12. April 2005, B 2 U 27/04 R, juris).
3. Schließlich ist der Riss der rechten Achillessehne mit hinreichender Wahrscheinlichkeit im Wesentlichen durch den Unfall
vom 4. Juli 2013 verursacht worden. Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände
mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung
gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei setzt die im Recht der gesetzlichen
Unfallversicherung geltende "Theorie der wesentlichen Bedingung" in Eingrenzung der naturwissenschaftlich-philosophischen
Bedingungstheorie, nach der jede nicht hinwegzudenkende Bedingung (conditio sine qua non) kausal ist, voraus, dass das versicherte
Geschehen wegen seiner besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich beteiligt war (dazu bei a).
Erst wenn feststeht, dass ein bestimmtes Ereignis eine naturwissenschaftliche Ursache für einen Erfolg ist, stellt sich in
einem zweiten Schritt die Frage nach einer wesentlichen Verursachung des Erfolgs durch das Ereignis (vgl. BSG, 12. April 2005, B 2 U 27/04 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 15; BSG, 9. Mai 2006, B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; BSG, 15. Mai 2012, B 2 U 31/11 R, NZS 2012, 909). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen
der Ursache zum Eintritt des Erfolgs (Gesundheitsschaden) wertend abgeleitet werden. Gesichtspunkte hierfür sind etwa die
Art und das Ausmaß der versicherten Einwirkung, das Gewicht gegebenenfalls vorhandener konkurrierender Ursachen, der zeitliche
Verlauf und das Verhalten des Versicherten, die Krankheitsgeschichte unter Berücksichtigung der aktuellen medizinischen Erkenntnisse
sowie ergänzend auch der Schutzzweck der Norm (dazu bei b).
a) Zunächst ist die versicherte Verrichtung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn als Bedingung des Sehnenrisses wirksam
geworden, da das Unfallgeschehen ohne gleichzeitiges Entfallen des eingetretenen Schadens nicht hinweggedacht werden kann.
Wie Dr. K. und auch Prof. Dr. R. überzeugend ausführen, lag hier eine frische Ruptur mit Auffaserungen der Rissenden und einer
Einblutung vor. Auch die Schilderung des Unfallherganges durch den Kläger mit dem lauten Knall, den sofort einsetzenden Schmerzen,
der Gangstörung und der sofortigen Vorstellung beim Arzt und des dort sofort diagnostizierten Achillessehnenrisses belegen
einen unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang. Dies stimmt auch mit dem Ergebnis der histologischen Untersuchung überein. Dr.
T. bewertete den feingeweblichen Befund ausdrücklich unter Hinweis auf frische Einblutungen als frischen Riss.
Aus einem rein zeitlichen Zusammenhang und der Abwesenheit konkurrierender Ursachen bei komplexen Gesundheitsstörungen kann
nicht automatisch auf die Wesentlichkeit der einen festgestellten naturwissenschaftlich-philosophischen Ursache geschlossen
werden (vgl. BSG, 9. Mai 2006, B 2 U 1/05 R, juris Rn. 39; 7. September 2004, B 2 U 34/03 R, juris Rn. 22; vgl. auch BSG, 24. Juli 2012, B 2 U 9/11 R, juris Rn. 60). Jedoch liegt nicht nur ein zufälliges zeitliches Zusammentreffen der Achillessehnenruptur mit einer Tätigkeit
des Klägers vor. Vielmehr betonen die Sachverständigen Dr. K. und Prof. Dr. R. übereinstimmend, dass diese Sachverhalte zusammenhängen.
Überzeugend wird hierzu aufgeführt: "Ohne Zugbelastung keine Sehnenruptur!" (Schröter, Trauma und Berufskrankheit, 2016, S64).
Von etwas anderem gehen letztlich auch die Beklagte, Prof. Dr. Dr. H. und Dr. T. nicht aus, wenn sie mit einer Gelegenheitsursache
argumentieren. Denn eine Gelegenheitsursache ist notwendig ebenfalls naturwissenschaftlich ursächlich. Es ist zur Überzeugung
des Senats fernliegend, dass es zu der Achillessehnenruptur gekommen wäre, wenn der Kläger zum Unfallzeitpunkt diese Sehne
nicht berufsbedingt belastet hätte. Ob dieser Vorgang generell geeignet ist, eine traumatische Achillessehnenruptur zu verursachen,
ist im Rahmen dieser Prüfung unerheblich (unklar LSG Hessen, 25. Oktober 2016, L 3 U 186/12, Rn. 46, juris). Wenn ein Vorgang tatsächlich ungeeignet ist, kann er bereits naturwissenschaftlich den hier umstrittenen
Riss nicht verursachen.
Eine andere Betrachtung würde zudem dem Versicherten die objektive Beweislast dafür auferlegen, warum es gerade zu diesem
Zeitpunkt aufgrund von Ursachen, die der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sind, zu dem Unfall gekommen ist, und damit den
Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung und die mit ihm verfolgten Ziele des sozialen Schutzes und des
Betriebsfriedens in vielen Fällen leerlaufen lassen (BSG, 30. Januar 2007, B 2 U 23/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 22, Rn. 16).
b) Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies allerdings in keiner Weise die auf der
zweiten Stufe der Zurechnung zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage (so ausdrücklich BSG, 9. Mai 2006, B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte Verrichtung unfallversicherungsrechtlich "wesentlich"
war. Für die Annahme des Ursachenzusammenhangs genügt insbesondere nicht allein die Feststellung, dass eine Alternativursache
fehlt; auch aus einem rein zeitlichen Zusammenhang und der Abwesenheit konkurrierender Ursachen bei komplexen Gesundheitsstörungen
kann nicht automatisch auf die Wesentlichkeit der einen festgestellten naturwissenschaftlich-philosophischen Ursache geschlossen
werden (BSG, a.a.O. Rn. 20, 22 m.w.N.). Rechtlich ist allerdings zu beachten, dass auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch
verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache für den Erfolg rechtlich wesentlich sein kann, solange die andere(n) Ursache(n)
keine überragende Bedeutung hat (haben). Eine naturwissenschaftliche Ursache, die nicht als wesentlich anzusehen und damit
keine Ursache i.S. der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als Gelegenheitsursache bezeichnet werden. Für den Fall,
dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen
und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung"
akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes
andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen,
dass jeder Versicherte in dem Zustand einschließlich eventueller schwerer Vorschäden versichert ist, in dem er sich befindet.
Gesichtspunkte für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache sind insbesondere die versicherte Ursache bzw. das Ereignis
als solches, also Art und Ausmaß der Einwirkung, konkurrierende Ursachen unter Berücksichtigung ihrer Art und ihrer Krankengeschichte
(BSG, 30. Januar 2007, B 2 U 8/06 R, juris; eingehend Becker, SGb 2012, 696).
Es lässt sich aber nicht erkennen, dass hier allein einer unversicherten Ursache (insbesondere einem degenerativen Schaden)
gegenüber der versicherten Ursache eine so überragende Bedeutung zukommt, dass die versicherte Tätigkeit nur eine "Gelegenheitsursache"
darstellt. Ausgehend insbesondere von den Ausführungen von Prof. Dr. R. liegt eine ernste Zweifel ausschließende Wahrscheinlichkeit
dafür vor, dass das versicherte Geschehen wesentliche Ursache für den Riss der rechten Achillessehne war.
aa) Degenerative Vorschäden sind dem feingeweblichen Befund nicht zu entnehmen. Solche sind auch aus anderen Gründen nicht
naheliegend, da bei dem Kläger keine andere Erkrankung (z. B. Stoffwechselerkrankung, chronische Entzündung, Gicht und Ähnliches)
gesichert ist, die sich negativ auf die Reißfestigkeit der Achillessehne auswirken könnten.
Dem lässt sich nicht entgegen halten, dass die histologische Untersuchung (selbstverständlich) nur Auskunft über den Zustand
der untersuchten Gewebeteile geben kann. Denn nur darauf, ob die Sehne im Rissbereich degenerativ verändert war, kommt es
an. Denn aus einer im sonstigen Sehnenverlauf angetroffenen etwaigen Abnutzung ließe sich im Hinblick auf einen andernorts
angetroffenen Riss nicht zugleich zwingend auf eine auch dort vorliegende Degeneration schließen.
Zwar weist auch Prof. Dr. R. in Übereinstimmung mit Prof. Dr. Dr. H. darauf hin, dass sich das Gewebe kurze Zeit nach dem
Unfall in einer Art und Weise verändern könne, dass irrtümlich degenerative Schäden angenommen werden. Um einen solchen Fall
handelt es sich hier aber nicht. Es gibt histologisch kein Indiz für eine degenerativ veränderte Sehne.
bb) Auf eine solche Vorschädigung lässt sich entgegen der Ansicht von Prof. Dr. Dr. H. und Dr. T. auch nicht mittelbar aus
der Erkenntnis rückschließen, dass die Achillessehne regelmäßig der vom vorgeschalteten Wadenmuskel aufgebauten Kraft widerstehe,
weshalb ein dennoch eingetretener Schaden ihre Rissbereitschaft impliziere.
Denn einer solchen Ableitung ist Prof. Dr. R. überzeugend medizinisch entgegen getreten. Er hat den tradierten Lehrsatz, nach
dem eine gesunde Achillessehne nicht reiße, unter Literaturangaben als widerlegt bezeichnet und auf die in der Wissenschaft
grundsätzlich anerkannte Möglichkeit der Ruptur auch gesunder Sehnen infolge bestimmter Kraftentfaltungen verwiesen (siehe
ähnlich Ludolph/Schürmann/Gaidzik, Kursbuch der ärztlichen Begutachtung, Ausgabe 6/2017; VI-1.2.5 Achillessehnenschaden; weiter
Koss, MedSach 2002, 10; anders aber Hempfling/Meyer-Clement/Bultmann/Brill/Krenn/Ludolph, MedSach 2016, 121; offen gelassen
in Schiltenwolf/Hollo, Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane, 6. Aufl., 2013 S. 613).
Der Senat ist mit Prof. Dr. R. davon überzeugt, dass das Drehen der Kabeltrommel einem Hergang entspricht, der nach den aktuellen
wissenschaftlichen Erkenntnissen einen traumatischen Riss einer nicht wesentlich degenerativ veränderten Achillessehne verursachen
kann. Dabei geht der Senat von einem Hergang aus, wie ihn der Kläger durchgängig beschrieben hat, ohne dass hieran durchgreifende
Zweifel verbleiben.
Hier hat der Kläger versucht, mit mehreren Kollegen die 1300 kg schwere Kabeltrommel zu drehen. Das Zusammenwirken von mehreren
Menschen bei einer solchen Drehung lässt sich nicht exakt vorhersehen und führt zu einer unkontrollierbaren und letztlich
nicht mehr aufklärbaren Belastung der Achillessehne.
Dass eine unkoordinierte Krafteinwirkung auf die Achillessehne mit einer Verletzung sogar einer gesunden Sehne einhergehen
kann und somit als geeigneter Mechanismus zu ihrer Verletzung in Betracht kommt, hat nicht nur Prof. Dr. R. unter Bezugnahme
auf die von ihm wiedergegebene aktuelle Literatur dargelegt. Vielmehr stellt die Beklagte dies nicht in Abrede, wie aus dem
von ihr zitierten wissenschaftlichen Schrifttum (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl.
2017, S. 424; siehe auch Koss, MedSach 2002, 10) hervorgeht. Denn danach soll ein schneller Antritt für eine Achillessehnenruptur
zwar grundsätzlich unbeachtlich sein. Dies gilt aber dann nicht mehr, wenn eine zusätzliche ungeplante Änderung des Bewegungsablaufs
zu einer von der Achillessehne nicht mehr kompensierbaren unphysiologischen Belastung führe, wie Dr. T. und Prof. Dr. Dr.
H. in Übereinstimmung mit Prof. Dr. R. und Dr. K. darlegen. Ähnliches muss bei einer vergleichbaren Belastung der Achillessehne
durch einen Vorgang wie Schieben gelten, der in der Literatur teilweise pauschal als ungeeigneter Hergang bezeichnet wird
(Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 423 unter Hinweis auf bis zu 20 Jahre
alte sozialgerichtliche Urteile; anders Schröter, Trauma und Berufskrankheit, 2016, S. 64, S65 unter Hinweis auf medizinische
Studien). Aus dem Hergang lässt sich damit nicht auf schwere degenerative Schäden schließen.
Zudem ist ein maßstäbliches Abstellen auf eine gesunde Sehne rechtlich unrichtig, wie Prof. Dr. R. richtig ausführt (siehe
auch LSG NRW, 10. Oktober 2014, L 4 U 506/10, juris). Unzutreffend ist daher die Argumentation der Beklagten und Prof. Dr. Dr. H.s, die Achillessehne sei für eine solche
Belastung gebaut und funktionell vorgesehen (so aber auch LSG Hessen, 25. Oktober 2016, L 3 U 186/12, Rn. 34, juris). Denn vom Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung sind nicht lediglich gesunde Versicherte erfasst.
Einbezogen ist der Versicherte vielmehr in demjenigen Zustand, in dem er sich aktuell befindet (siehe etwa BSG, 27. Oktober 1987, 2 RU 35/87, SozR 2200 § 589 Nr. 10; BSG, 22. März 1983, 2 RU 22/81, juris; BSG, 19. September 1974, 8 RU 236/73, SozR 2200 § 548 Nr. 4). Ob dieser "altersentsprechend" ist, ist unerheblich (a.A. wieder LSG Hessen, a.a.O., Rn. 31). Selbst wenn man zu
Gunsten der Beklagten degenerative Vorschäden unterstellen würde, sind angesichts des die Achillessehne besonders belastenden
Vorgangs, der wie oben dargelegt unter Umständen sogar eine gesunde Sehne zerreißen konnte, wesentliche Vorschäden nicht festzustellen.
Hier ginge es außerdem zu Lasten der Beklagten, wenn der Unfallhergang eventuell nicht in allen Einzelheiten aufklärbar wäre.
Denn dies ist das einzige Argument der Beklagten für einen allein wesentlichen Vorschaden. Für das Vorliegen solcher Schäden
trägt sie aber die Beweislast (unklar LSG Hessen, a.a.O., Rn. 46). Ein naturwissenschaftlich geeigneter Hergang ist bewiesen
(s.o. bei a).
cc) Überzeugend hat Prof. Dr. R. schließlich argumentiert, dass gegen eine Spontanruptur infolge alltäglicher Ereignisse das
fortbestehende Intaktsein der linken Achillessehne spreche, ohne dass ersichtlich wäre, warum eine auf innerer Ursache beruhende
Schadensanlage dort nicht ebenso vorhanden sein sollte. Ebenso überzeugend hat er darauf hingewiesen, dass die nunmehr genähte
Sehne seit Jahren wieder ohne Vorfall funktioniere, obgleich hier sicherlich auch alltägliche Belastungen (im Sinne einer
Gelegenheitsursache) auf diese einwirkten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor, weil es sich bei der Entscheidung um die Würdigung der tatsächlichen Umstände des vorliegenden Einzelfalls
auf Basis der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung gehandelt hat.