1. Sind gesetzliche Unterhaltsansprüche nach § 91 Abs. 1 BSHG auf den Träger der Sozialhilfe übergegangen, kann der Unterhaltsberechtigte diese - jedenfalls für die Zeit vor Rechtshängigkeit
der Unterhaltsklage - nicht mehr selbst einklagen. Dem steht nicht entgegen, daß die für den Träger der Sozialhilfe handelnde
Stadt die gesetzlichen Unterhaltsansprüche auf die Unterhaltsberechtigte zurückübertragen hat, weil eine derartige Rückübertragung
nichtig ist. Hierfür spricht, daß die gesetzlichen Vorschriften über den Forderungsübergang auch den Schutz des Hilfebedürftigen
bezwecken. Allein das Prozeßrisiko stellt bereits einen Nachteil für den Hilfebedürftigen dar.
2. Jegliche Vereinbarung mit dem Hilfeempfänger mit dem Inhalt, daß er auf eigenes Prozeßrisiko aber auf Rechnung des Trägers
der Sozialhilfe die Unterhaltsansprüche einklagen soll ist nach §
31 Abs.
1 SGB I unwirksam.
Aus den gleichen Gründen liegt auch eine Unwirksamkeit nach §
32 SGB I vor.
3. Eine Umdeutung in eine gewillkürte Prozeßstandschaft scheidet schon deshalb aus, weil es an einem schutzwürdigen Eigeninteresse
des Hilfeempfängers fehlt.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde der Klägerin ist unbegründet, da ihre auf Zahlung von Trennungs- und Kindesunterhalt gerichtete Klage
für die Zeit vor Rechtshängigkeit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, §
114
ZPO. Für die anschließende Zeit kommt ein Anspruch auf Trennungsunterhalt nur in der vom Amtsgericht bewilligten Höhe in Betracht.
1.
Die Klägerin ist nicht mehr berechtigt, für die Zeit bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit die von ihr geltend gemachten Unterhaltsansprüche
(§§ 1361 Abs. 1,
1601 ff., 1629 Abs.
3
BGB) selbst einzuklagen, da diese Ansprüche aufgrund der gewährten Sozialhilfeleistungen gemäß §
91 Abs.
1 Satz 1
BGB auf den Träger der Sozialhilfe übergegangen sind. Dem steht nicht entgegen, dass die für den Träger der Sozialhilfe handelnde
Stadt ... die Klägerin mit Schreiben vom 13.02.1995 offenbar hat ermächtigen wollen, die in Rede stehenden Unterhaltsansprüche
selbst geltend zu machen. Der Senat hält eine solche Ermächtigung für unzulässig, da die vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil
vom 16.03.1994 (NJW 1994, 1733, 1734) für eine vergleichbare Fallgestaltung zu §§ 90 f. BSHG a.F. angestellten Erwägungen auch auf die Neufassung dieser Bestimmungen im Jahre 1993 übertragbar sind. Danach ist jegliche
Vereinbarung mit einem Hilfeempfänger, dass er auf eigenes Prozessrisiko den Unterhaltsanspruch gegen einen Verpflichteten
einklagen darf und gehalten sein soll, auf diese Weise erlangte Unterhaltsbeträge bis zur Höhe der geleisteten Sozialhilfe
abzuführen, wegen Verstoßes gegen §§
31 f.
SGB I unzulässig. Es entspricht seit langem der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass der Gesetzgeber im Bereich der öffentlich-rechtlichen
Versorgungsansprüche umfassende gesetzliche Regelungen getroffen hat, in denen nicht nur niedergelegt ist, unter welchen Voraussetzungen
ein Rechtsanspruch auf bestimmte Versorgungsleistungen besteht, sondern auch, ob und unter welchen Bedingungen ein Rückgriff
gegen Dritte erfolgen kann, die zur Zahlung gleichgerichteter Versorgungsleistungen nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen
verpflichtet sind. Die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen, zu denen die §§ 90 ff. BSHG gehören, sind jeweils in sich abgeschlossen. Die in ihnen enthaltenen Regelungen über eine Anspruchsüberleitung oder einen
gesetzlichen Forderungsübergang dienen nämlich nicht nur dem Schutz des Trägers der Versorgungsleistungen, sondern auch dem
Schutz des Empfängers. Deshalb sind die zu einer Ausführung dieser Bestimmungen berufenen Verwaltungsbehörden im Rahmen der
darauf beruhenden Leistungsverhältnisse nicht berechtigt, weitergehende Erstattungsmöglichkeiten nach allgemeinen Regeln des
Verwaltungsrechts oder im Wege der bürgerlich-rechtlichen Abtretung zu suchen (BGH, Urteil vom 24.09.1987, NJW 1988, 819, 820; BVerwG, Urteil vom 22.10.1976, VwRspr. 28, 540, 541 f.).
In den §§
31 f.
SGB I haben diese Grundsätze ihre gesetzliche Ausprägung erfahren. Danach sind insbesondere privatrechtliche Vereinbarungen nichtig,
die zum Nachteil des Sozialleistungsberechtigten von den Vorschriften des
SGB I abweichen. Diese sehen weder eine Rückabtretung noch eine Prozessführungsermächtigung der in Rede stehenden Art vor. Nachteilig
ist eine dahingehende Vereinbarung dann, wenn durch sie die Rechtsposition des Leistungsberechtigten zu dessen Ungunsten verändert
wird, wobei ein Nachteil auch schon in einer Verschärfung der ihm auferlegten Pflichten liegt. Dass ihm die Vereinbarung neben
Nachteilen auch Vorteile bringen kann, ändert im Ergebnis an der Annahme einer Nachteiligkeit nichts (Kasseler Kommentar zum
Sozialversicherungsrecht/Seewald, Band I, §
32
SGB I Rdn. 4, 6 m.w.N.). Für die Klägerin ist die ihr erteilte Prozessführungsermächtigung nicht nur dadurch nachteilig, dass sie
für den Fall eines Unterliegens - anstelle des Trägers der Sozialhilfe das Prozesskostenrisiko trägt. In der Prozessführung
aufgrund einer dahingehenden Ermächtigung liegt zugleich auch die Begründung eines Treuhandverhältnisses, durch das der Klägerin
eine besondere Sorgfalt gegenüber dem Träger der Sozialhilfe auferlegt wird und Verpflichtungen begründet werden, die sich
nach den Regeln des Auftragsrechtes (§§
662 ff.
BGB) bestimmen (vgl. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Band II, §
24 I 2, § 25 I 2 b). Da eine solche Pflichtenbindung rechtliche Nachteile mit sich bringen kann, unterfällt eine Prozessführungsermächtigung,
wie sie vorliegend erteilt ist, dem Anwendungsbereich des §
32
SGB I und ist unwirksam.
2.
Für die Zeit ab Rechtshängigkeit bietet eine Rechtsverfolgung der Klägerin nur in Höhe des vom Amtsgericht errechneten Betrages
von 906,20 DM monatlich hinreichend Aussicht auf Erfolg. Denn aufgrund des bei der Bedarfsbemessung zu berücksichtigenden
Kindesunterhalts, den der Beklagte aufforderungsgemäß leistet und dem die Klägerin durch ihr Vorgehen den Vorrang vor dem
von ihr begehrten Trennungsunterhalt eingeräumt hat, ist zwischen dem bereinigten Nettoeinkommen des Beklagten von 2.206,20
DM und dem ihm zuzubilligenden notwendigen Selbstbehalt von 1.300,00 DM nur noch Raum für eine Unterhaltszahlung von 906,20
DM monatlich.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 11 Abs. 1
GKG i.V.m. Nr.
1905 KV, §
127 Abs.4
ZPO.